John Sinclair 2339 - Rafael Marques - E-Book

John Sinclair 2339 E-Book

Rafael Marques

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Beschreibung

"Ich bin ganz ehrlich, es sieht nicht gut aus für Aibon."
Mit diesen Worten war Myxin wie aus dem Nichts in unserem Büro aufgetaucht. Und tatsächlich ließ das, was unser Freund aus Atlantis Suko und mir dann berichtete, darauf schließen, dass in Aibon buchstäblich die Hölle ausgebrochen war.
Derjenige, der diesen Höllensturm entfacht hatte, war ausgerechnet einer unserer ärgsten Feinde. Iovan Raduc, der Vampir, setzte bereits alles daran, das Schattenreich zu zerstören. Und wir wussten: Würde das Schattenreich fallen, dann würde Aibon mit ihm untergehen. Es gab also gar keine andere Wahl, wir mussten dorthin.
Und schon kurz darauf teleportierte der kleine Magier uns in das Druidenreich ...


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Seitenzahl: 165

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Raducs Höllenfahrt

Briefe aus der Gruft

Vorschau

Impressum

Raducs Höllenfahrt

von Rafael Marques

Wenn ein Geisterjäger sich schon damit beschäftigen muss, dem Kaffee beim Kochen zuzuschauen, sollte man wohl meinen, dass es Zeit für den Feierabend wäre. Dummerweise war es erst elf Uhr morgens, weshalb die Erlösung noch lange Zeit entfernt lag. Und da Suko und ich sogar mit unseren Berichten und Spesenabrechnungen auf dem neuesten Stand waren, musste ich eben eine andere Beschäftigung finden. Zum Beispiel, hinter das Geheimnis von Glendas unfassbar gut schmeckendem Kaffee zu kommen.

»Du kannst in die Brühe starren, solange du willst, du wirst es trotzdem nicht so hinbekommen wie ich«, feixte unsere Sekretärin und lehnte sich grinsend in ihrem Stuhl zurück. »Das Geheimnis nehme ich mit ins Grab.«

»Dazu wird es hoffentlich niemals kommen.«

So sehr ich mich auch bemühte, ich fand keine Erklärung, warum Glendas Kaffee schmeckte, als stammte er aus einer anderen Welt, während bei meinen kläglichen Versuchen immer ein ungenießbares Gebräu herauskam. Wieder einmal ließ mich ihr Zauberhändchen im siebten Himmel schweben, und in gewisser Weise war ich auch sehr froh, das Geheimnis nicht aufgeklärt zu haben. Glendas besondere Gabe war nun einmal Teil unserer Büro-Traditionen, die ich auch nach all den Jahren nicht missen wollte.

Selbst Sir James verließ kurz sein Büro, um zumindest einmal kurz den Duft des frischen Kaffees zu genießen. Durch seine Magenprobleme musste er selbst auf einen kleinen Schluck verzichten und sich allein auf kohlensäurearmes Wasser beschränken. Für mich wäre das wohl tödlich gewesen, denn so manches Mal hatte mich das schwarze Gebräu davor bewahrt, den Tag mit der Stirn auf der Tischplatte zu verbringen.

»Irgendetwas Neues, Sir?«, fragte ich und erntete ein Kopfschütteln.

»Abgesehen davon, dass ich in einer Stunde zu einer Sicherheitskonferenz fahren muss, lässt uns die andere Seite glücklicherweise mal etwas Luft zum Atmen. Oder wünschen Sie schon, etwas Neues aus Aibon, von Pandora oder Lilith zu hören?«

»Um Gottes willen, nein.«

»Sehen Sie, ich auch nicht. Leider sagt mir mein Bauchgefühl, dass sich stets umso mehr zusammenbraut, je länger wir auf einen neuen Fall warten müssen.«

»Die Befürchtung habe ich, ehrlich gesagt, auch«, gab ich zu.

»Gut, Sie finden mich dann wieder im Büro.«

»Alles klar.«

Ich sah ihm hinterher, bevor ich langsam zu Glendas Tisch ging und mich mit der Tasse in der Hand auf die Kante setzte. Unsere Sekretärin sah in ihrem gelben Kleid und den schwarzen Lederstiefeln wieder einmal bezaubernd aus. Fast schon zu gut für das Büro, weshalb ich sie nach ihren Plänen für die Mittagspause fragte.

»Das wüsstest du wohl gern«, erwiderte sie mit einem hintergründigen Lächeln.

»Hast du etwa eine Verabredung?«

»Und wenn?«

Ich hielt mir eine Hand gegen die linke Brustseite und tat so, als würde ich mir mein eigenes Herz herausreißen. »Das würde ich wahrscheinlich nicht überleben.«

Glenda hob beiläufig die Schultern. »Du könntest noch etwas daran ändern.«

»Und wie?«

Diesmal sah sie mir direkt in die Augen. »Ach komm, das weißt du doch.«

»Luigi?«

Die Sekretärin lächelte kokett, als hätte sie von Anfang an gewusst, dass das Gespräch irgendwann auf dieses Ergebnis hinauslaufen würde. Und, um ehrlich zu sein, wirklich überrascht war ich nicht. Eher glücklich, dass ich nicht allein mit meinem Hunger auf italienisches Essen war. Zwar lag unser Stamm-Italiener seit dem Umzug von New Scotland Yard nicht mehr unbedingt um die Ecke, aber schöne Gewohnheiten änderte man eben nur ungern. Zumal wir als jahrelange Stammgäste und gute Bekannte auch eine gewisse Vorzugsbehandlung genossen.

Ich warf einen sehnsüchtigen Blick nach draußen. In London herrschte gerade wahres Kaiserwetter, und dank der vereinzelten Wolken war man auch hin und wieder vor den beinahe schon zu sehr wärmenden Strahlen der Sonne geschützt. Eine perfekte Gelegenheit, um den Tag in einem der vielen Parks der englischen Metropole zu verbringen und nicht endlose Stunden im Büro zu hocken.

»Also dann ... mit oder ohne Suko?«, fragte ich.

»Es ist Mittagspause. Also natürlich mit.«

»Okay, dann werde ich ihn mal ...«

»... fragen?«, fiel mir mein Partner ins Wort, der an der Tür zu unserem Büro stand. »Auf mich wird Glenda wohl verzichten müssen. Und auf dich auch.«

»Ein neuer Fall?«, fragte ich enttäuscht, und Glendas Gesichtsausdruck verriet mir, dass es ihr nicht anders ging.

»Nein, Besuch.«

»Wer kommt?«

»Niemand, er ist schon da.«

»Aber es ist doch niemand ins Büro gekommen.«

Suko hob die Schultern. »Nicht durch die Tür jedenfalls.«

Ich ahnte schon, auf was die Bemerkung meines Partners hinauslief. Er sprach wohl von Teleportation, und da er der Person völlig entspannt den Rücken zudrehte, ging ich davon aus, dass uns kein Feind einen unangemeldeten Besuch abstattete.

Suko trat wieder zurück ins Büro, sodass ich einen Blick auf meinen Schreibtisch werfen konnte. Jemand hatte meinen Stuhl in Beschlag genommen, und diese Person war niemand anderes als Myxin, der Magier!

»Das ist mal eine Überraschung«, stieß ich hervor, während ich unseren grünhäutigen Freund aus Atlantis betrachtete. Der kleine Magier, der bereits über 10.000 Jahre alt war und wie immer seinen langen, braunen Mantel trug, ließ es sich auf meinem Stuhl gut gehen und hatte sogar die Lehne nach hinten sinken lassen. Man hätte fast meinen können, er hätte sein Refugium bei den Flammenden Steinen verlassen, um bei uns zu entspannen und ein wenig zu plauschen. Aber so verhielt sich Myxin normalerweise nicht.

»Ich hoffe eine positive«, antwortete er.

»Dass du hier bist, auf jeden Fall«, erwiderte ich lächelnd. »Andererseits frage ich mich natürlich, ob es ein Besuch mit Hintergedanken ist.«

»Du kennst mich eben zu gut. Oder ihr beide, denn Suko war auch nicht besonders erbaut von der Aussicht, dass ich euch mit Problemen belästigen könnte.«

»Das liegt ja leider auf der Hand«, warf ich ein.

Myxin seufzte. »Das stimmt. Und bevor du fragst – diesmal geht es nicht um Atlantis.«

Seltsamerweise beruhigte mich die Aussicht nicht, selbst wenn ich ganz froh darüber war, dass der kleine Magier uns diesmal nicht vor einem weiteren Bewohner des untergegangenen Kontinents warnen wollte, der dabei war, seine Zeichen in der Gegenwart zu setzen. Mit solchen Gestalten hatten wir in der Vergangenheit mehr als genug Erfahrungen gemacht, davon konnte auch die Staatsanwältin Purdy Prentiss – ebenfalls eine wiedergeborene Atlanterin –, ein Lied singen.

»Um was geht es dann?«

»Aibon.«

Im ersten Moment war ich überrascht, dass ausgerechnet Myxin bei uns erschienen war, um uns vor einer Gefahr aus dem Paradies der Druiden zu warnen. Normalerweise hätte ich eher mit dem Roten Ryan gerechnet, dem Hüter der guten Seite Aibons. Leider aber war unser alter Freund und Verbündeter, der mich immer an den Charakter des Papageno aus der Oper ›Die Zauberflöte‹ erinnerte, seit einiger Zeit von einer enormen Schwäche befallen, die ihm wohl auch Dimensionsreisen unmöglich machte. Früher war er jedenfalls schon einige Male in meiner Welt aufgetaucht, um uns zu warnen oder aus brenzligen Situationen zu retten.

»Du erinnerst dich vielleicht daran, dass wir in früheren Zeiten durchaus schon nach Aibon gereist sind«, fuhr Myxin fort und spielte damit wohl auf seine Freunde an, Kara und den Eisernen Engel. »Damals, als es um Mandra Korabs sieben Dolche ging, haben wir euch im Kampf gegen Guywano unterstützt.* Das mag lange zurückliegen, aber auch wenn wir uns anschließend zumeist aus Aibon zurückgehalten haben, haben wir immer ein wachsames Auge auf diese Welt geworfen.«

Ich grinste schief. »Irgendwie muss man sich ja auch mit den Flammenden Steinen beschäftigen.«

»Tja, wir können eben nicht den ganzen Tag Schach spielen und Cola trinken. Aber im Ernst: dir wird auch nicht entgangen sein, dass Aibon nicht erst seit gestern in höchster Gefahr schwebt, und das nicht zum ersten Mal.«

Ich nickte. »Du sprichst von dem Angriff auf das Schattenreich.«

»So ist es.«

Es lag nicht einmal allzu lange zurück, dass die Dämonenseele des Roderick Harper gemeinsam mit neun bösen Geistern – mutmaßlich im Auftrag Mandragoros –, die Jenseitswelt des Druidenreiches angegriffen und schwer beschädigt hatte.* Wie ich schon aus früheren Abenteuern wusste, war das Schattenreich notwendig für den Fortbestand Aibons. Würde es zerstört, würde auch das zweigeteilte Reich selbst vergehen.

Myxin brachte den Stuhl zurück in die normale Position, verschränkte die Arme und sah erst Suko, dann mich mit ernster Miene an. »Ich bin ganz ehrlich, es sieht nicht gut aus für Aibon. Dass Mandragoro nun so viel Einfluss gewonnen und sogar den Hook, den eigentlichen Herrscher über das Zwischenreich, getötet hat, ist das zentrale Problem. Schon seitdem Luzifer versucht hat, Aibon zu erobern, ist es dort immer wieder zu starken Destabilisierungen gekommen – an denen übrigens auch der Rote Ryan nicht ganz unschuldig ist.«

»Das stimmt«, gab ich unumwunden zu und dachte dabei an Guywanos Vernichtung und zuletzt auch an den Plan, Rog, den Elfenblut-Vampir, in eine Falle zu locken und ihn von untoten Druiden in der Erde eines alten Friedhofs gefangen halten zu lassen. Dass Ryan dabei über Leichen gegangen war und am Ende die letzten verbliebenen Mitglieder der Familie Murdock mit nach Aibon genommen hatte, war dabei fast nur eine Randerscheinung. Immerhin war es ihm nach dem Tod des Hook gelungen, ein Heer böser Geister zu vernichten, das das Druidenreich sonst völlig ins Chaos gestürzt hätte.*

»Es ist schon fast paradox, denn Mandragoro ist eigentlich einer der wenigen Dämonen mit ehernen Motiven, doch durch ihn hat das Böse in Aibon endgültig Einzug gehalten«, fuhr der kleine Magier fort. »Erst hat er Rog zurückgeholt und dann ausgerechnet Iovan Raduc und Roderick Harper nach Aibon gebracht, die nun versuchen, das Schattenreich zu zerstören. Ob im Auftrag des Umwelt-Dämons oder nicht, lasse ich mal dahingestellt. Fakt ist aber, dass, sollte das Schattenreich zerstört werden, auch Aibon untergeht. Nicht auszudenken, was für Folgen das haben könnte.«

Suko und ich wechselten einen kurzen Blick. »Was für Auswirkungen würden das sein?«, fragte diesmal mein Partner.

»Wenn ich das wüsste. Eines muss euch klar sein: nach der großen Schlacht zwischen Luzifers Heerscharen und den Engeln des Himmels entstand nicht nur die Hölle, sondern auch Aibon. Eine besondere Welt, ein Fegefeuer und damit ein Teil eines interdimensionalen Gleichgewichts, das einst vom Seher bewahrt wurde. Er ist nun nicht mehr da, um seine schützende Hand über das Druidenreich sowie über weitere Dimensionen zu halten. Wie gesagt, ich weiß nicht, was passieren wird, aber denkt nur einmal an den Planeten der Magier. Er kreiste in einer anderen Dimension um Atlantis, und als er unterging, riss er auch Atlantis mit ins Verderben. Nicht weniger befürchte ich auch jetzt.«

Ich schluckte, atmete tief durch und spürte, wie sich auf meinem gesamten Körper eine Gänsehaut bildete. Natürlich machte ich mir schon längere Zeit um Aibon Sorgen, doch in diesen gewaltigen Zusammenhängen hatte ich die Angelegenheit noch nicht betrachtet. Da war es schon beruhigend, jemanden wie Myxin an seiner Seite zu wissen.

»Und was können wir dagegen tun?«, ergriff ich wieder das Wort. »Sollen wir uns zu dritt auf die Jagd nach Raduc und Harper begeben?«

»Das wäre wohl die einfachste Lösung. Eigentlich hatte ich gehofft, auch den Roten Ryan mit ins Boot holen zu können.«

»Falls er dazu in der Lage ist, uns zu helfen«, gab ich zu bedenken.

»Ja, falls. Und wie gesagt, es wäre die einfachste Lösung.«

Ich trat näher an Myxin heran und setzte mich auf die Tischkante. »Was willst du uns damit sagen?«

»Damit will ich sagen, dass, wenn es uns nicht gelingt, diese beiden Dämonen zu vernichten und Mandragoro aus Aibon zu vertreiben, wir über andere Lösungen nachdenken müssen. Eine kontrollierte Katastrophe ist nur noch eine halbe Katastrophe.«

»Myxin, hör endlich auf, um den heißen Brei herumzureden!«

»Ich spreche davon, dass wir im Notfall Aibon selbst vernichten müssten.«

Wieder rann mir ein Schauer über den Rücken. Selten hatte ich Myxin so ernst erlebt, und ich glaubte nicht, dass er unnötig Panik erzeugen wollte. Er wusste genau, wovon er sprach, weshalb ich mir sicher war, dass er schon Pläne geschmiedet hatte, um dieses gewaltige Vorhaben auch in die Tat umzusetzen. Ich stellte mir gar nicht erst die Frage, wie ein derartiges Unterfangen gelingen sollte, immerhin wusste ich aber um die Macht unserer atlantischen Freunde. Da musste ich nur daran denken, wie es ihnen gelungen war, abgesehen von dem Spuk alle Großen Alten und ihre Bereiche der Leichenstadt zu vernichten.

»Dann sieht es wirklich nicht gut aus, oder?«, fragte ich vorsichtig.

»Nein«, erwiderte Myxin. »Du weißt nicht zufällig, warum Raduc ein solches Interesse an dem Schattenreich hat?«

»Er will alle Seelen von dort befreien, sie unter seine Kontrolle bringen und mit ihnen die Herrschaft über Aibon übernehmen. Anschließend plant er, die Hölle anzugreifen.«

Myxin verdrehte die Augen. »Irgendwie bin ich nicht einmal überrascht. Von einem wie ihm kann man ja nichts anderes erwarten.«

»Du kennst ihn also schon länger?«

»Nicht persönlich, aber mir sind seine Langlebigkeit, seine mitunter haarsträubenden Pläne und seine Feindschaft mit der Hölle natürlich bereits zu Ohren gekommen. Anscheinend ist ihm wohl nicht bewusst, dass er Aibon mit seinem Plan vernichten wird, bevor er überhaupt darüber nachgedacht hat, wie genau er die Hölle angreifen wollen würde.«

»Doch, das weiß er. Er glaubt, eine andere Kraft würde eingreifen und Aibon vor der Vernichtung retten«, sagte ich.

»Das hat er dir verraten?«, fragte Myxin überrascht.

»Er hat mir sogar angeboten, ihm dabei zu helfen, Krieg gegen die Hölle zu führen.«

»Ach? Hat er dir auch verraten, welche andere Kraft das sein könnte, die Aibon retten soll?«

»Nein, und nachdem ich sein Angebot abgelehnt habe, hat er mir eröffnet, dass er mit mir noch ein letztes Todessspiel spielen will.«

»Natürlich ...«

»Also, Myxin, wie soll es nun weitergehen?«, drängte ich unseren alten Freund.

Der kleine Magier erhob sich aus dem Stuhl und bat uns mit einem kurzen Wink, näher an ihn heranzutreten. Ich ahnte bereits, auf was diese Aktion hinauslaufen würde, tat ihm aber den Gefallen. Immerhin wollte ich sicher genauso sehr wie Suko und Myxin, dass es nicht wirklich zum Untergang Aibons kam. Dafür war ich auch bereit, einiges aufs Spiel zu setzen.

»Ich werde uns nach Aibon teleportieren«, erklärte unser atlantischer Freund. »Vielleicht gelingt es dem Roten Ryan und mir, unsere geistigen Kräfte zu vereinen und Iovan Raduc und Roderick Harper ausfindig zu machen, bevor sie weiteren Schaden anrichten können. Seid ihr dabei?«

Ich nickte, Suko ebenso. Bevor es losging, packten wir noch schnell unsere Waffen ein.

»Dann soll es so sein«, rief Myxin und sorgte dafür, dass wir uns auflösten.

Wie oft hatte ich schon erlebt, dass Myxin mich so schnell an einen anderen Ort teleportieren konnte, dass ich nur einmal kurz zwinkern musste, um mich in einer weit entfernten Dimension wiederzufinden?! Meistens war es dabei um Atlantis gegangen, nicht selten in Verbindung mit Zeitreisen in die tiefste Vergangenheit. So gut wie nie war dabei etwas Außergewöhnliches passiert – bis jetzt!

Ich hörte den überraschten Schrei des kleinen Magiers, öffnete die Augen und schloss sie sofort wieder. Was sich da um mich herum abspielte, war ein Spiel aus Farben und Blitzen, das meine menschlichen Sinne schon nach wenigen Sekundenbruchteilen völlig überforderte. Weitere Schreie drangen an meine Ohren, wobei mir erst langsam klar wurde, dass sie von Suko und mir stammten.

Hatte zuvor noch Myxins linke Hand auf meinem rechten Arm geruht, so änderte sich das jetzt. Ich verlor den Kontakt zu meinem atlantischen Freund, dessen Schreie immer leiser wurden, während mich das Gefühl überkam, in ein unendlich tiefes, dunkles Loch zu stürzten. Mitten hinein in die Verdammnis, das Jenseits oder die Hölle.

Verzweifelt schnappte ich nach Luft, und zu meiner Überraschung gelang es mir tatsächlich, frischen Sauerstoff in meine Lungen zu pumpen. Dass das zwischen den Dimensionen überhaupt möglich war, schien mir schwer vorstellbar, weshalb ich die Augen wieder öffnete.

Zu meiner Überraschung schwebte ich nicht mehr in einem kaum zu beschreibenden Zustand zwischen Raum und Zeit, sondern lag auf einem grauen Felsbrocken inmitten einer ausgedehnten Geröllwüste. So stellte ich mir das paradiesische Reich des Roten Ryan definitiv nicht vor, eher schon die dunkle Seite Aibons, auf der seit kurzem wieder der Elfenblut-Vampir Rog regierte.

Wie war es dazu gekommen? Dass sich Myxin geirrt hatte, glaubte ich keine Sekunde. Eher schon, dass wir durch eine andere Macht umgelenkt und an diesen Ort transportiert worden waren.

»Suko?«, rief ich den Namen meines Partners. Insgeheim befürchtete ich bereits, er wäre durch die mir unbekannten Kräfte zwischen den Dimensionen zerrieben worden.

»Ich bin hier unten.«

»Wo?«

»Links von dir.«

Ich blickte den mehrere Meter hohen Felsbrocken hinab und entdeckte tatsächlich den Inspektor, der mir etwas derangiert zuwinkte. Abgesehen davon, dass ihm – wie mir auch –, der Dimensionssprung noch etwas körperlich zu schaffen machte, war er auch von Kopf bis Fuß mit Staub bedeckt. Als ich an mir herabsah, erkannte ich, dass es mir nicht anders ergangen war.

»Brauchst du Hilfe?«, fragte Suko.

»Ich schaffe das schon selbst.«

Tatsächlich hielt ich kurz den Atem an, als ich mich mit den Beinen voraus den Felsen hinuntergleiten ließ. Am Ende war es doch mein Partner, der mich auffing und so verhinderte, dass ich mir bei dem Sturz irgendwie wehtat.

»Wo ist Myxin?«, fragte ich sofort.

»Die Frage könnte ich dir stellen. Er ist verschwunden. Irgendetwas hat uns wohl während der Teleportation erwischt.«

»Als hätte jemand gewollt, dass wir von Myxin getrennt werden«, vermutete ich. »Wer könnte stark genug sein, so etwas in die Wege zu leiten? Raduc? Harper? Rog? Mandragoro?«

»Wenn du mich fragst, würde ich auf einen der letzten beiden tippen.«

»Ich, ehrlich gesagt, auch.«

»Und was machen wir jetzt?« Suko wies auf den Felsen. »Hast du irgendetwas Interessantes von da oben gesehen?«

»Ja, dich. Auf die Landschaft habe ich nicht so geachtet.«

Mein Partner seufzte, woraufhin wir nun gemeinsam den riesigen Felsbrocken hinaufstiegen. Zumindest wusste ich schon, dass wir uns in einer weitreichenden Gesteinswüste befanden, und dieser Eindruck bestätigte sich, als ich mich neben meinem Partner aufrichtete und die Umgebung betrachtete. Am Sonnenstand konnten wir uns nicht orientieren, denn es gab schlichtweg keine Sonne. In der Vergangenheit hatte ich an Aibons Himmel zwar schon einige Male eine helle Scheibe ausgemacht, nur war die nie mit dem gewaltigen Stern aus unserer Welt vergleichbar gewesen.

Rechts von unserer Position breitete sich eine rissige, ausgetrocknete, ebene und völlig leere Fläche aus, während sich das Felsenmeer, von einigen leichten Erhebungen abgesehen, ebenfalls konstant bis zum Horizont hinzog. Dort, im durch den Wind aufgewirbelten Staub, glaubte ich eine kompakte Masse zu erkennen, bei der es sich wohl um einen Wald handelte. Möglicherweise war das die Grenze zum Zwischenreich.

»Tja, jetzt haben wir wohl die Wahl«, fasste ich zusammen. »Entweder wir laufen durch eine mörderisch heiße und trockene Wüste oder wir gehen in Richtung Zwischenreich und hoffen, uns bis zu Ryans Gebiet durchschlagen zu können.«

»Ich glaube, diese Entscheidung wird uns sehr bald abgenommen werden.«

»Wieso?«

Suko wies in Richtung der Wüste. Dabei deutete er nicht in Richtung des völlig ausgezehrten, pflanzenfreien Bodens, sondern auf den graugrünen Himmel, auf dem sich nun eine größere, braune Wolke abzeichnete. Eine echte Wolke war es wohl nicht, dafür bewegte sie sich zu schnell. Wahrscheinlich handelte es sich eher um einen größeren Pulk aus Vögeln.

»Da kommt unser Empfangskomitee, würde ich sagen«, erklärte Suko und zog sowohl die Beretta als auch die Dämonenpeitsche.

Ich nahm zunächst nur die Pistole in die Hand, obwohl ich mich auch mit dem Bumerang zur Wehr setzen konnte, den ich glücklicherweise bei mir trug. Nur das Kreuz beließ ich an seiner Position auf meiner Brust. Abgesehen von Raduc und Harper würde es mir bei den hier hausenden Kreaturen wohl keine große Hilfe sein.

»Weglaufen ist wohl keine Lösung«, murmelte ich.

»Und verstecken können wir uns auch nicht. Also bleibt uns nur zu hoffen, dass wir mit dieser Meute fertig werden.«

Das war allerdings die Frage. Der Pulk rückte näher, weshalb ich nun deutlicher sah, dass sich dort oben tatsächlich Vögel mit wohl braunem Gefieder über den Himmel bewegten. Wie viele es wirklich waren, konnte ich nur schätzen, aber zwanzig mit Sicherheit. Ich ging davon aus, dass es sich um gefährliche Monstervögel handelte, mit denen wir es schon einige Male zu tun bekommen hatten.