Kasimir und Karoline - Ödön von Horváth - E-Book

Kasimir und Karoline E-Book

Ödön von Horváth

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Beschreibung

Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit den Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. Alkohol im Überfluss, hemmungslose Fressgelage und sexuelle Ausschweifungen – auf dem Münchner Oktoberfest geht es lasterhaft zu. Und mittendrin: Das junge Paar Kasimir und Karoline. Nach einem Streit erkunden sie getrennt voneinander die vielen Attraktionen und verlieren sich im Rausch des pulsierenden Volksfestes. Eindrucksvoll gelingt es Ödön von Horváth in seinem 1932 uraufgeführten Stück die feucht-fröhliche, aber auch gleichzeitig aggressive Stimmung auf der ›Wiesn‹ einzufangen.

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Seitenzahl: 71

Veröffentlichungsjahr: 2012

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Ödön von Horváth

Kasimir und Karoline

Volksstück

 

 

Impressum

 

 

Covergestaltung: bilekjaeger, Stuttgart

 

© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2011

 

Unsere Adressen im Internet:

www.fischerverlage.de

www.fischer-klassik.de

 

Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-10-401974-1

 

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Inhalt

Motto:

Personen

Kasimir und Karoline

1. Szene

2. Szene

3. Szene

4. Szene

5. Szene

6. Szene

7. Szene

8. Szene

9. Szene

10. Szene

11. Szene

12. Szene

13. Szene

14. Szene

15. Szene

16. Szene

17. Szene

18. Szene

19. Szene

20. Szene

21. Szene

22. Szene

23. Szene

24. Szene

25. Szene

26. Szene

27. Szene

28. Szene

29. Szene

30. Szene

31. Szene

32. Szene

33. Szene

34. Szene

35. Szene

36. Szene

37. Szene

38. Szene

39. Szene

40. Szene

41. Szene

42. Szene

43. Szene

44. Szene

45. Szene

46. Szene

47. Szene

48. Szene

49. Szene

50. Szene

51. Szene

52. Szene

53. Szene

54. Szene

55. Szene

56. Szene

57. Szene

58. Szene

59. Szene

60. Szene

61. Szene

62. Szene

63. Szene

64. Szene

65. Szene

66. Szene

67. Szene

68. Szene

69. Szene

70. Szene

71. Szene

72. Szene

73. Szene

74. Szene

75. Szene

76. Szene

77. Szene

78. Szene

79. Szene

80. Szene

81. Szene

82. Szene

83. Szene

84. Szene

85. Szene

86. Szene

87. Szene

88. Szene

89. Szene

90. Szene

91. Szene

92. Szene

93. Szene

94. Szene

95. Szene

96. Szene

97. Szene

98. Szene

99. Szene

100. Szene

101. Szene

102. Szene

103. Szene

104. Szene

105. Szene

106. Szene

107. Szene

108. Szene

109. Szene

110. Szene

111. Szene

112. Szene

113. Szene

114. Szene

115. Szene

116. Szene

117. Szene

Anhang

Editorische Notiz

Daten zu Leben und Werk

Ödön von Horváth, ›Kasimir und Karoline‹

Ödön von Horváth

Motto:

Und die Liebe höret nimmer auf.

Personen

KASIMIR

KAROLINE

RAUCH

SPEER

DER AUSRUFER

DER LILIPUTANER

SCHÜRZINGER

DER MERKL FRANZ

DEM MERKL FRANZ SEINE ERNA

ELLI

MARIA

DER MANN MIT DEM BULLDOGGKOPF

JUANITA

DIE DICKE DAME

DIE KELLNERIN

DER SANITÄTER

DER ARZT

ABNORMITÄTEN UND OKTOBERFESTLEUTE

 

Dieses Volksstück spielt auf dem Münchener Oktoberfest und zwar in unserer Zeit.

1. Szene

Es wird dunkel im Zuschauerraum und das Orchester spielt die Münchener Hymne »Solang der alte Peter«. Hierauf hebt sich der Vorhang.

2. Szene

Schauplatz:

Gleich hinter dem Dorf der Lippennegerinnen. Links ein EISMANN mit türkischem Honig und Luftballons. Rechts ein Haut-den-Lukas – (das ist so ein althergebrachter Kraftmesser, wo Du unten mit einem Holzbeil auf einen Bolzen draufhaust, und dann saust ein anderer Bolzen an einer Stange in die Höhe, und wenn dann dieser andere Bolzen die Spitze der Stange erreicht, dann knallt es und dann wirst Du dekoriert, und zwar für jeden Knall mit einem Orden).

Es ist bereits spät am Nachmittag und jetzt fliegt gerade der Zeppelin in einer ganz geringen Höhe über die Oktoberfestwiese – in der Ferne Geheul mit allgemeinem Musiktusch und Trommelwirbel.

3. Szene

RAUCH

Bravo Zeppelin! Bravo Eckener! Bravo!

EIN AUSRUFER

Heil!

SPEER

Majestätisch. Hipp hipp hurrah!

(Pause.)

EIN LILIPUTANER

Wenn man bedenkt, wie weit es wir Menschen schon gebracht haben – (er winkt mit seinem Taschentuch).

(Pause.)

KAROLINE

Jetzt ist er gleich verschwunden, der Zeppelin –

DER LILIPUTANER

Am Horizont.

KAROLINE

Ich kann ihn kaum mehr sehen –

DER LILIPUTANER

Ich seh ihn noch ganz scharf.

KAROLINE

Jetzt seh ich nichts mehr. (Sie erblickt KASIMIR; lächelt.) Du Kasimir. Jetzt werden wir bald alle fliegen.

KASIMIR

Geh so lasse mich doch aus. (Er wendet sich dem Lukas zu und haut ihn vor einem stumm interessierten Publikum – aber erst beim dritten Mal knallt es und dann zahlt der KASIMIR und wird mit einem Orden dekoriert.)

KAROLINE

Ich gratuliere.

KASIMIR

Zu was denn?

KAROLINE

Zu Deiner Auszeichnung da.

KASIMIR

Danke.

(Stille.)

KAROLINE

Der Zeppelin, der fliegt jetzt nach Oberammergau, aber dann kommt er wieder zurück und wird einige Schleifen über uns beschreiben.

KASIMIR

Das ist mir wurscht! Da fliegen droben zwanzig Wirtschaftskapitäne und herunten verhungern derweil einige Millionen! Ich scheiß Dir was auf den Zeppelin, ich kenne diesen Schwindel und hab mich damit auseinandergesetzt – der Zeppelin, verstehst Du mich, das ist ein Luftschiff und wenn einer von uns dieses Luftschiff sieht, dann hat er so ein Gefühl, als tät er auch mitfliegen – derweil haben wir bloß die schiefen Absätz und das Maul können wir uns an das Tischeck hinhaun!

KAROLINE

Wenn Du so traurig bist, dann werd ich auch traurig.

KASIMIR

Ich bin kein trauriger Mensch.

KAROLINE

Doch. Du bist ein Pessimist.

KASIMIR

Das schon. Ein jeder intelligente Mensch ist ein Pessimist. (Er lässt sie wieder stehen und haut abermals den Lukas; jetzt knallt es dreimal, er zahlt und bekommt drei Orden; dann nähert er sich wieder KAROLINE.) Du kannst natürlich leicht lachen. Ich habe es Dir doch gleich gesagt, dass ich heut unter gar keinen Umständen auf Dein Oktoberfest geh. Gestern abgebaut und morgen stempeln, aber heut sich amüsieren, vielleicht gar noch mit lachendem Gesicht!

KAROLINE

Ich habe ja gar nicht gelacht.

KASIMIR

Natürlich hast Du gelacht. Und das darfst Du ja auch – Du verdienst ja noch was und lebst bei Deinen Eltern, die wo pensionsberechtigt sind. Aber ich habe keine Eltern mehr und steh allein in der Welt, ganz und gar allein.

(Stille.)

KAROLINE

Vielleicht sind wir zu schwer füreinander –

KASIMIR

Wie meinst Du das jetzt?

KAROLINE

Weil Du halt ein Pessimist bist und ich neige auch zur Melancholie – schau, zum Beispiel zuvor – beim Zeppelin –

KASIMIR

Geh halt doch Dein Maul mit dem Zeppelin!

KAROLINE

Du sollst mich nicht immer so anschreien, das hab ich mir nicht verdient um Dich!

KASIMIR

Habe mich gerne! (Ab.)

4. Szene

KAROLINE

(sieht ihm nach; wendet sich dann langsam dem EISMANN zu, kauft sich eine Portion und schleckt daran gedankenvoll).

SCHÜRZINGER

(schleckt bereits die zweite Portion).

KAROLINE

Was schauns mich denn so blöd an?

SCHÜRZINGER

Pardon! Ich habe an etwas ganz anderes gedacht.

KAROLINE

Drum.

(Stille.)

SCHÜRZINGER

Ich habe gerade an den Zeppelin gedacht.

(Stille.)

KAROLINE

Der Zeppelin, der fliegt jetzt nach Oberammergau.

SCHÜRZINGER

Waren das Fräulein schon einmal in Oberammergau?

KAROLINE

Schon dreimal.

SCHÜRZINGER

Respekt!

(Stille.)

KAROLINE

Aber die Oberammergauer sind auch keine Heiligen. Die Menschen sind halt überall schlechte Menschen.

SCHÜRZINGER

Das darf man nicht sagen, Fräulein! Die Menschen sind weder gut noch böse. Allerdings werden sie durch unser heutiges wirtschaftliches System gezwungen, egoistischer zu sein, als sie es eigentlich wären, da sie doch schließlich vegetieren müssen. Verstehens mich?

KAROLINE

Nein.

SCHÜRZINGER

Sie werden mich schon gleich verstehen. Nehmen wir an, Sie lieben einen Mann. Und nehmen wir weiter an, dieser Mann wird nun arbeitslos. Dann lässt die Liebe nach, und zwar automatisch.

KAROLINE

Also das glaub ich nicht!

SCHÜRZINGER

Bestimmt!

KAROLINE

Oh nein! Wenn es dem Manne schlecht geht, dann hängt das wertvolle Weib nur noch intensiver an ihm – könnt ich mir schon vorstellen.

SCHÜRZINGER

Ich nicht.

(Stille.)

KAROLINE