Katharina vom Schönplimatal - Helene Mathà - E-Book

Katharina vom Schönplimatal E-Book

Helene Mathà

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Beschreibung

Die siebzehnjährige Katharina muss den elterlichen Hof im Schönplimatal, dem heutigen Martelltal, verlassen und sich im abgelegenen Kloster von Zufall verdingen. Dort wird sie von der Nonne Hildegard in die Geheimnisse der Heilkunst eingeweiht und diese Kenntnisse setzt Katharina zur Bekämpfung der Pest ein. Als Heilerin macht sie sich jedoch nicht nur Freunde, sie wir der Hexerei verdächtigt und muss in die Berge fliehen. Katharina aber wäre nicht Katharina, würde sie nicht auch in verzweifelten Situationen ihren Weg finden.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Katharina

vomSchönplimatal

ErzählungvomLeben einer jungen Frau im mittelalterlichen

Martelltal

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

HeleneMathà

 

KatharinavomSchönplimatal

ErzählungvomLebeneinerjungenFrau im mittelalterlichen Martelltal

 

Umschlaggestaltung: Ursula Zeller Lektorat: Gertrud Matzneller

 

Herstellung und Verlag: Effekt! - Buchverlag, www.effekt.it ISBN:978-88-97053-91-0

 

 

 

 

 

 

GefördertmitfreundlicherUnterstützungdurch

 

 

 

 

Katharina

vomSchönplimatal

 

Vorwort

 

 

 

OberhalbderZufallhütteimhinterstenMartelltalbefindensichaufeinem Bergkamm,abseitsderTouristenpfade,imAbstandvonungefährdreihundert MeternLuftliniedieÜberrestevonzweiGebäuden.DieseGegendnennen dieEinheimischen„Kleaschterle“,dennhierobenaufrund2.400Metern Meereshöhe soll im Mittelalter, noch vor der kleinen Eiszeit, als das Klima auchindenBergensehrvielmilderwaralsheute,tatsächlicheinDoppelklosterfürMöncheundNonnengestandenhaben.

 

Die Aufzeichnungen zu diesen Ordenshäusern, zur Sagenwelt und zu den Bewohnern des Martelltales im Frühmesserbuch des Josef Eberhöfer sowieinderMartellerChronikhabenmeineFantasieangeregtundichhabe begonnenmirvorzustellen,wiewohldieMenschenim13.Jahrhundert imabgelegenenSchönplimatal,soderursprünglicheName,gelebthaben.

 

AufderGrundlagederobengenanntenQuellenistinmeinemKopfeine Geschichte entstanden, deren Handlung zwar zum Teil historische GegebenheitenjenerfernenZeitmiteinbezieht,dieseentsprechenabernichtimmer genaudenzeitlichenAngabenderverwendetenLiteratur.

 

 

 

🙨

 

 

 

 

„Guten Morgen“, sagte Katharina halblaut, als sie die Küche des elterlichen Hofes in Mayern im Schönplimatal betrat, und erwiderte dankbar den freundlichen Blick der Mutter, die an der Feuerstelle stand und einen Bund Reisig anzündete. Es war an diesem frühen Morgen im Mai noch dunkel draußen vor dem Haus und zur spärlichen Beleuchtung der Kerze, die auf dem Tisch aus Lärchenholz stand, gesellte sich bald ein munteres Flämmchen im Herd. Der warme Schein des Feuers verlieh der Küche, obwohl die Wände rauchgeschwärzt waren, eine fast heimelige Atmosphäre.

 

Das schlanke junge Mädchen mit den langen, blonden Haaren, welche, zu einem lockeren Zopf gebunden, die weichen Gesichtszüge umrahmten, setzte sich auf die schmale Holzbank, die kalte Steinmauer im Rücken, und schaute mit ihren klugen, hellen Augen hinüber zur Mutter, die schweigend in der Kochecke herumhantierte. Trotz des wärmenden Untergewandes aus hellem Leinen und dem langen, dunklen Obergewand, das seitlich geschlitzt war und mit einer Kordel um die Hüften zusammengehalten wurde, fröstelte es Katharina und sie wusste nicht, war der Grund die kalte Mauer oder war es ganz einfach die Angst vor dem, was kommen würde. Eigentlich wollte sie sich das Schultertuch aus dunkler Schafwolle, welches sie an den langen Abenden des vergangenen Winters unter der geduldigen Anleitung ihrer fast gänzlich erblindeten Großmutter angefertigt hatte, erst beim Verlassen des Hauses umbinden, aber jetzt brauchte sie etwas Wärme, um das Klappern ihrer Zähne zu verhindern.

 

„Pack ordentlich zu“, sagte die Mutter und stellte eine Holzschale mit frischer Milch und ein großes Stück Roggenbrot vor Katharina hin, „denn du hast heute noch einen weiten Weg vor dir.“

 

Katharina wunderte sich, von wem die Mutter wohl das kostbare Brot erhalten hatte, denn die stille und zurückhaltende Gertrud pflegte kaum Kontakt zu den anderen Dorfbewohnern und das Korn von der eigenen Ernte war vor einigen Wochen zur Neige gegangen. Der seltene Leckerbissen wollte heute jedoch nicht munden, ein Kloß schnürte ihr den Hals zu und immer wieder musste sie ihre Tränen zurückhalten.

 

Eigentlich war sie keine Heulsuse, im Gegenteil, mit ihrem fröhlichen Wesen gelang es ihr oft, gute Laune im Haus zu verbreiten und sogar die meist nachdenkliche Mutter zum Lachen zu bringen, aber heute sollte sie den elterlichen Hof, auf dem sie ihre Kindheit und ihre Jugend verbracht hatte, verlassen und das machte ihr Angst. Ulrich, ihr Vater, hatte beschlossen sie den Nonnen des Doppelklosters für Schwestern und Patres im hintersten Winkel ihres Heimattals, fernab von anderen Behausungen, zu übergeben.

 

„Du bist jetzt mit deinen siebzehn Jahren alt genug, um deinen eigenen Weg zu gehen“, meinte er. „Ich muss schauen, wie ich deine sechs kleinen Geschwister satt bekomme. Die Klosterfrauen können ein junges kräftiges Mädchen, das ihnen ordentlich zur Hand geht, gut brauchen.“

 

Damit war die Sache beschlossen und Katharina wagte nicht, dem Vater zu widersprechen, denn sie wusste, dass er trotz seiner Fürsorglichkeit auch sehr streng sein konnte.

 

Im letzten Sommer waren drei Kühe des Ulrich vom Mayrulrichhof auf dem Jochmahd oberhalb des Wasserfalls, den Katharina von der kleinen Luke ihrer Kammer aus so gerne beobachtete, vom Blitz getroffen worden. Daraufhin konnte der Vater seinen Zehent, bestehend aus Butter und Käse, nicht mehr an die Kirche abgeben und er bot stattdessen an, seine älteste Tochter in den Dienst der Zellenbrüder und Zellenschwestern vom Zufallkloster zu stellen.

 

An diesem kühlen Morgen im Mai war der Vater mürrischer als sonst, als auch er in die Küche eintrat.

 

„Beeil dich“, rief er ihr zu, „denn ich kann nicht den ganzen Tag mit dir vertrödeln. Bis zur Altkaaser Alpe kann ich dich begleiten, ich muss dort die Hütte für die Sommermahd instand setzen. Danach musst du deinen Weg hinauf zu den Klosterfrauen allein finden.“ Er verzog bei diesen Worten keine Miene, denn niemand sollte merken, dass es ihm nicht leichtfiel seine Tochter ziehen zu lassen, aber ihr Dienst im Kloster war im Moment der einzige Ausweg aus seiner Not.

 

Bevor Katharina vom Tisch aufstand, trank sie noch schnell den letzten Schluck Milch, schleckte die Holzschüssel sauber aus und fegte die letzten Brotkrumen vom Tisch in die hohle Hand, um sie dann geschickt in ihren Mund zu schupfen. Sie wollte den Vater nicht durch „gottlose“ Verschwendung verärgern. An der Haustür wartete die Mutter bereits mit einem Bündel Habseligkeiten auf die Tochter, drückte ihr dieses in die Hand und fuhr ihr mit ihrer rauen, abgearbeiteten Hand über die Stirn, um das Kreuzzeichen zu machen.

 

„Richte Schwester Hildegard einen schönen Gruß von mir aus“, flüsterte sie dabei und wandte sich schnell ab, damit man nicht sehen konnte, wie schwer ihr ums Herz war.

 

„Mutter!“, rief Katharina mit weinerlicher Stimme und versuchte noch einmal in das vertraute Gesicht zu blicken, aber die Bäuerin vom Mayrulrichhof hatte ihr bereits den etwas gestauchten Rücken gekehrt, ging hastig in die Küche hinein und schloss die Tür hinter sich. So konnte das Mädchen auch nicht mehr nachfragen, wieso die Mutter eine der Nonnen vom Zufallkloster kannte. Gertrud verließ den Hof nur einmal im Monat für den Gang zur Kapelle der heiligen Walburga und auch sonst sprach sie kaum mit den Frauen und Männern im Tal.

 

Einige Sekunden stand Katharina etwas ratlos im Eingangsbereich, dann aber beeilte sie sich, ihr Bündel zu schultern, da der Vater bereits den Holzbalken entfernt und die Tür geöffnet hatte. Als sie vor das Haus trat und talauswärts blickte, konnte sie im ersten Morgenlicht die vertrauten Umrisse der Vermoispitze erkennen, während taleinwärts, gegen das Kloster hin, der Himmel noch mit Sternen übersät war.

 

Sie verdrängte den beängstigenden Gedanken, dass sie von jetzt an in einer völlig fremden Umgebung bei den Nonnen leben sollte, und schritt flink über den Hof dem Vater hinterher, vorbei am Stall, in dem die Kühe noch friedlich ruhten. Wie gerne hätte sie sich jetzt an den warmen Leib von Alma gelehnt und die süße Milch aus ihren Eutern in den Holzbottich hinein gemolken, um diesen dann vor ihre jüngeren Geschwister auf den Tisch zu stellen. Das war immer ihre erste Aufgabe am Morgen gewesen, bevor sie gemeinsam mit der um zwei Jahre jüngeren Anna die restlichen Kühe molk. Die kleine Maria, noch kein Jahr alt, die nach der Mahlzeit meist lustig vor sich hinplapperte, setzten die großen Schwestern unterdessen auf das Stroh in der Ecke, während die vier Brüder den Stall ausmisteten. Dabei übernahm Franz mit seinen zwölf Jahren schon gerne das Kommando und schaffte seinen kleinen Brüdern an, was zu tun war.

 

Katharina fragte sich, ob Anna es von nun an allein schaffen würde, sich um die kleinen Geschwister zu kümmern. Sie war zwar für ihre fünfzehn Jahre kräftig gebaut und konnte sich gegen die jüngeren Geschwister mit ihrer resoluten Art gut durchsetzen, aber bislang hatten sich die zwei großen Schwestern die anfallenden Arbeiten immer geteilt, um die Mutter zu entlasten. Gertrud beklagte sich zwar nie, aber die Mädchen konnten beobachten, dass sie in letzter Zeit immer öfter während der Arbeit schwer zu Atem kam, erschöpft innehielt oder sich gar heimlich, wenn sie sich ungesehen glaubte, hinsetzte, um zu rasten. Es besorgte Katharina, dass Anna von nun an ohne sie die schwindenden Kräfte der Mutter ersetzen sollte.

 

Bevor sie um die Ecke des Gebäudes bog, blieb Katharina noch einmal stehen und schaute zum elterlichen Hof zurück. Dort konnte sie das helle Unterhemd und den dunklen Lockenkopf von Anna erkennen, die oben durch die Luke der Dachkammer herausblickte und der großen Schwester hinterherwinkte.

 

„Es nützt nichts“, dachte das Mädchen. „Die Eltern haben es so beschlossen, und ich muss wohl hinauf zu den Klosterfrauen, um dort mein Tagwerk zu verrichten. Anna und die Kleinen werden auch ohne mich zurechtkommen.“ Sie winkte der Schwester noch einmal zu und beeilte sich dann, dem Vater hinterherzulaufen, der schon den Pfad in die unwirtliche, sumpfige Talsohle hinunterstapfte.

 

Eine knappe halbe Stunde später, nachdem sie die Holzbrücke des Plimabaches überquert und sich dem nordseitigen Talhang zugewandt hatten, kamen hinter den Fichten die Hütten des Pircherhofes in Sicht. Katharina blickte sehnsüchtig zum Stallfenster hinüber, hinter dem sie schwachen Kerzenschein ausmachen konnte. Das Herz begann ihr bis zum Hals zu schlagen, als sich mit lautem Quietschen die Holztür öffnete und Johann, der älteste Sohn des Pircherbauers, mit einer hölzernen Mistgabel in der Hand hervortrat.

 

„Guten Morgen, Ulrich“, wandte er sich an den Vater, aber dieser erwiderte den freundlichen Gruß des hochgewachsenen, gutaussehenden Burschen mit den halblangen, blonden Haaren nur mit einem raschen Kopfnicken und setzte seinen Weg fort.

 

„Ist es Zufall, dass Johann gerade jetzt vor den Stall tritt, oder hat er auf mich gewartet?“, fragte Katharina sich im Stillen. Mit gesenktem Kopf blickte sie aus den Augenwinkeln heraus verstohlen zu dem jungen Mann hinüber, der ihr vertraut war, und in dessen Armen sie so manches Mal eine Geborgenheit gefunden hatte, von der niemand wusste. Gestern hatte sie noch ein letztes Mal heimlich beim Plätzchen am Fluss, der Plima, auf ihn gewartet, und als sie ihn erblickt hatte, wie er mit kräftigen, federnden Sprüngen und mit Leichtigkeit von Stein zu Stein über den Bach zu ihr herüberhüpfte, hatte sie erleichtert aufgeatmet. Sie hatte Angst gehabt, das Dorf verlassen zu müssen, ohne noch einmal in seine strahlend blauen Augen, die sie immer so liebevoll ansahen, schauen und ohne noch einmal seinen umsichtigen Worten lauschen zu können, die ihr stets Zuversicht für die Möglichkeit einer gemeinsamen Zukunft gaben.

 

Das Rauschen des wilden Wassers hatte in den letzten Monaten an so manchem Abend in ihren Ohren geklungen, während sie mit Johann am Ufer, zwischen hohen Fichten, auf dem moosigen Boden gesessen hatte und einfach nur glücklich gewesen war. Gestern, bei ihrer letzten Begegnung, hatte die Traurigkeit überwogen, auch wenn Johann ihr versprochen hatte auf sie zu warten, egal wie lange es dauern sollte, bis sie wieder heimkam.

 

„Du musst wissen, Katharina, ich habe dich lieb und ich will nur dich“, hatte er geflüstert und dann mit fester Stimme hinzugefügt: „Ich verspreche dir, dass ich dich vom Kloster zu mir zurückholen werde, sobald mir mein Vater den Hof übergibt. Zusammen gehen wir dann zu deinem Vater, um ihm zu sagen, dass ich dich als Weib mit zu mir auf den Pircherhof nehme.“ Daraufhin hatte er mit seinen jungen, starken Händen ihr Gesicht umrahmt und sie, etwas ungeschickt, lange auf den Mund geküsst und gesagt: „Das gelobe ich, so wahr ich der Johann vom Pircherhof bin.“

 

Katharina war erschrocken aufgesprungen, und ohne noch einmal zurückzuschauen, war sie nach Hause gelaufen. So nahe waren sich die beiden vorher noch nie gekommen und diese neuen, ihr bislang unbekannten Gefühle verwirrten sie. Auf ihrem Strohlager hatte sie dann noch stundenlang wach gelegen, dem wilden Pochen ihres Herzens gelauscht und sich immer und immer wieder den Kuss in Erinnerung gerufen.

 

Während der Vater mit zügigen Schritten weiter hinein in das Tal ging, drehte sich Katharina noch einmal um und winkte schüchtern zu Johann, der ihr aufmunternd zuzwinkerte, hinüber. Als er dann auch noch mit der geballten Faust gegen die eigene Brust klopfte, um seine Liebe für sie auszudrücken, konnte sie ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Bevor sie sich von ihm abwandte, erwiderte sie die Geste ihrer Verbundenheit und ging die nächste halbe Stunde, still weinend, durch den dichten Wald dem Laternenschein des Vaters hinterher.

 

„Leg einen Schritt zu, denn mit den Hallodri, die dort drüben Erze schmelzen, will ich nichts zu tun haben“, forderte dieser sie auf, als sie vom dichten Wald auf eine kleine Lichtung hinaustraten, und zeigte mit der ausgestreckten Hand auf eine kleine Holzhütte. „Diese üblen Burschen, meist Taugenichtse, kommen von weit her in unser Tal, schlagen kostbare Steine aus den Felsen heraus und hoffen, mit diesem Raubbau das große Geld zu machen!“

 

Ein Schaudern ergriff Katharina, denn sie kannte die Geschichten, welche die Großmutter an den langen Winterabenden, an denen die ganze Familie rund um den warmen Ofen saß, oft über die Männer erzählte, die in das Tal kamen und hier nach Gold und Silber suchten. Um an die Edelmetalle, die tief im Berg verborgen lagen, zu gelangen, gruben diese rauen Gesellen tiefe Stollen in die Felsen und scheuten oft nicht davor zurück, Gewalt anzuwenden, um die Funde nicht mit den Kameraden teilen zu müssen.

---ENDE DER LESEPROBE---