John Sinclair 2271 - Rafael Marques - E-Book

John Sinclair 2271 E-Book

Rafael Marques

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Mit einem gewaltigen Sprung jagte der Dämon aus der Tür des Herrenhauses. Die Erde unter ihm erzitterte, ebenso wie die Mauern des düsteren, scheinbar verlassenen Gemäuers, und als er sich wieder aufrichtete, zersplitterten alle Fensterscheiben. Die schwarze Masse, die sich im Inneren des Gebäudes ballte, sagte ihm, dass er sich beeilen musste.
Moynish More, die Insel, auf der er sich aufhielt, war nur wenige Quadratkilometer groß und abgesehen von dem Herrenhaus nur mit Gras und Büschen bedeckt. Sie lag quasi einen Steinwurf von der irischen Westküste entfernt, die allerdings in dem dichten Nebel nicht zu erkennen war.
Selbst das Gemäuer verschwamm schon nach wenigen Metern in dem Dunst, der einfach alles zu verschlucken schien. Den gewaltigen, wütenden Schrei konnten die Schwaden jedoch nicht aufhalten, und der Dämon wusste genau, wem er galt - ihm selbst, Rakk, dem Dienstleister!


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 143

Veröffentlichungsjahr: 2022

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Die Rache der Schwarzen Göttin

Briefe aus der Gruft

Vorschau

Impressum

Die Rache derSchwarzen Göttin

von Rafael Marques

Mit einem gewaltigen Sprung jagte der Dämon aus der Tür des Herrenhauses. Die Erde unter ihm erzitterte, ebenso wie die Mauern des düsteren, scheinbar verlassenen Gemäuers, und als er sich wieder aufrichtete, zersplitterten alle Fensterscheiben. Die schwarze Masse, die sich im Inneren des Gebäudes ballte, sagte ihm, dass er sich beeilen musste.

Moynish More, die Insel, auf der er sich aufhielt, war nur wenige Quadratkilometer groß und abgesehen von dem Herrenhaus nur mit Gras und Büschen bedeckt. Sie lag quasi einen Steinwurf von der irischen Westküste entfernt, die allerdings in dem dichten Nebel nicht zu erkennen war.

Selbst das Gemäuer verschwamm schon nach wenigen Metern in dem Dunst, der einfach alles zu verschlucken schien. Den gewaltigen, wütenden Schrei konnten die Schwaden jedoch nicht aufhalten, und der Dämon wusste genau, wem er galt – ihm selbst, Rakk, dem Dienstleister!

Nichts war so gelaufen, wie er es sich ausgemalt hatte. Im Gegenteil, sein gesamter Plan war zu einem gewaltigen Bumerang geworden, der nun drohte, ihm den Kopf abzuschlagen. Dabei war sein einziges Ziel gewesen, nach Twilight City zurückzukehren und seine alte Liebe wiederzusehen. Nicht einmal das war ihm gelungen, dafür hatte er mitten in ein Wespennest gestochen und fast sprichwörtlich die Hölle heraufbeschworen, die jetzt ihre Krallen auch nach dieser Welt ausstreckte.

Die Erde bebte weiterhin, und es fiel ihm unheimlich schwer, sich auf den Beinen zu halten. Er konnte nur hoffen, dass seine kleine Yacht noch nicht abgetrieben war. Nur dank seiner dämonischen Sinne konnte er sich überhaupt noch in dem dichten Nebel orientieren, der ihn kaum zehn Meter weit sehen ließ.

In dieser Welt hatte er sich in der Vergangenheit meist als Nathaniel Dekker gezeigt, einen zwielichtigen Privatdetektiv aus New York, dessen einzige Gemeinsamkeiten mit ihm sein Faible für Hüte und Zigaretten waren. Als Echsendämon mit Schuppenhaut, Krallenhänden und einem krokodilartigen Maul konnte er sich in Twilight City frei bewegen, unter den Menschen dieser Welt war das dagegen nicht möglich. Da er im Moment jedoch völlig allein war, dachte er gar nicht daran, seine menschliche Maske aufzusetzen.

Sein Jackett flatterte in dem eiskalten Wind, als die weiße Yacht endlich in sein Blickfeld geriet. Sie ankerte in etwas tieferen Gewässern, die kurze Strecke an den Strand hatte er mit einem kleinen Schlauchboot überwunden. Von diesem fehlte jetzt jede Spur.

Rakk fluchte. Jetzt blieb ihm nichts anderes übrig, als durch das Wasser zur Yacht zu laufen und zu schwimmen. Als Echsendämon bevorzugte er warme Temperaturen, weshalb ihm das eiskalte Wasser vollkommen zuwider war. Zu lange durfte er sich nicht in den Fluten aufhalten sonst war es schneller mit ihm vorbei, als die schwarze Masse ihn erreichen konnte.

Ihm kam noch eine andere Möglichkeit in den Sinn: In einer der Taschen seines Jacketts steckte eine magische Goldmünze, die er auf einer griechischen Insel erbeutet hatte, ohne dass ihn John Sinclair daran hindern konnte. Mit ihr war er in der Lage, Charon, den legendären Fährmann der griechischen Mythologie, zu beschwören und sich von ihm an sein gewünschtes Ziel bringen zu lassen. Diese Option wollte er sich jedoch für eine andere, passendere Gelegenheit aufheben, zumal der Weg bis zur Yacht nun auch nicht allzu lang war.*

Als er endlich die Leiter erreichte, die bis zum Steuerrad hinaufführte, begann das Wasser zu brodeln und zu schäumen. Die See wurde immer unruhiger, und als er von den Sprossen in die Tiefe blickte, sah er, dass sich unter der Yacht tiefe Risse im Meeresboden bildeten. Was sich da auch immer tat, er musste so schnell wie möglich von hier verschwinden.

Nass wie ein Schwamm hetzte er über das Deck, warf sich gegen das Steuer und startete den Motor. Bevor er losfuhr, zog er noch den Anker in die Höhe. Zumindest versuchte er es, denn die Kette bewegte sich nicht nur keinen Zentimeter von der Stelle, sie war auch bis zum Anschlag gespannt. Als würde etwas in der Tiefe an ihr ziehen ...

»Dann eben nicht«, murmelte Rakk und fuhr trotzdem an.

Etwas im Motorbereich der Yacht quietschte elendig, und kurz darauf riss die rechte Außenwand mit einem lauten Krachen auseinander. Dunkler Rauch stieg aus dem Loch hervor, der Motor rebellierte, aber immerhin fuhr die Yacht endlich an.

Er ließ den Motor auf Hochtouren laufen. Gleichzeitig wurde die hinter ihm liegende Insel von einem infernalischen Donnerschlag erschüttert. Selbst durch den Dunst sah er die Gesteinsbrocken in die Höhe schießen, und nur Sekunden später folgte ihnen eine Dutzende Meter hohe Wasserfontäne.

Mit aller Kraft hielt er das Steuerrad fest, während sich hinter ihm ein Loch im Meer aufzutun schien. Jedenfalls kippte die Yacht langsam nach hinten, nur um Sekunden später mit einer aufschäumenden Flutwelle nach vorne gedrückt zu werden. Die Wassermassen schlugen von allen Seiten gegen das Boot, spritzten über die Reling und erwischten auch den Dienstleister.

Wieder und wieder wurde die kleine Yacht, die ihm ein Klient als Ausgleich für seine Dienste zur Verfügung gestellt hatte, von der wilden See durchgeschüttelt. Es glich einem Wunder, dass sie von den Wellen nicht längst in Stücke gerissen worden war. Wohin er eigentlich fuhr, wusste er angesichts des allgegenwärtigen Nebels schon längst nicht mehr.

Innerhalb der grauen Masse erschienen plötzlich mehrere dunkle Silhouetten, die sich zunächst wieder zurückzogen. Der Dienstleister nahm eine Hand vom Steuerrad und griff unter das völlig durchnässte Jackett, wo glücklicherweise immer noch sein Revolver steckte.

Er stieß einen wütenden Schrei aus, als das Rad sich von selbst zu drehen begann. Selbst mit seinen dämonischen Kräften konnte er dem Druck nicht entgegenwirken und wich einfach zurück.

Etwas riss die Yacht herum, und neben dem Rauschen der Wellen wurde die Luft von dem Brechen von Holz und Metall erfüllt. Rakk lief bis an die Reling, suchte nach der Kante der Überdachung und zog sich in die Höhe. Vom höchsten Punkt der Yacht konnte er endlich erkennen, was unter ihm vor sich ging.

Der Rumpf des Bootes wurde von einem mehrere Meter dicken Tentakelarm zusammengedrückt. Dort, wo sich zuvor noch zwei Liegebänke befunden hatten, war ein Teil der Yacht bereits abgerissen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die andere Kraft sie endgültig in den Fluten verschwinden ließ.

Innerhalb der Nebelwolke sah er weitere Schatten, die auf die Yacht zu wirbelten. Sie allein sorgten jedoch nicht dafür, dass sich die Schuppenhaut an seinem Nacken immer stärker zusammenzog, denn hinter den heranrasenden Silhouetten zeichneten sich zwei riesige, rot glühende Augen ab. Er wusste genau, dass der Blick nur ihm galt und dieses Wesen einen unbändigen Hass auf ihn hegte.

Noch blieb ihm eine letzte Möglichkeit, den Tentakeln zu entkommen, wenngleich sie ihm überhaupt nicht gefiel. Trotzdem würde er auf sie zurückgreifen müssen, sonst war er verloren.

Während die nächsten Fangarme des Monstrums durch den Nebel heranjagten, auf die Yacht niedergingen und sie in mehrere Teile rissen, ließ er unter enormen Schmerzen zwei Drachenschwingen aus seinem Rücken wachsen. Mit einem wahren Urschrei breitete er sie aus – und verlor endgültig das Gleichgewicht. Kurz bevor er in die Fluten stürzen konnte, trieb er sich selbst mit dem ersten Flügelschlag wieder in die Höhe.

Ein weiterer Fangarm rauschte heran, und nur mit einem blitzschnellen Flügelschlag gelang es ihm, dem schwarzen Ungetüm zu entkommen. Mit weiteren, kraftvollen Schlägen schraubte er sich immer weiter in die Höhe, bis er endlich außer Reichweite der Tentakel gelangte.

Dachte er zumindest ...

»RAKK!«, schallte ihm der wütende Schrei der Kreatur hinterher, und bald sah er auch die dicken Krakenarme wieder, die mit einer Urgewalt auf ihn zuschossen.

Mit einem Lächeln im Gesicht lehnte Johnny Conolly an der Fensterbank seines Zimmers im Bungalow seiner Eltern und betrachtete den Sonnenuntergang. Es war schon ein berauschender Anblick, wie sich die letzten Strahlen des ewig glühenden Sterns mit den am Horizont dahintreibenden Wolkenschleiern verbanden und sie dabei zum Glühen brachten.

Von hier, an einem der ruhigsten Orte der niemals schlafenden britischen Metropole, ließ sich so ein Anblick besonders gut genießen. Noch lieber wäre es ihm gewesen, mit seiner Freundin Cathy im Arm hier zu stehen oder auf dem Balkon ihrer Wohnung, doch sie musste sich um ihre grippekranke Schwester und deren ebenfalls angeschlagene Freundin Marisa Douglas kümmern.

Besonders seiner Mutter war es sehr recht, wenn er nicht allzu oft auswärts übernachtete, was er nach all dem, was in der Vergangenheit geschehen war, nur zu gut verstehen konnte. Sein Vater hatte vorübergehend sein Gedächtnis verloren, seine Mutter war gestorben und später von den Toten auferstanden und er nach einer langen Reise aus einer anderen Welt zurückgekehrt, von der er zeitweise gedacht hatte, sie wäre seine neue Heimat geworden. Die Tatsache, dass sie nun alle wieder zusammen waren, glich dabei einem kleinen Wunder.

In dieser Nacht würde er seine Eltern nicht zu sehen bekommen. Sie waren auf ein Fest eines Magazins eingeladen, für das sein Vater zahlreiche Artikel verfasst hatte und das auf diese Weise seine langjährigen freien Mitarbeiter ehrte. Da die Feier zudem in Liverpool stattfand, würden sie dort in einem Hotel übernachten und erst am nächsten Tag zur Mittagszeit wieder am Bungalow ankommen.

Das Angebot seines Dads, sie dorthin zu begleiten und ein paar Kontakte in der Welt der Journalisten zu knüpfen, war ihm zwar einige Zeit durch den Kopf geschwirrt, letztendlich hatte er aber dankend abgelehnt. So weit war er in seinen Plänen dann doch noch nicht.

So hatte er das ganze Haus für sich allein – und keine Idee, was er mit dieser Freiheit anfangen sollte. Er konnte sich auf der Couch ausbreiten und die Heimkinoanlage seiner Eltern zum Laufen bringen, andererseits zog es ihn trotz der frühen Abendstunde bereits ins Bett.

In Stunden wie diesen wanderten seine Gedanken oft in seine Zeit als Wynn Blakeston zurück. Diesen Namen hatte er sich in einer anderen Welt gegeben, in die er mittels eines Dimensionssprungs gelangt war, um einen Schnabeldämon, den Mörder seiner Mutter, zu verfolgen*.

Zu dieser Welt gehörte eine riesige Stadt namens Twilight City, in der Dämonen und magische Geschöpfe wie Teufel, Puppen, Katzenwesen mehr oder weniger friedlich Seite an Seite lebten. Ein Ort voller Geheimnisse, die er nur zum Teil aufgedeckt und in der er neue Freunde gefunden hatte.

Besonders Abby Baldwin-Fitzroy, eine junge Frau mit silbernen Haaren und einem magischen Erbe in ihrem Blut, sowie Bella Tosh, eine Elite-Polizistin mit schwieriger Familiengeschichte, waren ihm in Erinnerung geblieben – ebenso wie der Dienstleister Rakk, ein Echsendämon im Outfit eines Privatdetektivs aus den Dreißigerjahren. Rakk war jedoch beim letzten Kampf mit Norek, dem Mörder seiner Mutter, durch einen vergifteten Dolch getötet worden.

Mit Abby war er nach seiner Rückkehr in die normale Welt noch einmal teilweise in Kontakt gekommen, Bella dagegen war und blieb verschollen. Mit beiden verband ihn mehr als nur Freundschaft, und diese Gefühle konnte und wollte er nicht ablegen, obwohl er längst wieder ein normales Leben führte und eine feste Freundin hatte. Manchmal fragte er sich, wie alles verlaufen wäre, wenn ...

Johnny seufzte und versuchte, den Gedanken daran zu verdrängen. Es war müßig, darüber zu grübeln, solange er keinen definitiven Weg fand, nach Twilight City zurückzukehren. Zumindest versuchte er, sich das einzureden, denn die Vergangenheit hatte schon gezeigt, wie weit er dazu zu gehen bereit war.

Da musste er nur an Cruciata, die Spinnenfrau und Suggesta denken, der ebenfalls der Übertritt aus der anderen Welt in diese gelungen war und die er einmal hatte entkommen lassen, in der Hoffnung, dass sie ihn nach Twilight City führen könnte.*

Ein fast tödlicher Fehler, wie sich vor nicht allzu langer Zeit gezeigt hatte, als er von Cruciata entführt und beinahe getötet worden war.**

Auch Merlin und der Rote Ryan kannten möglicherweise Wege dorthin, aber an sie heranzukommen war ebenfalls alles andere als leicht. Natürlich gab es die Möglichkeit, nach Frankreich zu reisen und dort über den Knochensessel einen Weg nach Aibon oder Avalon zu finden, aber bisher war es nur bei dieser Idee geblieben.

Jetzt versank er doch wieder in seiner Gedankenwelt, was ihn leise fluchen ließ. Er musste endlich damit aufhören, sich in dieses Thema hineinzusteigern, und stattdessen nach vorne blicken. Er hatte sein altes Leben wieder aufgenommen, sein Studium beendet und eine Freundin, die ihn liebte. Leider kam es meist wieder anders, besonders, wenn der Funke der Hoffnung ein weiteres Mal aufflammte.

Er wartete noch ab, bis die letzten Sonnenstrahlen am Horizont versanken, bevor er den Rollladen herunterfahren ließ und sich bettfertig machte. Geistesabwesend schlich er ins Bad, putzte sich die Zähne und zog sich eine Schlafanzughose über. Kurz bevor er das Licht ausschaltete, warf er noch einen letzten Blick auf sein Smartphone und sah, dass Cathy ihm geschrieben hatte. In knappen Worten teilte sie ihm mit, dass es Emma und Marisa etwas besser ging und sie ihm eine gute Nacht wünschte. Johnny lächelte, erwiderte den Gruß und legte sich endgültig schlafen.

Es dauerte nicht lange, bis er in die Welt der Träume eintauchte ...

Wie ein einsamer Wanderer schritt Johnny durch die düstere, nebelverhangene Umgebung, in der kein Leben zu existieren schien. Der Boden war trocken und rissig, und in der Luft lag der Geruch von Chemikalien. Jedes Mal, wenn er Luft holte, glaubte er, die Giftstoffe zu inhalieren, weshalb er nach einer Weile von einem Hustenanfall durchgeschüttelt wurde.

Obwohl Johnny eine Jacke trug, zitterte er vor Kälte. Wohin er überhaupt ging, war ihm unbekannt. In dieser Welt schien es kein Leben zu geben, nicht einmal Pflanzen wuchsen hier. Auch von Gebäuden war nichts zu erkennen, sodass er bald glaubte, über die Oberfläche eines fernen Planeten zu schreiten. Aber warum konnte er dann atmen?

Weil es nur ein Traum ist ...

Johnny träumte nicht oft, und wenn, dann erinnerte er sich so gut wie nie an seine Träume. Dass er jetzt seine Umgebung und sich selbst so plastisch wahrnahm und sogar darüber nachdachte, dass er in dieser so lebensfeindlichen Umgebung Luft holen konnte, kam ihm schon seltsam vor.

Abrupt blieb er stehen und sah an sich herab. Er trug eine dunkle Jacke, Jeans und Turnschuhe. Nichts Außergewöhnliches, sogar ziemlich vertraut. Was ihn wunderte, war vielmehr, dass er anscheinend genau kontrollieren konnte, was er tat, was bei einem normalen Traum nie der Fall war.

Was, wenn das kein Traum war? Wenn eine fremde Kraft ihn an diesen Ort gerissen hatte, um ihn zu töten? Andererseits, ein Wesen, das so mächtig war, hätte ihn auch sofort ermorden können, statt ihn durch dieses wüstenartige Gebiet laufen zu lassen. Außerdem trug er eine völlig andere Kleidung als noch im Bett und während des Tages, was wieder für einen Traum sprach.

Wie es auch war, er musste sich mit der Situation abfinden und versuchen, irgendwie einen Ausweg zu finden. Möglicherweise handelte es sich auch um eine Art Botschaft, die er noch nicht verstand.

Als er zum ersten Mal eine Silhouette innerhalb der bisher undurchdringlich erscheinenden Schwaden ausmachte, blieb er stehen. Wenige Meter vor ihm befand sich eine geschwärzte Betonwand, deren Ausmaße er noch nicht ganz einschätzen konnte. Der Gestank nach Chemikalien verstärkte sich, je näher er der Anlage kam.

Nach und nach riss der Nebel vor ihm auf und gab so den Blick auf eine riesige Lagerhalle mit halb eingefallenem Dach frei, die selbst nur ein Teil eines größeren Gebäudekomplexes mit diversen Türmen und Schloten war. Nichts wies darauf hin, dass diese Anlage noch in Betrieb war, im Gegenteil, alles machte den Anschein, als wäre sie schon seit Jahrzehnten verlassen. Lediglich einige dunkle Vögel kreisten über den Dächern, die ersten Lebewesen, die er in dieser Nebelwelt zu Gesicht bekam.

In gewisser Weise kam ihm dieser Ort auch seltsam bekannt vor, er war nur nicht in der Lage, ihn richtig zuzuordnen. Es war, als würden seine Erinnerungen ebenfalls von Nebelschleiern blockiert werden. Tief in seinem Inneren wusste er ganz genau, wo er sich befand, nur konnte er auf dieses Wissen schlichtweg nicht zugreifen.

Sehr langsam ging er an der Wand entlang und suchte – bislang vergeblich – nach einem Eingang. Vielleicht würde er, wenn er sah, was sich in der Halle befand, endlich verstehen, was hier gespielt wurde.

Wenige Meter über den schwarzen Vögeln trieb weiterhin der Nebel entlang. Sehr gut erinnerte er sich noch an die Erzählungen seines Patenonkels John Sinclair, in denen es um magischen Nebel, auf den man in anderen Dimensionen traf, gegangen war, und sogar den Todesnebel hatte er angesprochen. Dieser stammte ursprünglich vom Planeten der Magier und konnte mittels des Würfels des Unheils kontrolliert werden, der sich inzwischen seit vielen Jahren im Besitz des Spuks befand.

All das konnte er aus seinen Gedanken rezitieren, als hätte er ein Buch vor seinem geistigen Auge aufgeschlagen. Nur auf eine Erinnerung an eine bestimmte Form des Nebels konnte er nicht zugreifen. Ein Nebel aus einer anderen Welt, eine magische Grenze ...

Johnny hätte fast aufgeschrien, weil er einfach nicht in der Lage war, den Gedanken zu Ende zu bringen. Sein Ärger verrauchte schnell, als er innerhalb des Nebels eine Bewegung ausmachte. Was dort durch den Dunst flog, konnte er nicht genau erkennen, aber es musste etwas Großes sein, jedenfalls größer als er selbst. Er glaubte sogar, so etwas wie Schwingen zu sehen.