Kartanin 2: Stayn - Michael Marcus Thurner - E-Book

Kartanin 2: Stayn E-Book

Michael Marcus-Thurner

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Beschreibung

Auf der Erde und den anderen Planeten, die von Menschen bewohnt sind, schreibt man das Jahr 2144 der Neuen Galaktischen Zeitrechnung – gut dreitausendachthundert Jahre in der Zukunft. Die Lage in der Milchstraße ist ­entspannt, es gibt keine größeren Konflikte. Die Menschen sowie die Bewohner der anderen Sternenreiche arbeiten gemeinsam an ihrer Zukunft. Perry Rhodan hat darüber hinaus größere Pläne: Das Projekt von San soll dabei helfen, die Beziehungen zu anderen Galaxien zu ­verbessern. Da wird die Erde von einem unverhofften Besuch überrascht: Ein Raumschiff der Kartanin stürzt ab. Mit an Bord ist Dao-Lin-H'ay, die einzige Kartanin, die relativ unsterblich ist. Sie bittet Rhodan um Hilfe – ihre Heimat sei von einer tödlichen Gefahr bedroht. Rhodan und die Kartanin planen die Reise ins Reich der Ruhe. Der Weg verläuft nicht ohne Probleme. Zu einem wichtigen Kontakt wird eine junge Frau namens STAYN …

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Seitenzahl: 158

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Nr. 2

Stayn

An Bord der Schaltstation – sie kämpft allein ums Überleben

Michael Marcus Thurner / Stefan Pannor

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. Perry Rhodan

2. Stayn

3. Dao-Lin-H'ay

4. Stayn

5. Perry Rhodan

6. Stayn

7. Dao-Lin-H'ay

8. Stayn

9. Perry Rhodan

10. Stayn

11. Dao-Lin-H'ay

12. Stayn

13. Perry Rhodan

14. Stayn

15. Dao-Lin-H'ay

16. Stayn und Rosnacht

17. Perry Rhodan

18. Rosnacht

19. Dao-Lin-H'ay

20. Rosnacht und Stayn

21. Perry Rhodan

22. Nachbetrachtung 1

23. Nachbetrachtung 2

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

Auf der Erde und den anderen Planeten, die von Menschen bewohnt sind, schreibt man das Jahr 2144 der Neuen Galaktischen Zeitrechnung – gut dreitausendachthundert Jahre in der Zukunft. Die Lage in der Milchstraße ist entspannt, es gibt keine größeren Konflikte.

Die Menschen sowie die Bewohner der anderen Sternenreiche arbeiten gemeinsam an ihrer Zukunft. Perry Rhodan hat darüber hinaus größere Pläne: Das Projekt von San soll dabei helfen, die Beziehungen zu anderen Galaxien zu verbessern.

Da wird die Erde von einem unverhofften Besuch überrascht: Ein Raumschiff der Kartanin stürzt ab. Mit an Bord ist Dao-Lin-H'ay, die einzige Kartanin, die relativ unsterblich ist. Sie bittet Rhodan um Hilfe – ihre Heimat sei von einer tödlichen Gefahr bedroht.

Rhodan und die Kartanin planen die Reise ins Reich der Ruhe. Der Weg verläuft nicht ohne Probleme. Zu einem wichtigen Kontakt wird eine junge Frau namens STAYN ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner reist nach Ursa Minor.

Stayn – Das Mädchen lebt in einer Schaltstation in Ursa Minor.

Dao-Lin-H'ay – Die Kartanin kehrt nach Ursa Minor zurück.

Miro Teik

1.

Perry Rhodan

Spezielle Namen

Die Luft über dem Raumhafen flimmerte in der Hitze des Nachmittags; der leichte Wind aus dem Osten brachte keine Erleichterung. Perry Rhodan überlegte sich, ob er die Kühlung seines Anzugs einschalten sollte, entschied sich aber dagegen. Seine Begleiterin war an Temperaturen gewöhnt, die deutlich niedriger waren, und sogar sie konnte der Hitze über dem Raumhafen gut standhalten.

Dao-Lin-H'ay sah aus, als stünde sie unter Spannung. Der ganze Körper der Kartanin kam ihm vor, als wollte sie gleich losrennen und jemanden angreifen. Aber er kannte sie lange genug, um zu wissen, dass dieser Eindruck täuschen konnte.

Ich kannte sie einmal, verbesserte er sich in Gedanken. Sie hatten sich lange nicht mehr gesehen, für einige Jahrhunderte war sie aus der galaktischen Geschichte verschwunden gewesen. Und nun war sie wieder da – eine stolze Kartanin in Nöten, die ihn um Hilfe gebeten hatte.

Dao-Lin-H'ay blickte nach oben, ein leises Fauchen drang aus ihrer Kehle. Die feinen Haare um den Mund herum schienen sich zu sträuben. »Das ist das Schiff«, sagte sie leise, als brauche sie eine Bestätigung.

»Ja«, sagte Rhodan schlicht. »Das ist es. Aber mach dir keine Sorgen: Es ist nicht unbedingt groß, aber es kann mehr, als du vielleicht glaubst.« Er lächelte schwach. »Wir wollen ja nicht gleich mit einer Flotte auftauchen, du wolltest eine überschaubare Hilfe.«

In einer Entfernung von vielleicht einem Kilometer stieg ein Kugelraumer in die Höhe. Obwohl er die Antigravs zu Hilfe nahm und die Verwaltung des Raumhafens einige Prallschirme schalten ließ, wurde der Wind stärker. Rhodan sah dem Raumschiff nach, wie es beschleunigte und nach wenigen Sekunden in der Höhe verschwand.

Wohin seine Besatzung wohl reiste? Ein kleiner Trip durch das Sonnensystem, eine große Reise zu einer fernen Welt? Er wusste es nicht, aber für einen Augenblick nahm er wieder wahr, wie sehr ihn das Reisen zu den Sternen faszinierte. Wie damals, als er zum ersten Mal zum Mond geflogen war.

»Ist das für uns?« Daos Stimme riss ihn aus den Gedanken.

Er folgte ihrem Blick und bejahte. Eine Antigravplattform glitt herab und setzte unmittelbar vor ihnen auf. Rhodan winkte Dao zu sich. Die Kartanin zögerte, folgte aber seiner Aufforderung.

Die Plattform stieg auf und steuerte in einer Höhe von einigen Dutzend Metern auf das Raumschiff vor ihnen zu. Ein leichter Prallschirm sorgte dafür, dass man vom Fahrtwind kaum etwas mitbekam. Rhodan ließ seinen Blick schweifen. Die Hochhäuser von Terrania reckten sich in den Himmel, als wollten sie die vereinzelten Wolken durchbohren. Gleiter schwebten wie kleine Punkte zwischen den Häusern hindurch.

Er wandte sich seiner Begleiterin zu. »Sechzig Meter Durchmesser, zweiundsiebzig Meter auf Äquatorhöhe und mit Ringwulst. Ausgezeichnete Beschleunigungswerte dank der Hawk-IV-Kompensationskonverter. Defensiv- und Offensivbewaffnung sind ebenfalls auf dem Stand der Dinge. Die Positronik wird dich mit den genauen Werten vertraut machen, sobald wir Zeit dazu finden. Wenn du Lust hast, versteht sich. Ein Dossier wurde schon für dich vorbereitet, das interessante Holodokumentationen enthält.«

»Wie heißt das Raumschiff?«

»Ich nutze es gelegentlich zu Repräsentationszwecken. Denk bitte dran, dass hinter all dem Luxus, den du da und dort entdecken wirst, ein Schiff mit der Kampfkraft eines Kompaktraumers steckt.«

»Du lenkst ab, Perry! Wie heißt das Schiff?«

Vor ihnen gähnte eine Schleuse in der Wandung aus Stahl; sie stand weit offen. Die Plattform schwebte geräuschlos hinein und setzte sanft auf einem markierten Landefeld auf.

»Wir sind da!«, sagte Rhodan. »Willkommen an Bord.« Er sprang von der Plattform hinunter auf den Hangarboden.

»Perry!« Die Kartanin folgte ihm zwar, wirkte aber genervt.

Rhodan blieb stehen. Er seufzte. »Wir befinden uns auf der JENNIFER THYRON. Ich habe das Schiff vor vielen Jahren getauft.«

»Das weiß ich bereits; ich habe die Medienberichte der vergangenen Tage ebenso studiert wie die aktuellen Dossiers über dich. Glaubst du etwa, es würde mich irritieren, wenn ich höre, dass der Raumer ausgerechnet den Namen einer Frau trägt, mit deren Mann ich später viele Jahrzehnte zusammenlebte.«

»Ja und nein.«

»Das heißt?«

Rhodan setzte sich in Bewegung, sie ging neben ihm her. Ihr Atem klang gleichmäßig, die Kartanin hatte sich unter Kontrolle. Aber Rhodan wusste, dass sie schnell wütend werden konnte.

»Lass uns gleich mal die Zentrale besuchen«, sagte er. »Ich möchte dir Bartlin vorstellen. Er und vierzehn weitere Posbis bilden die Schiffsbesatzung. Keine Menschen, nur Posbis. Sie sind ein eingespieltes Team, das mir mehr als einmal gute Dienste geleistet hat.«

»Ich verliere meine Barthaare, wenn du mich weiter so hinhältst, Perry!«

Sie überwanden die wenigen Meter zur Zentrale über eine kleine Rampe. Rhodan trat in den Raum, blieb in dessen Mitte stehen und drehte sich einmal im Kreis.

»Klein, aber exzellent ausgestattet«, sagte er lächelnd. »Ich habe dafür gesorgt, dass während der vergangenen Stunden die Technik und alle anderen Einrichtungen noch einmal gründlich überprüft wurden. Die Schiffspositronik ist über unsere Pläne informiert und wird dir beim Einleben an Bord behilflich sein.«

»Da ist noch etwas ...«

»Du musst mich nicht anfauchen, Dao! Ich weiche mit meinen Antworten nicht weiter aus. Die Angelegenheit ist möglicherweise unangenehm. Aber wenn das Schiff JENNIFER THYRON heißt – was meinst du, wie wir die Hauptpositronik genannt haben?«

Dao starrte ihn an. Die Kartanin war stets rasch von Begriff gewesen. Doch diesmal dauerte es eine Weile, bis sie verstand, worauf Rhodan hinauswollte.

»Du hast die Positronik nach ihm benannt?«

Perry Rhodan hob die Schultern. Was sollte er sagen?

»Willkommen an Bord«, mischte sich das Schiffsgehirn mit einer markanten Stimme ein, die Dao sicher immer noch gut bekannt war. »Ich bin RON, benannt nach Ronald Tekener. Es freut mich, dich auf dieser Mission begrüßen zu dürfen.«

2.

Stayn

Vor ... nun, vor einiger Zeit

Nimm meine Hand.

Woher kam dieser Satz? Ihr war, als hätte sie ihn vernommen und doch wieder nicht gehört. Wie ein Raunen, ein Nachhall oder eine Erinnerung an etwas, das einmal gesagt worden war oder auch nicht.

Kaum, dass sie den Satz gehört hatte, war er schon wieder weg.

Überlagert von der traurigen Realität, in der sie sich befand. Ein halbdunkler Gang, ein stetes Tröpfeln wie von Dutzenden Wasserhähnen, die nicht richtig zugedreht worden waren, und ein Gestank ... oh, dieser Gestank!

Er war eklig, es roch nach Urin und Kot und anderen Dingen, die sie nicht kannte. Der Gestank durchdrang alles. Es brachte gar nichts, sich die Nase zuzuhalten. Er kam durch, mit jedem Atemzug, er war widerlich!

Und einiges von dem, was da stank, hatte sich auf dem Boden abgelagert, über den sie ging, da war sie sicher.

Glibberig, manchmal flüssig, bei jedem Schritt schmatzend.

Brrr. Das hier war bestimmt der unangenehmste Ort der Welt.

»Wo ... wo bin ich?«, fragte sie halblaut.

Ein Rascheln erklang. Im Halbdunkel glänzte etwas, das Augen sein mochten, aber wenn, waren es sehr viele Augen, die sehr eng beieinanderstanden. Dutzende. Kleine, helle Punkte. Es raschelte erneut, dann waren sie fort.

Ein Schaben. Kratzen. Etwas wie ein Windhauch, dann ein Ruf. »Aus dem Weg!«

Instinktiv drückte sie sich an die Wand, und bereute das sofort. Die Wand war nicht weniger schleimig-glibberig als der Boden.

Trotzdem rettete ihr diese rasche Reaktion das Leben. Eine gewaltige Kugel kam angerollt, fast so breit wie der Gang, und rief die ganze Zeit »Aus dem Weg! Ich will nicht anhalten!« Sie war schnell, sie holperte, sie polterte. Sie klang groß und massig, und hätte Stayn ihr im Weg gestanden, hätte die Kugel sie bestimmt überrollt.

Plattgemacht.

Getötet.

Dann war sie vorbei, entfernte sich der Klang, wurde das Rufen leiser.

Stayn, dachte sie verblüfft. Das bin ich!

Das war ihr Name, fiel ihr ein, der bis eben nicht in ihrem Kopf gewesen war. Dann: Ich bin noch ein Kind. Ich bin ein Kind, ich habe eine Mama und einen Papa, ich weiß nicht, wo ich bin.

Ihr Name setzte eine ganze Kette von Gedanken frei. Keiner davon passte zu dem Ort, an dem sie war. Sie, Stayn, ein kleines Mädchen, mit Eltern, jemand hatte sie ...

Nimm meine Hand.

... mitgenommen. Hierher.

Wer? Warum?

Die Gedanken überwältigten sie, ließen sie sogar für einen Augenblick den Gestank vergessen, aber nur, weil sie sie unwahrscheinlich traurig machten.

»Wo bin ich?«, fragte sie noch einmal, und schniefte und heulte und sank zu Boden. Pfeif auf den Glibberkram, ich will zurück, ich will hier weg, ich will hier nicht sein!

Sie saß da und ließ den Tränen freien Lauf.

Da hörte sie Stimmen. »Vorwärts, Mann! Beweg dich endlich!«, rief jemand barsch.

Der Gang machte eine Biegung. Sowieso konnte sie in dem Halbdunkel nicht weit sehen. Stimmen waren nicht gut, das hatte sie bei der Begegnung mit der Monsterkugel gelernt. Sie wollte schnell weg, sie wollte nicht sterben!

Stayn schob sich so nah wie möglich an die Wand ran, in einen der vielen Schatten, und machte sich ganz klein.

Die Fremden kamen näher. Das war keine rasende Monsterkugel, das war etwas anderes.

Sie unterschied zwei Stimmen. Die eine, die fordernd geklungen hatte, und eine andere, die eher ruhig wirkte.

»Nun lass ihn doch«, sagte die ruhige Stimme. »Ist eben eine ungewohnte Situation für ihn. Hauptsache, wir kommen heute noch an.«

»Ungewohnt, ungewohnt!«, keifte das andere Wesen. »Ich hatte noch nie mit so einer widerspenstigen Rotzgöre zu tun! Beschwere ich mich?«

»Ja, schon ...«

»Nein! Ich will einfach nur, dass alles nach meinem Willen geht. Das ist doch nicht zu viel verlangt!«

Mit diesen Worten kamen die beiden um die Ecke. Stayn sah, dass sie eigentlich zu dritt waren. Ein sehr großer, sehr dürrer Humanoider mit fast absurd kurzen Beinen und Armen, dafür einem riesigen Zinken im Gesicht. Wie ein Rohr auf Beinen, dachte sie. Außerdem trug er ein rundes Gebilde auf dem Kopf. Das war der, der gekeift hatte. Er hatte etwas in der Hand, das eine Waffe sein konnte, jedenfalls fuchtelte er damit befehlend.

Und dann eine ... eine Schleimkugel. Stayn fiel kein besseres Wort ein. Ein großer, grüner Ball, ein gigantischer Popel, bei dem Stayn nicht klar war, wie er überhaupt reden konnte.

Das tat er offenbar: »Guck mal, wir sind fast da«, sagte er.

Und ein Junge, der fast war wie Stayn, so groß wie sie, vielleicht sogar so alt wie sie. Humanoid, ebenfalls. Nur dass er vier Arme hatte statt zwei ... oder besser, gehabt hatte. Drei davon waren bloß noch Stummel. Sie ragten aus seinem zerfetzten Leibchen, das er als einzige Kleidung trug.

Wie verliert man drei Arme?, fragte sie sich. Nacheinander oder alle auf einmal?

Der Junge heulte. Noch was, das sie einander ähnlich machte.

Stayn sah sich um, so gut das in dem miserablen Licht ging. Nichts zu sehen, was irgendwie als Waffe taugte. Vielleicht, wenn sie lang genug in den Schatten suchte ... Aber die Zeit hatte sie nicht. Die zwei drängten den Jungen weiter vorwärts. Sie waren nun fast dort, wo sie an die Wand gekauert lehnte.

Da fiel ihr etwas ein. Sie schob so schnell wie möglich viel Glibber an eine Stelle, packte sie quer in den Gang. Dann richtete sie sich auf. Stellte sich den dreien mitten in den Weg, hinter der Schleimdelle.

»Halt!« Sie wusste, dass ihre Worte die anderen nicht beeindrucken würden. Sie war eine Kleine, im Wortsinn. Selbst wenn den Typen nicht bewusst war, dass sie ein Kind war, ernst nehmen würden sie sie nicht. Die zwei Kerle waren drei- bis viermal so groß wie sie.

Eigentlich wäre es an der Zeit gewesen, ganz viel Angst zu entwickeln. Aber die hatte sie nicht.

»Halt!«, rief sie noch mal. »Bleibt stehen, ihr ... ihr dummen Pupsgesichter! Ihr Hässlings!«

Vermutlich verstanden die beiden nicht mal, was sie von ihnen wollte. Also machte sie ein paar Gesten, von denen sie hoffte, dass sie beleidigend wirkten. Zunge raus. Finger an die Stirn. Die Arme auf und ab flatternd.

Wie sie erwartet hatte, bewegte sich der Blobklops fast gar nicht. Dafür der Rohrtyp, der auf sie zusprintete, auf sie und ... auf die Schleimdelle.

Er hatte kurze Beine. Kurze Arme. Einen langen Körper.

Anders gesagt, er hatte ein miserables Gleichgewichtsgefühl.

Er trat in die Schleimdelle und rutschte aus, fiel auf den riesigen Zinken in seinem Gesicht. Stayn hechtete auf den gestürzten Kerl und riss ihn das längliche Gebilde vom Kopf, das sie auf einmal als einen Hut erkannte. Hieb ihm den Hut ins Gesicht.

Das tat ihm nicht weh, das verdutzte ihn höchstens.

Es war der Augenblick der Ablenkung, den sie brauchte.

So fest sie konnte trat sie auf die Hand, in der er das hielt, was womöglich eine Waffe war. Oder einfach nur ein Stock, oder sonst was, sie wusste es nicht.

Risiko!

Schreiend ließ er die Waffe los. Sie schnappte danach. Dann tat sie etwas, das sie nie wieder vergessen würde. In ihrem ganzen Leben nicht, egal was sie alles an schlechten oder gefährlichen Dingen danach noch tat, und da kam einiges zusammen.

Sie nahm die Waffe und richtete sie auf den Kopf des Rohrkerls.

Ein leises »Wumms!« war zu hören. Dann explodierte sein Kopf.

»Verdammt, Mann, verdammt, was ... was hast du getan ... was ...?«, jammerte der Klops.

Stayn wusste es selbst nicht. Hatte sie ... hatte sie gerade ein Lebewesen getötet?

Sie richtete die Waffe auf den Klops. »Hau ab!« Das war kein Befehl. Sie sagte es ganz ruhig, fast leise, dennoch deutlich hörbar. Zwei Worte, zur Sicherheit wiederholt, weil der Klops sie nicht zu verstehen schien: »Hau ab!«

Sie sagte ihm nicht, dass sie kein weiteres Lebewesen töten wollte, dass sie sogar diesen Mistkerl nie hatte töten wollen, der da ohne Kopf vor ihr lag. Was hätte das gebracht?

Der Klops drehte sich mühsam um. Er war nicht der schnellste, weder körperlich noch geistig.

»Du bist nie hier gewesen«, sagte Stayn. »Ich bin nie hier gewesen.« Sie nickte zu dem Jungen. »Er ist nie hier gewesen. Verstanden?«

»Ja, ja«, murmelte der Klops, »schon kapiert.«

Es gab sich mürrisch, schien aber gar nicht mal so unzufrieden zu sein über die neue Lage.

Sobald der Klops weg war, brach Stayn zusammen. Das alles war zu viel für sie gewesen. An einem fremden Ort zu sich kommen und dann ... und dann ... jemand töten, wenn auch nicht mit Absicht ...

Sie hockte wieder auf dem Boden, wie vor der ganzen Episode, und weinte hemmungslos. Sie wusste, dass sie richtig gehandelt hatte. Sie spürte, dass sie richtig gehandelt hatte. Aber das machte es nicht besser. Richtig handeln fühlte sich nicht unbedingt richtig an.

Der Junge trat langsam vor. »Hi. Ich bin Ernv.«

Sie reagierte nicht, hielt den Kopf gesenkt und starrte durch die Tränen auf den dreckigen Boden.

Er sagte es noch mal. »Hi. Ich bin Ernv.« Dann: »Nimm meine Hand!«

Sie hob erschrocken den Kopf. »Was?«

»Was was?«

»Ach, nichts.« Sie nahm seine Hand – seine eine Hand – und hielt sie ganz fest.

3.

Dao-Lin-H'ay

Besichtigung

Ausgerechnet seine Stimme. Die Stimme jenes Terraners namens Ronald Tekener, mit dem sie viele Jahre verbracht hatte.

Sie hatten Konventionen niedergerissen und als Vorbilder für viele andere gemischte Paare gedient. Sie hatten viele Mühen aufgewandt, um Hürden zu beseitigen und Grenzen zu überwinden. Jeder Schritt, den sie gemeinsam gegangen waren, war von Anfeindungen engstirniger Wesen geprägt gewesen.

Ronald Tekener hatte all diese Probleme weggelächelt, auf seine ganz besondere Art und Weise. Und er hatte besänftigend auf sie eingewirkt, wenn wieder einmal das Temperament mit ihr durchgegangen war.

Sie hatten das Zusammensein geschafft, über viele Jahrzehnte hinweg. Und dann, eines schönen Tages, war es für Dao vorbei gewesen. Der Kampf um die gemeinsame Mitte war zu viel geworden. Sie hatte sich nach der Heimat zurückgesehnt und nach Angehörigen ihres Volkes, die genau wussten, was sie bewegte und denen sie nicht alles haarklein erklären musste.

Sie hatte Ronald Tekener im Stich gelassen, weil sie nicht anders konnte. Das schlechte Gewissen hatte sich nach einer Weile gelegt. Aber etwas saß ganz tief in ihr drin, dem sie sich irgendwann stellen musste. Nur nicht jetzt. Bitte nicht! Ich habe ganz andere Dinge im Kopf als das überaus komplizierte Privatleben einer Unsterblichen.

»Wirst du damit leben können?«, fragte Perry Rhodan. Der Terraner lächelte auf seine terranische Art und Weise, die weitaus weicher wirkte als die von Ron.

»RON und ich werden miteinander auskommen.« Dao sah sich in der Zentrale um.

Unmittelbar vor dem Hauptbildschirm stand ein menschenähnlicher Posbi, deutlich größer als sie. Seine metallene Metallhaut glänzte in blassem Grün, Geschlechtsmerkmale waren keine zu erkennen.

Er stand da wie ein N'gathi-Gott der dritten Erzählepoche. Kühl, unberührbar und von einem Kämpfergeist beseelt, der ihm von seinen Vorfahren mitgegeben war ...

Woran dachte sie da bloß? Die Zeit, in denen Kartanin an Götter geglaubt hatten, war lange vorüber.

Bei dem Posbi handelte es sich wohl um Bartlin. Er vermittelte das Gefühl, jede Situation bewältigen zu können. Außerdem hatte er eine Aura von Unnahbarkeit an sich, die der von Rhodan auf eine gewisse Weise ähnelte. Der Posbi musste alt sein, uralt sogar. Dao fühlte so etwas wie Respekt vor ihm.

»Es freut mich, dich an Bord zu haben«, sagte Bartlin. »Wir haben eine der Gästekabinen für dich vorbereitet. Es wurde alles nach den Bedürfnissen einer Kartanin präpariert.«

»Ich brauche keinen Luxus, Bartlin. Was ich will, ist, mein Volk zu befreien.«

Der Posbi verbeugte sich knapp. »Meine Crew und ich werden alles unternehmen, um dir dabei zu helfen.«

Er wandte sich um und blieb stocksteif stehen, den Blick auf den Zentralschirm gerichtet, auf dem in verwirrender Schnelle Bilder vorüberzogen. Sie zeigten unterschiedliche Decks im Inneren der JENNIFER THYRON.