John Sinclair 2022 - Michael Breuer - E-Book

John Sinclair 2022 E-Book

Michael Breuer

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Beschreibung

Abrupt blieb Jenny Culver stehen. Bereits seit einigen Minuten fühlte sich die Blondine verfolgt.

Jenny verfluchte sich, die Abkürzung durch eine dunkle Seitenstraße genommen zu haben, bloß um ein paar Minuten schneller zu Hause zu sein.

Angestrengt lauschte sie. Die Schritte des Verfolgers waren jetzt verstummt. Hastig blickte sie sich um, als sich plötzlich eine gespenstische Gestalt aus der Dunkelheit der Gasse löste. Sie verströmte einen fischigen, Übelkeit erregenden Gestank. Ihr Körper wirkte eigenartig deformiert.

Und als die Gestalt ihren Mantel öffnete, begann Jenny zu schreien ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Totenkult des Krakengötzen

Briefe aus der Gruft

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Néstor Taylor/Bassols

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4625-1

„Geisterjäger“, „John Sinclair“ und „Geisterjäger John Sinclair“ sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

www.john-sinclair.de

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Totenkult des Krakengötzen

(1. Teil)

von Michael Breuer

Abrupt blieb Jenny Culver stehen. Bereits seit einigen Minuten fühlte sich die Blondine verfolgt.

Jenny verfluchte sich, die Abkürzung durch eine dunkle Seitenstraße genommen zu haben, bloß um ein paar Minuten schneller zu Hause zu sein.

Angestrengt lauschte sie. Die Schritte des Verfolgers waren jetzt verstummt. Hastig blickte sie sich um, als sich plötzlich eine gespenstische Gestalt aus der Dunkelheit der Gasse löste. Sie verströmte einen fischigen, Übelkeit erregenden Gestank. Ihr Körper wirkte eigenartig deformiert.

Und als die Gestalt ihren Mantel öffnete, begann Jenny zu schreien …

Southampton/England.

Jenny Culver prallte zurück, als sich die unheimliche Gestalt präsentierte. Sie konnte kaum glauben, was sie sah.

Auf den ersten Blick schien es sich um einen etwa vierzig Jahre alten, hohlwangigen Mann zu handeln. Das bleiche Gesicht war schlecht rasiert. Unter den Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab.

Aber der Schein trog. Was hier vor ihr stand, war kein Mensch. Denn schließlich hatten Menschen keine Krakenarme.

Jetzt zeigte sich, dass der Unheimliche den Mantel nur lose um die Schultern gelegt hatte. Abrupt streifte er ihn nun ab, um sich in seiner ganzen Scheußlichkeit zu präsentieren. Anstelle von Armen wuchsen ihm graugrüne Tentakel aus den Schultern. Sie waren von tellerartigen Saugnäpfen bedeckt und glitzerten feucht im Laternenlicht.

In den Augen des Unheimlichen zeigte sich mühsam unterdrückte Gier.

»Keine Bewegung«, warnte er Jenny und hob drohend einen seiner Tentakel.

In der Tat blieb das blonde Mädchen stehen. Es wäre Jenny auch unmöglich gewesen, die Flucht zu ergreifen. Der Schock hatte sie förmlich erstarren lassen.

Befriedigt nickte der Krakenmensch. Übergangslos setzte er sich in Bewegung, um mit gleitend auf Jenny zuzukommen.

»Wenn du tust, was ich sage, wird dir nichts geschehen«, ließ er wissen. Das beruhigte die junge Frau jedoch nicht im Geringsten. Sie glaubte dem monströsen Fremden kein Wort.

Blitzartig warf sie sich herum und rannte los.

Doch ihre Bemühungen, das Ende der schmalen Gasse zu erreichen und so dem Fremden zu entkommen, waren von vorneherein zum Scheitern verurteilt.

Sofort setzte er ihr nach.

Er brauchte genau vier Schritte um sie einzuholen.

Jenny Culver stieß einen erstickten Schrei aus, als sich von hinten ein graugrüner Tentakel um ihre Hand schlang und ihr die Luft zum Atmen raubte.

»Du bleibst«, schnarrte der monströse Fremde.

Brutal wurde Jenny nach hinten gerissen und zu Boden geschleudert. Einen Moment lang drohte ihr schwarz vor Augen zu werden.

Als sich ihr Blick wieder klärte, war der Krakenmensch über ihr. Ein abstoßendes Grinsen verzerrte seine hohlwangigen Züge.

»Ich habe dich nicht verfolgt, damit du mir im letzten Moment durch die Lappen gehst«, sagte er.

Dabei strich er mit dem saugnapfbewehrten Tentakel über ihre Wange. Jenny spürte, wie ihre Haut unter der Berührung zu brennen begann.

»Was wollen Sie von mir?«, stammelte die junge Frau. »Bitte, lassen Sie mich gehen!«

Der Krakenmensch ließ ein irres Kichern hören, angesichts dessen Jenny ernsthaft an seinem Verstand zweifelte.

»Das wirst du bald erfahren«, erklärte er vage, »sehr bald!«

Der Tentakel legte sich über Mund und Nase. Verzweifelt begann Jenny zu zappeln, als ihr solcherart die Luft zum Atmen geraubt wurde, aber das nutzte nichts. Der Krakenmensch schien Bärenkräfte zu besitzen. Er ließ sich einfach nicht abschütteln.

Schon bald erlahmten die Bewegungen der jungen Frau. Ihr Bewusstsein verdunkelte sich.

Erst als sie völlig reglos dalag, löste der monströse Fremde den Tentakel von ihrem Gesicht. Ein befriedigtes Grinsen kerbte seine Züge.

»Schon besser«, murmelte er.

Jennys Augenlider flatterten. Nur schemenhaft bekam sie mit, wie der Krakenmensch sie vom Boden aufhob. Vorsichtig trug er sie ans andere Ende der Gasse, wo bereits ein Wagen auf ihn wartete.

Die junge Frau spürte, wie sie in einen Transporter geladen wurde. Langsam klärten sich ihre Sinne wieder, aber nun war es natürlich längst zu spät. Lautstark wurden die Türen des Wagens zugeschlagen. Gleich darauf hörte Jenny das Starten des Motors.

Mit quietschenden Reifen raste der Transporter in die Nacht hinaus.

Jenny rappelte sich hoch und versuchte, einen Blick durch die Scheiben zu werfen. Diese waren jedoch komplett abgedunkelt. Es war ihr unmöglich, etwas zu sehen.

Schluchzend kauerte sie sich auf dem Boden des Wagens zusammen.

Kurz überlegte Jenny, ob sie versuchen sollte, die Türen zu öffnen, um aus dem Wagen zu springen. Nach kurzem Nachdenken ließ sie es bleiben. Ihr Entführer raste mit halsbrecherischer Geschwindigkeit durch die Nacht. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie sich sämtliche Knochen brechen würde.

Als der Wagen kurz an einer Ampel hielt, sah Jenny ihre Chance gekommen, aber zu ihrem Unglück erwiesen sich die Türen als abgeschlossen.

Schon ging die Fahrt weiter.

Nach einer Weile verstummten die Umgebungsgeräusche, der Verkehrslärm wurde leiser. Jenny folgerte, dass sie mittlerweile die Innenstadt verlassen hatten. Sie wusste nicht, wie spät es war, da sie die ganze Nacht durchgefeiert hatte, aber wahrscheinlich war es bereits früher Morgen.

Wohin verschleppte sie dieses Monster nur?

Schon bald sollte Jenny es erfahren.

Irgendwann wurde die Fahrt langsamer, bis der Wagen ganz zum Stehen kam. Ein Türenschlagen signalisierte ihr, dass der Fahrer ausgestiegen war.

Kurz fragte sich Jenny, wie es dem Unheimlichen wohl gelungen war, mit seinen Tentakelarmen den Wagen zu lenken, aber möglicherweise hatte er ja einen Komplizen.

Metallisches Quietschen war zu hören. Offenbar wurde ein Tor geöffnet.

Der Wagen setzte sich wieder in Bewegung, um kurz darauf zum Stehen zu kommen.

Hier komme ich nicht mehr lebend raus, dachte Jenny noch. Im nächsten Moment wurden die Türen des Transporters geöffnet.

»Endstation«, verkündete ihr unheimlicher Entführer. Von einem Komplizen war weit und breit nichts zu sehen, aber das musste nichts zu bedeuten haben.

Brutal zerrte er sie aus dem Wagen.

Jenny sah sich ängstlich um. Sie befand sich in einer Art Lagerhalle. Durch kleine Fenster, die sich direkt unterhalb der hohen Decke befanden, drang spärliches Mondlicht ins Innere des Gebäudes.

»Wo sind wir hier?«, fragte sie, um gleich darauf erneut zu flehen: »Bitte tun Sie mir nichts!«

»Das hier ist erst der Beginn unserer wundervollen Reise«, ließ der Krakenmensch wissen, »aber zuerst müssen wir dich noch einem kleinen Eingriff unterziehen!«

Das klang unheilverkündend. Jenny stolperte zurück, aber sofort schlang sich ein glitschiger Tentakel um ihren Oberarm. Brutal zerrte der Unheimliche sie mit sich und zog die junge Frau auf eine finstere Treppe zu, die offenbar in die Kellerräume der Halle führte.

»Runter da!«, befahl er und machte eine drohende Geste.

Jenny nickte abgehackt.

Ohne ihren Entführer aus den Augen zu lassen, tastete sie sich die dunklen Stufen hinunter, bis sie vor einer massiven Eisentür anlangte.

»Rein mit dir«, wies er sie nun an. Er war nicht einmal unfreundlich. Zweifellos, weil er Jenny nun dort hatte, wo er sie haben wollte. Sie zweifelte jedoch nicht daran, dass seine Stimmung in Sekundenschnelle umschlagen würde, falls sie sich seinen Befehlen widersetzte.

Gehorsam legte sie ihre Hand auf die Klinke.

Gleich darauf schwang die Tür mit einem gespenstischen Quietschen nach innen, um den Blick auf ein gewaltiges Kellergewölbe freizugeben. Jenny musterte das Gemäuer. Die Räume unterhalb der Lagerhalle schienen bereits uralt zu sein. Es roch feucht und modrig.

Bereits nach wenigen Metern verschwamm der Keller in tintiger Dunkelheit.

Jennys Entführer schien die Finsternis jedoch keine Probleme zu bereiten. Entschlossen schleifte er sein Opfer mit sich und zerrte es immer tiefer in den Keller hinein.

Es dauerte eine Weile, dann gewöhnten sich Jennys Augen ein wenig an die Dunkelheit. Die junge Frau erstarrte.

Ehe sie reagieren konnte, ergriff sie der Unheimliche und zwang sie auf eine bereitstehende Liege

Während er sie mit seinen Tentakeln fixierte, näherte sich aus der Dunkelheit ein zweiter Mann, um ihm zur Hand zu gehen. Gleich darauf wurde Jenny mit breiten Lederriemen auf der Liege festgeschnallt.

»Wir können anfangen«, erklärte der Krakenmensch zufrieden.

Sein schweigsamer Komplize entfernte sich wieder, um gleich darauf einen kleinen Wagen heranzurollen. Metallisches Klappern war zu hören.

Als Jenny den Kopf wandte, konnte sie das Blitzen chirurgischer Instrumente erkennen.

»Keine Angst, Mädchen«, erklärte der Krakenmensch. »Es wird gleich vorbei sein. Wir werden dich jetzt enthirnen!«

***

»Öffnen Sie jetzt ihren Schädel«, wies der Krakenmensch seinen schweigsamen Komplizen an.

Jenny Culver wollte schreien, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt.

Wieder war metallisches Klappern zu hören. Ein silbernes Skalpell blitzte auf, und dann beugte sich der andere Mann plötzlich über sie.

Er trug einen dunklen Vollbart und schien etwa dreißig Jahre alt zu sein. Sein Gesicht zeigte keine Regung, als er sich mit dem Skalpell in der Hand Jennys Kopf näherte. Seine blauen Augen waren kalt wie Eiswürfel.

Unmittelbar bevor die Klinge Jennys Haut erreichte, hielt er inne.

»Unter diesen Bedingungen kann ich nicht arbeiten«, knurrte er. Der Bärtige machte eine weit ausgreifende Geste. »Schauen Sie sich hier doch einmal um!«

»Bei den Anderen haben Sie es doch auch hingekriegt!«, entgegnete die tentakelbewehrte Monstrosität.

Jenny erkannte, dass sie offenbar nicht das erste Entführungsopfer war. Tatsächlich erinnerte sie sich jetzt, in der Zeitung etwas über eine Kidnapping-Serie gelesen zu haben, ohne dem Ganzen jedoch größere Aufmerksamkeit zu schenken. Jetzt verfluchte sie sich dafür.

»Mehr schlecht als recht«, schränkte der Bärtige ein.

Der Tentakelmensch murrte. Einen Moment lang schien er aufbegehren zu wollen, schließlich lenkte er jedoch ein.

»Nun gut«, erklärte er. »Schaffen Sie sie zu den Anderen. Wir können den Eingriff immer noch später in aller Ruhe durchführen. Jetzt gibt es andere Dinge, die wichtiger sind.«

Der Bärtige legte erleichtert das Skalpell auf den Tisch zurück.

»Es geht also los?«, fragte er.

»Ja«, lautete die Antwort. »Das Schiff wird bald auslaufen. Ich werde sicherstellen, dass wir alle rechtzeitig an Bord sind.«

Das Monster strich Jenny mit einem seiner glitschigen Tentakel über die Stirn.

»Wenn wir erst auf See sind, können Sie sich immer noch unserer Patientin widmen.«

Ein unheimliches Lächeln kerbte seine Züge, als er beobachtete, wie sich Jenny in ihren Fesseln wand.

»Ich bin sicher, nach der kleinen Operation wird sie sehr viel fügsamer sein.«

»Zweifellos«, gab der Bärtige zurück.

Er sah nicht sonderlich begeistert aus von der Aussicht, den Eingriff doch noch durchführen zu müssen, allerdings konnte man in seinen Augen deutlich die Angst vor dem Tentakelmenschen lesen. Wenn es hart auf hart kam, würde er sich ihm fügen. Das erkannte Jenny ganz klar. Von ihm hatte sie keine Hilfe zu erwarten.

»Schaffen Sie die Kleine weg!«, befahl der Krakenmensch knapp.

»Natürlich«, gab der Bärtige mit einem Nicken zurück. Dienstfertig setzte er sich in Bewegung und schob die Liege mit der immer noch festgeschnallten Jenny tiefer in das Dunkel der Kellergewölbe hinein.

»Es ist nicht weit«, murmelte er. Offenbar sollte das beruhigend klingen. Die Worte verfehlten ihre Wirkung jedoch völlig.

Der Bärtige bog mit seiner festgeschnallten Last um eine Ecke. Der angrenzende Gang wurde von spärlichen Glühlampen erhellt. An seinem Ende war eine schwere Holzbohlentür zu erkennen.

»Da ist es«, hörte Jenny.

Er ließ die Liege stehen und begab sich zur Tür, um einen schweren, klirrenden Schlüsselbund zu zücken. Bei seinem Anblick fühlte sich die junge Frau unwillkürlich an das Klischee des Kerkermeisters aus einem alten Horrorfilm erinnert. Umständlich öffnete er die Tür und machte ein, zwei Schritte in den dahinterliegenden Raum. Jenny konnte sehen, wie er eine beschwichtigende Geste machte. Offenbar beruhigte er jemanden.

Die anderen Frauen?

Jenny wusste es nicht, aber alles in ihr sträubte sich dagegen, in diesen Raum verbracht zu werden.

Der Bärtige kam zurück.

»Ich werde Sie jetzt losmachen, Schätzchen«, erklärte er. »Die Liege passt nicht durch den Türrahmen, also müssen Sie wohl auf Ihren hübschen Füßchen hineintippeln.« Er blickte sein Opfer ernst an. »Kommen Sie nicht auf die Idee, irgendwelche Faxen zu machen«, warnte er sie. »Ich habe Ihnen schneller den Hals umgedreht, als Sie einen Fluchtversuch starten können. Sie sind nicht unersetzlich!«

Die Warnung saß.

Jenny nickte eingeschüchtert. Gleich darauf begann der Bärtige damit, die breiten Lederriemen zu lösen, und half seinem Opfer auf die Füße.

»Also schön, rein mit Ihnen«, befahl er dann.

Grob stieß er ihr die Handfläche zwischen die Schulterblätter. Unwillkürlich stolperte Jenny der gähnenden Türöffnung entgegen. Der Raum dahinter lag in völliger Dunkelheit. Gespenstisches Stöhnen war aus der Finsternis zu hören.

Es dauerte einen Augenblick, bis sich Jennys Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Dann erstarrte sie. Ihr Magen revoltierte und nur mit Mühe schaffte sie es, ihr Essen bei sich zu behalten.

In dem lichtlosen Kellerraum befanden sich mehrere Frauen, die schmuddelige Patientenkittel trugen. Sie waren allesamt kahlgeschoren und ihre Köpfe zeigten deutliche Spuren von Operationsnarben.

Man hat sie enthirnt, erkannte Jenny ganz klar. Was immer das auch heißen mochte.

Jedenfalls schien der Eingriff ein voller Erfolg gewesen zu sein. Die Augen der Frauen waren leer und unwillkürlich fühlte sich Jenny an die lebenden Leichen aus einem Zombiefilm erinnert.

»Hier sind Sie in bester Gesellschaft«, erklärte der Bärtige.

Wieder versetzte er seinem Opfer einen brutalen Stoß in den Rücken. Jenny stolperte unfreiwillig vorwärts, verlor dann das Gleichgewicht und schlug der Länge nach hin.

Sie hörte noch ein leises Lachen, dann warf der bärtige Mann krachend die Tür ins Schloss, um sie gewissenhaft wieder zu verschließen.

Jenny blieb in völliger Finsternis zurück.

Sie spürte, wie eine eiskalte Hand nach ihrem Herzen griff, als das Stöhnen der enthirnten Frauen lauter wurde. Langsam näherten sie sich ihrer neuen Gesellschaft.

Die Blondine schloss mit ihrem Leben ab.

***

Nikolai Kunasjanow!

Dieser Name stand im Zentrum unserer derzeitigen Ermittlungen.

Während ich mich die letzten drei Tage in Dundee von den Strapazen des vergangenen Falls erholen durfte, war in London die Zeit nicht stehen geblieben.

Suko, Glenda und sogar mein Chef Sir James Powell hatten gemeinsam mit dem Geheimdienst eine umfangreiche Akte über jenen Mann angelegt, der uns als Frank N. Stone schon vier Mal das Leben schwergemacht hatte. Allerdings nie persönlich. Er hatte immer seine bizarren Zombie-Schöpfungen und Andere vorgeschickt, so wie Dorian Maitland oder Corwin Baxter. Ob diese auch direkt zu dem Netzwerk der sogenannten VISIONÄRE gehörten, in denen Kunasjanow Gleichgesinnte um sich versammelt hatte, blieb dahingestellt. Vielleicht hatten sie auch nur als Geldgeber fungiert.

Am Erschreckendsten war für mich aber eine Erkenntnis, als Glenda mir die Akte eines Falles auf den Schreibtisch knallte, der bereits so lange zurücklag, dass ich ihn regelrecht aus dem Gedächtnis gestrichen hatte. Kein Wunder, denn damals stand ich noch am Beginn meiner Karriere als Geisterjäger. Suko kannte ich damals ebenso wenig wie Glenda.

»Was soll ich mit dieser Akte?«, fragte ich leicht begriffsstutzig und konnte es meiner Sekretärin nicht einmal verübeln, dass sie die Augen verdrehte. »Lies selbst.«

Und das tat ich. Dabei wurden meine Augen immer größer. Ich muss aschfahl geworden sein, denn Glenda brachte mir wortlos, ohne eine spitze Bemerkung oder unsere typische Flachserei eine Tasse Kaffee.

»Das … das kann ich kaum glauben. Warum habt ihr mir das nicht vorher gesagt?«

In meiner Stimme klang ein leichter Vorwurf mit, als ich abwechselnd auf Glenda und Suko schaute. Mein Partner saß mir gegenüber und sah selbst ein wenig blass um die Nase aus. Kein Wunder, denn auch für ihn war es im letzten Fall haarscharf gewesen. Fast wäre er in einer Sickergrube, gefüllt mit menschlichen Leichenteilen und tierischen Kadavern einem riesigen Ghoul zum Opfer gefallen, den Kunasjanow, alias Frank N. Stone, als dämonischen Müllschlucker verwendet hatte.

»Was hätte das geändert, John?«, fragte Suko. »Kunasjanow ist längst über alle Berge. Außerdem wollten wir nicht, dass du in Dundee aus den Pantinen kippst. Du solltest deinen Kurzurlaub genießen.«

Ich nickte nachdenklich. »Nikolai Kunasjanow. Oh Mann. Manchmal hat man wirklich ein Brett vorm Kopf. Natürlich, Nikolai Kunasjanow, alias Frank N. Stone, ist niemand Geringeres als Doktor Satanos.«

»Der laut Carlottas Aussage der Lehrmeister eines gewissen Marvin Mondo war, der wiederum den zerschmetterten Leib seines Mentors barg und ihn rettete.«

»Vermutlich hat dieser Teile seines Körpers gegen kybernetische Teile ausgetauscht.«

»Daher auch seine übermenschlichen Kräfte«, kommentierte Suko, der diese ebenso zu spüren bekommen hatte wie ich.

»Und jetzt sinnt er auf Rache und hat sich mit Rasputin verbündet. Eine brisante Mischung.«