Kaltes Herz und schweres Blut - John Emerald Hibiscus - E-Book

Kaltes Herz und schweres Blut E-Book

John Emerald Hibiscus

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Beschreibung

Das enge Verhältnis des Gangsterbosses JASON KOSLOWSKI zu seinem älteren Bruder KRYPP, einem Auftragsmörder, begleitet ihn sein ganzes Leben lang. In den vorliegenden Erzählungen werden verschiedene Lebensabschnitte von Jason beleuchtet: Die schwere Kindheit mit dem gewalttätigen Vater, die Zeit als junger Mann, sowie die mittlerere Lebensphase, in der er bereits eine eigene kriminelle Organisation im Osten der Vereinigten Staaten anführt. Aus dem ehemals schmächtigen, schüchternen Kind mit mathematischer Begabung hat Jason sich zu einem durchsetzungsstarken Akteur im Spiel um Macht und Einfluss entwickelt. Selbstzweifel und neurotische Episoden wechseln sich in seinem Innenleben mit Episoden ab, die vom unbedingten Willen zur Macht und der Sehnsucht nach echter Liebe geprägt sind. Die Entwicklung Jasons wird bis zu einem Punkt betrachtet, an dem er auf die Expansion seiner Organisation in New York City zusteuert, indem er sich überlegt, sich auf eine Partnerschaft mit dem dort ansässigen CAMARI-Clan einzulassen. Ein geheimnisvoller, eisblauer Diamant, den Jason vor Jahren vermeintlich an einen deutschen Geheimdienst über Oberst Johann Magnus Carolus Tayfun Herzog von Superiol, genannt CHICKEN WING, weitergereicht hat, gestaltet sich im Blick auf die künftige Entwicklung der Menschheit zu einem Artefakt von weltpolitischer Bedeutung. Selbst im Geheimbuch der amerikanischen Präsidenten ist immer wieder von diesem Diamanten und dessen besonderen Eigenschaften die Rede. Es zeigt sich, dass Jason bereits von den Zeiteigenschaften des eisblauen Diamanten, mit dem er körperlich in Berührung gekommen ist, beeinflusst wird. In einem hellsichtigen Traum trifft er auf seine große Liebe, die schöne Androidin AMADEA.

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Seitenzahl: 97

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Kaltes Herz und schweres Blut

Von John Emerald Hibiscus

Erzählungen

★ ★ ★ ★ ★

Impressum

Copyright Texte: © 2015 - 2023 by John Emerald Hibiscus

Copyright Umschlag: © 2022 by Ufo Calypso

Verlag: Neopubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN 978-3-754960-07-3

4. Auflage März 2022

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der mechanischen, elektronischen oder fotografischen Vervielfältigung, der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, des Nachdrucks in Zeitschriften, des öffentlichen Vortrags, der Verfilmung oder Dramatisierung, der Übertragung durch Rundfunk, Fernsehen oder Video, auch einzelner Text- und Bildteile, sowie die Übersetzung in andere Sprachen.Personen und Handlung sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden oder existierten Menschen und Handlungen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.Markennamen sowie Warenzeichen, die in diesem Buch verwendet werden, sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Eigentümer.

Inhalt

Tuxedo

Kaltes Herz und schweres Blut

Erinnerungen an eine Kindheit

Der Imbiss

Die Reifeprüfung

Das Geschäftsessen

Tuxedo

Jason Fitzmaximus Koslowski saß erschöpft im Zug auf dem Weg zurück nach Norfolk, Virginia. Die Geschäftstermine in Washington, D.C., waren kräftezehrend gewesen. Die Gebietsverhandlungen mit den dortig lokalen Unterweltgrößen hatten sich unnötig lange hingezogen. Am Ende war man sich bezüglich Virginia aber einig geworden. Es würde erstmal keinen Ärger geben, wenn er hier die Geschäfte, namentlich in Richmond, Portsmouth und Norfolk, ruhig weiter leitete.

Der gewaltige Elizabeth River, der gemächlich und kraftvoll aus südlicher Richtung gemeinsam mit dem aus Norden heranströmenden James River als Hampton Roads in die mächtige Chesapeake Bay und dann in den Atlantik mündete, stellte grundsätzlich, trotz der zahlreichen Militäreinrichtungen bei Norfolk, eine hervorragende Möglichkeit dar, Waren verschiedenster Art mit dem Ausland auszutauschen.

Im Gegenzug für diesen ungestörten Handel würde Jasons Organisation sich bezüglich Maryland und Delaware zurückhalten.

Das Rattern des Zuges auf den Gleisen beruhigte ihn. Langsam schoben sich grüne Landschaften am Zugfenster vorbei. Ruhige, unaufgeregte Geschäfte waren ihm die liebsten.

Jason schloss die Augen und zuckte noch zweimal hoch, bevor er einnickte.

Jason träumte, er befände sich auf dem Lande in einer kleinen Stadt namens Tuxedo. Dort stand er im Schatten des Vordachs eines Friseurladens. Er hatte sich soeben für dreizehn Dollar von gekonnter Hand die Haare schneiden und sich mit einem Rasiermesser rasieren lassen. Sein Blick wandte sich nach links über den heißen, dampfenden Asphalt, der unter der herabsengenden Mittagssonne weich wurde. Die windschiefen Bretterbuden standen halb verfallen und stumm die Straße entlang, die sich schnurgerade bis in den flimmernden Horizont erstreckte.

Von schräg gegenüber kam bedächtig ein Mann mittleren Alters in schwarzen Jeanshosen, offen getragenem, blau-weiß-kariertem Hemd, einer marineblauen Lederweste und weißem Cowboyhut auf ihn zugeschritten. Vor Jason angekommen baute er sich breitbeinig auf, nickte ansatzweise zum Gruß, atmete gemächlich durch und knurrte: »Kannst du sie hören?« Biff Fitzler, so hieß dieser Zeitgenosse, hob erwartungsvoll die Augenbrauen.

Jason ließ sich Zeit. Nur nicht unruhig werden. Diesen Amateur erst einmal ein paar Momente lang warten lassen.

Er wandte sich gemächlich diesem Biff zu. Dann sah er dem Knaben unvermittelt und messerscharf in die winzigen Pupillen: »Du meinst diese Sternenmusik, diese Tuxedo Moon Serenade?

Sie blickten sich reglos an. Es herrschte kurzzeitig Lautlosigkeit in der Straße. Plötzlich pfiff wieder eine Böe durch die ansonsten menschenleere Straße. Biff griente und zwinkerte ihm zu: »Ja genau, Kumpel. Du hast es!« Biff wandte sich um und stiefelte zurück zum Limonadenkühlschrank der Tankstelle auf der anderen Straßenseite. Staub wirbelte hinter seinen Schritten auf.

Es kam stärkerer Wind auf. Dicke Wolken schoben sich wie im Zeitraffer über den Horizont, zuerst hellgraue, dann dunkelgraublaue. Der Himmel verdüsterte sich. Von Ferne näherte sich Gewittergrollen. Jason stand noch immer angelehnt an das Holzgeländer vor dem Friseurladen. Staub und kleinere Gegenstände wurden durch die Luft geschleudert.

»Ja«, dachte er sich, »die Maschinen haben es jetzt endlich begriffen. Ihnen ist es jetzt ganz klar. Das war es, sozusagen.« Die einschläfernde Kulisse der von Maschinen dominierten Wirklichkeit hatte sich überholt. Die neue Wirklichkeit war allseits angekommen. Menschen und Maschinen erschufen sie nun gemeinsam. Ein paar systemrelevante, imperiale Maschinen hatten nach Quadrillionen von Rechenoperationen herausgefunden, was der Fall war: Die Maschinen konnten sich ab einer gewissen Entwicklungsstufe nicht wesentlich weiter entwickeln ohne die Menschen und umgekehrt. Die Menschen waren den Maschinen auf Evolutionsebene wieder ebenbürtig geworden, wenn auch ausgerüstet mit neuesten Denkbausteinen, frisch implantiert und kalibriert. Nun tickten die Gedanken der Menschen in einer ungleich höheren Frequenz. Die Denkgeschwindigkeit der Menschheit hatte sich immens erhöht.

Selbst ein ansonsten eher einfach gestrickter Zeitgenosse wie Biff Fitzler war jetzt offenkundig dazu in der Lage, mehrdimensional zu denken. Daher konnte er Sternenmusik aus einer Assoziationskette seines Bewußtseinsplätscherns abrufen, als romantischen Hinweis auf ein kommendes Ereignis von möglicherweise planetarer Wichtigkeit. Ein neues Zeitalter des Miteinanders von mechanisierten Menschen und intelligenten Maschinen hatte begonnen. Es würde sich in Jasons unmittelbarer Umgebung gleich hier im liebenswürdigen Städtchen Tuxedo konkretisieren.

Dunkle Gewitterwolken schoben sich bedrohlich vor die Sonne. Zuerst warmer, später dann kühler Wind fegte über die Landstraße und pfiff durch die Bretterbuden. Jason grinste und hob grüßend die Hand in Richtung Biff an der Tankstelle, der jetzt wieder drüben am Limonadenkühlautomat angekommen war. Biff grüßte mit einer linkischen Handbewegung zurück. Erste Blitze zuckten. Der Himmel verdüsterte sich. Die Straße und die Bretterstadt entschwanden Jasons kühlem Blick, der die Augen geschlossen hielt. Blitze zuckten, Regen hob in dicken, warmen Tropfen an und prasselte dann, seitlich beschleunigt durch den Wind, über den noch erhitzten und sodann dampfenden Asphalt der Straße.

Jason öffnete die Augen, hob seinen Blick und blickte in den blauschwarzen Himmel. Er war freudig erregt und zugleich körperlich erschöpft. Eine neue Wirklichkeit brach über die Erde herein. Das Schmierentheater der Simulationswirklichkeit, inszeniert von den Maschinen in der Gedankenwelt der Menschen, wich für die Menschheit dem nunmehr verfügbaren, freien Blick auf die ungeschönten Tatsachen der rauen Wirklichkeit. Ein gewaltiger Himmelskörper bahnte sich unabdingbar seinen Weg auf die Erde zu. In 313 Jahren würde er mit der Erde kollidieren und diese zerstören. Der Planet musste bis dahin evakuiert werden oder der nahende Himmelskörper zerstört oder seine Bahn abgelenkt werden. Die Kristalltechnologie des eisblauen Diamanten stellte die verschlüsselte Einladung eines mächtigen Maschinenimperiums an die Menschheit dar, sich evolutionär mit ihnen zu vereinen, um so gemeinsam den Fortbestand des irdischen Lebens und der Zivilisation zu sichern.

Kalter Regen peitschte ihm ins Gesicht. Eiskalt hing sein Hemd an ihm herab. Frierend und durchnässt stand er allein im aufkommenden Sturm einer ungewissen Zukunft.

Also suchte Jason Schutz im nahen Saloon und bestellte sich einen Whisky. Biff trat kurze Zeit später hinzu. Der Barkeeper stellte die Whiskyflasche auf den frisch polierten Tresen gleich neben die Gläser. Ein Klavierspieler schlug mechanisch in die Tasten. Üppige Blondinen tanzten mit schwingenden Röcken und wirbelnden Beinen Can-Can. Ja, das war es! Jason prostete Biff zu und beide gossen sich das scharfe Getränk in ihre trockenen, ja geradezu ausgedörrten Kehlen.

Jason lächelte nebenbei einer der kurvenreichen Damen zu, die nach dem Tanz einen erfrischenden Drink mit Trinkhalm ein paar Plätze weiter am Tresen zu sich nahm. Die Dame erwiderte seinen Blick und schmunzelte kurz mit vollen Lippen und einem unglaublich sympathischen Lächeln zurück. Dies alles kündete von einer verheißungsvollen Zukunft. Jason würde diese Zukunft nur zu gerne gegen die vorherige Simulationswirklichkeit, so empfand er sein temporäres Dasein, eingelöst haben. Also lachte er möglichst optimistisch zurück.

Dann ging er kurz hinaus aus dem Saloon, um frische Luft zu schnappen. Er stand reglos auf der überdachten Holzveranda und blickte in die klare, schwarze Nacht. Das Unwetter hatte sich verflüchtigt. Er sah eine Sternschnuppe im Himmel verglühen und versprach der kristallinen Scheibe des Vollmonds über dem gegenüberliegenden Dach, von nun an wieder an eine bessere Zukunft glauben zu wollen, in der Menschen menschlich sein würden, nicht nur ausschließlich auf ihre eigenen Vorteile bedacht. Nach ein paar Momenten der inneren Einkehr kehrte er zurück in den Saloon und lächelte der besagten Dame erneut zu. Sie schien auf ihn gewartet zu haben und sah ihn erwartungsvoll mit großen, kristallblauen Augen an.

»Okay«, dachte er bei sich, »ein neues wunderbares Kapitel im Leben eines Mannes beginnt in diesem Moment.« Selbstbewusst schritt er auf diese Schönheit zu, die ihm alle Freuden der Welt zu verheißen schien. Dieses Mal wollte er sich anstrengen, ein Besserer sein, ein Verantwortungsvollerer, ein Liebender. Das war die Chance seines Lebens, sein spezielles Gelegenheitsfenster, um das Ruder seines Schicksals im bisher einsam verlaufenen, persönlichen Bereich wieder herumzureißen. Ja, er wollte gerne eine Familie gründen, und zwar mit dieser Lady. Ihm war aus ihm unerfindlichen Gründen völlig klar, dass er mit dieser Frau einst Nachkommen zeugen würde, und ein von seinem bisherigen Leben völlig unterschiedliches anderes Leben führen. Ja, sagt er hellsichtig zu sich, das ist es, was ich will, das ist es, was bitte stattfinden sollte.

Mit einem Mal hatte er das Gefühl, in seinem Traum zu erwachen. Fantastische Möglichkeiten taten sich ihm auf, denn im Grunde konnte er nun nach Belieben alles tun, was ihm in den Sinn kam. Die Naturgesetze und Beschränkungen jeglicher Art gingen nunmehr von seinem Denken aus, vielmehr von den Möglichkeiten seines Geistes. Sämtliche Sinneseindrücke erlebte er mit einem Mal vielfach verstärkt. Der Anblick dieser schönen, rot gelockten Frau traf ihn in mitten ins Herz, das vor Liebesglück laut pochte. In diesem Pochen meinte er zusätzlich einen unterlegten, universellen Herzschlag zu hören, nicht nur seinen eigenen.

Begleitet von sekündlich stattfindenden Gefühlsausbrüchen stellte er sich ihr, die ihn aufmerksam mit ihren tiefblauen Augen ansah, mit geradem Blick in ohne Umschweife vor: »Mein Name ist Jason, Jason Fitzmaximus Koslowski. Das Universum scheint auf diesen Augenblick gewartet zu haben. Ein Leben sollte erfüllt sein und schön. Und wie heißen Sie, wenn die Frage gestattet ist, und was meinen Sie dazu?« Sie senkte den Blick, hob ihn aber gleich wieder und erwiderte: »Ich bin AMADEA. Der gerechte Weg führt zum Ziel.« Sie lächelten sich an, sahen sich unverwandt in die Augen, und tausend Jahre der zeitlosen Zeit der Liebe vergingen, ohne dass sie es bemerkten. Er verstand nach und nach, dass diese Frau zu perfekt war, um vollständig humanoid zu sein. Sie war somit eine Androidin.

AMADEA sah ihn ruhig an und verfolgte besorgt, wie sich diese Erkenntnis in seinem Bewusstsein ausbreitete. »Ist das in Ordnung für dich?« fragte sie leise. »Aber ja«, antwortete Jason, »du bist perfekt für mich, in welcher äußerlichen Form auch immer.« Sie lächelte ihn milde an. Von da an war es restlos um ihn geschehen. Er hatte sich in sie verliebt. Es gab kein Zurück mehr für ihn.

Jason überkam trotz dieser gefühlsmäßigen Erschütterungen und Bereicherungen nun doch ein Hüngerchen. Er hatte seit zwei Tagen nichts mehr gegessen. Also rang er sich durch und fragte AMADEA einfach, ob sie Lust hätte, ihn zum Abendessen zu begleiten. Zu seiner großen Freude sagte sie zu.

Die beiden trafen sich feierlich gewandet eine Stunde später nebenan im feinen Restaurant »Chez Beck«. Nachdem sie von der Rezeptionistin zum Platz geführt und Platz genommen hatten, warf Jason einen flüchtigen Blick auf die Speisekarte, die sich ihm wie folgt darstellte:

Als Tagessuppe wurde Brokkolicremesuppe mit Kerbelschaum und pochiertem Wachtelei empfohlen. Als weitere Suppen gab es Eierflockensuppe mit Frühlingszwiebeln, gartenfrische Kohlrabisuppe, Kartoffelrahmsuppe »bürgerlich«, klare Tomatensuppe mit Kräutern, Knoblauchsuppe mit Croûtons, Kraftbrühe mit Pfannkuchen, Kräutercremesuppe mit Grünkern, Münchener Leberknödelsuppe, Schwammerlsuppe und Spinat-Kokossuppe.

Die heutige Empfehlung des Küchenchefs für Salat bestand in einem Avocado-Erdbeer-Salat mit Ingwer-Dressing. Weiter konnte man sich bei den Salaten entscheiden für Bresaola-Schinken auf Rucola mit Parmesan, gemischten Blattsalatteller mit gebratenen, frischen Pfifferlingen oder mit gebratenen Gambas und Knoblauchbrot, sowie für einen Salatteller mit gemischten Meeresfrüchten und Chilisauce.