John Sinclair 2347 - Rafael Marques - E-Book

John Sinclair 2347 E-Book

Rafael Marques

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Beschreibung

Kurz bevor Bill Conolly sein Flugzeug besteigt, um der Einladung zu einer Ausstellung heidnischer Artefakte in der russischen Oblast Kaliningrad zu folgen, erhält er einen seltsamen Anruf. Dimitry Kobalshev, ein alter Freund, der Bills Einladung organisiert hat, kündigt seinen baldigen Tod an.
Als der Reporter sein Ziel erreicht, muss er feststellen, dass Dimitry tatsächlich auf grausame Weise ermordet wurde ...


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Inhalt

Cover

Das Vermächtnis des alten Volkes

Briefe aus der Gruft

Vorschau

Impressum

Das Vermächtnisdes alten Volkes

Von Rafael Marques

Kurz bevor Bill Conolly sein Flugzeug besteigt, um der Einladung zu einer Ausstellung heidnischer Artefakte in der russischen Oblast Kaliningrad zu folgen, erhält er einen seltsamen Anruf. Dimitry Kobalshev, ein alter Freund, der Bills Einladung organisiert hat, kündigt seinen baldigen Tod an.

Als der Reporter sein Ziel erreicht, muss er feststellen, dass Dimitry tatsächlich auf grausamste Weise ermordet wurde ...

»Es ist wahr, Bill«, raunte ihm die leise, aus dem Telefon dringende Stimme mit unüberhörbar russischem Akzent zu. »Ich glaube, ich werde deine Ankunft nicht mehr erleben.«

Der Reporter sog scharf die Luft ein. Mit so einer Eröffnung hatte er beim besten Willen nicht gerechnet, schon gar nicht wenige Minuten, bevor er die Reise nach Osteuropa antrat.

»Wie kommst du bloß darauf, Dimitry?«, fragte er fassungslos.

»Es sind Dinge geschehen, die mir Angst gemacht haben. Menschen sind verschwunden, wahrscheinlich ermordet, und ich denke, dass alles mit der Ausstellung zusammenhängt. Bill, mein Kamerad – wenn ich sterben sollte, weißt du jetzt wenigstens, wo du ansetzen musst. Ich habe keine Zeit mehr. Mach's gut, gute Reise!«

Dimitry Kobalshevs Herz klopfte so laut, dass ihm die Schläge fast die Luft abschnürten. Bei jedem Wort, das er aussprach, musste er davon ausgehen, dass es sein letztes war. Man war hinter ihm her, doch die Verfolger hatten keine Gesichter, und so wusste er auch nicht, ob einer der wenigen Passanten plötzlich eine Waffe ziehen und auf ihn anlegen würde. Oder ob sich einer in ein dämonisches Geschöpf verwandelte ...

Sein Atem ging immer schneller, als er an die Geschichten seines alten Freundes Bill Conolly dachte. Damals, in London, war Dimitry Korrespondent einer großen russischen Tageszeitung gewesen, hatte sich aber oft in seinem allzu tristen Job gelangweilt und über den Tellerrand der internationalen Politik geblickt. Dabei war er irgendwann auf Artikel zu Themen gestoßen, die die meisten Menschen als Spinnereien oder lächerlichen Aberglauben abtaten. Dem freien Journalisten Bill Conolly war es allerdings gelungen, seine Berichte über Geister, Vampire und andere Geschöpfe der Finsternis derart lebensecht und fundiert zu formulieren, dass Dimitry irgendwann diesen Mann kennenlernen wollte. Daraus war mit den Jahren eine echte Freundschaft entstanden, und seine Leber erinnerte sich heute noch mit Grausen an so manche durchzechte Nacht im Bungalow der Conollys.

Diese Zeiten lagen leider schon mehr als zehn Jahre zurück. Seit er der Liebe wegen London verlassen hatte und in die Oblast Kaliningrad gezogen war, war es mit allem bergab gegangen. Der Job als Kulturreferent für ein Nachrichtenmagazin war eintönig und schlecht bezahlt, seine Ehe schon nach wenigen Jahren in die Brüche gegangen, und durch die Visumspflicht und restriktive Reisebestimmungen blieben ihm kaum Möglichkeiten, den Kontakt zu seinen alten Freunden und Bekannten aufrechtzuerhalten.

Umso glücklicher war er gewesen, beim Innenministerium eine Sondergenehmigung erwirkt zu haben, sodass Bill als einziger außerrussischer Reporter bei der Eröffnung einer besonderen Ausstellung im slawischen Museum in seiner neuen Heimatstadt Baltijsk anwesend sein würde. Dabei sollte es vor allem um Artefakte der vor Jahrhunderten noch überwiegend heidnischen Slawen gehen, die auch in den bis zum Zweiten Weltkrieg lange Zeit von Deutschen geprägten Gebieten um das einstige Königsberg heimisch gewesen waren. Auch Funde aus der Bronze- und Eisenzeit bis hin zu Relikten anderer russischer Kulturkreise würden dabei zum Teil erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Brisante Funde sollten auch darunter sein, wobei sich Anton Solnik, der Kurator des Museums, nicht so recht in die Karten blicken lassen wollte. Deshalb hegte Dimitry den Verdacht, dass einige der Ausstellungsstücke aus unseriösen Quellen stammten. Aber wäre das als Grund dafür vorstellbar, dass mehrere Menschen, die mit dem Museum in Verbindung standen, auf mysteriöse Weise verschwunden waren?

Genau wegen dieser Vorfälle hatte sich Dimitry mit dem Verwalter der altehrwürdigen Festung Pillau, Yuri Rushkov, treffen wollen. Yuri war einer der Mitorganisatoren der Ausstellung und deren Eröffnungsfeier, stand jedoch auch mit dem russischen Geheimdienst in Verbindung, für den er in früheren Jahren gearbeitet hatte. Wenn jemand mehr über die womöglich brisanten Hintergründe mancher Artefakte sagen konnte, dann er.

Als er nicht zu dem verabredeten Treffen vor dem Haupthaus der auf einer sternenförmigen Insel errichteten Festung erschienen war, hatte Dimitry Yuris Frau angerufen und erfahren, dass er am vergangenen Abend nicht nach Hause gekommen war. In 20 Jahren Ehe stellte das eine absolute Ausnahme dar, entsprechend große Sorgen machte sich Dinara um ihren Mann.

Seit dem Telefonat mit Dinara war es ihm, als würde sich ein nicht fassbarer Schatten nun auch über ihn legen. Ängstlich und eingeschüchtert war er über die mit schmalen Brücken verbundenen Inseln der Festung geeilt, hatte so schnell wie selten den Golovko-Park durchquert und war nun auf dem Weg zu seinem Haus. Als die Angst immer mehr von ihm Besitz ergriffen hatte, war der Drang immer größer geworden, zu Bill Kontakt aufzunehmen. Und nun, nachdem das Handy wieder in seiner Jackentasche verschwunden war, fragte er sich, ob er seinem Freund nicht doch mehr hätte erzählen sollen. Allein die Angst, dass jemand ihn dabei beobachtete und nur auf den richtigen Moment wartete, um ihn anzugreifen, hielt ihn davon ab, den Reporter erneut anzurufen.

Wieder sah er sich vorsichtig um, ohne dass sich jemand für ihn zu interessieren schien. Trotz der Nähe der aus den Anfängen der Sowjetzeit stammenden Mietskasernen war an diesem späten Vormittag kaum jemand auf den Straßen unterwegs. Die meisten der hier wohnenden Menschen arbeiteten jetzt, wobei Dimitry nicht so recht wusste, ob er sich darüber freuen sollte oder nicht.

Sein Haus stand am Rande dieser Zone, umgeben von einigen alten Eichen und Eiben. Ein Traumhaus war es besonders für seine Ex-Frau Sara gewesen, die sich nach einem Hauch Natur in der oft von tristen kommunistischen Einheitsbauten geprägten Wohnsiedlung gesehnt hatte, obwohl es auch noch einige schöne, alte Fachwerkbauten in Baltijsk gab. Leider waren sie sich sehr schnell fremd geworden, wohl auch, weil Dimitry ein Kind großer Städte war und in dieser Umgebung nie so richtig heimisch wurde. Trotzdem war er auch nach ihrer Trennung hiergeblieben, vor allem, weil all seine Ersparnisse in dieses Haus geflossen waren.

Erst als er den etwas verwilderten Vorgarten durchquerte, der von einigen Rosenhecken dominiert wurde, überkam ihn ein Hauch von Erleichterung. Die Sicherheit des eigenen Zuhauses verdrängte die Angst vor den gesichtslosen Verfolgern, die aus irgendeinem Grund hinter den Beteiligten der Ausstellung her waren. Dass er auf seine alten Tage noch paranoid wurde, glaubte er dagegen nicht.

Seine Hand zitterte leicht, als er den Schlüssel ins Schloss schob und einmal herumdrehte. Mit einem leisen Seufzer huschte er über die Schwelle, warf die Tür hinter sich zu und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand.

»Endlich«, flüsterte er dabei und wischte sich mehrfach über das Gesicht.

Sein Antlitz war es auch, was er als erstes sah, als er die Augen wieder öffnete. Dimitry sah sich selbst im Spiegel und erschrak vor dem Anblick eines Mannes, der in den letzten Stunden um Jahre gealtert zu sein schien. Der Stress und die Angst setzten ihm gewaltig zu, was angesichts seines sowieso schon angeschlagenen Gesundheitszustandes dazu führte, dass seine Tränensäcke noch ausgeprägter hervorstachen. Er sah aus wie ein sterbenskranker uralter Mann, der sein Ende bereits mit offenen Augen kommen sah. In gewisser Weise entsprach das sogar der Wahrheit.

Irgendwann hatte er genug von sich selbst gesehen. Er streifte die Stoffjacke ab, legte sie über den hölzernen Ständer und begann, auch die Schuhe auszuziehen. Allerdings blieb es bei dem Versuch, denn ein seltsames Geräusch ließ ihn auf der Stelle verharren. Es klang, als hätte jemand seine Fingernägel über die Wand fahren lassen; ein besserer Vergleich fiel ihm nicht ein. Mit dem Geräusch breitete sich ein widerlicher Geruch im Haus aus, der ihn an den Chemieunterricht seiner Kindheit erinnerte.

Vielleicht hatte sich ja eine Gasleitung gelockert. Aber ausgerechnet in dem Moment, als er zu Hause ankam? Sein Instinkt sagte ihm eher, dass er sich nicht mehr allein im Haus aufhielt, obwohl ihm bisher keine Einbruchsspuren aufgefallen waren.

Allein die Vorstellung, dass seine Feinde bereits auf ihn gewartet hatten, ließ ihn innerlich vereisen. Wenn nicht in seinen eigenen vier Wänden, wo wäre er noch sicher? Es gab keinen Ort, zu dem er noch hätte fliehen können, wenn diese Leute jetzt schon wussten, wo er wohnte.

Obwohl ihm seine innere Stimme zuschrie, sofort kehrtzumachen und das Haus wieder zu verlassen, schlich er tiefer in den Flur hinein. Er musste wissen, ob er sich nicht getäuscht hatte, so sehr er sich auch vor der Wahrheit fürchtete.

Schon sehr bald erhielt er eine Antwort auf seinen schrecklichen Verdacht. Vom Wohnzimmer aus trat eine Gestalt in den Flur, bei deren Anblick sich seine Augen weiteten. In diesen Momenten wusste Dimitry Kobalshev bereits, dass er sein Haus nicht mehr lebend verlassen würde ...

Den gesamten Flug über war Bill Conolly das merkwürdige Telefonat mit seinem russischen Freund nicht aus dem Kopf gegangen. Die Freude, Dimitry endlich wiederzusehen und mit ihm gemeinsam Zeuge der Eröffnung dieser hochinteressanten Ausstellung zu werden, war komplett der Sorge gewichen, ihn wirklich nicht mehr lebend wiederzusehen. Der frühere Politik-Korrespondent war ein Mann, der ganz sicher keine Geschichten erfand, um sich wichtig zu machen. Wenn er so eine düstere Ankündigung aussprach, hatte sie Hand und Fuß.

Da es aus naheliegenden Gründen keine Direktflüge mehr zwischen London und der russischen Exklave im Baltikum gab, hatte er zunächst in Vilnius umsteigen müssen, bevor er auf den Aeroport Chrabrowo Elisabeth Petrowna gelangt war. An Bord war er allem Anschein nach der einzige englischsprachige Fluggast gewesen, deshalb empfand er es schon als Privileg, eine Sondergenehmigung des lokalen Innenministeriums erhalten zu haben. Andererseits verlor das alles an Bedeutung, wenn er an Dimitry dachte.

Schon kurz nach seiner Ankunft an dem erst vor wenigen Jahren neu eröffneten Terminal versuchte er mehrfach, seinen alten Freund zu erreichen. Dass dieser keinen der Anrufe annahm und jedes Mal die Mailbox ansprang, empfand er als weiteren Schlag in die Magengrube. Dimitry hätte niemals so eine Drohung ausgesprochen und sich danach nicht mehr gemeldet.

Fast beiläufig bewältigte er die bei Reisen übliche Prozedur, nahm seinen kleinen Koffer entgegen, wies sich den russischen Polizisten gegenüber aus und holte sich den Schlüssel für den bereits im Vorfeld gebuchten Leihwagen ab. Auftanken musste er nicht mehr; die Fahrzeit nach Baltijsk, das bis zum Zweiten Weltkrieg noch den deutschen Namen Pillau getragen hatte, betrug ja auch nur eine knappe Stunde.

Seine Fahrt führte ihn durch kleine Orte, ausgedehnte Wälder und zeitweise am Ufer des Frischen Haffs entlang, ein Binnengewässer, begrenzt durch eine Nehrung, die bei Pillau begann und fast bis zum polnischen Danzig führte. Abgesehen von Kaliningrad selbst war die Oblast eher dünn besiedelt und überraschend ländlich geprägt. Überall stachen die vor allem auf Funktionalität ausgelegten Betonbauten des kommunistischen Zeitalters hervor, allerdings auch einige Zeugnisse der jahrhundertelangen deutschen Herrschaft. Manche Schlösser, Kirchen und Fachwerkhäuser hatten die Wirren des Krieges und die der Sowjet-Zeit überstanden und erstrahlten wieder im alten Glanz.

Immer wieder fielen ihm auch die zahlreichen militärischen Sperrgebiete und ausgedehnte Frachthäfen auf. Die Oblast war durch die Stationierung der russischen Ostseeflotte von immenser strategischer Bedeutung, doch das spielte für ihn nur eine untergeordnete Rolle. Wichtig war ihm nur, dass er nicht ständig von irgendwelchen Wachposten aufgehalten wurde und endlich zu Dimitry gelangte. Dessen Adresse kannte er bereits, und da das Navi auch in englischer Sprache funktionierte, sollte er das Haus eigentlich nicht verfehlen können.

Über eine schmale, dicht bewaldete Landzunge erreichte er endlich Baltijsk. Die etwa 30.000 Einwohner zählende Kleinstadt erfreute sich besonders bei russischen Touristen großer Beliebtheit, was einerseits in dem schier endlosen Sandstrand, aber auch in der historischen Festung Pillau – ein Relikt des ursprünglichen Namens der Stadt – begründet lag. Eigentlich hatte er sich beides mit Dimitry ansehen wollen, denn es waren noch drei Tage bis zur Eröffnung der Ausstellung. Bill hoffte inständig, dass es noch dazu kommen würde, nur sagte ihm sein Bauchgefühl etwas anderes.

Von Dimitry wusste er, dass der Journalist am Rande eines größeren Parks und abseits der allzu präsenten Mietskasernen wohnte. Noch in London hatte er ihm von dem vermeintlichen Traumhaus seiner Frau erzählt, das sie gemeinsam mit ihrem Ersparten bauen lassen wollten. Für seinen russischen Freund war dies eher der Erfüllung eines Albtraums gleichgekommen, so sehr, wie er das städtische Leben liebte. Für die vermeintliche große Liebe hatte er schließlich in den sauren Apfel gebissen.

Das alles und noch viele weitere Erinnerungen an ihre gemeinsame Zeit in London schossen Bill durch den Kopf, während er sich dem ruhigen Wohnviertel näherte, in dem Dimitry leben sollte. Schon als ihm der erste, scheinbar mehr zufällig am Straßenrand geparkte, blauweiß gemusterte Streifenwagen auffiel, zog sich sein Magen zusammen. Der neben seinem Fahrzeug stehende Beamte warf ihm einen misstrauischen Blick zu, tat aber nichts, um Bill aufzuhalten.

Das war auch gar nicht nötig, denn schon an der nächsten Kehre geriet er in eine aus zwei querstehenden Streifenwagen bestehende Straßensperre. Gleich zwei Uniformierte positionierten sich demonstrativ vor dem Seat und forderten ihn gestenreich auf, den Motor abzustellen und den Wagen zu verlassen.

Bills Russisch war zwar durch seinen Kontakt zu Dimitry und früher natürlich auch zu Wladimir Golenkow und Karina Grischin durchaus existent, wenn auch eher rudimentär. Immerhin gelang es ihm, sich einigermaßen verständlich zu machen, und als er den Namen seines Freundes erwähnte, wurden die Beamten besonders hellhörig. Einer der Männer griff nach seinem Funkgerät und informierte wohl seinen Vorgesetzten, einen gewissen Major Dushew.

Bis ein etwas untersetzter Mann mit faltigem, narbenreichem Gesicht und leicht gebücktem Gang erschien, hielt man Bill eisern und mit wenig freundlichen Mienen fest. Der höhergestellte Beamte, dessen aschgraue Haare in einem starken Kontrast zu seinem schwarzen Anzug standen, beschwichtigte seine Helfer und sorgte dafür, dass sie ihn aus ihrem Griff entließen.

»Entschuldigen Sie das etwas grobe Auftreten meiner Mitarbeiter«, sprach ihn der Beamte in überraschend akzentarmem Englisch an. »Die Erfahrungen der letzten Tage sind nicht spurlos an ihnen vorübergegangen. Ich bin übrigens Major Dushew.«

Bill ergriff die Hand des Ermittlers. »Conolly, Bill Conolly«, stellte er sich vor.

»Hm, der Name sagt mir etwas. Sie sind der britische Reporter mit der Sondergenehmigung, nicht wahr?«

»So ist es.«

Der Major nickte. »Ich muss zugeben, dass Ihr Name mir auch zuvor nicht ganz unbekannt war. Er erscheint auf einer gewissen Liste, die zu Zeiten eines Wladimir Golenkow ihre Runde durch die verschiedenen Bereiche des Geheimdienstes gemacht hat und bei Karina Grischin ihre Fortsetzung fand. Sie kennen sich mit dämonischen Geschöpfen aus? Dann sind Sie in der Oblast Kaliningrad genau richtig.«

»Was soll das heißen? Ich bin nur als Journalist hier.«

»Sicher, sicher«, erwiderte Dushew und hantierte mit seinem Notizblock herum. »Und Sie sind ein Freund eines gewissen Dimitry Kobalshev. Ich befürchte, ich muss Ihnen diesbezüglich eine traurige Mitteilung machen: Ihr Freund ist tot.«

Bill hatte es bereit geahnt, auch schon bevor er in die Polizeisperre geraten war. Dennoch traf ihn die Nachricht wie ein Schlag in die Magengrube. Wenn er gewusst hätte, dass jemand hinter seinem alten Freund her war, wäre er schon viel früher nach Baltijsk gereist. Und das nicht allein, sondern in Begleitung von John Sinclair, zumindest falls dieser ebenfalls eine Sondergenehmigung erhalten hätte.

»Dann kommen Sie mal mit, Mister Conolly.«

Bill wunderte sich zwar über die scheinbar offene Art des Majors, doch im Moment gingen ihm ganz andere Dinge durch den Kopf. Vor allem waren das Erinnerungen an einen guten Freund, einen ehrlichen Menschen, der sein Herz offen vor der Brust getragen und bei seiner Meinung nie ein Blatt vor den Mund genommen hatte. Nun war er tot, und dass er nicht bei einem Unfall gestorben war, hatte er bereits Dushews Worten entnehmen können.