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ICH SCHENKE DIR MEIN HERZ, PRINZESSIN von SANDRA HYATT
Prinzessin Rebecca schmilzt dahin, wenn Logan ihr in die Augen schaut. Dabei ist ihre Verlobung doch nur eine Entscheidung des Verstandes! Aber warum küsst Logan sie dann jede Nacht so, als würde er ihr sein Herz schenken wollen?
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ENDLICH IM SCHLOSS DES GLÜCKS? von REBECCA WINTERS
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Seitenzahl: 595
Veröffentlichungsjahr: 2025
Sandra Hyatt, Cara Colter, Rebecca Winters
JULIA ROYAL BAND 41
IMPRESSUM
JULIA ROYAL erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
Deutsche Erstausgabe 2025 in der Reihe JULIA ROYAL, Band 41
© 2011 by Sandra Hyatt Originaltitel: „Falling for the Princess“ erschienen bei: Harlequin Enterprises ULC, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Andrea Greul Deutsche Erstausgabe 2012 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1718
© 2008 by Cara Colter Originaltitel: „Her Royal Wedding Wish“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Susann Willmore Deutsche Erstausgabe 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe ROMANA, Band 1777
© 2009 by Rebecca Winters Originaltitel: „Italian Groom, Princess Bride“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Juliane Sarnes Deutsche Erstausgabe 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe ROMANA, Band 1819
Abbildungen: endrews21 / Adobe Stock, alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 06/2025 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751534062
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Jegliche nicht autorisierte Verwendung dieser Publikation zum Training generativer Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) ist ausdrücklich verboten. Die Rechte des Autors und des Verlags bleiben davon unberührt. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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Sandra Hyatt
„Du siehst das alles völlig falsch“, hörte Rebecca Marconi eine dunkle und betörende Stimme an diesem sonnigen Herbstmorgen sagen.
Die Stimme hörte sich an wie …
Nein. Das konnte nicht sein.
Obwohl das, was Rebecca befürchtete, eigentlich unmöglich war, umklammerte sie den Henkel ihrer Tasse und blickte vorsichtig über die Schulter. Der dunkelhaarige Mann, der allein an einem Tisch des ansonsten leeren Strandcafés saß, nahm die Sonnenbrille ab.
Amüsiert blickte Logan Buchanan sie aus seinen schokoladenbraunen Augen an.
Er war nun wirklich der Letzte, den sie hier erwartet hätte. Der Letzte, den sie hätte sehen wollen. Misstrauisch schüttelte Rebecca den Kopf.
„Wohin muss ich denn noch gehen, um dich endlich loszuwerden?“
„Bis ans Ende der Welt, Prinzessin.“
„Ich dachte, das hätte ich getan.“ Während der vergangenen beiden Wochen war sie durch Europa und Nordamerika gereist, bis sie schließlich nach einem Zwölfstundenflug und einer dreimal so langen Autofahrt an einem einsamen Fleckchen einer noch viel einsameren Insel Neuseelands gelandet war. Rebecca sah sich um und zählte weniger als ein Dutzend Menschen.
„Von allen Cafés in allen Städten dieser Erde … Wie hast du mich gerade hier gefunden?“
Erstaunt zog er die dunklen Augenbrauen hoch. „Also bitte. Wirklich unauffällig hast du dich nicht gerade aus dem Staub gemacht.“
Dabei hatte sie sich wirklich Mühe gegeben, diskret vorzugehen. Vor ihrer Abreise war sie gerade einmal zwei Einladungen gefolgt, die sie unmöglich hätte absagen können – eine in San Francisco, die andere in New York. Natürlich hatte sie nicht damit gerechnet, dass ihr Erscheinen Aufsehen erregen würde. Denn normalerweise waren ihre Freunde allesamt sehr verschwiegen. Was man von den Freunden ihrer Freunde offenbar nicht sagen konnte. Das Problem war, dass man nie genau wusste, wer sich noch unter den Gästen befand. Oder sensationslüstern genug war, jede von Rebeccas Regungen mit Argusaugen zu beobachten – eine bittere Lektion, die sie noch immer nicht gelernt zu haben schien. „Lass mich raten. Sophies Verlobungsparty?“
„Die auch.“
An diesen verlassenen Ort in Neuseeland war Rebecca gekommen, um endlich Ruhe zu finden und darüber nachzudenken, wie es weitergehen konnte. Mit ihr und ihrem Vater, der niemand Geringeres war als das Staatsoberhaupt des kleinen europäischen Fürstentums San Philippe.
Außerhalb Europas war sie nahezu unbekannt – genau genommen sogar außerhalb von San Philippe. Deshalb hatte sie auch gehofft, unerkannt zu bleiben und sich den Luxus einer persönlichen Auszeit gönnen zu können.
Als Logan sie in der Woche, bevor sie Reißaus genommen hatte, zweimal gebeten hatte, sich mit ihm zu treffen, hatte sie beide Male abgelehnt. Zum einen war sie sehr beschäftigt gewesen. Vor allem aber hatte sie keine Notwendigkeit darin gesehen, Zeit mit einem Mann zu verbringen, der keinen Hehl daraus machte, was er über die Monarchie als Staatsform dachte – nämlich nichts Gutes.
Und er hatte es tatsächlich geschafft, sie, Rebecca, zu verunsichern.
„Ich habe nicht viel Zeit“, sagte er.
„Und ich möchte dir etwas Wichtiges mitteilen, Logan. Hier geht es nicht um dich, sondern um mich.“
„Wie immer.“
Entschlossen hielt sie seinem Blick stand. Manchmal zahlte sich ihr hartes Training in Sachen Selbstbeherrschung eben doch aus. „Das ist äußerst taktlos. Selbst für dich.“ Es interessierte sie nicht, was er sich dabei dachte.
Einige Monate zuvor war Logan in San Philippe aufgekreuzt. Ihr Bruder Rafe hatte ihn in die Gesellschaft eingeführt, wo er sich sofort großer Beliebtheit hatte erfreuen dürfen – bei Männern und Frauen. Die Frauen liebten ihn wegen seines unwiderstehlichen Aussehens, seiner Bodenständigkeit und seines Chicagoer Charmes. Zugegeben, im Vergleich zu der steifen und vornehmen aristokratischen Art der Royals wirkte dieser tatsächlich erfrischend. Die Männer mochten ihn wegen seines überragenden beruflichen Erfolgs und wegen seines Könnens auf dem Polofeld, mit dem er ihrem Team drei Gewinne in Folge beschert hatte.
Auch Rebecca war eine Zeit lang seiner Ausstrahlung erlegen gewesen. Denn er war anders als die anderen.
Erneut widmete sie sich ihrer heißen Schokolade. Die Zeiten, in denen er sie hatte beeindrucken können, waren vorbei. Weil sie es so gewollt hatte.
Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie er aufstand. Wenn er jetzt ginge, hätte sie die Chance, schnell zurück in ihre Pension zu laufen und ihre Sachen zu packen. Und dieses Mal würde sie bestimmt diskreter vorgehen. Logan war schließlich nicht der einzige Grund, warum sie aus San Philippe geflüchtet war. Daher hätte sie auch nie gedacht, dass er sie verfolgen würde. Aber jetzt, da sie es wusste, würde sie vorsichtiger sein.
Als Logan jedoch seine Espressotasse auf ihren Tisch stellte, lösten sich ihre Hoffnungen schlagartig in Luft auf. Zu allem Übel zog er auch noch einen Stuhl heran und setzte sich direkt neben sie. Dabei wirkte er mit seiner beeindruckenden Größe und den breiten Schultern im Vergleich zu dem filigranen Bistrostuhl beinah riesig. Als er seine langen Beine ausstreckte, berührten seine Füße die von Rebecca.
Sofort wechselte sie die Sitzposition und nahm ihre Tasse in beide Hände. Wie wäre es wohl, wenn sie ihm ihre Gedanken einfach unverblümt mitteilen würde? Als Antwort auf seine unausgesprochenen Provokationen. Wenn sie die Füße da ließe, wo sie waren, ohne der Berührung auszuweichen? Wenn sie ihm direkt in die Augen sehen würde, anstatt den Blick abzuwenden? Sie würde es nie erfahren. Denn selbst an diesem Ort war sie die, die sie war: das Mitglied einer adeligen Familie. Und das bedeutete, dass sie niemals etwas dem Zufall überlassen durfte.
Allerdings galt diese Regel nicht für ihre Gedanken und Träume. Glücklicherweise konnte kein Mensch auch nur ahnen, was in ihrem Inneren vor sich ging. Nicht einmal sie selbst schien immer zu wissen, welche Richtung ihre Gedanken und Träume einschlugen.
In diesem Moment sehnte sie sich nur danach, von Logan in Ruhe gelassen zu werden. „Ich schätze, es wäre vergeblich, wenn ich dich bitte zu gehen?“
„Nein. Aber befiehl es mir doch. Mach es offiziell.“ Seine Augen funkelten herausfordernd.
Er liebte es, zu provozieren und jemanden auszulachen, der versuchte, ihm Vorschriften zu machen. „Ich weiß, wie du über Königshäuser im Allgemeinen und mich im Besonderen denkst.“ Irgendwann war seine Ehrlichkeit nicht mehr ganz so erfrischend gewesen. Das war, als er mit seinem Spott auf Rebecca abgezielt und sie beleidigt hatte. Vermutlich war sie in ihrem Leben schon unzähligen Menschen begegnet, die Logans abwertende Meinung über die Monarchie teilten. Mit dem Unterschied, dass diese Menschen ihre Meinung ihr gegenüber niemals geäußert hätten. Deshalb hatte sie sich zunächst auch Mühe gegeben, Logans Ehrlichkeit positiv gegenüberzustehen. Doch seine frisch von der Leber weg geäußerten Bemerkungen hatten sie letztlich in Selbstzweifel gestürzt. Plötzlich hatte sie begonnen, über ihre öffentliche und politische Rolle, ihre Persönlichkeit und die Zukunft nachzudenken. „Also, warum bist du mir bis hierher gefolgt?“
„Ich hatte etwas Geschäftliches zu erledigen. Und ich dachte, was für ein glücklicher Zufall, dich hier zu treffen, da du in San Philippe ja keine Zeit für mich hattest.“
„Du glaubst vermutlich genauso wenig an glückliche Zufälle wie ich. Und ich bezweifle sehr, dass du aus beruflichen Gründen hier bist.“
„Nein? Zufälle gibt’s. Überall auf der Welt.“
„Für Amerika und Europa mag das ja noch stimmen. Aber nicht für Neuseeland.“
Erstaunt sah er sie an. „Ich hätte nicht gedacht, dass du meiner Arbeit so viel Aufmerksamkeit schenkst.“
„Tue ich auch nicht.“ Sie hatte das Gefühl, in eine Sackgasse geraten zu sein. „Ich merke mir einfach nur, was Menschen sagen, das ist alles. Es nicht zu tun wäre unhöflich.“
„Natürlich“, meinte er amüsiert.
Es war ja so einfach für ihn, sie zu verunsichern. Außerdem schien er daran eine geradezu diebische Freude zu haben. „Hör auf, so zu tun, als würdest du mir zustimmen, denn das tust du nicht. Das Letzte, was ich von dir erwarte, ist anständiges Verhalten.“
„Wer ist jetzt unhöflich?“
„Entschuldige vielmals. Habe ich deine zarten Gefühle verletzt?“
Lauthals lachend lehnte er sich zurück. Rebecca konnte sich nicht erinnern, ihn jemals so herzhaft lachen gehört zu haben. Denn bestimmt hätte sie sich sonst an den warmen Klang erinnert, der nicht zu diesem selbstgefälligen Geschäftsmann passte. Dieser Klang und die Fröhlichkeit, die darin mitschwang, waren so angenehm, dass sie selbst lächeln musste. Für einen winzigen Moment teilten sie eine Leichtigkeit miteinander, bei der Rebecca warm ums Herz wurde. Und die ihr das Gefühl gab, nicht mutterseelenallein zu sein.
Trotzdem zwang sie sich, ihr Lächeln zu unterdrücken. Das musste sie tun, denn sonst hätte er es ihr garantiert als Schwäche ausgelegt. Außerdem wusste sie bereits, dass er seine beruflichen und sportlichen Erfolge nutzte, um seine Gegner zu beeindrucken. „Sag mir einfach, was du willst, Logan. Ich werde versuchen, dir zu helfen.“
Entschlossen sah er sie an. „Ich will dich.“
Die ungehörige Forderung erstickte Rebeccas Verlangen zu lächeln im Keim. Sie schluckte und überlegte fieberhaft, wie er das meinen könnte. Noch nie hatte ein Mann so etwas zu ihr gesagt, und von Logan hatte sie es hier und jetzt schon gar nicht hören wollen. Würde ein Mann wie er, der ungeschliffen und direkt war, jemanden wie sie überhaupt wollen? Sie, deren ganzes Leben vom königlichen Stammbaum und öffentlichen Ansehen bestimmt wurde?
Sie sollte sich diese Frage wirklich nicht stellen.
„Und was willst du wirklich?“ Sie versuchte, ihn so hoheitsvoll wie möglich anzublicken. Mit dem Ergebnis, dass sein Grinsen noch breiter wurde und er ihr damit unmissverständlich zu verstehen gab, was er von ihrer adeligen Abstammung hielt.
„Das habe ich doch gesagt.“
„Mich? Nein. Du willst höchstens etwas, was ich für dich tun könnte. Aber nicht mich.“ Sie wusste doch, wie die Dinge liefen. Schließlich besaß sie politischen Einfluss in San Philippe.
„Und wenn doch?“ Er verlieh seinen Worten bewusst einen zweideutigen Unterton. Erneut grübelte Rebecca darüber nach, worauf genau er hinauswollte.
Sie musste wirklich damit aufhören, sonst würde sie noch verrückt. „Hör auf, meine Zeit zu vergeuden, Logan.“
„Wieso, du hast doch sowieso nichts Sinnvolles zu tun.“ Er warf einen vielsagenden Blick auf das Hochglanzmagazin, das neben ihrer Tasse lag.
Und ob sie ihre Zeit sinnvoll nutzte! Denn Zeit war ein unendlich kostbares Gut für sie.
„Wenn du nicht gehst, werde ich es eben tun.“ Entschlossen stand sie auf und lief den Strand hinunter in Richtung eines Felsvorsprungs am Ende der Bucht. Zu ihrer Linken lag der Pazifische Ozean, während zu ihrer Rechten geschmackvolle Luxusunterkünfte waren, hinter denen steil ein üppig bewaldeter Berghang hervorragte.
Da Logan keine Anstalten machte aufzuspringen, wähnte sich Rebecca fast schon in Sicherheit. Doch dann tauchte der Schatten seines athletischen Körpers vor ihr auf. Natürlich folgte er ihr. Während er neben ihr herlief, reichte er ihr einen Pappbecher. „Du hast ja kaum was davon getrunken.“
„Vielen Dank.“ Was sonst hätte sie sagen sollen?
„Heiße Schokolade? Ich dachte, du bist eher der Cappuccino-Typ.“
„Von Kaffee kann ich nicht einschlafen, wenn ich ihn um diese Uhrzeit trinke.“
„Du hast Einschlafprobleme?“
„Logan, ich werde wohl kaum meine Schlafgewohnheiten mit dir diskutieren. Genau genommen werde ich gar nichts mit dir diskutieren. Du darfst also gern verschwinden.“
„Befiehl’s mir doch.“
Was hatte sie eigentlich zu verlieren? Also holte sie tief Luft. „Im Namen meines Vaters befehle ich dir, jetzt zu gehen.“
Während er stehen blieb und Tränen lachte, lief Rebecca tapfer weiter. Obwohl auch sie sich ein Grinsen über ihren kläglichen Versuch nicht verkneifen konnte. Im Grunde hatte sie noch nie zuvor einen königlichen Befehl ausgesprochen. Jetzt wusste sie auch, warum.
Er lief ihr schnell hinterher, um sie einzuholen. „Dein Vater ist der eigentliche Grund, weswegen ich hier bin.“
Rebeccas Lächeln verschwand. Genau das hatte sie befürchtet. Seit Logan sie zum ersten Mal um ein Treffen gebeten hatte, hatte sie Angst davor gehabt, dass es etwas mit einer öffentlichen Mitteilung ihres Vaters zu tun haben könnte. Bestimmt gab es da einen Zusammenhang. „Ich habe meine eigene Art, damit umzugehen.“
„Und damit sind wir wieder am Ausgangspunkt. Du siehst das alles völlig falsch. Aber ich wüsste da vielleicht etwas, um es dir leichter zu machen.“
„Ich habe aber keine Lust, mir anzuhören, was du über mein Privatleben denkst.“ Obwohl dieses dank ihrem Vater allmählich immer öffentlicher zu werden schien. Sie durchschritten ein bewachtes Tor, durch das sie gehen musste, um zu ihrer Pension zu gelangen, die direkt in den grünen Berghang gebaut worden war. Allerdings achtete Rebecca kaum auf das Haus mit den einladenden Balkonen. Dies hier war ein ruhiges und verschlafenes Nest, ganz anders als die Orte, an denen sie sonst Urlaub machte. Obwohl auch hier Sicherheitskräfte für ihren unbeschwerten Aufenthalt garantierten. Vor etwa einem Jahr hatte hier bereits einer ihrer beiden Brüder residiert.
„Du willst meinen Rat also nicht?“, fragte Logan freundlich.
„So muss der böse Wolf geklungen haben, als er Rotkäppchen von der Abkürzung durch den Wald erzählt hat.“ Rebecca blickte ihn an. „Und wahrscheinlich hat er dabei so gelächelt wie du.“ Das Lächeln wurde jetzt noch breiter. Im Märchen hatte das naive und unschuldige Rotkäppchen gar keine andere Chance gehabt, als dieser verführerischen Wärme und Anziehungskraft zu verfallen.
Mit der Sonne im Nacken und der Brandung an der Seite gingen sie weiter – eigentlich eine wundervolle Situation: ein herrlicher Strandspaziergang zu zweit, von dem sie immer geträumt hatte. Einmal abgesehen davon, dass in ihren Träumen stets ein Mann an ihrer Seite war, der sie um ihrer selbst willen wollte und nicht wegen ihrer einflussreichen gesellschaftlichen Stellung. Eine Viertelstunde später erreichten sie das Ende der Bucht. Ein ansteigender Pfad führte in den Wald hinein, und ein Hinweisschild informierte darüber, dass es noch etwa zwanzig Minuten bis zum Aussichtspunkt waren. Als Rebecca loswanderte, folgte Logan ihr. Obwohl es schattig war, war sie verschwitzt, als sie oben ankamen. Weiter unten schlängelte sich die helle Bucht durch die fernen Hügel. Dankbar setzte Rebecca sich auf die Bank, die in sicherer Entfernung vom Abhang aufgestellt worden war.
Logan blieb am Geländer stehen – jeder Zentimeter von ihm genauso atemberaubend wie die Aussicht. Im Gegensatz zu Rebecca wirkte er allerdings, als hätte er gerade einmal einen Fünfminutenspaziergang hinter sich. Schließlich setzte er sich neben sie und streckte die langen Beine aus. Er war ihr zu nahe. Deshalb rutschte sie an den äußersten Rand der Bank, wo sie eine kerzengerade Haltung annahm und die Beine übereinanderschlug. „Netter Ausblick“, sagte Logan.
„Du bist nicht wegen des Panoramas hergekommen.“
„Nein, aber wenn ich schon mal hier oben sitze, kann ich es genauso gut genießen.“ Er nahm seine Sonnenbrille ab und sah sie an. Er fand sie attraktiv, keine Frage. Denn seit ihrer ersten Begegnung war er nicht müde geworden, es ihr immer wieder zu sagen. So wie er nicht müde geworden war, zu betonen, wie nutzlos ihre Rolle für ihr Land war. Wie absolut nutzlos sie letztlich war.
Bevor er angefangen hatte, an ihr herumzukritisieren, hatte sie ihm durchaus eine gewisse Anziehungskraft zugestanden. Er war groß und athletisch gebaut, hatte ein betörendes Lächeln, das er gekonnt einsetzte, und wache Augen, mit denen er alles um sich herum blitzschnell zu erfassen schien. Genau dieser scharfsinnige Blick war es auch gewesen, der sie am Anfang so fasziniert hatte. Doch nur ein winziger Moment hatte schließlich genügt, um ihre Meinung über ihn zu ändern. Auch die weiteren Treffen und Begegnungen mit ihm – im Konsulat, bei ihrem Bruder – hatten sie in dieser Auffassung bestätigt.
Und Logan wusste, was sie über ihn dachte.
Trotzdem war er wieder hier in ihrer Nähe. Sah amüsiert drein, äußerte unverblümt seine Gedanken und versuchte erst gar nicht, seine Missbilligung für sie zu verbergen. Er machte sich über ihre Gefühle lustig, machte sich über sie lustig.
Rebecca kannte ihn und Männer seiner Sorte gut genug, um herausfinden zu wollen, was ihn hergetrieben hatte. Deshalb musste sie zumindest so tun, als hörte sie ihm aufmerksam zu. „Also gut, ich ergebe mich. Du willst etwas sagen, dann sag es. Vermutlich ist das die einzige Chance, dich wieder loszuwerden.“
„Jetzt bin ich enttäuscht. Ich habe wirklich mehr Widerstand erwartet, Prinzessin.“
„Ich werde nicht mit dir streiten, Logan. Aber ich habe niemals gesagt, nicht jetzt und zu keinem anderen Zeitpunkt, dass ich auf deinen Rat hören werde.“
„Natürlich nicht.“
„Also?“
„Dinner?“
Sie starrte ihn an.
„Ich werde dir alles beim Dinner erzählen. Ich kenne da ein nettes Restaurant, nicht weit von hier.“
„Warum erzählst du’s mir nicht gleich hier?“
„Weil … es sich um ein ungewöhnliches Vorhaben handelt. Und wenn ich es dir auf der Stelle sage, dann weiß ich, dass du sofort wegrennen wirst. Aber wenn wir erst mal am Tisch sitzen und den Hauptgang zu uns nehmen, ist die Chance größer, dass du mir zuhörst.“
Da war sie wieder, diese Direktheit, die sie bereits von ihren wenigen Auseinandersetzungen kannte. „Erklärungen treffen nur bei Männern über den Magen mitten ins Herz, nicht bei Frauen.“
„Dein Herz will ich auch gar nicht … nur deine Ohren. Und deine Zeit.“
Natürlich. „Sobald du mir dein Vorhaben erklärt hast, lässt du mich aber in Ruhe.“
„Wenn du das dann überhaupt noch willst.“
„Du scheinst dir deiner Überzeugungskraft ja ziemlich sicher zu sein.“
„Ja.“
„Aber du kennst mich nicht.“ Und nichts von dem, was er ihr sagen würde, könnte etwas an ihrer Haltung ändern.
„Ich kenne dich gut genug.“ Er stand auf. „Ich hole dich um sieben ab.“
„Sag mir, welches Restaurant es ist, dann treffen wir uns dort.“ Zum einen wollte sie nicht, dass er erfuhr, wo genau sie wohnte. Zum anderen wollte sie sich nicht abhängig von ihm machen. Sobald sie sein sogenanntes Vorhaben kannte, würde sie wieder gehen. Allein.
Logan lächelte sein allwissendes Lächeln. „Wie Sie wünschen, Prinzessin“, erwiderte er spöttisch. Als er die Hand ausstreckte, ergriff Rebecca sie, ohne darüber nachzudenken, und ließ sich von ihm aufhelfen. Die Berührung seiner kräftigen Finger ließ sie erschauern. Es war wie ein Warnsignal, das ihr bedeutete, sich vor diesem Mann in acht zu nehmen. Denn er war ganz bestimmt nicht wie alle anderen Männer.
Logan betrachtete die Frau, die ihm am Tisch gegenübersaß. Als er Rebecca an diesem Nachmittag zum ersten Mal seit langer Zeit wiedergesehen hatte, hatte er sie in der schmalen Strandhose und dem leichten Cardigan kaum erkannt. Ihre schulterlangen blonden Haare waren offen gewesen, und sie hatte einen viel jüngeren, vor allen Dingen aber unbeschwerten Eindruck gemacht. Einen Moment lang hatte er es wirklich bedauert, sie verunsichert zu haben. Nun war ihr volles Haar hochgesteckt, und sie trug ein elegantes schwarzes Kleid mit langen Ärmeln, das ihren schlanken, wohlproportionierten Körper hervorragend betonte. Die Arme hatte sie abweisend vor der Brust verschränkt. Ihre Körpersprache war nur allzu offensichtlich.
Irgendwie musste er es schaffen, dass sie lockerer wurde, wenn er sie für seine Idee gewinnen wollte. Doch angesichts ihres herausfordernden Blicks schien das eine noch schwierigere Aufgabe zu sein als das Vorhaben, sein Unternehmen auf dem europäischen Markt zu etablieren. Es war schon eine Weile her, dass Logan sich einer Herausforderung mit so viel Freude und Eifer gestellt hatte. „Noch ein Glas Sauvignon Blanc, ma chérie?“
„Ich bin niemandes chérie, schon gar nicht deine, Logan.“
Sie war in Höchstform. Die Stacheln aufgestellt, zum Sprung bereit. Es würde also ein hartes Stück Überzeugungsarbeit werden. Logan wusste, dass es Rebecca nicht an Verehrern mangelte. Doch entgegen aller Spekulationen der Presse war aus keiner Beziehung jemals etwas Ernsthafteres geworden. „Also heißt das, du möchtest noch Wein?“ Er schenkte ihr ein.
Sie wirkte eine Spur zu verspannt und misstrauisch. Er war dabei, ein großes Wagnis einzugehen, und hätte sie deshalb lieber etwas weniger verkrampft gesehen, entspannter. Ob sie wohl schon jemals einen Schwips gehabt hatte? Es war kaum vorstellbar, dass die allzeit beherrschte und majestätische Schneekönigin kicherte, geschweige denn herumalberte. Plötzlich stellte er sich vor, wie es wohl wäre, wenn sie sich ihm entgegenneigen und ihn einladen würde, sie zu küssen.
„Also, was verbirgt sich jetzt hinter deinem geheimnisvollen Vorhaben?“
Logan verdrängte die reizvolle Vorstellung und konzentrierte sich wieder auf die schnöde Wirklichkeit. „Erst beim Hauptgang.“
„Die Vorspeise, die übrigens nicht notwendig gewesen wäre, haben wir bereits hinter uns.“
„Aber der Hauptgang wurde noch nicht serviert, und Deal ist Deal. Also erzähl mir lieber“, sagte er, um sie – und vielleicht auch sich selbst – abzulenken, „warum du aus San Philippe weggerannt bist.“
Sie wandte den Blick ihrer hellgrauen Augen von ihm ab. „Ich bin nicht weggerannt. Ich habe eine Auszeit genommen. Die ich mir übrigens verdient habe“, setzte sie leicht herausfordernd hinzu.
Logan liebte es, die strenge Prinzessin zu verunsichern. „Nenn es, wie du willst. Ich glaube, du bist weggerannt.“
„Ich muss mich vor dir nicht rechtfertigen.“
„Ich war nur neugierig, ob etwas an den Gerüchten dran ist, die ich gehört habe.“ Ihre Körperhaltung war eigentlich schon vollkommen, doch erstaunlicherweise schaffte sie es, eine noch aufrechtere Position einzunehmen. Für Logan war das die Bestätigung dafür, dass die Informationen, die er bekommen hatte, stimmten. Immerhin stammten sie aus sicherer Quelle.
„Du solltest auf das Gerede nichts geben.“
„Manchmal zahlt es sich aber aus, die Ohren zu spitzen. Ich weiß eben nie, wann ich eine Situation zu meinen Gunsten ausnutzen kann.“
Ein Ober brachte zwei Teller mit Crayfish. Die Langusten waren eine neuseeländische Delikatesse. Gleichzeitig servierte der Weinkellner eine Flasche passenden Wein dazu. Logan probierte einen Schluck Chardonnay, während der junge Mann auf sein Urteil wartete. „Exzellent.“ Obwohl er, hätte er ehrlich sein sollen, lieber ein kühles Bier getrunken hätte.
Nachdem ihre Gläser gefüllt waren, erhob Logan seins, um Rebecca zuzuprosten. Sie ließ ihn dabei nicht aus den Augen, doch trotz ihres strengen Blicks erkannte er, wie unsicher sie war. Es war die Unsicherheit eines Menschen, der nicht wusste, was ihn erwartete.
Da konnte er Abhilfe schaffen.
Er stellte sein Glas ab. „Angenommen, an dem Gerede ist was dran …“ Er blickte ihr in die wunderschönen Augen. „… dann wirst du schon sehr bald jemandes chérie sein, auch wenn dir das ganz und gar nicht passt. Deshalb schlage ich dir vor … mich zu heiraten.“
Um ein Haar wären Rebecca die Gesichtszüge entgleist. Vollkommen sprachlos öffnete sie den Mund. Doch dann schloss sie ihn wieder und sah Logan mit leicht gerunzelter Stirn an. „Sagtest du gerade …? Hast du etwa vorgeschlagen …?“
Logan nickte. „Das wäre die optimale Lösung.“
Sie schob den Stuhl zurück und stand auf. „Ich denke, ich sollte gehen.“
Logan stand ebenfalls auf. Diese Reaktion hatte er mehr oder weniger erwartet. Insgeheim hatte er sich sogar gewünscht, ihre Unnahbarkeit zu durchbrechen und ihre königliche Fassade zum Bröckeln zu bringen, was ihm normalerweise auch eine große Genugtuung gewesen wäre. Warum also bereute er seinen Vorschlag jetzt plötzlich? „Bleib, und hör mich an.“
„Ich denke, ich habe genug gehört.“
Als Rebecca sich umdrehte, ergriff er sie beim Handgelenk. Ihre Haut fühlte sich glatt und kühl an.
„Warte.“
Vielleicht war es ja etwas anderes, wenn man einen adeligen Menschen berührte. Vielleicht war das der Grund, warum seine Nerven in diesem Moment so empfindlich reagierten. Jedenfalls war es das gleiche Gefühl wie einige Stunden zuvor auf der Aussichtsplattform, als er Rebecca die Hand gereicht hatte.
Rebecca starrte auf sein Handgelenk, schien die Berührung aber gar nicht wahrzunehmen. Außerdem machte sie keine Anstalten, sich aus seinem Griff zu lösen. „Logan, wir verschwenden unsere Zeit.“ Ihr ernsthafter Blick hatte beinah etwas Zärtliches. Als würde sie Logan bitten, sie loszulassen. Ihr Puls hingegen raste, und ihre Wangen waren gerötet.
„Bleib. Was hast du zu verlieren?“
Einen Moment lang schwieg Rebecca, und Logan konnte ihr ansehen, wie sie nach den richtigen Worten suchte. „Du meinst, außer einem netten Abend?“, erwiderte sie trocken.
Er lachte leise, hielt ihrem Blick aber stand. Schließlich entspannten sich ihre Gesichtszüge. „Bleib.“ Logan löste seinen Griff und widerstand der Versuchung, sie mit einem Witz zum Lachen zu bringen. „Das Essen ist gut, die Umgebung wunderbar.“ Als er aufs Meer wies, das vor ihnen lag, blickte sie wehmütig auf die sanften Wellen. „Außerdem müsste ich wieder hinter dir herlaufen. Denn wie ich bereits gesagt habe, ich lasse dich erst in Ruhe, wenn du mir zugehört hast.“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendetwas von dem, was du sagen willst, einen Sinn ergibt.“
„Das tut es durchaus, wenn du es dir nur endlich anhören würdest. Gib mir eine Chance.“
„Und du hast nicht vor, dich über mich lustig zu machen?“
„Nein“, erwiderte er eindringlich, aber auch ein wenig überrascht. Denn ihre Frage hatte ihn verunsichert, und damit hatte er nicht gerechnet.
Stumm schauten beide einander an. Logan sah ihr an, wie sehr sie sich wünschte, er möge sie endlich allein lassen. Und zwar für immer. Dieser Wunsch war vermutlich genauso stark wie Rebeccas Bedürfnis, eine Lösung für ihr quälendes Problem zu finden. Aber dafür musste sie ihm zuhören. Dafür und um mit ihrer Hilfe die Zukunft seines Unternehmens auf San Philippe zu sichern.
Vor allem aber musste sie einverstanden sein.
„Mir ist klar, dass du deine eigenen Entscheidungen triffst. Das tue ich auch. Mit dem Unterschied, dass ich dafür kämpfen musste.“ Letztlich verdankte er den Erfolg in seinem Leben seinem Durchhaltevermögen. „Aber ich weiß auch, wie man noch schneller ans Ziel kommt.“
Langsam setzte sie sich wieder hin. „Meinetwegen, erklär es mir“, seufzte Rebecca. Logan konnte förmlich spüren, wie sie innerlich auf Distanz ging. Vielleicht war dieser Rückzug aber auch nur eine Maßnahme, die sie normalerweise ergriff, um langweilige öffentliche Verpflichtungen durchzustehen.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Vermutlich war ihr gar nicht klar, wie sehr sie dadurch ihre Brüste betonte. Es war ein herrlicher Kontrast zu dem ansonsten züchtigen Ausschnitt ihres Kleides.
Logan konzentrierte sich wieder auf das, was er Rebecca sagen wollte. In aller Seelenruhe aß er etwas Crayfish, ließ sie dabei aber nicht aus den Augen.
Als sie errötete, senkte sie den Blick und ergriff ebenfalls die Gabel. Rebecca war leichter abzulenken, als er gedacht hatte. „Dein Vater erwartet von dir, dass du bald heiratest, richtig?“
Sie nickte bloß. Ihr jüngerer Bruder hatte sich gerade erst vermählt – mit der Frau, die sein Vater eigentlich für Rebeccas älteren Bruder vorgesehen hatte. Trotzdem hatte der Fürst keine Einwände erhoben.
Es hatte sogar Spekulationen darüber gegeben, ob er diese Entscheidung aus politischen Gründen getroffen habe. Doch das Einzige, was an den Gerüchten dran gewesen war, war die Tatsache, dass es der größte Wunsch des Fürsten war, jedes seiner drei Kinder bald verheiratet zu sehen.
Und wenn Fürst Henri sich etwas für seine Familie wünschte, dann geschah das normalerweise auch.
Für Rebecca und ihren ältesten Bruder Adam war es der väterliche Wink mit dem Zaunpfahl gewesen, so bald wie möglich zu heiraten. Außerdem war ihr Vater hinter verschlossenen Türen weniger diplomatisch und zurückhaltend und äußerte seinen Freunden gegenüber freiheraus, aus moralischen, familiären und wirtschaftlichen Gründen auf adelige Eheschließungen zu bestehen. Um das zu erreichen, tat er alles, was in seiner Macht stand.
Nachdem Rebecca einen Bissen Crayfish genommen hatte, blickte sie Logan überrascht und erfreut an. „Gib’s zu“, sagte Logan. „Ich hatte recht. Der Fisch schmeckt fantastisch.“
Sie seufzte zustimmend. „Ja.“
Und da wusste er, dass der erste Schritt getan war, mochte er noch so unbedeutend und klein sein. Jedes Entgegenkommen ihrerseits zählte – egal, wie es sich äußerte. Eine Weile aßen beide stillschweigend, doch Logan konzentrierte sich weniger auf sein Essen als auf sie.
Als sie bemerkte, dass er sie beobachtete, blickte Rebecca auf. „Du wolltest über meinen Vater sprechen?“
Jetzt tat es ihm fast leid, auf das Thema zurückkommen zu müssen. „Ich glaube, er ist dabei, eine Liste mit potenziellen Heiratskandidaten für dich zusammenzustellen.“ Rebeccas Bruder Rafe hatte Logan eines Abends nach einem Polomatch eingeweiht. „Mein Name steht auch darauf.“
„Vermutlich an letzter Stelle“, erwiderte sie spitz.
„Schwer zu glauben, ich weiß. Aber vor mir sind nur noch ein paar europäische Adelige und einige überehrgeizige Politiker.“
„Es überrascht mich, dass du es überhaupt auf die Liste geschafft hast. Obwohl … vielleicht stehst du dort ja auch nur, um die anderen besser aussehen zu lassen.“ In ihren Augen stand ein sarkastischer Ausdruck.
Logan lachte. Sie war so süß! Selbst bei dem Versuch, ihn zum Teufel zu jagen. Den ganzen Nachmittag hatte er sie kühl und beherrscht erlebt. Deshalb hätte er nie damit gerechnet, eine scharfzüngige und intelligente Bemerkung von ihr einstecken zu müssen. Vermutlich reagierte sie so, weil sie unsicher war.
Die Absichten und Pläne ihres Vaters hatten ihn schockiert. Aber wahrscheinlich regelte man derartige Dinge in San Philippe auf eine solche Weise. Doch wer war er, Logan, das zu kritisieren? Für den Erfolg seines Unternehmens in Europa spielte das wohlhabende Land eine enorm wichtige Rolle. Also würde er einen Teufel tun, diese Gelegenheit ungenutzt vorüberziehen zu lassen.
„Du willst gar nicht heiraten, oder?“
Ihr Blick verlor an Schärfe. „Jedenfalls jetzt noch nicht.“
„Aber dein Vater will es.“
Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie Lippenstift trug. Es war ein wunderbarer Anblick: der helle klare Teint, der schlanke Hals und das sündige Rot ihrer Lippen. Verlockend, verboten und gerade deshalb so reizvoll. Sein ganzes Leben lang hatte Logan immer wieder Regeln gebrochen. Ein Leben wie das ihre – in denen sämtliche Regeln befolgt werden mussten – würde ihn wahrscheinlich zermürben, wenn nicht sogar zerstören. Er hatte keinen blassen Schimmer, wie sie das aushielt. Aber es war ja auch nicht sein Problem.
„Ich kann hören, wie du die Zähne zusammenbeißt.“
Überrascht blickte Rebecca ihn an und lächelte sogar zaghaft. Eine andere Sache, die er an ihrer Stelle niemals ausgehalten hätte, war das unterwürfige Verhalten der Menschen um sie herum. Denn kaum einer traute sich wirklich, ihr zu sagen, was er dachte. „Eigentlich verwunderlich, dass ich mir an meinem Vater und dir immer noch nicht alle Zähne ausgebissen habe.“
Sie blickte auf ihre goldene Armbanduhr. „Du hast noch genau eine Minute, Logan.“
Offenbar war das Einzige, was sie miteinander verband, der eiserne Wille, die Oberhand zu behalten. Genau darum kämpfte sie gerade.
Also war es an der Zeit, mit den Spielchen aufzuhören und zur Sache zu kommen. Logan beugte sich vor. „Du liebst deinen Vater. Und willst ihm gefallen, denn du bist in jeder Hinsicht seine Prinzessin. Außerdem geht es ihm gerade nicht sehr gut.“ Logan hatte gehört, dass es um den Gesundheitszustand des Monarchen nicht zum Besten bestellt war. „Er will unbedingt, dass du heiratest. Auch wenn du ihm damit einen großen Gefallen erweisen würdest, ist das hier eine höchst fragliche Angelegenheit für dich. Obwohl ganz San Philippe es ebenfalls will und jeder weiß, dass er das von dir erwartet. Ich mach’s kurz: Du stehst unter Druck. Nicht nur wegen der Forderung deines Vaters, sondern auch wegen der einer ganzen Nation, die auf dich blickt. Also musst du etwas tun, um alle zufriedenzustellen.“
Rebeccas Blick fiel wieder auf die Uhr.
„Aus mir unerfindlichen Gründen scheinen einige der Kandidaten auf der Liste danach zu lechzen, sich mit dir zu treffen und dich zu heiraten. Ich hingegen habe kein besonders großes Interesse an einer Ehe. Jedenfalls nicht mit dir.“
„Schmeichler.“ Sie hob ihr Weinglas so in die Höhe, dass es fast wie eine Barrikade zwischen ihnen wirkte.
Hatte er sie erneut verletzt? Ach was. Sie scherte sich sowieso nicht darum, was er dachte. Logan machte eine Pause. „Ich schlage dir also vor, dass wir beide so tun, als wären wir ein Paar. Wir gehen eine Zeit lang miteinander aus und sehen uns regelmäßig. Dabei dachte ich so an einen Monat. Eine Woche hier in Neuseeland, die drei anderen in San Philippe. Bevor ich wieder zurück in die Staaten fliege, kann ich mir dafür durchaus Zeit nehmen.“
Sie trank einen Schluck Wein.
„Dann und wann zeigen wir uns in der Öffentlichkeit, lassen ein paar Fotos von uns machen, informieren die Medien. Jeder wird denken, wir wären unglaublich glücklich. Sind die Kameras wieder aus, geht jeder von uns seiner Wege und hat nichts mit dem anderen zu tun. Am Ende der vier Wochen wirst du rein zufällig mit einem dicken Diamantklunker an deiner linken Hand gesehen.“
„Ich soll mich innerhalb von nur einem Monat in dich verlieben?“ Skeptisch blickte sie ihn an.
„Es gab schon Verrückteres. Die Leute sehen sowieso immer nur das, was sie sehen wollen. Und wenn sie dich bis über beide Ohren verliebt wollen, sollte es nicht schwer sein, ihnen das zu liefern. Allerdings könntest du ruhig etwas häufiger lächeln. Außerdem darfst du nicht vergessen, dass keiner genau weiß, wann wir uns zum ersten Mal begegnet sind. Es könnte ja schon seit einiger Zeit etwas zwischen uns laufen. Vielleicht seit ich dich das erste Mal in der Botschaft gesehen habe, wo du unter all den vielen Menschen so verletzlich und scheu gewirkt hast. Ich könnte dich an jenem Abend gebeten haben, mich deiner Familie vorzustellen.“
Ungläubig sah Rebecca ihn an. „Ach, darauf warst du also aus?“
Logan nickte. Er hatte sie gesehen und sie kennenlernen wollen. So einfach war das.
„Und dann, sagen wir zwei Wochen nach unserer Verlobung“, fuhr er fort, „ist der Ring an deinem Finger plötzlich wieder verschwunden. Unsere Trennung erfolgt im gegenseitigen Einverständnis, und natürlich bleiben wir Freunde. Trotzdem wird dein Herz brechen, und du wirst untröstlich sein.“ Rebecca hielt sich die Hand vor den Mund, weil sie plötzlich lächeln musste. Genau dieses Lächeln war es, das Logan so gern an die Medien verkaufen würde. Noch nie hatte er sie so fröhlich gesehen. Die Heiterkeit zauberte ihren strengen Gesichtsausdruck einfach weg. Leider war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber nachzudenken. „Urplötzlich wird die öffentliche Anteilnahme wieder ganz auf deiner Seite sein, und dein Vater wird erkennen, dass es ein Fehler war, dich in eine Beziehung zu drängen. Er wird einsehen, dass du eine Auszeit brauchst, um dich zu erholen. Mindestens ein Jahr lang.“ Und urplötzlich flackerte Interesse in ihren hellgrauen Augen auf.
Ein Interesse, das allerdings schnell in Misstrauen umschlug. „Und was springt für dich dabei raus?“
„Es wird sich positiv auf mein Geschäft auswirken. Ich stecke mitten in Verhandlungen um ein Tochterunternehmen von LeBlanc Industries in San Philippe. Falls ich den Zuschlag und damit das Unternehmen erhalte, öffnet sich für mich eine Tür zum europäischen Markt. Im Gegensatz zu vielen anderen Spitzenunternehmern habe ich außerhalb der USA immer noch den Ruf, ein unerfahrener Newcomer zu sein. Theoretisch hätte ich also kaum eine Zukunft in eurem Land. Nach einer Verlobung mit der Prinzessin dürfte sich daran allerdings einiges ändern.“
„Und was passiert nach unserer Trennung?“
„Trennen werden wir uns selbstverständlich erst, wenn ich in den Vorstand von LeBlanc aufgenommen worden bin und die Verträge unter Dach und Fach sind. Im Moment genügt es mir, ein kleines Zeichen in die richtige Richtung zu setzen. Vermutlich wird sogar die Vorstellung, nach unserer Trennung immer noch die besten Freunde zu sein, meinem Unternehmen nützen. Denn natürlich wird sich alle Welt rührend um dich kümmern. Doch wenn jeder glaubt, dass du gar nicht wütend auf mich bist, wird mir auch keiner die Schuld geben.“
„Dann soll die ganze Farce danach also noch weitergehen?“
„Entspann dich. Ich werde geschäftlich sowieso viel unterwegs sein oder mich auf Poloturnieren herumtreiben. Alles, was du tun müsstest, ist, mir zuzuwinken und mich anzulächeln, wenn wir uns auf derselben Veranstaltung über den Weg laufen.“
„Und das ist alles? Das ist also dein Vorhaben?“ Sie klang alles andere als überzeugt.
Doch Logan ließ sich nicht ins Bockshorn jagen. „Es ist einfach, aber effektiv.“ Warum nur weigerten sich die meisten Leute, einzusehen, dass die einfachste Lösung oft die beste war?
Erneut blickte Rebecca auf die Uhr und stand auf. Auch Logan erhob sich schweigend. Er wollte ihr Zeit lassen, denn in ihr schien es zu arbeiten. Schließlich ergriff sie das Wort. „Danke für das Essen und deine Aufrichtigkeit. Es war wirklich ein … interessanter Abend.“
Logan setzte sich wieder und sah ihr hinterher, als sie beherrscht und elegant das Restaurant verließ. Ihr hoch erhobenes Haupt und die gerade Haltung konnten allerdings nicht über den sehr weiblichen und durchaus reizenden Hüftschwung hinwegtäuschen.
Die Sonne hatte sich über den Horizont erhoben, während Rebecca auf dem Balkon ihrer Pension an einem kleinen Tisch saß, der in feinstem Leinen gedeckt war. Tags zuvor noch hatten der morgendliche Gesang der Vögel und der Blick über die Baumwipfel sie völlig verzaubert. Doch an diesem Morgen war sie zu abgelenkt und müde, um die Schönheit der Natur zu genießen. Die Nacht, die sie hinter sich hatte, war wirklich furchtbar gewesen. Schuld daran waren natürlich Logan Buchanan und sein unerhörtes Angebot.
Bis zu der Sekunde, in der Logan ihr seinen Vorschlag unterbreitet hatte, hatte Rebecca gedacht – und das nicht zuletzt wegen ihres Vaters –, dass es keine schmachvollere Demütigung mehr geben könnte.
Doch dann war Logan gekommen und hatte ihr vorgeschlagen, aus rein wirtschaftlichen Gründen eine Scheinbeziehung mit ihr zu führen, um sein Unternehmen auf dem europäischen Markt zu etablieren! Sie war viel zu aufgebracht, um ernsthaft über dieses absurde Angebot nachzudenken.
Als ob sie ihrem Vater etwas vorspielen könnte. Als ob ihr überhaupt jemand glauben würde, dass sie sich in einen Menschen wie Logan, der das absolute Gegenteil von ihr war, verlieben könnte. Und das auch noch in so kurzer Zeit.
Über ihren Bruder Rafe und seine turbulente Beziehung zu seiner Frau Lexie wollte sie lieber erst gar nicht nachdenken. Knall auf Fall hatte er sich unsterblich in sie verliebt. Allerdings passte das zu ihm, denn das, was Rafe tat, war nie normal.
Wie auch immer, sie wollte Logan nicht zu nah an sich heranlassen, obwohl sie ihm bereits Gelegenheit dazu gegeben hatte. Entschlossen schlug sie mit der Hand auf den Tisch. Es war an der Zeit, ihn zu vergessen. Es war vorbei, und er war bereits fort.
Im Inneren des Hauses waren Stimmen zu hören. Die eine war die der Pensionsbesitzerin Colleen, die andere klang männlich und angenehm.
Rebecca erschauerte. Langsam wandte sie sich um und sah Logan, der lässig an der geöffneten Schiebetür aus Holz lehnte: unrasiert, in Jeans und marineblauem T-Shirt, mit zwei Tassen in den Händen. Die Augen waren hinter einer dunklen Sonnenbrille verborgen, und ein Grinsen lag auf seinem Gesicht. Er sah so männlich und anziehend aus, so … provozierend. Wäre es doch bloß ein anderer und nicht Logan gewesen. Am liebsten wäre sie aufgesprungen und davongerannt. Doch statt ihrem inneren Bedürfnis nachzugeben, stellte sie sich seinem Blick. „Was willst du hier?“
Er trat ein paar Schritte vor, stellte eine Tasse vor ihr auf dem Tisch ab und lehnte sich mit der Hüfte gegen die hölzerne Brüstung. „Ich wohne hier. Es ist so friedlich, findest du nicht?“
Ihr Blick verfinsterte sich. „Du bist mir gestern Abend einfach hinterhergeschlichen.“
„Ach Prinzessin, ich habe schon vor dir eingecheckt.“
„Woher wusstest du, dass ich hier wohne?“
„Glaubst du wirklich, unbemerkt durch die Welt reisen zu können?“ Kopfschüttelnd sah er sie an. „Wenn ich dir was sagen darf: Solltest du dich jemals wieder entscheiden, unter falscher Identität loszuziehen, dann such dir bessere Ratgeber.“
Rebecca schloss die Augen und zählte langsam bis zehn. Danach öffnete sie sie wieder. „Kein Mensch, abgesehen von den Sicherheitskräften des Palastes und meinem Vater, weiß, dass ich hier bin. Und ich glaube nicht, dass sie dir meinen Aufenthaltsort verraten würden.“
„Du hast Rafe vergessen. Er ist ebenfalls im Bilde.“ Aus für Rebecca absolut unerfindlichen Gründen war ihr Bruder Rafe mit Logan befreundet. Logan nahm einen Schluck aus seiner Tasse. „Colleen macht wirklich den besten Kaffee. Daran kann ich mich noch gut erinnern. Damals, als Rafe in dieser Pension abgestiegen ist, habe ich ihn hier besucht.“
„Warum bist du hier …“ Ungeduldig trommelte sie auf der Tischplatte herum. „… und gehst mir auf die Nerven?“
„Ich dachte, ich frage noch mal nach, ob dir mein Vorschlag gefällt.“
„Rede ich eigentlich gegen die Wand?“ Obwohl Wände sie niemals so freundlich angeschaut hätten. Allerdings verbargen sich hinter dieser Freundlichkeit Hartnäckigkeit und unerbittliche Willenskraft. „Meine Antwort darauf hast du gestern Abend bereits bekommen.“
„Du hast dich fürs Dinner bedankt und bist gegangen.“
„Ich habe dich sitzen lassen.“ Sie zwang sich, so gefasst wie möglich zu sprechen, obwohl sie am liebsten ganz unadelig herumgeschrien hätte. Fünf Minuten mit diesem Mann, und schon war ihr jahrelanger Benimmunterricht für die Katz.
„Du brauchtest ja auch Zeit, um darüber nachzudenken.“
„Ich kannte die Antwort schon, nachdem du deine Ausführungen beendet hattest.“
„Wahrscheinlich hast du nicht gründlich genug darüber nachgedacht. Es wäre wirklich die perfekte Lösung. Eigentlich bist du klug genug, um binnen weniger Stunden zu dem gleichen Ergebnis zu kommen.“
„Du bist wirklich erstaunlich.“
Er grinste. „Oh, vielen Dank.“
„Das war kein Kompliment.“
„Beleidigungen, Komplimente. Ist doch alles Auslegungssache. Doch zurück zu meinem Vorschlag.“
„Du kannst doch nicht ernsthaft glauben, ich würde freiwillig deine Anwesenheit ertragen, weil …“
„Ertragen ist ein hässliches Wort. Ich dachte, wir könnten es uns nett machen. Wir können uns ja mit Dingen beschäftigen, bei denen wir kein Wort miteinander wechseln müssen. Zum Beispiel an einer Ruderregatta teilnehmen, bei der wir einfach nur hintereinandersitzen. Natürlich dürftest du dich vorbeugen und mir etwas ins Ohr flüstern.“
Sie fragte sich, ob er es ernst meinte oder sie einfach nur provozieren wollte. Schließlich wäre es nicht das erste Mal, dass er auf diese Art versuchte, jemandem eine Erwiderung zu entlocken.
Doch auf dieses Spiel würde sie sich nicht einlassen.
„Wenn du dir etwas vormachen willst, nur zu, Logan. Aber du kannst mir ruhig glauben, dass ich mir meine Worte gut überlegt habe, um dir meinen Standpunkt klarzumachen. Die Belastungsprobe, Zeit mit dir zu verbringen und dann auch noch so zu tun, als würde es mir Spaß machen, wäre mir einfach zu groß.“
„Wie bedauerlich.“ Er ergriff einen Stuhl und setzte sich neben sie. „Fahr fort.“
Unumwunden blickte er sie mit seinen dunklen Augen an und wirkte dabei alles andere als bedauernd. „Egal, wie lange ich es mit dir aushalten müsste, ich würde es nicht einmal dann tun, wenn ich tatsächlich vorhätte, meinen Vater zu täuschen.“ Rebecca schloss die Hände um ihre Tasse und blickte hinein. Es war heiße Schokolade. „Danke für den Kakao.“
Logan überhörte ihren Dank. „Dein Vater zwingt dich bedenkenlos zu einer Ehe mit jemandem, den er für dich auswählt.“
„Eigentlich hat er mich noch nie zu irgendetwas gezwungen.“
„Nein?“
„Vielleicht hat er versucht, mich in eine Richtung zu bewegen.“
„Klingt für mich nach Zwang.“
Zugegebenermaßen hatten sich die nachdrücklichen Versuche ihres Vaters, sie zu einer bestimmten Entscheidung zu bewegen, tatsächlich immer ein bisschen nach Zwang angefühlt. Doch das würde sie Logan gegenüber niemals zugeben. „Nein“, entgegnete sie so arglos wie möglich, „daran bin ich gewöhnt. Ich weiß, wie ich mit ihm umgehen muss. Genauso wie mit jedem anderen Mann, der mich unter Druck setzt.“ Durchdringend schaute sie Logan an.
„Indem du wegrennst?“
Sie schwieg einen Moment lang. „In diesem Fall schien es mir am besten, ein wenig Abstand zu San Philippe zu bekommen. Weil mein Vater und ich dadurch Zeit haben, in Ruhe über alles nachzudenken.“ Und genug Zeit, in der ihr Vater vielleicht seine Pläne ändern würde.
„Komisch.“
„Was ist daran komisch?“
„Na ja, das passt so gar nicht zu der kurzen Meldung, die heute im Internet stand.“
Eigentlich sollte sie nicht zulassen, dass Logan so flapsig mit ihr umging. Trotzdem fragte sie nach. „Was für eine Meldung?“
„Er organisiert dir zu Ehren einen Ball.“
Ihr Vater tat was? Davon war keine Rede gewesen, bevor sie gegangen war. Es war zwar nicht ungewöhnlich, dass ihr Vater auf eigene Faust Entscheidungen traf, doch wenn es um sie ging, hatte er sie zuvor immer gefragt. Jedenfalls fast immer. Rebecca begann zu zweifeln. Vielleicht dachte er, sie wäre einverstanden. Vielleicht war er sich seiner Sache so sicher, dass er sie mit einer Party überraschen wollte, so wie er es früher in ihrer Jugendzeit getan hatte. „Das hat gar nichts zu bedeuten“, erwiderte sie und versuchte, locker zu klingen. „Das hat er schon zu meinem achtzehnten Geburtstag gemacht.“ Der allerdings schon acht Jahre zurücklag.
„Ja, aber damals hatte er bestimmt nicht die begehrtesten Junggesellen von San Philippe und aus ganz Europa eingeladen. Marcia Soundso, die Klatschkolumnistin der San Philippe Times, macht schon eine Cinderellastory daraus. Vielleicht sitzt gerade in diesem Moment irgendwo da draußen ein armer Junggeselle vor einem Ascheberg und wartet auf seine Chance, das Herz der liebreizenden Prinzessin zu gewinnen.“
Bei dieser Vorstellung hätte Rebecca beinahe sogar gelächelt. „Sei nicht albern. Ich bin sicher, du irrst dich. Mein Vater hat mir gegenüber nichts von einem Ball mit einem Haufen Junggesellen erwähnt.“ Trotzdem plagten sie Zweifel. Tatsächlich hatte sie ihrem Vater versprochen, nach diesem Trip zumindest ein paar Kandidaten unter die Lupe zu nehmen. Aber doch nur, um etwas Zeit zu gewinnen, und nicht, um ihren Vater zu ermuntern, einen Ball für sie zu organisieren.
„Ich nehme an, du hast recht.“ Er nahm sein Handy aus der Tasche und blickte kopfschüttelnd auf das Display. „Marcia Soundso muss das falsch verstanden haben. Obwohl es hier steht. Schwarz auf weiß. Genauer gesagt, in Farbe. Ist Hightech nicht wunderbar?“
„Zeig’s mir.“
Er steckte das Gerät wieder zurück in die Tasche. „Du würdest dich nur aufregen. Bestimmt veröffentlichen sie morgen schon eine Gegendarstellung.“
Doch Rebecca wusste, dass Marcia Roundel exzellente Quellen hatte und sich davor hütete, sich den Zorn der königlichen Familie zuzuziehen.
Beladen mit einem riesigen Tablett mit zwei Frühstücksgedecken, betrat Colleen den Balkon und platzierte alles auf dem Tisch.
„Vielen Dank.“
Rebecca hatte gar kein Frühstück bestellt. Schon gar nicht diese riesige Menge Pfannkuchen, die plötzlich vor ihr stand. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen.
„Das sieht fabelhaft aus“, kam Logan ihr zuvor. Als Colleen ihn übers ganze Gesicht anstrahlte, hatte Rebecca nicht das Herz, das Frühstück wieder abzubestellen.
„Die haben Sie selbst gemacht, oder?“
„Colleen macht die allerbesten Pfannkuchen.“
„Warum muss für dich eigentlich immer alles herausragend sein? Gestern Abend waren’s der Crayfish und der Wein, heute sind es ihre Eierkuchen.“
Einen kurzen Moment lang verdunkelten sich seine Gesichtszüge, doch dann war auch schon wieder der gewohnte selbstsichere Ausdruck da. „Koste, und dann sag mir, dass ich unrecht habe. Ich fordere dich heraus!“
„Du hast noch Brüder, oder? Das ist nämlich so ein typisches Männerding, sich immer wieder herauszufordern und zu provozieren. Rafe und Adam tun das auch ständig.“
„Drei. Ich habe noch drei Brüder, die alle jünger sind als ich. Und sie herauszufordern macht großen Spaß.“
Rebecca fiel es nicht schwer, sich Logan mit einem ganzen Haufen anderer wettbewerbshungriger Kerle vorzustellen. Dann sah sie auf den Berg Blaubeerpfannkuchen vor sich. „Du wirst es sicherlich verkraften, wenn ich dir dieses Mal einfach recht gebe – ich habe noch nie Pfannkuchen gegessen.“
Gespielt entsetzt verdrehte Logan die Augen. „Ich wusste, dass ich Mitleid mit dir haben würde. Arme kleine reiche Prinzessin. Ernsthaft? Keine Pfannkuchen?“
„Crêpes ja, Pfannkuchen nein.“
„Crêpes.“ Er stieß einen verächtlichen Laut aus, während er seinen Stuhl so an den Tisch rückte, dass sie beide praktisch Schulter an Schulter saßen. Er roch gut. Besser als die Pfannkuchen. Irgendwie frisch und männlich. Ohne sich etwas dabei zu denken, betrachtete Rebecca das Spiel seiner Muskeln, während er nach dem Ahornsirup griff. Geschickt reichte er ihr das Kännchen. „Du musst unbedingt Ahornsirup nehmen. So viel wie möglich.“ Seit ihrer Begegnung vom Vortag war seine Aufmerksamkeit zum ersten Mal auf etwas anderes gerichtet als auf sie. Rebecca machte keine Anstalten, Sirup zu nehmen.
Todernst wandte er sich ihr zu. Dann lächelte er plötzlich, und es war, als würde die Sonne aufgehen. Sie sah ihn als Jungen vor sich, wie er gemeinsam mit seinen drei Brüdern am Frühstückstisch saß. Wie sie lachten und stritten. Und ohne darüber nachzudenken, erwiderte sie sein Lächeln.
Es war nur ein kurzer Augenblick, aber irgendwie angenehm. Sie saßen nah beieinander, lächelten und blickten sich an. Im Prinzip ein vollkommener Moment.
Sonderbar, plötzlich flackerte etwas in Logans Augen auf. Doch schon mit dem nächsten Wimpernschlag war es wieder verschwunden. Er lehnte sich zurück und rückte mit dem Stuhl etwas von ihr ab. Und Rebecca fühlte sich allein gelassen.
„Ich widme mich meinen Pfannkuchen eben mit großer Ernsthaftigkeit.“
„Das habe ich bemerkt.“
Er blickte auf seinen eigenen Teller. „Probier sie, oder lass es sein. Für mich macht das sowieso keinen Unterschied.“ Irgendwie schien auch er plötzlich unsicher zu sein. Er rückte den Stuhl zurecht und schlug die Zeitung auf, die Colleen zusammen mit dem Frühstück gebracht hatte. „Nach mir stehen noch jede Menge andere Männer auf der Liste, weißt du. Wenn du mein Angebot nicht annimmst“, fügte er hinzu und überflog die erste Seite.
Rebecca ging nicht auf ihn ein und probierte eine Gabel voll Pfannkuchen mit Ahornsirup. Sie waren genauso gut, wie Logan es gesagt hatte. Tatsächlich aß sie fast den ganzen Teller leer, bis sie schließlich satt war.
„Und? Was denkst du?“
„Sie waren gut.“
Er lächelte. Doch dieses Mal war es nicht das jungenhafte Lächeln, dazu wirkte es eine Spur zu arrogant. „Sie waren besser als nur gut. Aber das wollte ich auch gar nicht wissen.“
„Du meinst doch nicht schon wieder dein … Angebot?“ Was musste sie denn noch tun, um ihm klarzumachen, dass das für sie nicht infrage kam?
„Ganz genau, das meine ich.“
„Nichts von dem, was du seit gestern Abend gesagt hast, hat mich überzeugt.“
Er schüttelte den Kopf. „Du hast nicht gründlich genug darüber nachgedacht.“
„Logan, du kannst mich doch nicht mal ausstehen.“ Außerdem war er ihr genauso gleichgültig. Er war so anders, viel zu unberechenbar und unstet.
„Deshalb wäre es ja auch optimal.“
Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er ihr recht geben würde. Daher war sie leicht irritiert.
„Du magst mich nicht, ich mag dich nicht. Wenn du dich auf das, was ich dir vorschlage, mit einem der anderen Kerle einlassen würdest, dann würde dieser die Gelegenheit nutzen, dir näherzukommen. Während unsere Abmachung rein geschäftlicher Natur wäre.“
Da mochte er vielleicht recht haben, trotzdem reichte dieses Argument nicht.
„Ich habe zwar Motive, aber keine Hintergedanken. Und ich habe keine Gefühle, die verletzt werden könnten. Hier ruf mich an …“ Er stand auf und legte eine Visitenkarte auf den Tisch. „… wenn du es dir anders überlegt hast.“
Rebecca hatte nicht einmal Zeit für eine höfliche Erwiderung, so schnell war er plötzlich verschwunden. Trotzdem verbot sie es sich, laut vor Erleichterung aufzuseufzen, als sie eine männliche Person langen und entschlossenen Schrittes den Strand entlanglaufen sah.
Ohne seine Visitenkarte aufzuheben, stand sie auf, um nicht nur den Tisch, sondern auch die Pension zu verlassen.
Auf dem Weg nach draußen ermahnte sie sich, nicht mehr an Logan Buchanan zu denken.
„Ja, ich glaube, es könnte etwas Ernstes zwischen uns werden.“ Hinter dem Rücken überkreuzte Rebecca Mittel- und Zeigefinger ihrer rechten Hand. „Die Verbindung wird schlechter, Dad. Ich erzähl dir später alles.“ Während das Wassertaxi aufs Festland zusteuerte, steckte Rebecca das Handy weg und schlug sich seufzend die Hände vors Gesicht.
Gerade einmal einen Tag lang hatte sie sich der Illusion hingeben dürfen, die Kontrolle über ihr Leben wiederzuerlangen. Doch selbst an diesem einen Tag hatte sie sich unwohl gefühlt und sich mehrmals umgesehen, weil sie befürchtet hatte, Logan Buchanan könnte hinter dem nächsten Baum hervorspringen.
Logan hatte genau ins Schwarze getroffen, und das wusste er auch. Es stimmte, ihr Vater ließ ihretwegen einen Ball ausrichten, zu dem er einige angesehene Junggesellen aus ganz Europa eingeladen hatte, die alle als Ehemann und Schwiegersohn infrage kamen.
An diesem Morgen hatte sie Logans Visitenkarte erhalten, die Colleen ihr pflichtbewusst nachgeschickt hatte. Natürlich hatte Rebecca sie sofort weggeworfen, schließlich aber doch wieder aus dem Papierkorb hervorgeholt. Grund dafür war ein Anruf von Eduardo gewesen. Offenbar war der Sohn eines berühmten Senators aus San Philippe wild entschlossen, sie nach ihrer Rückkehr ins Ballett zu begleiten. Vor Jahren war Rebecca zweimal mit Eduardo ausgegangen, und freiwillig würde sie es sicherlich kein weiteres Mal tun. Deshalb hatte sie ihm ebenso diplomatisch wie höflich einen Korb gegeben. Als sie aber schließlich und nur kurz darauf von ihrem Vater mit den „wunderbaren“ Neuigkeiten überrascht worden war, hatte sie nur noch einen Ausweg gesehen und ihrem Vater geradewegs erklärt, dass sie sich bereits mit jemandem treffe. Als er wissen wollte, mit wem, hatte sie Logans Namen genannt.
Jetzt musste sie es nur noch Logan mitteilen.
Langsam tippte sie seine Nummer ein. Es war eine hundsmiserable Entscheidung, so viel war klar. Dennoch war Logan das kleinere Übel. „Hier ist Rebecca“, sagte sie, nachdem er abgenommen hatte.
„Rebecca wer?“
Schnell legte sie auf und starrte auf das Telefon. Er wusste doch, wer sie war. Das kleinere Übel war immer noch von der schlimmsten Sorte. Sie konnte natürlich versuchen, Zeit zu gewinnen, indem sie ihrem Vater gegenüber behauptete, Logan zu treffen, obwohl das nicht stimmte. Und Logan selbst würde von dieser kleinen Lüge nie etwas erfahren.
Das war die Lösung.
Zehn Minuten später klingelte ihr Telefon. „Logan hier.“
„Logan wer?“
Er lachte. „Logan Buchanan, deine Verabredung.“
Sie betrachtete das aufgewühlte Wasser hinter dem Boot. „Ich bin nicht mit dir verabredet.“
„Komisch, denn gerade hatte ich ein merkwürdiges Telefonat mit deinem Vater. Er will mich so schnell wie möglich sehen, wenn ich wieder in San Philippe bin. Offenbar will er mit jedem Mann, der sich mit seiner Tochter trifft, ein Gespräch führen.“
Rebecca stöhnte auf.
„Der Anruf kam nur wenige Minuten nachdem du aufgelegt hattest.“
„Oh.“ Sie schluckte.
„Lust, mich aufzuklären, Liebling?“
„Nenn mich nicht so.“
„Wie denn? Süße? Schatz? Ma chérie?“
Sie hatte immer noch die Möglichkeit, ihren Vater anrufen und ihm zu sagen, dass es zwischen ihr und Logan aus sei.
„Sind das deine vor Wut knirschenden Zähne, die ich da höre?“
Rebecca versuchte sich zu entspannen. „Es tut mir leid, Logan. Ich habe einen Fehler gemacht.“
„Ich wusste, dass du das früher oder später einsehen würdest.“
„Was du nicht sagst. Was ich meine, ist, dass ich heute Morgen mit meinem Vater telefoniert und ihm mitgeteilt habe, dass …“
„Wo bist du jetzt?“
„In Russel, in der Bay of Islands, der Inselbucht.“ Zumindest würde sie das in Kürze sein, denn das Wassertaxi legte gerade an.
„Bleibst du den ganzen Tag dort?“
Sie zögerte. „Ja.“
„Gut. Ich bin in zwei Stunden bei dir. Wir müssen miteinander reden. Lies in der Zwischenzeit eine Illustrierte oder ein Buch. Ich rufe dich an, wenn ich angekommen bin.“
„Nein, ich …“ Doch es war schon zu spät. Er hatte aufgelegt.
Niemand konnte sie zwingen, auf Logan zu warten. Sie konnte ihn immer noch anrufen und ihm absagen. Während sie hin und her überlegte, erhielt sie eine SMS von Eduardo. Unter dem fadenscheinigen Vorwand, eine Wohltätigkeitsveranstaltung mit ihr besprechen zu müssen, wollte er sich mit ihr treffen. Rebecca reagierte nicht. Stattdessen wartete sie, schlenderte durch Russel und versuchte die Tatsache zu genießen, dass niemand sie erkannte.
Das Gesicht geschützt von dem breitkrempigen Sonnenhut, stand sie zwei Stunden später am Kai und blickte auf die Jachten und Fischerboote, die im Hafen ein- und ausliefen. Ein paar Meter von ihr entfernt warfen zwei Jungen die Angeln aus. Als ihr Telefon klingelte, erkannte sie die Nummer auf dem Display sofort. „Ich stehe am Kai.“
„Ich weiß.“ Die Stimme, die aus dem Hörer kam, erklang im selben Moment hinter Rebecca.
Ungerührt blieb sie stehen und schaute in die Ferne, als Logan neben sie trat. „Dann sind wir jetzt also ein Paar …?“ Machte er sich etwa über sie lustig?
„Ich habe meinem Vater gesagt, dass ich mich mit dir treffe, weil ich gehofft habe, dass er den Ball abbläst. Aber offenbar ist es dafür schon zu spät. Dass er dich anrufen würde, habe ich nicht gewusst.“
„So geht’s aber nicht, Prinzessin. Du machst es dir leicht, und für mich springt nichts dabei raus. Außerdem ist dir damit kein Stück geholfen.“
„Als ob ich das nicht wüsste. Ich war verzweifelt.“
„Schwierige Zeiten erfordern drastische Maßnahmen.“
„Scheint so.“
„Dabei könntest du dir die ganze Aufregung sparen.“ Logan sprach leise, aber eindringlich. „Du weißt, was du an mir hast. Nachdem du dein ganzes Leben lang auf jedes Wort achten musstest, sollte ein unkomplizierter Kerl wie ich eine willkommene Abwechslung für dich sein. Außerdem wirst du eine tolle Figur neben mir machen, denn der Kontrast zwischen uns könnte nicht faszinierender sein. Meine raue, ungeschliffene Art und deine feinen …“
„Ich bin verzweifelt, ganz einfach.“
Abrupt wandte sie sich um und sah ihn an. Rau und ungeschliffen? Das war er gar nicht, obwohl er eine sehr maskuline Ausstrahlung hatte. Im Vergleich dazu waren die paar Männer in ihrem Leben allesamt blass gewesen und hatten sich vergeblich bemüht, den Anschein von Weltgewandtheit und Höflichkeit zu wecken. Logan dagegen war gebräunt, schlank und athletisch. Und mit seinem Blick ließ er die Welt wissen, dass er ein Mann der Tat war, der seine eigenen Wege ging.
„Ganz wie du willst. Hauptsache, du fühlst dich wohl. Verzweiflung ist mir auch recht.“
Ein Mann auf einem gewaltigen Segelboot mit Armen wie Popeye warf einem Teenager am Kai ein Seil zu. Es war ein kräftiger Wurf, und Logan zog Rebecca sofort beschützend zurück. Dabei stieß sie gegen seinen Körper. Einen winzigen Moment lang umfasste er ihre Taille, seine Schulter berührte ihren Kopf, und Rebeccas Rücken wurde an seine Brust gepresst. Für den Bruchteil einer Sekunde stand alles um sie herum still. Dann traten beide zurück und sahen dem Jungen dabei zu, wie er das schwere Tau befestigte. Rebecca nutzte diesen Moment, um sich wieder zu fassen und sich von der unerwarteten Berührung zu erholen. Die Hand auf ihren Rücken gelegt, führte Logan sie aus der kleinen Menge Schaulustiger, die sich mittlerweile gebildet hatte.
„Ich habe einige Anlässe aufgelistet, bei denen wir uns gemeinsam zeigen müssten“, erklärte er in geschäftsmäßigem Ton. „Du darfst sie natürlich jederzeit ergänzen. Selbstverständlich sollte sich alles in Grenzen halten.“
„In Grenzen?“ Oh, wie sich das Machtgefüge doch auf einmal zu drehen schien.
„Genau. Besonders hohe Ansprüche solltest du nicht haben. Ich werde dich nicht in die Oper begleiten, nicht mit dir shoppen gehen, und ich werde mich auch nicht mit deinen Speichel leckenden Freunden treffen.“
Vielleicht sollte sie ihn einfach ins Wasser stoßen. Möglich, dass er zu stark für sie war, aber auf jeden Fall wäre ihr seine Überraschung gewiss. Mochte er sie beleidigen, so viel er wollte. Aber über ihre Freunde herzuziehen war eine bodenlose Unverschämtheit. „Sie sind keine Speichellecker.“
„Das freut mich für dich. Aber ich habe keine Lust auf sie. Eine verwöhnte Frau ist genug.“
„Verwöhnt?“
„Gib es ruhig zu. Schließlich bist du eine Prinzessin.“
Vielleicht hatte er sogar recht. Punkte bei ihr sammeln konnte er damit allerdings nicht. „Glaubst du tatsächlich, das könnte funktionieren?“
„Natürlich“, sagte er und wirkte dabei geradezu arrogant. Wusste dieser Mann eigentlich, was Selbstzweifel waren?
„Aber wir sind wie Tag und Nacht.“