Jupiter 11: Countdown für MERLIN - Christian Montillon - E-Book + Hörbuch

Jupiter 11: Countdown für MERLIN E-Book und Hörbuch

Christian Montillon

0,0

Der Titel, der als Synchrobook® erhältlich ist, ermöglicht es Ihnen, jederzeit zwischen den Formaten E-Book und Hörbuch zu wechseln.
Beschreibung

Seit 3000 Jahren reisen die Menschen zu den Sternen. In dieser Zeit haben sich die Erde und die Welten der Liga Freier Terraner zu einer blühenden Gemeinschaft entwickelt. Die neue Gefahr für die Menschheit kommt diesmal auch nicht aus den Tiefen des Universums, sondern aus dem Herzen der menschlichen Zivilisation – direkt vom Riesenplaneten Jupiter. Mit seiner Lebensgefährtin Mondra Diamond und Reginald Bull, seinem ältesten Freund, begibt sich Perry Rhodan an den Ort des Geschehens. Er stellt fest, dass unbekannte Mächte den Jupiter in ein Schwarzes Loch verwandeln wollen. Während Rhodan in fremdartige Bereiche des Kosmos aufbrechen muss, hat Reginald Bull die Bevölkerung von Ganymed in letzter Minute retten können. Der Jupitermond selbst stürzt jedoch unaufhaltsam dem Gasplaneten entgegen. Auf der Faktorei MERLIN versuchen Mondra Diamond und Chayton Rhodan, den Tod von 20.000 Menschen und Außerirdischen zu verhindern. Die Zeit drängt, denn es tickt bereits der COUNTDOWN FÜR MERLIN ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 140

Das Hörbuch können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS

Zeit:3 Std. 37 min

Sprecher:
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nr. 11

Countdown für MERLIN

Der Gravo-Fraß zerstört die Faktorei – Oread Quantrill ist noch nicht geschlagen

Christian Montillon

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

T minus 22 h 41 min: Der Countdown beginnt

1. Genesis

2. Exodus

3. Wehen der Anarchie

4. Schwanengesang

5. Tod und Leben

6. Auf zur TYCHE!

7. TSUNAMI und SHIVA

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

Seit 3000 Jahren reisen die Menschen zu den Sternen. In dieser Zeit haben sich die Erde und die Welten der Liga Freier Terraner zu einer blühenden Gemeinschaft entwickelt. Die neue Gefahr für die Menschheit kommt diesmal auch nicht aus den Tiefen des Universums, sondern aus dem Herzen der menschlichen Zivilisation – direkt vom Riesenplaneten Jupiter.

Mit seiner Lebensgefährtin Mondra Diamond und Reginald Bull, seinem ältesten Freund, begibt sich Perry Rhodan an den Ort des Geschehens. Er stellt fest, dass unbekannte Mächte den Jupiter in ein Schwarzes Loch verwandeln wollen.

Während Rhodan in fremdartige Bereiche des Kosmos aufbrechen muss, hat Reginald Bull die Bevölkerung von Ganymed in letzter Minute retten können. Der Jupitermond selbst stürzt jedoch unaufhaltsam dem Gasplaneten entgegen.

Auf der Faktorei MERLIN versuchen Mondra Diamond und Chayton Rhodan, den Tod von 20.000 Menschen und Außerirdischen zu verhindern. Die Zeit drängt, denn es tickt bereits der COUNTDOWN FÜR MERLIN ...

Die Hauptpersonen des Romans

Mondra Diamond – Rhodans Lebensgefährtin blickt einem Jaguar in den Rachen.

Chayton Rhodan – Perry Rhodans entfernter Verwandter macht Mondra Diamond ein geheimnisvolles Geschenk.

Porcius Amurri – Der TLD-Agent ruft zur Revolte auf.

Oread Quantrill – Der Stationschef von MERLIN will die Schwarze Festung erschaffen.

Anatolie von Pranck

T minus 22 h 41 min:

Der Countdown beginnt

Alontha Zachariah entdeckt das Phänomen als einer der Ersten. Er nimmt niemals Tau-acht zu sich und ist deshalb einer der wenigen in der Faktorei MERLIN, die einen Teil ihres Lebens damit verbringen zu schlafen. Er fühlt sich gut dabei. Alle anderen – seine Kollegen, seine Freunde und auch die, denen er nur zufällig begegnet – scheinen sich immer weiter zu verändern. Das befremdet ihn. Er will nicht werden wie sie.

Vielleicht, denkt Alontha, liegt es daran, dass sie nicht träumen.

Ihnen fehlt etwas. Zu viel sammelt sich in ihnen an, in ihrem Unterbewusstsein. Nicht umsonst bezeichnet man Träume als die Mülleimer der Seele. Das glaubt Alontha zumindest; ganz sicher ist er nicht. Derlei psychologische Feinheiten hinterfragt er nicht; Schlafen und Träumen ist in seinen Augen etwas Normales, und damit hat es sich.

Was er sich allerdings fragt, ist, ob er in diesem Moment selbst träumt, ohne es zu wissen. Das könnte sein. Schließlich weiß man im Traum nicht, dass man träumt. Dort können seltsame Dinge passieren, ohne dass man sich darüber wundert.

Wäre es nicht besser, endlich aufzuwachen, statt dieses Phänomen genauer zu untersuchen? Wahrscheinlich schon, aber Alontha ist neugierig. Das liegt in der Familie. Die Zachariahs sind so.

Ein Lichtfunke stiebt aus der seltsamen Verwerfung im Boden. Das Licht strahlt wunderschön. Tausend Farben liegen in ihm verborgen, die Alontha nie zuvor gesehen hat. Er fühlt, dass die Bestimmung seines Lebens, die Vollendung, vor ihm liegt. Er wagt kaum noch zu atmen.

Der Funke explodiert zu einem Regenbogen von vollendeter Perfektion.

Die Holzpaneele vor seinem Bett wölben sich in die Höhe. Am höchsten Punkt entsteht eine Öffnung aus schwarzem Nichts. Sie sieht aus wie der Schlund eines Vulkans. Nun quillt weiteres Licht hervor und rollt an den Abhängen des Vulkans hinab. Gleißende Wärme geht davon aus. Sie schmeckt nach Himbeere.

Sie schmeckt?

Alontha wundert sich über sich selbst. Wie kann Licht nach etwas schmecken? Er sieht in den Vulkan hinein. Die Welt rundum krümmt sich, zieht Schlieren, zerfasert, treibt auf das Licht zu, das immer mehr zu einem Wirbel wird.

Es ist so süß auf seiner Zunge, so warm in seinem Geist. Alontha streckt den Arm aus und bringt die Finger näher an das Licht. Seine Finger dehnen sich in die Länge. Sie werden in die Erscheinung hineingezogen. Etwas knackt. Ein Gelenk springt aus seiner Kapsel. Seine Haut schlägt Wellen. Die Knochen biegen und krümmen sich, sie winden sich wie Würmer. Alontha will einen Schritt zurückgehen, doch der Sog ist zu stark.

Er stürzt zuerst ins Licht, dann in tiefe Finsternis. Er sieht sich selbst an: seltsam, wie er leuchtet! Sein Körper ist ein bizarres Zerrbild. Bald nehmen seine Augen nichts mehr wahr. Die Dunkelheit ringsum ist vollkommen. Er legt den Kopf in den Nacken, blickt nach oben und glaubt, in unendlicher Ferne den Krater des Vulkans zu sehen.

Alontha schwebt in einem Nichts. Weder ist ihm kalt noch heiß. Er empfindet nichts, nicht einmal Schmerzen an seinem ausgekugelten Gelenk. Sein Atem geht gleichmäßig, bis er bemerkt, dass er nicht länger atmen muss. Vielleicht weil keine Zeit vergeht. Oder weil sein Herz nicht mehr schlägt?

Also wartet er einfach ab.

Zu seinem Glück ist Alontha ein einfacher Mann, der nicht lange über seine Situation reflektiert. Etwas ist mit ihm geschehen, irgendetwas, und so wie es begonnen hat, wird es auch bald wieder enden. Davon ist er überzeugt.

Aber er täuscht sich. Er stürzt einem imaginären Zentrum entgegen und schrumpft dabei. Dieses Zentrum wird er jedoch niemals erreichen.

Es ist der 14. Februar 1461 NGZ, 1.04 Uhr.

Alontha Zachariah ist das erste Opfer des Gravo-Fraßes.

Der Countdown der Faktorei MERLIN läuft.

1.

Genesis

Der Parcours, das Spiel aller Spiele im Casino, lag hinter ihnen. Mondra Diamond und Porcius Amurri hatten ihn erfolgreich durchlaufen – wenn man denn von einem Erfolg sprechen wollte. Ihre Begleiter Dion Matthau und Gili Saradon hatte es das Leben gekostet.

Das zerstörte Casino, die sechste und entscheidende Spielrunde, blieb hinter den beiden Gewinnern zurück, als sie durch die Tür traten. Ihnen folgten zwei Techno-Jaguare, die jede Flucht unmöglich machten. Drei weitere dieser Robottiere warteten schon auf sie; momentan umringten sie Anatolie von Pranck, die ganymedanische Chefwissenschaftlerin des Syndikats der Kristallfischer. Sie trug lediglich einige luftige Stofffetzen am hageren Leib, die nur mit viel gutem Willen als Kleidung bezeichnet werden konnten.

»Weiter!«, forderte Oread Quantrill, der direkt hinter den Techno-Jaguaren ging. »Die Loge wird sich bald absenken. Sie ist sozusagen euer Fahrstuhl ins Glück.«

Gemeinsam standen sie nun auf einer Plattform, von deren Rändern es scheinbar ungeschützt mehrere Meter in die Tiefe ging. Aller Wahrscheinlichkeit nach hinderte ein unsichtbares Energiefeld jeden am Absturz. Oder an einer Flucht, dachte Mondra. Die Plattform ankerte fast unter der Decke des Casinos, wo der Übergang zum Schlussraum des Parcours möglich war.

Etliche Meter tiefer füllten Hunderte von Menschen den Raum bis auf den letzten Platz – und wohl auch darüber hinaus, so, wie sich die Menge auf jedem freien Zentimeter Raum drängte. Eine sensationslüsterne Meute, der einiges geboten worden war und der wohl noch mehr geboten werden würde, wenn es nach Oread Quantrills Willen ging.

Dessen Lächeln war wie immer perfekt. »Alle haben euer Bemühen verfolgt, und sie waren begeistert. Von Anfang an. Schon im Würfel war es sehr knapp. Ihr habt es spannend gemacht.« Er lachte leise; es klang wie das Meckern einer Ziege. »Den besten Blick hatten allerdings Anatolie und ich von der Loge aus. Onezime leistete uns ebenfalls Gesellschaft, wenn er nicht gerade seine Rolle als Perry Rhodan spielen musste. Er hat es genossen, übrigens.«

»Am Ende sicher nicht mehr«, sagte Mondra bitter. Sie sah noch genau vor sich, wie Gili das Messer bis zum Griff in Onezimes Hals stieß und er trotzdem lange genug überlebte, um die TLD-Agentin nicht minder brutal zu töten.

Quantrill säuberte einen seiner Fingernägel – nicht, dass dort auch nur ein Stäubchen Schmutz zu finden gewesen wäre. »Onezime hat einen Fehler begangen und wurde von einer Gegnerin enttarnt. Dafür musste er den Preis bezahlen, denn das Spiel kennt keine Gnade.« Er legte eine zweifellos exakt bemessene theatralische Pause ein. »Genau wie das Leben.« Hinter ihm schloss sich die Wand fugendicht; niemand hätte geahnt, dass es dort einen Durchgang zur letzten Spielwelt des Parcours gab.

Die Plattform löste sich mit einem Knacken von der Wand und glitt langsam in die Tiefe. »Unten werde ich eine kleine Ansprache halten. Unser Publikum giert geradezu danach. Zumindest diejenigen, die noch bei klarem Verstand sind. Irgendwie gerät seit einiger Zeit alles außer Kontrolle. Nun, es ist kein großer Schaden. Man muss flexibel sein und seine Pläne ändern, wo es sich als notwendig erweist. Hätten Mächte wie die Chaotarchen selbst dies schon vor langer Zeit beherzigt – wer weiß, wie die Galaxis heute aussehen würde.«

»Weder du noch ich könnten im Solsystem leben, wenn ...«, begann Mondra, wurde jedoch von ihm unterbrochen.

»Eben. Es spielt keine Rolle. Noch heute wird ohnehin alles enden.« Quantrill tippte auf das dünne Armband, das dicht über dem Handgelenk saß. Sofort entstand darüber die Projektion der aktuellen Uhrzeit: 3.07 Uhr am 14. Februar 1461.

Mondra nahm es beiläufig wahr und überschlug, wie lange sie nicht mehr geschlafen hatte. Fast sechzig Stunden. Anfangs hatte ihr, genau wie Porcius, der SERUN Aufputschmittel injiziert; deren Wirkung würde bald nachlassen. Einige Stunden noch, dann war die Grenze der Belastbarkeit ihrer Körper erreicht. Sie brauchten Ruhe, doch sie gab sich keinen Illusionen hin. Es sah nicht so aus, als würden sie diese bald finden.

»Wenig mehr als zwanzig Stunden«, fuhr Quantrill seelenruhig fort.

»Bis ... was geschieht?«

Er winkte ab, als sei es nicht wichtig. »Ihr habt den Parcours gewonnen. Ich habe euch einen Preis versprochen. Genauer gesagt, werde ich euch eine Space-Jet überlassen, damit ihr MERLIN unbehelligt verlassen könnt. Aber zuvor geht ihr bitte durch DANAES Torbogen, um den Parcours wirklich zu beenden. Die Siegerehrung gehört dazu. Ich werde die Zuschauermenge beiseitescheuchen und euch freie Bahn verschaffen. Ihr werdet mit Tau-acht überschüttet. Danach führe ich euch zum Hangar.«

»Oread«, sagte Anatolie von Pranck unvermittelt.

Er drehte sich um, rascher, als es eigentlich nötig gewesen wäre. »Was?« Dann, freundlicher: »Alles in Ordnung?«

Die Chefwissenschaftlerin zögerte kurz, dann nickte sie.

*

Die Plattform setzte auf. Rundum flirrte es kurz; der Schutzschirm desaktivierte sich. Gleichzeitig umringten die fünf Techno-Jaguare Mondra und ihren Kollegen noch enger, öffneten das Maul, ließen die Lefzen hängen.

»Wir begleiten euch«, sagte einer mit der sanften Frauenstimme, die weder zu seinem Äußeren noch zur Situation passte. Die Drohung in den wenigen Worten war unüberhörbar.

Quantrill ging an den Rand der Plattform und hob die Arme. »Seht her! Die strahlenden Sieger des Parcours!« Er winkte Mondra und Porcius zu sich, doch die beiden blieben wie angewurzelt stehen. Die Techno-Jaguare knurrten drohend. Krallen kratzten über den Boden.

»Spielen wir mit«, sagte Mondra. Gemeinsam stellten sie sich neben Quantrill.

Dieser trat scheinbar bescheiden eine Winzigkeit zurück. »Diese beiden Menschen haben die härtesten Bedingungen überstanden, unter denen jemals gespielt wurde! DANAE hätte es wohl nicht für möglich gehalten. Seht sie euch an! Sie. Sind. Könige!«

Die Menge jubelte. Ein Siganese flog auf einer winzigen Schwebeplattform über den Köpfen der anderen. Er schwenkte die kleinen Ärmchen. Das Gesicht war vor Aufregung dunkelgrün. Ein einzelner Jülziish stand in der Masse; als Mondra ihn ansah, glaubte sie das Zirpen zu hören, mit dem er seiner Begeisterung Ausdruck verlieh.

»So gebt ihnen den Weg frei zu DANAES Bogen, auf dass sie überschüttet werden mit Tau-acht! Ihr Glanz wird auf euch alle abstrahlen!«

Zwei der Techno-Jaguare verließen die Plattform und sorgten dafür, dass Quantrills Bitte entsprochen wurde. Spätestens als die Robottiere die Zähne fletschten, wich die Menge zurück.

Quantrill machte eine einladende Handbewegung. »Geht!«, forderte er leise.

Porcius verschränkte die Hände ineinander. »Wir verzichten.«

Ein süffisantes Lachen antwortete ihm. »Niemand verzichtet bei einem solchen Angebot. Selbst die nicht, die es wollen.« Eiseskälte ließ jede eben noch spürbare Begeisterung missen. »Und nun solltet ihr gehen. So sind die Regeln. Die Siegerehrung gehört zum Durchlaufen des Parcours. Danach gebe ich euch die gewünschte Space-Jet, genau wie versprochen. Wenn ihr sie noch wollt.«

Mondra sah, dass Porcius erneut aufbegehren wollte, und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Wir akzeptieren. Und du kannst die Space-Jet schon mal startklar machen lassen, Oread.«

Seite an Seite schritten sie los. Die freie Gasse in der Zuschauermasse reichte bereits bis zum Torbogen. »Warum kann das Ding nicht einfach zusammenbrechen wie eben in der Simulation?«, flüsterte Porcius.

Was nicht ist, kann ja noch werden, dachte Mondra. DANAES Mädchengesicht lächelte ihnen in all seiner Perfektion entgegen. Die gewaltige Holografie schloss kurz die Augen und wandte ihre Konzentration dann in eine andere Richtung.

Mondra folgte dem Blick. Ein Arkonide drehte dort die Pirouetten eines ekstatischen Tanzes, der dem Rhythmus einer unhörbaren Melodie folgte. Er konnte unmöglich DANAES Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. Was also spielte sich hinter ihm ab?

Dort gab es eine verlassene Arena, die von leuchtenden Säulen umringt wurde. Überall im Casino war der Alltagsbetrieb zum Erliegen gekommen, jeder kümmerte sich nur noch um die Könige des Parcours.

Ein Techno-Jaguar stieß Mondra am Oberschenkel an. »Weitergehen«, säuselte er. »Schneller!«

Mondra dachte fieberhaft nach. Wie genau der direkte Kontakt mit Tau-acht wirken würde, wusste sie nicht – aber Quantrills Reaktionen zeigten deutlich, dass sie es keinesfalls dazu kommen lassen durfte. Doch das vermochte sie momentan höchstens als frommen Wunsch anzusehen, denn es blieb keine Möglichkeit, es zu verhindern. Ein Ausbruch war unmöglich.

Oder?

Sie konnten nicht durch die Menge fliehen. Aber was, wenn es gelang, einen der Techno-Jaguare zu packen und ihn unter den Tau-acht-Regen zu schleudern?

Es würde nichts ändern. Wenn sie entkommen wollten, musste sie einen anderen Weg finden. Etwas, mit dem niemand rechnete. Und war nicht gerade das ihre Spezialität? Unerwartet handeln, alle überraschen, indem sie unkonventionelle Methoden wählte?

*

Das riesige Mädchengesicht im Torbogen flimmerte. Um die Augen bildeten sich Falten, die Nase kräuselte sich, schließlich löste sich die Holografie Funken sprühend auf.

Mondra und Porcius standen noch etwa fünf Meter entfernt.

Die Sicht durch den Bogen trübte sich. Ein feiner Schleier, wie aus schwebendem Staub, hing in der Luft. Ein Raunen ging durch die Menge. Irgendwo gellte ein hysterisch-begeisterter Schrei.

Im nächsten Augenblick entstand das Gesicht erneut. Die Augen waren weit aufgerissen. In kleinen Lichtkaskaden entflammte an tausend Stellen der Staub in der Luft. Der vorher so liebliche Mund des Mädchens war wütend verzerrt.

»Stoppt sie!«

Während Mondra noch völlig verwirrt war, knurrten die Techno-Jaguare und sprangen mit einem gewaltigen Satz über die ersten Zuschauer hinweg, landeten auf anderen, die schreiend zu Boden gingen, während die schweren Robottiere weiterhechteten.

Schreie tönten durch den Raum. Mondra fühlte sich unangenehm an die Sekunden im falschen Casino erinnert, ehe das finale Chaos losgebrochen war. Zwar war damals die Atmosphäre nicht echt gewesen, doch nun lag genau dasselbe in der Luft.

»Ihr rührt euch nicht von der Stelle!«, befahl der letzte hinter ihnen verbliebene Techno-Jaguar.

Die beiden Terraner wechselten einen raschen Blick. Mondra nickte.

Vom Rand des Casinos her dröhnte der Schuss eines schweren Thermostrahlers. Ein Jaguar zerplatzte mitten im Sprung. Rauchende Metalltrümmer wurden in alle Richtungen geschleudert. Ein brennendes Stück Fell landete vor Mondras Füßen.

Einen Augenblick schien die Zeit zu gefrieren, es wurde still, dann kam mit einem kollektiven Aufschrei Bewegung in die Menge. Ein über zwei Meter großer, grob humanoid geformter Roboter stampfte vom Ausgang her näher und stieß jeden brutal zur Seite, der ihm im Weg stand. Er hob einen klobigen Arm, der in einer Waffenmündung endete, über den Kopf und bog ihn in ihre Richtung. Er schoss und zerfetzte den Schädel des Techno-Jaguars, der hinter Mondra stand.

Mondra fühlte noch einen Hitzeschwall, ehe sie losrannte, in die einzig mögliche Richtung: zurück zur Plattform.

»Raus hier!«, brüllte sie Porcius entgegen, um den mittlerweile tobenden Lärm zu übertönen. Wenn sie die Plattform erreichten, konnten sie diese vielleicht aktivieren und sich über den Köpfen der anderen in Sicherheit bringen.

Binnen Sekunden verwandelte sich das Casino in ein Tollhaus.

Oread Quantrill und Anatolie von Pranck stiegen, in flirrende Energiefelder gehüllt, in die Höhe. Dass sie die dazu nötige Technologie bei sich trugen, war nicht zu erahnen gewesen, schon gar nicht bei von Prancks minimalistischer Kleidung.

Der Roboter stapfte näher, schaufelte mit den Armen brutal Menschen zur Seite. Ein weiterer Waffenarm feuerte; der Energiestrahl schmetterte in Quantrills Schutzschirm, wurde jedoch abgeleitet, ohne Schaden anzurichten.

Nun erst erkannte Mondra weitere Roboter, die sich durch die Menge arbeiteten.

Aus DANAES Torbogen zuckten Blitze, und Mondra warf sich instinktiv zur Seite. Wo sie eben noch gestanden hatte, kochte nur Sekunden später der Boden als flüssiges Metall. Jemand taumelte genau darauf zu, schrie, stolperte und fiel mit dem Gesicht in den Glutsee.

Mondra wollte sich wieder auf die Füße rappeln, doch etwas schlug gegen ihre Seite, ehe ein wahrer Hagel auf sie einprasselte. Schritte, Schläge, Tritte ... Sie schützte den Kopf mit den Armen, sah Beine, hörte Schreie, bekam weitere Tritte ab.

Entsetzt wurde ihr klar, dass ein panischer Mob über sie hinwegtrampeln würde. Sie krümmte sich zusammen, suchte nach einer Lücke in der Masse, einem Weg, wie sie wieder auf die Füße gelangen konnte.

Nichts.