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Kaum hat Karlo Kölner, Ex-Knacki und Privatdetektiv in eigener Sache, endlich eine richtige Wohnung bezogen, stolpert er auch schon über eine Leiche. Ein übler Bursche aus Karlos Vergangenheit taucht auf und der schwarze Kater Diogenes verschwindet spurlos.
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Veröffentlichungsjahr: 2012
Vogelfrei E-Book
Die Geschichte spielt im Rhein-Main-Gebiet: Frankfurts Vororte Fechenheim und Oberrad, Offenbach, außerdem Fulda und Hofbieber in der Rhön.
Peter Ripper, Jahrgang 1954, ist selbstständiger Werbefachmann, Gitarrist bei einer Frankfurter Rockband und begeisterter Motorradfahrer.
Er lebt in Langenbieber in der Rhön und in Frankfurt am Main.
© 2010 bei Vogelfrei-Verlag36145 HofbieberInternet: www.vogelfrei-verlag.deAlle Rechte vorbehalten
Umschlaggemälde: Sergej Kasakow · www.kasakow-kunstmalerei.deLektorat: Stefanie Reimann, Frankfurt am MainDruck: Druckreif GmbH, Frankfurt am MainUmschlaggestaltung: Peter RipperSatz: SLG Satz, Layout, Gestaltung, Frankfurt am Main, 0177/3098536ISBN: 978-3-9815155-2-7
Peter Ripper
Kriminalroman
Dinge ändern sich und nichts bleibt im Leben gleich. Einige Menschen allerdings halten den Prozess des Wechsels auf, sie tun sich mit Veränderungen schwer, etwa durch eine konservative Einstellung. Häufig ist auch ihre Bequemlichkeit ein Faktor, der den angestrebten Zielen im Wege steht.
Tritt unverhofft ein Wandel ein, den die davon betroffenen Personen nicht selbst verursacht haben, ist die Lage klar. Sie brauchen sich nicht verantwortlich zu fühlen.
War solch eine Veränderung jedoch selbst angestrebt und wurden dabei wichtige Dinge nicht bedacht oder gute Ratschläge wohlmeinender Mitmenschen nicht beherzigt, treten häufig die Ratgeber auf den Plan, um festzustellen: „Wir haben es dir ja gleich gesagt!“ Das geschieht vor allem, wenn als Folge des Fehlverhaltens Ereignisse ihren Lauf nehmen, die nicht nur unerwünscht sind, sondern auch noch das Umfeld mit in die unangenehme Situation einbeziehen.
Bei den einen entwickeln sich in der Folge Selbstvorwürfe, die jedoch nicht weiterhelfen.
Bei anderen hingegen hält sich die Neigung zu Selbstvorwürfen in engen Grenzen. Bei einer Handvoll von ihnen glänzt sie sogar durch völlige Abwesenheit. Diese Menschen machen sich mit Vehemenz und Eifrigkeit, freilich auch hier und da ohne den nötigen Sachverstand, daran, die Folgen eines fatalen Fehlers selbst auszubügeln. Leider manchmal mit katastrophalen Folgen.
Wir an dieser Stelle jedoch sind weit davon entfernt, uns über diese Menschen zu beklagen. Ohne sie wären Geschichten wie die folgende schwer denkbar, und ohne das Wissen, dass es diese Leute gibt, auch unglaubwürdig. Und deshalb ist es in diesem Buch wie im richtigen Leben:
Alles fängt ganz harmlos an …
Karlo Kölner holte tief Luft und schaute sein Gegenüber zweifelnd an. Süßholz-Sauer redete heute wieder mal besonders wirres Zeug. Auf der einen Seite lag das wahrscheinlich an seiner angeborenen intelligenztechnischen Grundausstattung. Andererseits übte der Alkohol heute einmal mehr seine zerstörerische Wirkung auf die Qualität der Konversation aus.
Karlo nahm einen kräftigen Schluck aus seiner Bierflasche, popelte einen Moment nervös mit dem Daumennagel am Etikett und stellte sie auf dem dafür vorgesehenen Sims ab. Ihn fröstelte leicht. Es war ein kühler Herbsttag. Karlo stand normalerweise nie am Kiosk, um dort Bier zu trinken. Heute war er jedoch zufällig auf seinem Fahrrad an dem Büdchen in der Leo-Gans-Straße vorbeigefahren. Süßholz-Sauer hatte ihn mit einer großspurigen Geste zu sich gewinkt. Karlo war diesem Wink gefolgt und lauschte nun dem norddeutsch gefärbten Singsang von Sauers Stimme.
„He, Kölner, komm mal schnell her. Ich hab was für dich“, hatte er mit wichtiger Miene in die Dämmerung gekrächzt. Seine Stimme wies frappierende Ähnlichkeit mit der des allseits beliebten Faktotums Festus aus der kultigen Western-Serie Rauchende Colts auf. Was ihm aber den Namen Süßholz-Sauer einbrachte, war die Tatsache, dass sein Atem permanent scharf nach Lakritze roch. Das wiederum lag an der hohen täglichen Dosis eines bekannten Magenbitters, den er neben ungezählten Bierchen am Wasserhäuschen zu konsumieren pflegte. Es gab böse Zungen, die behaupteten, mit der Menge der Fläschchen, längs aneinandergereiht, könne man die Strecke von der Erde zum Mond locker überbrücken. Der zweite Teil des Namens war schneller erklärt.
Es war sein Nachname.
Seinen Vornamen kannte niemand. Was zum einen daran lag, dass ihn noch keiner danach gefragt hatte, zum anderen hauptsächlich an seinem Spitznamen. Spitznamen haben immer auch eine karikierende Wirkung. Sie scheinen unseren ganz persönlichen Eindruck der betreffenden Person zu verstärken, ja, durch ständige Wiederholung im Alltag immer wieder zu bestätigen. Zuweilen versteckt sich die Wirklichkeit – oder sollte man besser sagen: die Wahrheit? – auf perfide Weise dahinter. Manchmal möchten die Menschen eben nur das sehen, was sie sehen wollen.
Was den aufmerksamen Beobachter allerdings etwas befremden konnte, war der starke norddeutsche Einschlag in der Aussprache von Sauer. Das passte einerseits weder zum Déjà-vu eines Fans der alten Western-Serie – in Dodge City sprachen sie garantiert nicht norddeutsch – andererseits auch nicht zum Äußeren des Mannes mit der krächzenden Stimme. Dieses tendierte eher in Richtung „traurige Gestalt“.
„Jetzt machs mal nicht so spannend“, stieß Karlo leicht genervt aus. „Ich muss morgen früh raus und will hier keine Wurzeln schlagen.“ Er schaute den spindeldürren Mann scharf an. Der neigte den Kopf und blickte bauernschlau zurück.
„Sag mal, suchst du nicht eine Wohnung?“, warf er Karlo wichtigtuerisch hin.
Süßholz-Sauers Stimme schien vor Stolz zu vibrieren. Karlo Kölner beobachtete fasziniert seinen spitzen Adamsapfel, der erregt auf und ab hüpfte, als er sogleich weitersprach.
„Ich hätte da vielleicht einen Tipp für dich. Du wohnst doch immer noch in deiner Gartenhütte, oder?“
Sauer rollte bühnenreif mit seinen hervortretenden Froschaugen.
Karlo legte die Stirn in Falten und musterte den mageren Mann ungläubig.
„Du? Ausgerechnet du weißt eine Wohnung für mich? Wer vermietet die? Und vor allen Dingen: Wo ist die Bude und was kostet sie?“
„Na ja, der dicke Gollmann hat gesagt, ein Kumpel von ihm hätte erzählt, dass ein guter Freund von ihm einen Nachmieter sucht.“
Karlo ließ die Schultern hängen. Na prima. Genau so hatte er sich das vorgestellt.
„Alles klar, Sauer, alles klar. Und vielen Dank auch.“
Er schnippte zwei Euro hinter das Fenster des Kiosks und stellte die leere Bierflasche daneben. Dann vollführte er eine Drehung nach rechts und angelte lässig nach seinem Fahrrad.
Er hielt schon den Lenker in beiden Händen und sein rechtes Bein bewegte sich gerade über den Gepäckträger, da kratzte die beleidigte Stimme des abgemagerten Trinkers erneut an seinen Trommelfellen.
„Ach, Quatsch, was ist denn los, Kölner? Glaubst du mir nicht? Willst du denn nicht die Telefonnummer von dem Kerl, der die Bude vermietet?“
Karlo erstarrte in der Bewegung. Für ein oder zwei Sekunden schwebte sein Bein reglos über dem Sattel. Eine weitere Sekunde später stand er wieder auf beiden Beinen. Er stellte das Rad zurück, ließ es wieder auf den Ständer kippen und ging misstrauisch auf Sauer zu.
Der hielt ihm mit ausgestrecktem Arm einen Zettel entgegen.
„Da, Kölner, da steht die Nummer drauf. Hab ich extra für dich aufgeschrieben. Und es ist auch noch ein Job zu vergeben, der gehört direkt zur Wohnung dazu. Aber rede am besten selbst mit dem Typen.“
Karlo zupfte das Zettelchen zwischen den Fingern des Magenbitter-Junkies heraus und begutachtete es misstrauisch. Eine Handynummer stand auf dem schmuddeligen, zerknitterten Papier. Darunter ein Name. Joe. Das war alles.
„Das ist der Vermieter. Die Wohnung ist in Alt-Fechenheim. In der Nähe der katholischen Kirche. Irgendwo da, schräg gegenüber. Ruf ihn an, aber bald. Ich habe den Zettel schon ein paar Tage in der Tasche.“
„So sieht er auch aus“, dachte Karlo. Aber er war ehrlich verblüfft. Irgendwie geschahen noch Zeichen und Wunder. Ausgerechnet Süßholz-Sauer!
Sauer war vor einer Weile in Fechenheim aufgetaucht. Er hauste in einer winzigen Wohnung, die er mit seinen kärglichen monatlichen Bezügen gerade so bezahlen konnte. Man erzählte sich, er sei Frührentner, und es gab eine Menge Leute, die ob dieser Tatsache einen gewissen Neid verspürten.
Es schien mittlerweile, als kenne er jeden und jeder kenne ihn. Auf eine unaufdringliche, aber beharrliche Weise schaffte er es, allgegenwärtig zu sein. Er sickerte gewissermaßen in die gesellschaftlichen Ritzen und Spalten des östlichen Frankfurter Stadtteils. Kam man in eine Kneipe, war Sauer da und schnorrte die Leute an. Ging man in den Supermarkt, stand Sauer vor der Kühltheke mit den fast abgelaufenen und deshalb stark heruntergesetzten Waren und wühlte nach Brauchbarem. Ging man am Main spazieren, konnte man sicher sein: Irgendwo saß Sauer auf einer Bank mit einer Flasche Bier in der Hand. War man zurück im Ort, stand er schon wieder am Büdchen, mit dem Rücken an die Mauer neben dem Ausgabefenster gelehnt, ein Fläschchen Underberg wie eine Trophäe in der Hand und beobachtete mit seinem leicht lauernden Blick die Passanten und die vorbeifahrenden Autos.
Seine weiterhin bestehenden Zweifel ließ sich Karlo nicht anmerken. Er bedankte sich bei Sauer und versuchte seine Verwirrung beiseite zu schieben. Möglicherweise stimmte die Geschichte. Aber trotzdem, ausgerechnet Sauer … na, er würde schon sehen. Und ein Job? Wäre vielleicht auch nicht schlecht.
Er schwang sich auf sein Fahrrad und winkte noch einmal knapp nach hinten, bevor er um die Ecke in die Jakobsbrunnenstraße einbog.
Mürrisch starrte Sauer auf seine fast leere Flasche. Er schlug mit der flachen Hand auf die Abstellfläche vor dem Ausgabefenster.
„Verfluchter Geizhals! Hätte wenigstens ein Bier springen lassen können …“
Paul Perlig starrte angespannt auf seinen Bildschirm. Der begeisterte Hobbykoch saß in einem kleinen Büro der Immobiliengesellschaft WMF – Wohnen mit Flair in der Nähe des Hauptbahnhofs in Fulda. Die renommierte Firma verkaufte, betreute und vermietete Immobilien aller Art im gesamten Rhein-Main-Gebiet.
Paul war dabei, eine Verkaufsanzeige für eine kleine schlossähnliche Immobilie in der Nähe von Schlitz zu formulieren, als das schlechte Gewissen wieder hochkam. Nein, er hatte nichts angestellt. Es waren eher die Dinge, die noch nicht getan waren, die ihn quälten. Er dachte an seinen Garten, der auf der Südseite seines Elternhauses in Hofbieber angelegt war. Seit seine Eltern gestorben waren, bewohnte er das Haus alleine. Die Bäume mussten nun endlich geschnitten werden, einige Sträucher ebenso. Im Keller wartete ein zerlegtes Regal darauf, aufgestellt zu werden und genau so ging die umfangreiche Liste weiter. Leider gab es momentan sehr viel zu tun und es kam in den letzten Wochen oft vor, dass Perlig bis in die späten Abendstunden zu arbeiten hatte. Die letzten Wochenenden waren überwiegend Lokalterminen mit kaufinteressierten Kunden vorbehalten gewesen und so blieben die privaten Arbeiten unerledigt.
Er lenkte seinen Blick weg vom Bildschirm und betrachtete das Ölgemälde vor sich an der Wand. Man sah die obere Hälfte des Kirchturms von Kleinsassen hinter einer Anhöhe hervorlugen. Der Gedanke an das Rhöner Künstlerdorf, am Fuße der Milseburg, brachte Paul die Erleuchtung. Sein Freund Karlo Kölner aus Frankfurt kam ihm in den Sinn. Unwillkürlich hatte Paul an die turbulenten Ereignisse im letzten Jahr denken müssen, die sich auf der anderen Seite der Milseburg, des mystischen Berges der Rhön, zugetragen hatten. In deren Verlauf Kölner dazu beigetragen hatte, alles zu einem guten Ende zu bringen. Die Polizei war damals nicht begeistert gewesen von der Vorgehensweise des Frankfurters, doch schließlich hatte das Ergebnis gezählt.
Karlo war traditionell ziemlich pleite, überlegte Paul. Er würde ganz bestimmt Interesse haben, ihn bei einigen Arbeiten zu unterstützen. Und nebenbei ein paar steuerfreie Euro zu kassieren. Karlo war immerhin ein passabler Handwerker. Na also, da war sie doch, die Lösung.
Spätestens nächste Woche wollte er Karlo anrufen.
Erleichtert wandte er sich wieder seiner eigentlichen Arbeit zu. Die Anzeige war noch nicht zu Ende formuliert, da klopfte es knapp an der Tür und Waldemar Borek trat ins Zimmer. Borek hasste seinen Vornamen, ja, fast schämte er sich dafür. Spätestens seitdem er beiläufig mitbekommen hatte, dass seine Mitarbeiter ihn untereinander „Waldi“ nannten, war er verärgert.
Denn Borek war der Chef.
Seit er die Firma von seinem Vater übernommen hatte, tat er das im Übermaß, was man umgangssprachlich mit „den Chef rauskehren“ umschrieb. Trotzdem wusste man in der Firma genau, dass der alte Chef noch immer mit Argwohn beäugte, wie sein Sohn nun die Geschäfte führte.
Der stämmige Mann stand vor Paul und schaute ihn fordernd an. Seine wallende Frisur thronte wie aus Stein gemeißelt auf seinem breiten Kopf. Dieser Eindruck wurde durch die eisgraue Farbe eindrucksvoll unterstützt. Trotz seiner erst knapp vierzig Jahre hatten Boreks lange drahtige Haare ihre ursprünglich schwarze Farbe fast völlig eingebüßt. Hätte Paul ihn unbekannterweise in Kleinsassen gesehen – er hätte ihn für einen Künstler gehalten.
„Was macht die Anzeige für das Schlösschen? Die muss heute noch mit den anderen an die Fuldaer Zeitung, die Rundschau und die Allgemeine raus. Sie wissen ja, der Redaktionsschluss ist immer um …“
Er unterbrach seine Forderung unwillig, als das Handy losdudelte.
„Wohnen mit Flair in Fulda, Borek?“
Waldi lauschte einen Moment. Währenddessen wurde seine Miene immer unwilliger, bekam einen beinahe angeekelten Ausdruck.
„Nein, Herr Wegener, nein, so geht das nicht! Sie können doch nicht … ich sage Ihnen doch … das können Sie nicht machen! Das ist nicht Ihr Ernst!“
Borek war blass geworden. Der andere Teilnehmer sprach augenscheinlich weiter. Borek schien nachzugeben.
„Also gut, Herr Wegener. Ich komme vorbei und schau mir das an. Wann? Na gut. Bis dann.“
Paul hatte den Kopf gehoben und fixierte seinen Vorgesetzten.
„Ärger, Chef?“
„Nein, nein, es ist nichts, alles okay“, antwortete Waldemar Borek fahrig und verließ das Zimmer ohne ein weiteres Wort.
Karlo wollte schon wieder auflegen, als es leise knackte und eine metallisch klingende Stimme sich knapp meldete:
„Ja?“
„Hallo, mein Name ist Kölner. Ich habe Ihre Nummer von einem Bekannten. Es geht um die Wohnung in Alt-Fechenheim. Ich hätte da Interesse und …“
„Von wem haben Sie meine Telefonnummer?“
„Von Herrn Sauer, der sagte mir …“
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