Professor Zamorra 1002 - Michael Breuer - E-Book

Professor Zamorra 1002 E-Book

Michael Breuer

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Beschreibung

Eine Stimme riss Rhett Saris ap Llewellyn aus dem Schlaf. Er fuhr hoch und sah instinktiv zu Anka, die neben ihm im Bett lag. Ihr Atem ging tief und gleichmäßig. Hallo, da bin ich wieder. Er zuckte zusammen. Blickte sich um. Aber da war niemand. "Das ist unmöglich", hauchte er, als er die Stimme zu erkennen glaubte. Sie gehörte seinem dunklen Zwilling, dessen Leiche er in sich trug. "Du bist tot!", flüsterte Rhett. Bin ich das? Der Erbfolger schlug die Bettdecke zurück, da erklangen die nächsten lockenden Worte in seinem Kopf. Wir haben deine Mutter getötet. Wie wäre es nun mit deiner Freundin? Sein Blick wanderte zu Anka und ein böses Lächeln huschte ihm über die Lippen. "Ja", sagte er. "Warum eigentlich nicht ...?"

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Inhalt

Cover

Impressum

Herrscher der Ruinenstadt

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Fournier /Luserke

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-8387-4892-4

www.bastei-entertainment.de

Herrscher der Ruinenstadt

Von Oliver Fröhlich und Michael Breuer

Eine Stimme riss Rhett Saris ap Llewellyn aus dem Schlaf. Er fuhr hoch und sah instinktiv zu Anka, die neben ihm im Bett lag. Ihr Atem ging tief und gleichmäßig.

Hallo, da bin ich wieder.

Er zuckte zusammen. Blickte sich um. Aber da war niemand.

»Das ist unmöglich«, hauchte er, als er die Stimme zu erkennen glaubte. Sie gehörte seinem dunklen Zwilling, dessen Leiche er in sich trug.

»Du bist tot!«, flüsterte Rhett.

Bin ich das?Der Erbfolger schlug die Bettdecke zurück, da erklangen die nächsten lockenden Worte in seinem Kopf.

Wir haben deine Mutter getötet. Wie wäre es nun mit deiner Freundin?Sein Blick wanderte zu Anka und ein böses Lächeln huschte ihm über die Lippen.

»Ja«, sagte er. »Warum eigentlich nicht …?«

Tiefe Vergangenheit

»Wie lange sollen wir noch weitergehen?«, fragte Plipdos. »Wir sind seit über dreihundert Tagen unterwegs. Glaubst du nicht, dass das reicht?«

»Bald, mein Freund.« Herlub blieb stehen und setzte den Tonkrug mit den magischen Bannsymbolen ins Gras. »Es hängt viel von uns ab. Ich will nicht am Untergang Lemurias schuld sein, nur weil wir Sendradins Seele nicht weit genug weggeschafft haben.«

Ein Schauder lief Plipdos bei der Erwähnung des wahnsinnig gewordenen Magiers über den Rücken. Natürlich, dessen Geist begleitete sie nicht nur seit vielen Monden auf ihrer Reise, sondern stellte vielmehr den Grund dafür dar. Dennoch war es ihm erstaunlich gut gelungen, diese Tatsache zu verdrängen. Zu schmerzhaft war die Erinnerung an das Unheil, das Sendradin angerichtet hatte. All das Leid, das er verursacht, all die Leben, die sein Wirken gefordert hatte. Zu schauderhaft wäre der Gedanke an ihr Scheitern, um ihm auch nur den geringsten Platz im Bewusstsein einzuräumen. Was, wenn die Bannzeichen an Kraft verloren? Was, wenn der Tonkrug – das Gefängnis der Magierseele – zu Boden fiel und zerschellte? Was, wenn der Geist des Wahnsinnigen freikam und in einen der beiden Priester einfuhr?

»Wir sind Tausende von Tausenden von Körperlängen gewandert«, sagte Plipdos. »Meine Beine schmerzen, mein Herz sticht.« Er betrachtete seine Handrücken und sah von dunklen Flecken gemustertes Leder. Falten, wo vor einem Jahr noch glatte Haut seine Knochen umspannt hatte. Dann strich er sich durch den weißen, flusigen Bart. Seit ihrem Aufbruch hatte er sich nicht mehr rasiert. Schon damals war er nicht der Jüngste gewesen, aber er fühlte sich, als sei er seitdem um ein Vielfaches gealtert. Die Strapazen der Wanderung? Oder der Tribut, den er für die Nähe von Sendradins Seele zahlte?

»Spielt es wirklich eine Rolle, ob wir das Tongefängnis noch tausend Körperlängen weiter von Lemuria wegbringen? Ich will nach Hause kommen, bevor ich sterbe.«

Herlub schenkte ihm ein mildes Lächeln. Er sah noch älter aus, als Plipdos sich fühlte. »Ich muss dich enttäuschen, mein Freund. Die Möglichkeit der Heimkehr hat nie bestanden. Dies wird unsere letzte Reise sein.«

»Ich verstehe nicht«, stieß Plipdos aus, doch das war gelogen.

»Einen weiteren Tag noch. Dann wirst du verstehen.«

Und plötzlich hatte der Priester es gar nicht mehr eilig, das Ende der Wanderung zu erreichen. Er hob das Tongefäß auf, überwand den Ekel, den Sendradins Seele auf ihn ausstrahlte, und setzte sich in Bewegung. Die wilde Natur um ihn herum würdigte er keines Blickes mehr. Was kümmerten ihn mächtige Bäume, dichtes Gestrüpp, hohes Gras, kurzum eine Landschaft, die ungebändigter und ursprünglicher wucherte als in ihrer lemurischen Heimat, wenn er am nächsten Tag sterben sollte? Gelegentlich entdeckte er furchtsame Gesichter, die sie von Weitem anstarrten. Verborgen zwischen Büschen, hinter einem Baum hervor oder von einem Hügel herab. Primitive Lebewesen mit zottigen Haaren, in Fell gehüllt und mit einfachsten Waffen ausgestattet. Trotzdem verfügten sie über genügend Verstand, sich ihnen nicht zu nähern. Offenbar warnte ihr Instinkt sie vor der Gefahr, die die beiden Männer bei sich trugen. Vor dem Wahnsinn im Tonkrug.

Nicht einmal wilder Tiere hatten sich Plipdos und Herlub erwehren müssen, seit sie ausgezogen waren, Lemuria zu retten.

»Du darfst vor deiner Verantwortung als Priester nicht davonlaufen«, hörte er die Stimme seines Freundes hinter sich. »Und wenn sie von dir verlangt zu sterben, dann solltest du den Tod mit offenen Armen empfangen.«

Plipdos seufzte. »Du hast recht.«

So viele Menschen waren sinnlos gestorben. Kam es da auf einen Tod mehr oder weniger an, auch wenn es seiner war? Nein! Vor allem dann nicht, wenn dieser etwas zu bewirken vermochte.

Seine Gedanken glitten in die Vergangenheit. Zu den Monaten und Jahren vor dem Aufbruch zu ihrer letzten Wanderung. Und zu Sendradin. Den Erschaffer hatte man ihn in Lemuria genannt. Zumindest am Anfang. Die Leute sahen ihn als Künstler an, als Genie, weil er nur mit seiner Geisteskraft und ohne Einsatz eines Gedankenkristalls die Welt formen konnte. Ob prunkvoll oder grazil elegant, seine Bauwerke waren begehrt im ganzen Land. Er errichtete Türme von bisher unerreichter Höhe, Festhallen mit atemberaubender Architektur, Paläste von sinnesbetäubender Schönheit. Und das alles, ohne auch nur einen Finger zu rühren. Nur mit der Kraft seiner Gedanken, indem er seine Werke erdachte.

Doch damit nicht genug. Seine Kunst reichte sogar so weit, dass er Landschaften nach seiner Vorstellung formen konnte. Er erschuf Seen, wo bisher nur Trockenheit geherrscht hatte, türmte Berge auf, wo das Land flach gewesen war, legte Parks, Wälder und Wiesen an, wo bislang felsiger Untergrund das Bild bestimmte. Er gestaltete Lemuria so um, wie die Menschen es wünschten.

Sendradin, der Erschaffer. Geliebt, geachtet, verehrt.

Bis er den Verstand verlor. Niemand wusste, woran es lag. Stieg ihm die Macht zu Kopf? Verwirrte ihm die häufige Anwendung seiner Kraft den Geist? Egal, worin die Ursache bestand, das Ergebnis blieb das Gleiche: Chaos!

Tagsüber pendelte er zwischen Schwermut, Wut und Hysterie. Nachts plagten ihn Albträume. Mit jedem emotionalen Ausbruch, ob wachend oder schlafend, schleuderte er Energie in die Welt und schuf. Unkontrolliert schossen Bäume aus dem Boden, durchbrachen Wohnhäuser und brachten sie zum Einsturz. Seen türmten sich zu Wänden aus Wasser und überspülten ganze Städte. Steiniger Grund verwandelte sich in Treibsand und verschlang alles, was darauf stand.

Heiler und Priester nahmen sich seiner an, doch er ließ nicht zu, dass man ihm half. Lieber versank er im Sumpf seiner Gedanken. Als man ihn zu seinem eigenen und zum Wohl Lemurias zwingen wollte, drehte er durch. Erdbeben erschütterten den Kontinent, Spalten taten sich auf, Lava ergoss sich über Städte und Dörfer und riss die Menschen in den Tod.

Sendradin, der Erschaffer, war tot.

Nun gab es nur noch Sendradin, den Zerstörer.

In ihrer Not wussten sich die Priester nicht anders zu helfen. Die Angst um Lemuria trieb sie zu einer Tat, die sie früher für unverzeihlich gehalten hätten – Mord!

Als das Chaos etwas nachließ und sie vermuten mussten, der Magier sei eingeschlafen, schlichen sie in seine Gemächer und stießen ihm einen Dolch ins Herz. In einem letzten Aufbäumen stürzten unzählige Häuser ein, doch dann verstummte das Jammern des in Form gezwungenen Bodens. Ruhe kehrte ein.

Aber Sendradin war nicht besiegt. Ein silberner Hauch drang aus seinem Mund, blieb als Wolke für einen Augenblick über dem Kopf des Toten hängen und glitt in den Körper eines Priesters. Dieser keuchte, griff sich an den Schädel und fiel auf die Knie. Blut schoss ihm aus Augen, Nase und Ohren. Er kippte nach vorne um. Tot.

Wieder quoll die silberne Wolke hervor. Diesmal suchte sie sich als Ziel den Höchsten Priester aus.

Auch er keuchte, als der Silberhauch in ihm verschwand.

»Dieser ist stark genug«, sagte er plötzlich mit Sendradins Stimme. »So leicht bekommt ihr mich nicht los!«

Dann, mit eigener Stimme: »Beeilt euch! Ich versuche mich ihm zu widersetzen, solange es geht. Ihr müsst ihn bannen. Rasch! Noch hat er nicht seine ganze …«

Wieder brach Sendradin aus ihm hervor: »Bemüht euch nicht. Ich bin stärker als er. Stärker als ihr alle!«

Ein skurriler Kampf um die Vorherrschaft des Hohepriesterkörpers begann.

Die anderen blieben nicht untätig. Obwohl sie der Anblick ihres Oberhaupts zutiefst erschütterte, bereiteten sie einen Bann vor. Sie fanden in Sendradins Vorratskammer einen Tonkrug mit eingelegtem Fisch, leerten ihn und versahen ihn mit Bannzeichen.

»Tötet mich«, ächzte der Hohepriester. Und in der nächsten Sekunde: »Das wagt ihr nicht! Tut es! Ich kann ihn nicht mehr – ich werde euch alle - zurückhalten. Macht schon, sonst – töten! Jeden Einzelnen von euch – werdet ihr sterben!«

Plipdos führte das Messer. Er schickte ein Stoßgebet zu den Göttern, dann rammte er dem Hohepriester die Klinge ins Herz. Augenblicklich entspannten sich dessen Züge, wirkten zufrieden und dankbar.

Die silberne Wolke quoll hervor. Mit einem rituellen Gesang versuchten die Priester, die Seele in das Tongefäß zu treiben, doch sie setzte sich zur Wehr. Wie ein verletztes Raubtier zuckte sie durch den Raum, hin- und hergerissen zwischen dem Drang nach Freiheit und dem bannenden Lied. Sie berührte Haut, durchdrang Schädel, fuhr in Leiber und verließ sie sofort wieder. Sendradins Geist zog eine letzte Schneise der Zerstörung durch die Reihen der Priester und hinterließ Verbrennungen, Knochenbrüche, Wahnsinn und Tod.

Aber die heiligen Männer gaben nicht auf. Mit jedem, der ausfiel, sangen die anderen nur umso lauter. Bis sie die Seele endlich in den Tonkrug zwingen konnten. Mit zittrigen Fingern zeichnete Herlub das letzte Symbol auf das Gefäß und versiegelte es.

Die Überlebenden beschlossen, dass der Krug weggeschafft werden müsse. So weit wie möglich. Doch nur zwei Priester waren unverletzt geblieben. Und so war ihnen die Aufgabe zugefallen, Sendradin zu verbannen. Weit weg von Lemuria, wo ihn niemals jemand finden konnte.

Sie liefen und liefen und liefen.

Inzwischen wussten sie längst nicht mehr, wo sie sich befanden. Fernab jeglicher Zivilisation, in wildem Land, wo die grobschlächtigen, in Felle gehüllten Zweibeiner trotz ihrer Primitivität noch die größte Intelligenz darzustellen schienen.

Als sie einen Fluss erreichten, sagte Herlub die Worte, die Plipdos erhofft und zugleich gefürchtet hatte. »Hier soll Sendradin seine letzte Ruhestätte finden.«

Und wir, schoss es Plipdos durch den Kopf. In der nächsten Sekunde schämte er sich dafür. Herlub hatte recht. Sie mussten ihrer Verantwortung gerecht werden.

Sie stellten den Tonkrug auf einer weitläufigen Felsplatte ab und begannen ihr Ritual.

Herlub träufelte Öl um den Krug und entzündete es. Ein Ring aus grünen Flammen entstand. Sie bröselten getrocknete Kräuter ins Feuer und atmeten den aufsteigenden Rauch. Ihre Körper entspannten sich, doch ihre Geister öffneten sich weit. Sie suchten Kontakt zu jenseitigen Welten, zu den Göttern, zu dem Stein, auf dem sie standen.

Bald schon verlor Plipdos jeglichen Bezug zu dem, was sie taten. Er nahm seine Umwelt nicht mehr wahr, roch nur noch den Duft des Rauchs, hörte nur noch seinen Gesang. Nicht einmal den eigenen Körper fühlte er noch. Dass der Fels unter dem Tonkrug zu glühen begann und das Gefäß langsam darin einsank, spürte er mehr, als dass er es sah.

Tiefer und immer tiefer durchdrang der Krug feste Materie, als sei sie nicht vorhanden. Und noch tiefer. So lange, wie Herlubs und Plipdos’ Kraft reichte. Als das Ritual ihre letzte Energie verbraucht hatte, kam das Gefäß zur Ruhe. Der Stein um es herum, fest wie eh und je, schloss es ein.

Plipdos blinzelte. Ihm wurde bewusst, dass er auf dem Boden lag und in den Nachthimmel starrte. Das Feuer war erloschen, der Krug in Sicherheit. Er sah zu Herlub, der ebenfalls lag. Doch seine offenen Augen sahen nichts mehr. Er war tot. Plipdos nahm den Freund an der Hand.

»Wir haben es geschafft«, flüsterte er.

Dann starb auch er.

Sendradin jedoch starb nicht.

Er schlief und wachte und schlief und wachte. Und wenn er wachte, beobachtete er. Gewiss, er steckte in einem Gefängnis fest, tief unter der Erdoberfläche, gegossen in Stein und ohne Körper. Es gab keine Möglichkeit zu entkommen.

Dennoch sah er.

Er sah Jahre vergehen.

Jahrzehnte, Jahrhunderte, Jahrtausende.

Er sah Menschen kommen. Sie erinnerten ihn an die Leute aus Lemuria, wenn er sich auch sicher war, dass sie nicht dorther stammten. Eine neue Rasse? Sie bauten eine Siedlung, direkt über ihm. Einfache Häuser, die allem spotteten, was Sendradin je erschaffen hatte. Kraft seiner Gedanken wollte er die Gebäude, die er als Beleidigung seines ästhetischen Wohlempfindens ansah, zum Einsturz bringen. Wollte den Stein um sich aufbrechen. Wollte sich die Welt unterwerfen und für alles bestrafen, was sie ihm angetan hatte.

Aber es gelang ihm nicht. Obwohl sein Werkzeug stets der Geist gewesen war, vermochte er ihn ohne Körper nicht einzusetzen. Was für ein Hohn!

Also beobachtete er weiter.

Er sah, wie die Häuser wuchsen. Wie die Siedlung wuchs und zu einer Stadt wurde.

Er sah, wie man einen spitzen Turm aus Eisen errichtete, ein schauderhaftes Ding, das ihn nicht an ein Bauwerk erinnerte, sondern eher an das, was zwischen seinen Beinen gewachsen war, als er noch einen Körper besessen hatte.

Oh, wie gerne würde er den jämmerlichen Menschen zeigen, wie man eine Welt erschuf. Doch er saß fest. Ohne Leib, gefangen in einem Tonkrug, umschlossen von Stein.

Wieder verging Zeit.

Er sah, dass die neue Rasse eine eigene Art der Magie entwickelte. Fliegende Röhren, die Menschen durch die Luft transportierten, stinkende Kutschen, sprechende Kästen.

Samt und sonders unnützes Zeug!

Seine Wut war so groß, dass er wieder einschlief.

Eine Erschütterung weckte ihn. Er tastete nach oben, sah nach, was geschehen war, doch er konnte nichts entdecken. Die Menschen schienen das Beben nicht bemerkt zu haben.

Doch Sendradin vermochte die Auswirkungen noch immer zu spüren. Etwas hatte sich verändert. Etwas Großes. Etwas Außerordentliches. Das magische Gefüge erzitterte.

Und der Tonkrug wies einen winzigen Riss auf!

Ab diesem Augenblick schlief er nicht mehr.

Er wartete. Geduldig beobachtete er, wie sich der Riss ausbreitete. Zu einem Netz wurde, das bald den ganzen Krug durchlief. Wie sein Gefängnis schließlich in sich zusammenbrach.

Endlich!

Jahrtausende nach seiner Gefangennahme war er wieder frei! Seine Essenz quoll nach oben, durchdrang ungehindert von magischen Bannsymbolen den Fels.

Und erreichte schließlich Paris.

***

Gegenwart

Zamorra ächzte, als er mit Nicole das Weltentor durchtrat. Oder besser, als die Herrin vom See sie hindurchstieß.

Die Kämpfe der letzten Stunden hatten ihn viel Energie gekostet. Und das war nicht der einzige Preis, den sie hatten zahlen müssen. Als sie die Grenze zwischen den Welten überschritten, fühlte es sich an, als durchdrängen sie eine zähe Membran, und Zamorras restliche Kraft, vielleicht sogar ein Teil von ihm selbst, bliebe in einem Filter hängen.

Er taumelte, sank auf die Knie und wurde von zwei Händen aufgefangen.

»Wo ist Rob?«, fragte eine Stimme.

Der Professor sah auf, folgte mit dem Blick den hilfreichen Händen über die Arme hinweg bis zum Gesicht. Uschi Peters. Oder Monica. Wer außer Nicole wusste das schon so genau zu sagen? Manchmal wunderte sich Zamorra, dass die Zwillinge sich nicht selbst verwechselten.

Was für ein blödsinniger Gedanke in dieser Situation!, schalt er sich. Zugleich bewies ihm dieses … dieses unkontrollierte Hirnflackern, dass er mit seiner Kraft wirklich am Ende war.

Er wollte etwas sagen, die Sachlage erklären, aber er brachte kein Wort hervor.

Nun drang das, was er sah und längst hätte begreifen müssen, erst in sein Bewusstsein vor. Das Weltentor hatte sie von Avalon nach Miami gebracht. Geradwegs zu Tendyke’s Home. War das Zamorras Ziel gewesen, als die Herrin vom See sie der Insel zwischen den Zeiten verwies? Hatte der unbewusste Gedanke an Robs Tod das Tor dazu veranlasst, sie bei dessen Haus auszuspucken?

Er ließ sich von den Händen und dem dazugehörigen Peters-Zwilling hochhelfen und zu einem Sessel führen.

»Danke«, ächzte er.

»Wo ist Rob?«, fragte die Stimme wieder. Diesmal glaubte er jedoch, einen panischen Unterton darin zu hören. Als ob die Sprecherin genau wusste, wo Rob war.

»Es tut mir leid, Moni«, sagte Nicole. Zamorra sah sich nach ihr um. Da stand sie. Nici. Schön wie immer. Die Strapazen ihrer Reise ließen sie sogar noch reizvoller wirken.

Hör auf damit!

»Er hat es nicht geschafft«, fuhr seine Partnerin fort.

Monica schluchzte auf. Und Uschis Hände, die ihn bis gerade noch gehalten hatten, ließen ihn los. Kraftlos sank er im Sessel in sich zusammen.

»Ich habe es gewusst!«, stieß Uschi aus. »Ich habe dir gleich gesagt, dass wir ihn nicht wiedersehen werden!« Ihre Stimme überschlug sich.

Monica nickte nur.

Gerne hätte Zamorra sie getröstet, sie in den Arm genommen, sie auf Roberts Fähigkeit zur Wiedergeburt in Avalon hingewiesen. Aber es ging nicht. Nicht nur, weil ihn ein ungutes Gefühl plagte, was Robs Unsterblichkeit anging, sondern auch, weil ihm die Kraft dazu fehlte. Die Glieder hingen ihm schwer wie Stein am Körper. Zunge und Lippen missachteten seinen geistigen Befehl und bildeten keinen Laut. Obwohl die Strapazen ein Ende gefunden hatten, obwohl er nun in einem gemütlichen Sessel saß und sich ausruhen durfte, glaubte er, mit jeder Sekunde mehr Energie zu verlieren. Als habe ihn jemand angezapft.

Merlins Stern!

Siedend heiß fiel es ihm wieder ein. Das kleine Andenken, das Asmodis ihm bei der Reparatur des Amuletts dort hinterlassen hatte. Der Bug im Programm der Silberscheibe, mit der der ehemalige Höllenfürst Zamorra ausspionieren konnte.

Taran, das Amulettbewusstsein, war es gelungen, das Beobachtungswerkzeug umzudrehen, ohne dass Asmodis es bemerkte. So hatte er den hinterhältigen Plan des intriganten Mistkerls durchschauen können. Leider erst, als es zu spät war.

Und diese Umkehr war noch immer aktiviert und zehrte von Zamorras Kraft!

Wie durch Nebel hörte er Monica fragen: »Was ist passiert?« Sie bemühte sich um eine feste Stimme, doch Tränen rannen ihr die Wangen hinab.

Mit einem Gedankenbefehl wollte der Professor das Amulett abschalten. Aber es gehorchte ihm nicht.

Taran!, brüllte er. Hör auf mit dem Scheiß. Du bringst mich um!

Statt einer Antwort erhielt er nur ein klägliches Ächzen des Amulettbewusstseins. Als leide es selbst Schmerzen.

»Asmodis hat uns reingelegt«, beantwortete Nicole Monicas Frage. »Nach Merlins Tod ist dessen Alte Kraft unter anderem auf Robert übergegangen. Assi hoffte, mit Robs Kraft LUZIFERS Träne aus Avalon zu bergen. Aber nicht aus dem Grund, den er uns gesagt hat.«

»Sondern?«, wollte Uschi wissen.

Könnt ihr diese Frage bitte einen Augenblick zurückstellen?, rief Zamorra ihnen innerlich zu. Ich geh hier gerade vor die Hunde!

Niemand achtete auf ihn. Weder die schwach telepathisch begabte Nicole noch die wesentlich stärkeren Peters-Zwillinge.

Hilfe!