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Sie sind schon ewig beste Freunde – doch plötzlich bringt dieser Hockey Spieler ihr Herz zum Schmelzen
Der dritte Teil der romantischen Sports Romance-Reihe vor der zauberhaften Winterkulisse Kanadas
Kacey und Will sind seit Kindheitstagen die besten Freunde. Sie ergänzen sich nicht nur im Alltag hervorragend, sondern auch wenn sie zusammen Eishockey spielen und als Stürmerin und Keeper auf dem Eis stehen. Alles scheint perfekt, doch dann eröffnet Kaceys Trainer dem Team, dass er ein Jobangebot bei einer anderen Mannschaft erhalten hat. Kacey fällt aus allen Wolken. Eishockey ist ihr ganzes Leben! Um ihr Team vor dem Aus zu bewahren, setzt sich Kacey in den Kopf, Oliver, den jungen Assistenztrainer von Wills Mannschaft, als neuen Headcoach zu gewinnen. Will steht seiner besten Freundin natürlich bei und ist ihr Fels in der Brandung – doch dabei bringt er Kaceys Gefühle ganz schön durcheinander. Sie sind doch eigentlich nur Freunde – oder etwa nicht? Und als auch noch ein scheinbar eindeutiges Foto von ihr und dem attraktiven Assistenztrainer die Runde macht, ist das Chaos natürlich perfekt …
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Erste Leser:innenstimmen
„Friends to Lovers auf dem Eis. Mitreißende Sports Romance für Eishockey-Fans!“
„Wunderbar chaotische Lovestory mit der ein oder anderen Überraschung.“
„Tolle Fortsetzung dieser romantischen Reihe.“
„Überzeugende Liebesgeschichte mit spannenden Charakteren und unerwarteten Momenten.“
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Seitenzahl: 450
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Kacey und Will sind seit Kindheitstagen die besten Freunde. Sie ergänzen sich nicht nur im Alltag hervorragend, sondern auch wenn sie zusammen Eishockey spielen und als Stürmerin und Keeper auf dem Eis stehen. Alles scheint perfekt, doch dann eröffnet Kaceys Trainer dem Team, dass er ein Jobangebot bei einer anderen Mannschaft erhalten hat. Kacey fällt aus allen Wolken. Eishockey ist ihr ganzes Leben! Um ihr Team vor dem Aus zu bewahren, setzt sich Kacey in den Kopf, Oliver, den jungen Assistenztrainer von Wills Mannschaft, als neuen Headcoach zu gewinnen. Will steht seiner besten Freundin natürlich bei und ist ihr Fels in der Brandung, aber dabei bringt er Kaceys Gefühle ganz schön durcheinander. Sie sind doch eigentlich nur Freunde – oder etwa nicht? Und als auch noch ein scheinbar eindeutiges Foto von ihr und dem attraktiven Assistenztrainer die Runde macht, ist das Chaos natürlich perfekt …
Erstausgabe März 2024
Copyright © 2025 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Made in Stuttgart with ♥ Alle Rechte vorbehalten
E-Book-ISBN: 978-3-98778-985-4 Taschenbuch-ISBN: 978-3-98998-070-9
Covergestaltung: Jasmin Kreilmann unter Verwendung von Motiven von depositphotos.com: © [email protected], © hoenixstockphoto.gmail.com, © kchungtw, © innervision, © tomert, © bruno135, © ellysonn, © onlybacktv.bk.ru, © SergeyNivens Lektorat: Daniela Guse
E-Book-Version 07.04.2025, 09:59:30.
Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.
Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
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Für meine Schwester Fabienne,
weil du zwar die Jüngere bist, ich aber manchmal gerne mehr wie du wäre.
Das Adrenalin pumpt so heftig durch meinen Körper, dass mir das Atmen schwerfällt. Gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass nicht mehr viel fehlt, bis ich einfach davonfliege.
Uns trennen nur noch ein paar Minuten vom Abpfiff zum letzten Spiel der Saison – und wir sind so kurz davor, die Meisterschaft für uns entscheiden zu können. Wenn wir dieses Match gewinnen, stehen die Unicorns ganz oben in der Tabelle. Davon träume ich schon, seit ich auf dem College angefangen habe und ein Teil des Teams bin. Im letzten Jahr hat es nicht geklappt. Aber dieses Mal wird es anders sein. Das habe ich mir fest vorgenommen.
Mein Herz pocht so schnell in meiner Brust, dass wahrscheinlich jedes EKG rot aufleuchten würde. So geht es mir vor jedem Spiel, aber heute ist es noch mal eine besondere Situation. Ich bin gleichzeitig extrem motiviert und nervös – und das scheint bei mir eine ziemlich explosive Mischung zu sein. Ich schaffe es kaum, ruhig zu stehen, und brenne darauf, endlich zurück aufs Eis zu dürfen.
Unser Coach Alex tritt zu uns heran und wir stellen uns in einem Halbkreis um ihn herum auf. »Also Mädels. Das ist die letzte Auszeit. Es stehen nur noch drei Minuten auf der Uhr und ich möchte, dass ihr jetzt ein letztes Mal alles gebt. Bringt das Ding nach Hause. Ab aufs Eis mit euch und holt euch die Meisterschaft!«
Alex war nie ein Mann der großen, aber vor allem nicht der vielen Worte. Er spricht meistens eher durch Gestiken und Handlungen. Ein aufmunterndes Schulterdrücken hier, ein auffordernder Blick und ein motivierendes in die Händeklatschen da – und trotzdem ist er einer der besten Coaches, die ich bisher hatte.
Er schafft es immer wieder, uns in die richtige Bahn zu lenken und unter ihm habe ich mehr über das Eishockeyspielen gelernt als bei irgendjemand anderem. Dank ihm gibt es die Unicorns erst. Alex war derjenige, der von Anfang an mehr in uns gesehen hat und unseren Wunsch, eine eigene Mannschaft aufzustellen, ernst genommen hat. Vor einigen Jahren hat er selbst auf dem College gespielt. Aber irgendwann hat er sich dazu entschieden, lieber als Trainer am Rand als auf dem Eis zu stehen.
Eine Entscheidung, die ich persönlich aus sportlicher Sicht zwar nicht nachvollziehen kann, aber trotzdem megafroh darüber bin, dass er sie getroffen hat. Ich würde nie irgendetwas gegen meine Zeit auf dem Eis eintauschen wollen. Das Eishockeyspielen ist schon immer ein so fester Bestandteil meines Lebens gewesen, dass ich mir sicher bin, ich würde mich einfach in Nichts auflösen, wenn ich eines Tages nicht mehr spielen kann. Einfach, weil ich das Gefühl habe, dass danach von mir selbst nichts übrig bleiben würde.
Nacheinander betreten wir das Eis und winken den, zugegeben eher wenigen, Menschen auf der Tribüne zu. Bei ihnen handelt es sich vor allem um Eltern, ehemalige Spielerinnen oder Kommilitonen, die uns anfeuern. Aber mein Blick fokussiert sich nur auf ein einziges Gesicht auf den Rängen und mein Herz macht einen freudigen Satz, als mein bester Freund Will mir zuwinkt.
Ich erwidere seine Geste und begebe mich dann auf das Spielfeld, wo sich neben und hinter mir vier Mitspielerinnen und unsere Torhüterin positionieren.. Unsere restlichen Teamkameradinnen stellen sich zu Alex an die Bande und machen sich bereit, jederzeit mit einer von uns zu tauschen und aufs Feld zu fahren.
Mehrmals atme ich tief durch. Es kommt mir vor, als würde eine halbe Ewigkeit vergehen, bis der Schiedsrichter mich und eine Spielerin des gegnerischen Teams an den Bullypunkt beordert, an dem das Spiel unterbrochen wurde, um mit dem Bully das Spiel nach der Auszeit wieder zu eröffnen.
Dafür halte ich den Schläger quer vor mir und gehe in die Knie. Meiner Gegenspielerin, die nur wenige Zentimeter von mir entfernt dieselbe Position einnimmt, schenke ich keinen einzigen Blick. Stattdessen lege ich meine volle Konzentration in diese Anfangssituation. Endlich ertönt der Pfiff und der Schiedsrichter lässt den Puck genau zwischen uns fallen.
Ich reagiere schneller als meine Gegnerin, wodurch die Scheibe bei Mary landet, die sofort einen Angriff auf das gegnerische Tor einleitet. Ich sprinte los, um mich ihr als Anspielmöglichkeit anzubieten. Doch das ist gar nicht so einfach. Bereits nach wenigen Sekunden bemerke ich, dass ich von einer der Abwehrspielerinnen auf Schritt und Tritt verfolgt werde. Irgendwie muss ich es schaffen, meinen unerwünschten Schatten loszuwerden und eine Lücke zu finden.
Mangels Alternativen spielt Mary den Puck zurück zu Leah, die sich ein paar Meter hinter der Mittellinie positioniert hat und den Pass direkt im Lauf annimmt. Leah ist eine unserer besten Dribblerinnen – und das stellt sie in diesem Moment mit Bravour unter Beweis. Es gelingt ihr, gleich zwei der Gegnerinnen auszuspielen und ich nutze die Zeit, um durch eine Finte die Abwehrspielerin loszuwerden.
Ich stehe im genau richtigen Moment frei und gebe Leah durch einen Schlag mit dem Stock aufs Eis zu verstehen, dass sie mir den Puck zuspielen soll. Sie kommt meiner Aufforderung direkt nach und mir gelingt es, die Scheibe im vollen Lauf durch die Mitte mitzunehmen. Ich vollführe einen Doppelpass mit Mary, die sich links immer wieder anbietet, wodurch wir es schaffen, die Abwehrlinie zu durchbrechen und ich direkt vor dem Tor stehe.
Die Torhüterin der Pirates hat keine Chance. Ohne lange darüber nachzudenken, hole ich aus und der Puck fliegt wie ein gerader Strich auf das Tor zu. Nur einen Augenaufschlag später landet er im Netz und ich reiße jubelnd die Arme nach oben. Es dauert keine fünf Sekunden, als dann meine Mädels auf mich zufahren und mich in die Arme schließen.
Der neue Spielstand von 4:2 leuchtet auf der Anzeigetafel auf und ein Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus. Es sind noch anderthalb Minuten zu spielen und wir führen mit zwei Toren – die Meisterschaft ist zum Greifen nah. Wenn es nach mir geht, darf da aber gerne trotzdem ein weiteres Tor dazukommen.
Ich leite mit einer der gegnerischen Stürmerinnen das Spiel wieder durch das Bully ein. Dieses Mal gelingt es mir nicht, den Puck auf unserer Spielhälfte zu halten. Ich habe nicht viel Zeit, um mich über den missglückten Einstieg zu ärgern. Stattdessen stürme ich sofort los, um die Scheibe wieder zurückzuerobern. Mit Leahs Hilfe schaffe ich es, die Gegnerin einzukesseln und ihr den Puck abzuluchsen, bevor sie auch nur in die Nähe unseres Tores kommt.
Sofort starte ich in den Gegenangriff. Ich fahre ein paar Meter mit dem Puck am Stock und spiele ihn dann zu Mary, die sich parallel zu mir auf der linken Seite hält. Sie lässt die Scheibe an ihrer Kelle abprallen, wodurch er direkt wieder zurück zu mir gelangt. Damit haben wir es geschafft, die erste Abwehrspielerin auszuspielen.
Auf der rechten Seite gibt Leah mit mehreren Schlägen aufs Eis an, dass ich ihr zupassen soll, und ich komme ihrer Aufforderung nach. Mit einer schnellen, engen Kurve schafft sie es, gleich zwei gegnerische Spielerinnen dumm aus der Wäsche gucken zu lassen und bevor eine von ihnen dazu kommt, die Verfolgung aufzunehmen, spielt sie den Puck wieder zu Mary.
Leider gerät der Pass etwas zu weit, wodurch der Winkel zum Tor zu spitz wäre. Daher ist Mary dazu gezwungen, ihren Lauf hinter dem Tor fortzuführen. So schnell wie möglich positioniere ich mich im mittigen Rückraum und wechsle einen Blick mit unserer Kapitänin.
Sie nickt mir zu und im selben Moment stürme ich nach vorne. Damit hat meine Gegnerin nicht gerechnet und fährt einen Ticken zu spät los. Genau dieser Bruchteil einer Sekunde ist es, den ich brauche, um den Pass anzunehmen und aufs Tor zu schießen. Ich sehe die Scheibe bereits im Tor, doch da mache ich die Rechnung ohne die gegnerische Torhüterin.
In einem irren Reflex lässt sie sich zu Boden sinken und breitet gleichzeitig die Arme aus, wodurch der Puck von ihren Schonern abprallt. Ich werfe einen Blick zur Seite und mir wird schlagartig bewusst, dass ich es nicht vor der Abwehrspielerin zum Puck schaffen würde, um das Tor durch einen Nachschuss zu treffen.
Trotzdem sprinte ich los, obwohl mich mehr als zwei Stocklängen von der Scheibe trennen. Bevor ich auch nur in die Nähe komme, erkenne ich etwas Pinkes im Augenwinkel auf mich zuschießen. Gerade rechtzeitig bremse ich ab und weiche aus, bevor ich mit Leah zusammenstoße.
Wie eine Irre stürzt sie auf den Puck zu, ohne Rücksicht auf Verluste, und hämmert auf das Ding drauf, als würde sie es bis nach Timbuktu schlagen wollen. Dieses Mal hat die Torhüterin keine Chance. Die Scheibe fährt gefühlt mit Lichtgeschwindigkeit in das Tor ein und es wundert mich, dass sie kein Loch ins Netz brennt.
Sofort stürze ich auf Leah zu und umarme sie überschwänglich. »Das war der absolute Wahnsinn!«, stoße ich hervor und klopfe ihr auf den Helm. »Jetzt müssen wir das Ding nur noch nach Hause bringen!«
Leicht machen uns das unsere Gegnerinnen nicht. Es stehen die letzten 45 Sekunden auf der Uhr und ich schwöre bei allem, was mir lieb ist, dass das die längsten 45 Sekunden meines Lebens sind. Die Piratinnen stürzen mit einem Kampfeswillen auf uns, dass ich nur darauf warte, dass sie statt ihren Schlägern bald Schwerter und Dolche zücken. Zugegeben habe ich ein wenig zu oft Fluch der Karibik angeschaut.
Konzentration!, rufe ich mich gedanklich selbst zur Ordnung und schüttle das Bild der mit Dolchen bewaffneten Eishockeyspielerinnen ab. Stattdessen lege ich alles in den Versuch, sie davon abzuhalten, bis zu unserem Tor durchzukommen. Obwohl wir jetzt vor allem Abwehrarbeit leisten, schaffen unsere Gegnerinnen es trotzdem einmal gefährlich nah an unser Tor heran. Doch Leah gelingt es, den Schuss einer Piratin abzufälschen, wodurch Dakota den Puck gefahrlos aus der Luft fischen kann.
Ich gewinne das darauffolgende Bully und stürme mit der Scheibe los. Plötzlich nähert sich mir ein schwarzes Trikot, das sich im Augenwinkel deutlich von dem Pink abhebt. Die Piratin stochert immer wieder mit dem Stock nach mir und zwischen meinen Beinen herum, sodass ich mehrmals ins Stolpern gerate. Beim nächsten Mal hakt sie sich komplett zwischen meinen Schlittschuhen ein und da gelingt es mir nicht mehr, das Gleichgewicht zu halten.
Wild rudere ich mit den Armen, um den Sturz zu verhindern. Aber keine Chance. Das Letzte, was ich höre, bevor es mich der Länge nach aufs Eis legt, ist ein lauter, scharfer Pfiff.
Obwohl die Polster das Schlimmste abfedern, presst es mir den gesamten Sauerstoff aus der Lunge und ich komme unsanft auf dem Ellenbogen auf, mit dem ich versucht habe, mich abzufangen. Sofort versammeln sich meine Mitspielerinnen um mich herum und helfen mir wieder auf die Beine.
»Alles okay?«
Ich nicke. »Alles gut. Mach du das Bully«, antworte ich Leah, die darauf nickt. Zwar schmerzt mein Ellenbogen ein wenig, aber mir würde nicht im Traum einfallen, jetzt vom Eis zu gehen. Nicht, wenn wir so kurz davor stehen, die Meisterschaft zu gewinnen.
Die Piratin kassiert für das Haken zwei Strafminuten, was bedeutet, dass wir für diese Zeit in Überzahl und demnach im Powerplay sind – und genau das müssen wir jetzt nutzen, um den Sack zuzumachen.
Ich positioniere mich leicht nach rechts versetzt hinter Leah, um den Puck im besten Fall direkt annehmen und weiterleiten zu können. Ein grimmiges Lächeln legt sich auf mein Gesicht und eine Entschlossenheit breitet sich in mir aus, die meinen gesamten Körper flutet.
Leah schafft es, das Bully für sich zu entscheiden und der Puck landet nur ein paar Meter von mir entfernt in unserer Spielhälfte. So schnell ich kann, stoße ich mich ab und sprinte mit vorgestrecktem Stock darauf zu. Dieses Mal wird mich niemand daran hindern, das Ding in ihrem Tor zu versenken.
Keine Ahnung, woher ich die Kraft nach dem bislang extrem anstrengenden Spiel hernehme, aber sie flutet mich komplett und sorgt dafür, dass ich über das Eis fliege. Ich nehme kaum noch etwas anderes wahr, als den Puck an meinem Schläger, meinen Kufen auf dem Eis und mein wild pochendes Herz in meiner Brust.
Mary hat extrem schnell geschaltet und sofort kapiert, was ich vorhabe. Sie bietet sich für einen Doppelpass an und spielt mir den Puck perfekt in den Lauf, wodurch ich direkt vor der Torhüterin der Pirates stehe.
Ich täusche einen Schuss an und sie macht genau den Fehler, von dem ich mir erhofft habe, dass sie ihn machen würde: Sie lässt sich zu Boden fallen, wodurch die linke Seite offensteht. Zu spät bemerkt sie meine Finte und ich passe den Puck zurück zu Mary, die ihn nicht einmal annimmt, sondern direkt abprallen lässt.
Tor!
Wir jubeln und beglückwünschen Mary zu dem Treffer und auch ich bekomme den ein oder anderen anerkennenden Schulterklopfer. Die restlichen Sekunden gelingt es uns, die Pirates abzuwehren, und dann erklingt endlich der langersehnte Pfiff des Schiedsrichters.
Ich kann mein Glück kaum fassen und reiße jubelnd Arme und Schläger nach oben. Im selben Moment fällt die Anspannung von mir ab und die Euphorie schlägt gigantische Wellen in mir.
»Wir haben die Meisterschaft gewonnen!«, kreischt Leah in mein Ohr, die es offensichtlich genauso wenig glauben kann wie ich.
Dieser Moment gehört zu den absolut krassesten in meinem ganzen Leben und ich werde diese Erinnerung für immer tief in meinem Herzen bewahren. Mein Blick wandert von einem Mädchen zum Nächsten und mir wird wieder einmal klar, wie sehr sie mir alle in den letzten zwei Jahren ans Herz gewachsen sind.
»Mädels, das war der Wahnsinn! Ihr habt das Spiel verdient gewonnen und die Saison damit zu eurer gemacht. Wenn der Meisterschaftstitel kein perfekter Abschluss ist, dann weiß ich auch nicht.« Alex strahlt uns an. Sein Grinsen ist so breit, dass ich schon glaube, er würde gleich eine Gesichtsstarre bekommen, wenn er so weitermacht. Doch dann ändert sich etwas in seinem Blick und ohne dass ich kapiere warum, breitet sich ein ungutes Gefühl in mir aus.
Mein absolutes Hochgefühl lässt innerhalb eines Sekundenbruchteils nach und irgendetwas sagt mir, dass ich das, was Alex als Nächstes von sich gibt, nicht hören möchte. In dem Wort »Abschluss« schwang ein Unterton mit, der mir so gar nicht gefällt.
»Ihr könnt unheimlich stolz auf eure Leistung sein und ich bin dankbar dafür, euch im letzten Jahr begleitet haben zu dürfen. Ihr seid wirklich eine tolle Truppe und könnt es noch weit bringen.«
Das ungute Gefühl in mir verstärkt sich und ich schaffe es nicht, meinen Gedanken für mich zu behalten. »Warum klingt das jetzt, als würde gleich ein ›Aber‹ kommen?«
Alex seufzt und nimmt seine schwarze Kappe ab, die ihre besten Tage schon seit Langem hinter sich hat. »Bitte nehmt euch das jetzt nicht zu schwer zu Herzen. Aber das war meine letzte Saison an der North. Ich habe ein gutes Angebot erhalten und kann ab der nächsten Saison die Herrenmannschaft an einem anderen College in meiner Heimatstadt übernehmen. Ich hoffe, ihr versteht, dass ich das nicht einfach verfallen lassen konnte.«
Mir klappt die Kinnlade herunter und so hoch wie ich nach dem Sieg geflogen bin, so tief stürze ich jetzt. Alex wird uns als Trainer verlassen? Und das knallt er uns jetzt einfach so nach dem Spiel unseres Lebens vor den Latz, als würde er nur bekanntgeben, dass er sich den Bart ab morgen stutzt?
Ich kann es nicht fassen und starre ihn sprachlos an. Ja, er hat schon das ein oder andere Mal angesprochen, dass er seine Heimat vermisst, seit er für die Stelle als Coach hierhergezogen ist. Aber ich hätte nie geahnt, dass er uns einfach so im Stich lässt.
»Und wer wird deine Nachfolge übernehmen?« Leah ist die Erste, die ihre Sprache wiederfindet.
Alex schürzt die Lippen und ich weiß noch, bevor er die Worte laut ausspricht, was das bedeutet. »Wir haben die Suche nach einem anderen Trainer sofort gestartet, als klar wurde, dass ich gehe. Aber bisher haben wir niemanden gefunden.«
Die Stimmung in der Kabine ist von einem absoluten Hoch in eine unabsehbare Tiefe gestürzt – und in meinem Inneren sieht es mindestens genauso aus. Wie kann er uns das nur antun? Nachdem wir gemeinsam darum gekämpft haben, eine Damenmannschaft an der North auf die Beine zu stellen. Ich weiß, dass es falsch ist und ich mich für ihn freuen sollte. Aber trotzdem komme ich mir in diesem Moment verraten vor.
Betretenes Schweigen erfüllt die Kabine. Alex ringt mit den Händen und spielt an dem Ring an seinem Zeigefinger herum, was er immer macht, wenn er nervös ist. »Ich weiß, das ist eine schwierige Situation. Aber lasst euch davon nicht unterkriegen. Ihr seid eine tolle Truppe und jetzt, wo ihr den Meistertitel in der Tasche habt, werden die Trainer bestimmt Schlange stehen.« Er lächelt uns aufmunternd an und ich muss mich schwer zusammenreißen, um ihn nicht anzubrüllen.
Wir alle wissen, dass kaum jemand einen solchen Trainerposten annehmen würde. Meisterschaft hin oder her, wird er zu schlecht bezahlt. Das ist kein Geheimnis. Selbst Alex musste nebenbei noch jobben, um sich seinen Unterhalt zu finanzieren.
»Das ist absoluter Bullshit«, stoße ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. So viel zum Thema ›ich muss mich zusammenreißen‹. »Wir wissen alle, dass es mit dem Team dann vorbei ist.«
Alex schüttelt den Kopf und tritt einen Schritt näher auf uns zu. »Ich meinte es ernst, als ich gesagt habe, dass ihr eine tolle Truppe seid. Wenn es irgendjemand schafft, einen neuen Trainer zu finden, dann seid ihr es. Ich lasse euch jetzt ein bisschen in Ruhe, aber vergesst nicht, dass wir uns in einer Stunde zum Pizzaessen treffen. Wir müssen unseren Titel feiern.« Unser Ex-Coach wirft uns allen ein letztes Lächeln zu, bevor er die Kabine verlässt und sobald sich die Tür hinter ihm schließt, bricht das Chaos aus.
»Das kann er uns nicht einfach so an den Kopf werfen!«
»Ich fasse es nicht, dass er geht.«
»Wie sollen wir so schnell einen anderen Trainer finden?«
Fragen über Fragen werden in den Raum geworfen, von dem keiner von uns eine Einzige beantworten kann. Viel zu schnell setzt ein unangenehmes, aber vor allem bedrücktes Schweigen ein.
»Ich muss euch etwas sagen.« Mary wirkt bleich um die Nase herum und klein, wie sie so in der Ecke der Kabine steht und den Blick gesenkt hält. Fast, als könnte sie es nicht ertragen, uns direkt anzusehen.
»Ich wusste nicht, dass Alex auch geht«, setzt sie an und allein das Wörtchen ›auch‹ reicht schon aus, um zu wissen, dass sie uns als Zweite verlassen wird. »Deshalb fühle ich mich ziemlich beschissen, aber ich mache im nächsten Semester meinen Collegeabschluss und muss mich auf die Prüfungen vorbereiten. Daher steige ich aus dem Team aus. Tut mir echt leid, Mädels. Die Zeit mit euch war der absolute Hammer und ich könnte mir kein schöneres Ende auf dem Eis wünschen, als mit euch heute die Meisterschaft gewonnen zu haben.« Tränen treten in ihre Augen und sie hebt die zitternde Hand, um sich eine ihrer blonden Strähnen aus dem Gesicht zu streichen.
Leah löst sich als Erstes aus ihrer Erstarrung und tritt auf Mary zu, um sie fest in die Arme zu schließen. »Ich verstehe es, aber das heißt nicht, dass ich dich nicht unheimlich vermissen werde.« Sie drückt Mary so fest, dass ich schon fast befürchte, sie würde sie erdrosseln.
»Ich bin nicht weg. Wir können uns trotzdem zum Pizzaessen oder auf einen Kaffee verabreden. Ein Jahr College habe ich noch vor mir.« Ein schwaches Lächeln liegt auf Marys Lippen und endlich schaffe ich es, den Schock abzuschütteln und auf sie zuzugehen.
Leah tritt zur Seite, damit ich unsere Kapitänin ebenfalls in die Arme schließen kann. »Ich fasse es nicht, dass du aufhörst. Du gehörst aufs Eis, so wie jede von uns. Wie sollen wir ohne dich weitermachen?«
Mary löst sich, lässt aber eine ihrer Hände auf meiner Schulter liegen. Sanft schüttelt sie den Kopf. »Ich gehöre nicht einmal ansatzweise so sehr aufs Eis wie du. Ich weiß, dass das normalerweise der Coach entscheidet. Aber da der gerade seine Kappe an den Nagel gehängt hat, bestimme ich das jetzt einfach.« Sie holt tief Luft, als müsste sie eine wichtige Ankündigung machen. »Ich wünsche mir, dass du meine Nachfolgerin als Kapitänin im Team wirst, Kacey.«
»Ich?«, stoße ich viel zu laut hervor.
»So viel kriminelle Energie hätte ich dir gar nicht zugetraut.«
Ich verdrehe die Augen. »Dann kennst du mich nach den ganzen Jahren aber immer noch schlecht.«
»Du würdest nie in die Hütte vom Kingsman einbrechen und deinen alten Hockeyschläger klauen.«
Meine Augenbrauen wandern nach oben und ich recke herausfordernd das Kinn vor. »Wetten?«
Will winkt ab und schüttelt heftig den Kopf. »Besser nicht. Ich kenne dieses verrückte Glänzen in deinen Augen. Und darauf folgt meistens irgendetwas, das mir Hausarrest beschert.«
Ich kann nicht anders, als laut loszulachen. »Du bist zwanzig! Wofür soll deine Mum dir bitte Hausarrest geben? Außerdem wäre es nicht wirklich klauen. Das Ding gehört mir ja.«
Er wirft mir einen Blick zu, der so viel heißen soll wie: Du weißt genau, dass es sie nicht interessiert, ob ich fünf, achtzehn oder dreißig bin. Solange ich hier wohne, habe ich nach ihren Regeln zu tanzen – und er weiß mindestens genauso gut, was ich darauf antworten würde. Nämlich, dass er es wie Holly hätte handhaben und ins Wohnheim im College ziehen sollen. Aber er würde Lego, seinen Labrador, nie allein zurücklassen.
Ich ärgere ihn gerne damit, dass er einfach nur die Bequemlichkeit von frisch gewaschener Wäsche, fertigem Frühstück am Morgen und leckerem Abendessen, ohne einen Finger rühren zu müssen, zu sehr genießt. Der Hauptgrund ist aber Lego.
»Ich werde nie Kingsmans Gesicht vergessen, als du mit dem Schläger auf seinen Hund losgegangen bist.«
»Du solltest dankbar dafür sein, dass ich dich vor diesem Untier gerettet habe!«
Will prustet los und auch ich habe die Szene sofort wieder vor Augen. Es war ein schöner, schneereicher Tag. Will und ich waren etwa sieben Jahre alt und auf dem Rückweg von unserem absolut liebsten Ort auf dieser Welt: dem See. Eigentlich handelte es sich dabei eher um eine große Pfütze in einer Senke, die sich im Winter als perfekte Eisfläche entpuppte. Wir haben dort jeden Tag Stunde um Stunde verbracht und zu zweit Eishockey gespielt. Diese Zeit mit Will gehört zu meinen schönsten Erinnerungen. Ausgenommen vielleicht diese eine mit Kingsman.
Ich kann mich noch genau daran erinnern, dass ich meinen ersten, von meinem eigenen Geburtstagsgeld gekauften Eishockeyschläger über die Schulter gelegt habe. Kingsman war schon immer der mit Abstand gefürchtetste Nachbar von allen. Mit seinen zwei Metern Körpergröße und dem opulenten Körperbau, ist er heute noch angsteinflößend. Auch wenn er inzwischen fast siebzig ist und schlecht hört.
Jedenfalls haben Will und ich immer eine Art Abenteuerspiel daraus gemacht, wenn wir an Kingsmans Haus vorbei mussten. Normalerweise ist sein Hund King, ein sehr einfallsreicher Name, an einer Langlaufleine festgebunden, wodurch man beim Vorbeigehen zwar von lautem Bellen verfolgt wird, aber sonst nichts weiter zu befürchten hat. Nur an diesem Tag war es anders.
Klein-Kacey und Will liefen also an dem Holzzaun vorbei. Ich weiß noch, dass ich King gegenüber durch das Holz Grimassen geschnitten habe. Ich war absolut sicher, dass er an der Leine angebunden war und nicht in meine Nähe konnte. Da lag ich aber daneben.
Der Hund sprang mit einem gigantischen Satz über den Zaun direkt auf Will zu und ich habe in diesem Augenblick einfach nur geistesgegenwärtig den Schläger angehoben und ihn abgewehrt, bevor er aus meinem besten Freund Hackfleisch machen konnte. Natürlich kam genau in dem Moment, in dem ich den Hund erwischte, Kingsman um die Ecke gerannt.
King heulte auf und rannte auf sein Herrchen zu, ohne sich weiter verletzt zu haben. Doch unser Nachbar tat so, als hätte ich seinem Hund zehn blaue Augen, eine gebrochene Schnauze und fünf ausgeschlagene Zähne verpasst. Er schaute zuerst seinen Hund und dann mich entgeistert an, bevor er sich wie eine Furie auf mich stürzte und mir den Schläger abnahm. Als hätte er Angst davor, dass die siebenjährige Kacey gleich ihn als nächstes Opfer für ihre Attacke auserkoren würde.
Meiner Mutter erzählte er, ich hätte King völlig grundlos mit meinem Schläger malträtiert und damit dafür gesorgt, dass er ihn nie wieder mit zu einem Spiel mitnehmen könnte, weil er von der Sache ein Trauma davongezogen hatte.
Unsere Versicherungen, dass King derjenige war, der uns durch den Angriff fast ein Trauma beschert hat, juckte ihn gar nicht. Ich glaube, das sagt schon einiges darüber aus, wie sehr der Mann den Köter verhätschelte. Auf die Nachfrage hin, warum King nicht wie immer angeleint war, gab er jedenfalls keine Antwort.
Zwar hatte Mum Will und mir geglaubt, weil wir dermaßen aufgelöst waren, was wohl der einzige Grund dafür war, warum ich keinen Hausarrest kassiert hatte. Aber den Schläger habe ich seitdem nie wieder gesehen. Es würde mir schon eine gewisse Genugtuung geben, dem Kingsman eine Lektion zu erteilen und das Ding zurückzuholen. Einfach aus Prinzip.
»Ganz ehrlich? Du warst immer krasser drauf als ich«, reißt Wills Stimme mich aus meiner Erinnerung und ich sehe zu ihm auf. »Mir fallen mindestens zehn Situationen ein, in denen du uns den Arsch gerettet hast, während ich mir fast in die Hose gemacht habe.« Er passt mir den Puck zu und ich halte meinen Schläger so, dass die Scheibe kaum von der Kelle abprallt.
»Ich weiß genau, woran du denkst.« Ich passe zu ihm zurück und als unsere Blicke aufeinandertreffen, antworten wir beide gleichzeitig.
»Hollys und meine sechzehnte Geburtstagsparty.«
»Eure Geburtstagsparty.«
Manchmal ist es fast gruselig, wie gleich unsere Gehirne ticken. Und das obwohl wir uns seit zwei Jahren eigentlich fast nur noch auf dem Eis zu sehen bekommen.
Will stößt sich ab und fährt mit dem Puck an der Kelle los. Ich folge ihm und versuche, auf verschiedene Wege ihm die Scheibe wieder abzuluchsen. »Das ist schon fast fünf Jahre her und ich kann immer noch nicht fassen, dass du die Polizei angelogen hast.«
Belehrend hebe ich eine Hand vom Schläger, ohne den Versuch, ihm den Puck abzunehmen, zu unterbrechen. »Ich habe nicht gelogen. Nur die Wahrheit ein bisschen in die richtige Richtung ausgeweitet.«
»Das ist eine sehr freundliche Umschreibung.« Will schmunzelt und schüttelt den Kopf. »Spätestens da haben dann alle kapiert, dass du echt hart drauf bist.«
Ein Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus. »Ihr Jungs seid in ernsten Situationen einfach unbrauchbar. Bei so was muss man lernen, die Ruhe zu bewahren und die nach außen auszustrahlen. Dann noch die richtigen Worte zurechtlegen und man hat schon die halbe Miete.«
»Holly? Die Ruhe bewahren? Wir reden hier von meiner Schwester.« Er vollführt mit dem Zeigefinger eine Kreisbewegung auf Höhe seiner Schläfe, bevor er mir den Puck wieder zupasst. »Hättest du nicht ihren Platz eingenommen, hätte sie wahrscheinlich innerhalb von fünf Minuten alle meine Kindheitsverbrechen aufgezählt plus die aller Nachbarn und Klassenkameraden.«
Allein der Gedanke an Holly in einem Verhör der Polizei bringt mich so sehr zum Lachen, dass ich Wills Zuspiel verpasse und der Puck an mir vorbeischlittert. »Nicht mal fünf Minuten.«
Wills jüngere Zwillingsschwester Holly ist das komplette Gegenteil von ihm. Sie ist total quirlig und aufgedreht, redet ohne Punkt und Komma und treibt damit nicht nur ihn, sondern auch ihre Mitbewohnerin Chloé gerne in den Wahnsinn, wie ich gehört habe. Aber gleichzeitig kann man sie nur lieben und ins Herz schließen. Sie ist so verpeilt, dass es schon wieder knuffig ist.
»Hier, schieß mal ein paar.« Will spielt mir den Puck zu und macht sich zwischen den zwei provisorischen Torpfosten bereit. Wir haben echt Glück, dass es in unserem Wohnort eine kleine Eishalle gibt und Will den Besitzer, Simon, gut kennt, damit wir auch in den wärmeren Monaten trainieren können.
Will spielt als Goalie bei den Penguins an der North, während ich im Sturm der Damenmannschaft stehe. Falsch. Ich stand im Sturm. Vergangenheit. Obwohl das Meisterschaftsspiel inzwischen fast acht Wochen her ist, kann ich immer noch nicht glauben, dass unsere Mannschaft kurz vor dem Aus steht. Im September startet das Herbstsemester und nur vier Wochen später die neue Eishockeysaison. Wenn wir bis dahin keinen Ersatz für Alex gefunden haben … Ich darf den Gedanken nicht einmal zu Ende denken und konzentriere mich wieder auf Will.
Obwohl wir beide auf dasselbe College gehen und immer noch Nachbarn sind, ist es nicht mehr so einfach, uns zum Training in der kleinen Eishalle in unserem Ort zu treffen. Will ist mit dem Eishockeytraining und seinem Wirtschaftsstudium ausgelastet und selbst jetzt, während der Sommerkurse sind unsere Stundenpläne nicht gerade ein Match. Trotzdem versuchen wir, uns so regelmäßig wie möglich auf dem Eis zu treffen, und ich weiß, dass er sich die Zeit extra für mich frei schaufelt.
Am Anfang unseres Studiums hatte ich Sorge, dass wir uns zuerst nur noch wenig und dann fast gar nicht mehr sehen. Außer vielleicht hier mal ein Winken oder ein Hallo auf der Straße. Zum Glück ist es anders gekommen und meine Schwarzmalerei, für die ich ebenso bekannt bin wie für die Kings-Story, hat sich nicht bewahrheitet.
Will und ich sind Freunde, seit ich denken kann. Wir sind zusammen aufgewachsen. Er hat bei uns laufen gelernt und ich bei ihm schwimmen. Das Eishockeyspielen haben wir so ziemlich gleichzeitig für uns entdeckt und ich glaube, dass unsere Freundschaft dadurch nur noch tiefer und inniger wurde. Es gibt keinen Menschen auf diesem Planeten, dem ich mehr vertraue als ihm. Wenn mich irgendjemand fragen würde, wen ich für eine Weltrettungsmission als meinen Partner-in-Crime wählen würde, wäre meine Antwort stets dieselbe: William Turner.
Wir ergänzten uns immer gut. Wenn ich aufbrausend war, war er der Ruhepol. Wenn ich Angst vor Gewittern hatte, war er derjenige, der sich eine Decke geschnappt, über uns gelegt und mir mit einer Taschenlampe Geschichten vorgelesen hat, bis es vorbei war. Wenn er traurig war, war ich diejenige, die keine fünf Minuten später mit Eis, Chips – als wir älter waren wahlweise mit Dosenbier – und der gesamten Fast and Furious Filmsammlung vor seiner Tür stand. Und auch, wenn wir uns jetzt seltener sehen, bin ich froh, dass wir uns nicht auseinandergelebt haben.
»Träumst du?«
Ich schaue auf und muss mehrmals blinzeln, weil die Sonne inzwischen so weit nach unten gewandert ist, dass sie mir durch die staubigen Fenster in den Augen sticht. Wie lang stand ich denn jetzt bitte einfach so da und habe auf den Puck vor mir gestarrt? Rasch schüttle ich die Erinnerungen ab.
»Nein, ich habe nur darüber nachgedacht, dass ich es schon verdammt lange mit dir aushalte. Dafür sollte ich eine Trophäe kriegen. Eine Auszeichnung wie bei Harry Potter für besondere Dienste für das Wohl der Menschheit oder so was.«
Will lacht auf und das Geräusch zaubert mir direkt ebenfalls ein Lächeln aufs Gesicht. Ich liebe es, ihn zum Lachen zu bringen und so gelöst zu sehen. Er trägt oft eine Art Schutzpanzer gegenüber anderen Personen. Zeigt nie sein volles Inneres, nachdem er schon so oft verletzt wurde – und trotzdem gehört Will zu den freundlichsten und hilfsbereitesten Menschen, die ich je kennengelernt habe. Ich kann nicht einmal an beiden Händen abzählen, wie oft ich ihm gesagt habe, dass er aufpassen und sich nicht ausnutzen lassen soll. Aber er winkt immer nur ab und sagt, dass es sich irgendwann auszahlt, anderen zu helfen.
In der Hinsicht sind er und Holly sich extrem ähnlich. Gewissermaßen sind sie schon fast ein bisschen naiv, wenn es darum geht. Sie sehen nur das Gute in den Menschen und merken oft erst zu spät, dass sie nur ausgenutzt wurden und eben nicht jede Person das Beste im Sinn hat.
»Haben wir nicht schon unser neunzehnjähriges Jubiläum verpasst?«
»Warum? Wolltest du eine fette Party für mich schmeißen?« Ich presse die Hand auf die Brust auf Höhe meines Herzens und schiebe die Unterlippe in gespielter Rührseligkeit hervor. Bevor er sich richtig in Position bringen kann, hole ich aus und ziele. Will bemerkt mein Ablenkungsmanöver erst zu spät und hebt seinen Schläger, als ich den Puck schon längst im Tor versenkt habe. »Das ist wohl nicht das Einzige, wofür du zu spät dran bist. Sie sind eindeutig zu langsam, Mr. Turner.«
Durch die ruckartige Bewegung ist Wills Beanie verrutscht, weswegen er sie abnimmt, sein kinnlanges blondes Haar zurechtstreicht und schließlich wieder aufsetzt. »Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du ganz schön fies sein kannst?«
»Du«, gebe ich wie aus der Pistole geschossen zurück. »Mindestens eine Milliarde Mal. Vielleicht solltest du langsam akzeptieren, dass das zu meiner Natur gehört. Damit halte ich nervige Typen von mir fern.«
»Bei mir hat das dann aber eher weniger funktioniert.« Er spielt mir den Puck zurück und ich mache mich für den nächsten Schuss bereit.
»Ich habe beschlossen, dass du okay bist und bleiben darfst. Zumindest vorerst.«
Will verbeugt sich, als hätte er die Hauptrolle in einem Theaterstück besetzt und gerade seine Aufführung beendet. »Es ist mir eine Ehre, weiterhin in deiner Nähe verweilen zu dürfen.«
Ich nutze es sofort aus, dass er seinen Kopf nach unten richtet, und schieße ein weiteres Tor. »Wenn du so weitermachst, kann ich gleich einen dieser Schlittschuh-Pinguine ins Tor stellen. Der hält vermutlich deutlich mehr Schüsse als du. Und das, obwohl die Dinger nur aus Weichschaum sind.«
»Autsch. Der tat weh.« Er presst sich die Hand getroffen an die Brust und verdreht die Augen, sodass ich nur noch das Weiße sehe. »Okay, jetzt richtig. Volle Konzentration.«
Lächelnd schüttle ich den Kopf und fahre ein Stück zurück, damit mehr Abstand zwischen uns ist. Er spielt mir den Puck zu und ich nehme ihn an. Den Kopf nach oben gerichtet, stürme ich auf das provisorische Tor zu. Will kommt mir entgegen und kurz bevor wir aufeinandertreffen, vollführe ich eine 180-Grad-Drehung um ihn herum und schieße den Puck ins Tor.
»Respekt, das war nicht übel.«
»Warum klingst du so überrascht? Ich habe dir schon so viele Tore eingeschenkt, dass ich einen Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde bekommen sollte.«
Will holt den Puck, der noch ein ganzes Stück weiter über das Eis gerutscht ist. »Erzähl das bloß keinem aus meinem Team, sonst setzen die mich als Kapitän ab, bevor ich Wayne Gretzkys Namen dreimal nacheinander sage.«
»Zurecht. Vielleicht musst du mal lernen, zu akzeptieren, dass deine Zeit abgelaufen ist.« Ich versuche, meine Stimme so dunkel und monoton wie möglich klingen zu lassen.
»Und wer schwebt dir als mein Nachfolger vor?«, steigt Will auf meinen Witz ein. Er weiß genau, dass ich das nicht ernst meine. Er ist als Kapitän absolut perfekt. Motiviert, engagiert, voller Feuer für sein Team, aber auch in den richtigen Situationen der Ruhepol, den die Jungs brauchen.
»Hmm.« Gespielt nachdenklich tippe ich mir ans Kinn. »Wie wäre es mit … Connor?« Ich hole wieder mit dem Schläger aus, merke jedoch schon beim Abschlag, dass der Schuss dieses Mal nichts wird.
Will wehrt ihn mit Leichtigkeit ab und passt mir die Scheibe zurück. »Connor? Also ich weiß nicht. Beim letzten Training hat er fast den Coach überfahren. Ich glaube, der ist aktuell nicht mehr so gut auf ihn zu sprechen. Das würde einer Beförderung zum Teamkapitän wohl eher im Weg stehen.«
»Nicht dein Ernst«, stoße ich lauter als beabsichtigt hervor und falle damit komplett aus meiner Rolle. Aber mich will das Bild einfach nicht loslassen, wie der Stürmer auf den Puck zustürzt und dabei fast den Coach von den Schlittschuhen holt.
»Unabsichtlich natürlich. Er war sehr darauf konzentriert, den Puck zu kriegen.«
Mein Blick wandert nach oben zum Fenster. Es dauert nicht mehr lang, bis die Sonne komplett untergegangen ist. »Wir sollten langsam gehen. Ist schon spät.« Als müsste ich meine Worte unterstreichen, deute ich vielsagend mit der Hand nach oben.
Will nickt, wirkt dabei aber fast schon enttäuscht. Ihm scheint es wie mir zu gehen. Wir kommen verglichen zu früher so selten dazu, gemeinsam zu trainieren, dass mir die Zeit immer viel zu schnell vorbeigeht. »Willst du noch auf einen Eistee mit aufs Dach?«
»Da brauchst du nicht zweimal fragen.«
»Es war nur Höflichkeit, dass ich gefragt habe. Mir war klar, dass du ja sagst.«
Ich rolle mit den Augen und versuche dabei, mein Lächeln zu verbergen. »Deine Selbstsicherheit kennt wohl keine Grenzen.«
Wir sammeln unsere Sachen auf und verlassen schweren Herzens das Eis. Wie kann es eigentlich sein, dass die Zeit immer so schnell vorbeigeht, dass es einem fast nur wie ein Wimpernschlag vorkommt, während die Vorlesungen in der Uni gefühlt nie ein Ende nehmen? Will würde darauf jetzt sofort eine Antwort parat haben, die vermutlich mit irgendeiner Theorie zu tun hat, von der ich noch nie gehört habe.
Obwohl er Wirtschaft studiert, interessiert er sich neben Eishockey für viele unterschiedliche Dinge. Von Musik über Physik bis hinzu Geschichte ist alles dabei und ich habe mich nicht nur einmal gefragt, wie es möglich ist, dass ein einziger Mensch ein so großes Allgemeinwissen hat.
Neben ihm finde ich mich selbst manchmal fast schon ein wenig langweilig. Ich liebe Eishockey. Das war’s. Ich schaue Eishockey im Fernsehen, sehe mir Spiele live in der Halle an und studiere gefühlt eher nebenbei Sportmanagement. Ob ich das später mal tatsächlich machen will, sei dahingestellt. Aber es ist ein gutes und zugegeben interessantes Studium, mit dem mir später einige Türen offenstehen. Aber trotzdem spukt da dieser Traum in meinem Kopf herum: professionell Eishockey zu spielen. Ein Traum der, je mehr Zeit seit der letzten Saison vergeht, in immer weitere Ferne rückt.
Ich folge Will in sein Haus, das nur ein paar Meter von der kleinen Eishalle entfernt ist, und werde von seiner Mutter mit einem freundlichen Lächeln empfangen. »Geht ihr noch aufs Dach? Wollt ihr einen Eistee mitnehmen?«
»Das wäre toll, Mum. Danke.«, sagt Will und schenkt ihr ein Lächeln.
Sie ist bereits dabei den Eistee aus dem Kühlschrank zu holen und summt eine Melodie vor sich hin, die ich nicht kenne. Keine fünf Minuten später trage ich eine volle Glaskaraffe in der einen und eine Dose mit weißem Zucker in der anderen Hand die Treppen hoch, während Will die Gläser und ein paar Kekse ergattert hat.
Wir sitzen nicht wirklich auf dem Dach. Theoretisch ist es eher ein überdachter Vorsprung, der an Wills Zimmer angrenzt und den man mit einer Leiter erreicht. Es ist zwar nicht so einfach, dort mitsamt Glaskaraffe hinaufzuklettern, aber dafür werde ich jedes Mal mit einem spektakulären Blick belohnt.
Ich lasse mich auf das Palettensofa sinken, das ich gemeinsam mit Will zusammengebaut habe. Die einst weinroten Polster sind von den vielen Stunden, die wir auf ihnen schon verbracht haben, durchgesessen und die Farbe ist nicht mehr so frisch wie am Anfang. Aber ich liebe diesen Ort fast so sehr wie unsere Eishalle und die kleine Pfütze, die sich im Winter hinter Wills Haus bildet und mit Abstand unsere Lieblingseisbahn ist.
Will schenkt zuerst mir und dann sich selbst Eistee ein. Ohne dass ich etwas sage, süßt er meinen noch einmal extra mit zwei Löffeln Zucker und rührt ein paar Mal um, bevor er mir das Glas reicht. Dankend nehme ich es entgegen und lasse mich tiefer in die Polster sinken. Mit einem wohligen Seufzer trinke ich einen Schluck. Will schüttelt es bei meinem Anblick.
»Bei so viel Zucker steht fast der Löffel im Glas. Mum tut da so immer schon genug rein.«
Ich schüttle den Kopf, sodass meine braunen Locken von links nach rechts fliegen. »Quatsch. So ist er absolut perfekt.« Schon immer habe ich alles geliebt, was süß ist. Je klebriger und schokoladiger, desto mehr bin ich in meinem Element. Ich habe nicht erst einmal gehört, dass ich einen saumäßig guten Stoffwechsel haben muss, bei dem ganzen Süßkram, den ich täglich verdrücke.
Ich antworte darauf immer nur, dass das Leben in manchen Situationen schon bitter genug ist und ich so eben selbst dafür sorge, dass es jeden Tag ein klein wenig süßer wird. Gerade jetzt, wo alles nach Alex’ Kündigung so dunkel und schwarz erscheint, brauche ich das umso mehr.
»Alles okay, Kitty?« Wir sitzen wieder auf dem Dach und Kacey wirkt heute noch mehr in Gedanken, als gestern nach unserem gemeinsamen Training.
Sie rollt mit den Augen, aber an ihren zuckenden Mundwinkeln erkenne ich, dass mein alter Spitzname für sie immer noch Wirkung zeigt. »Ich dachte, du hättest endlich damit aufgehört, mich so zu nennen. Wir sind keine zwei mehr.«
»Du weißt, dass du für mich immer Kitty sein wirst.« Den Kosenamen habe ich Kacey schon verpasst, als ich gerade mal mit dem Sprechen angefangen habe. Ich konnte »Kacey« nicht aussprechen und habe sie stattdessen »Kitty« genannt. Der Name steht sinnbildlich für unsere Freundschaft, die jetzt schon so viele Jahre besteht.
Sie nickt langsam. »Da hast du recht.« Das kleine Lächeln auf ihren Lippen verschwindet schnell wieder und sie macht einen geknickten Eindruck. »Um auf deine Frage zurückzukommen: Nein, es ist nichts okay, Will. Ich habe einfach keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Du weißt genau, was es bedeutet, dass Alex aufgehört hat.«
»Jetzt mal nicht gleich den Teufel an die Wand«, gebe ich mit gezielt ruhiger Stimme zurück. »Es klappt eben nicht immer von heute auf morgen einen neuen Coach zu finden. Wir hatten auch zuerst Probleme, weil gefühlt kaum jemand am College Trainer werden will.«
»Oh ja, es ist bestimmt ein wahnsinniges Problem, einen Headcoach und einen Assistenztrainer zu haben«, sagt sie mit bissiger Stimme und verdreht in großer Geste die Augen. Ich weiß, dass sie es mir gegenüber nicht böse meint, aber trotzdem schwingt deutlich der Unmut in ihren Worten mit. Das ist aber verständlich. Obwohl wir im Gegenteil zu den Mädels die Meisterschaft schon wieder knapp verloren haben, werden mehr Gelder an unser Team vergeben – und daran wird sich in absehbarer Zeit höchstwahrscheinlich nichts ändern.
Es ist unfair. Das braucht nicht schön gesprochen zu werden. Ich habe jedes Spiel der Mädels angeschaut, wenn es sich mit meinen eigenen Matches und Trainings vereinbaren ließ – und sie sind wirklich gut. In dem letzten Jahr hat Alex hervorragende Arbeit geleistet. Der Ehrgeiz und das spielerische Können waren schon immer vorhanden und er hat es geschafft, daraus eine Mannschaft aufzubauen, die bei jedem Spiel kämpft und einen wahnsinnigen Zusammenhalt hat. Ich hoffe wirklich für Kacey und die Mädels, dass ihre Leistung irgendwann honoriert wird. Ich habe nie verstanden, wieso da Unterschiede gemacht werden. Rein spielerisch gesehen, haben die Unicorns besser abgeschnitten als wir. Punkt.
»Vor allem sprechen wir inzwischen von über zwei Monaten. Nichts da mit ›von heute auf morgen‹. Wir hätten schon längst einen Ersatz finden müssen«, sagt Kacey, als ich nicht sofort auf ihre Worte reagiere. »Einfach unfassbar, dass ausgerechnet jetzt die Sportvorständin in Mutterschutz gehen musste. Ihre Vertretung hat absolut keine Ahnung von dem, was sie da tun soll. Ich meine, ich bin nur paar Tage, nachdem Alex abgetreten ist, zu ihr gegangen und trotzdem passiert nichts. ›Ich muss mich in diese ganze Thematik erst einmal einarbeiten, bislang habe ich nur das Eistanz-Team betreut und das hier ist für mich komplettes Neuland‹«, äfft Kacey die Stimme der Frau nach. »Und dann sagt sie, dass ich erst mal die Füße stillhalten und das College machen lassen soll. Wie passen die beiden Aussagen bitte zusammen?« Sie nestelt an der Serviette herum und zerreißt sie in immer kleinere Papierfetzen. Dabei liegt ein fieses Grinsen auf ihren Lippen und ich kann mir vorstellen, dass sie sich beim Malträtieren der Papierserviette ein bestimmtes Gesicht darauf vorstellt.
Sanft boxe ich sie gegen die Schulter, damit sie wieder zu mir aufsieht. In ihren Augen lese ich deutlich die Resignation. Dieselbe, die sie seit dem Meisterschaftsabend zur Schau trägt, obwohl der Tag sie hätte glücklich machen und nicht dermaßen enttäuschen sollen.
Allein an ihrem Blick hatte ich erkannt, dass irgendetwas nicht stimmte. Tränen glitzerten in ihren Augen und das muss bei Kacey wirklich etwas heißen, denn obwohl wir uns schon so lange kennen, kann ich an einer Hand abzählen, wie oft ich sie weinen gesehen habe. Sie wirkte total aufgelöst und durcheinander.
Zuerst konnte ich ihren Worten kaum folgen, als sie mir erzählt hatte, dass Alex und Mary das Team verlassen. Doch als mir die Bedeutung dann klar wurde, bin ich fast vom Glauben abgefallen und konnte mich nur mit Mühe zusammenreißen, um mir den Schock nicht anmerken zu lassen.
Kacey war schon fertig genug, weswegen ich versuchen musste, Ruhe zu bewahren, um ihr damit eine Stütze zu sein. Aber in meinem Kopf hatte es sich angefühlt, als würden eine Milliarde kleiner Männchen aufgebracht darin herumrennen und in den verstaubten Schubladen nach einer Lösung für das Problem suchen.
Hätte der Kerl nicht zumindest bis nach der Meisterfeier warten können, um den Mädels von seinem Weggang zu erzählen? Es musste ihnen vorgekommen sein, als würden sie geradewegs gegen eine Betonmauer laufen. Zuerst das pure Glück über die gewonnene Meisterschaft und dann der Schlag ins Gesicht. Ich war nicht einmal dabei und trotzdem kann ich es mir bildlich vorstellen, wie die Stimmung in der Kabine umgeschwungen war bei dieser Eröffnung. So wäre es zumindest mir an ihrer Stelle gegangen.
Eine tonnenschwere Last hat sich auf Kaceys Schultern gelegt und ich kenne sie gut genug, um zu wissen, dass sie es sich allein zur Aufgabe macht, einen Ersatz für Alex zu finden, damit das Team weiterhin besteht. Egal, was der Sportvorstand dazu sagt. Sie hat so hart dafür gekämpft, in einer Frauenmannschaft zu spielen und mit aufzubauen, die auf einem wirklich hohen Niveau spielt, dass sie sich davon definitiv nicht so schnell geschlagen gibt. Auch wenn wir beide wissen, dass das eine echte Herkules-Aufgabe wird und ich aktuell keinen blassen Schimmer habe, wie wir das angehen sollen. Aber trotzdem werde ich für Kacey da sein.
»Ich weiß, dass das Alles gerade ziemlich frustrierend ist. Aber gib dem College ein bisschen Zeit. Die werden schon jemanden finden, da bin ich mir sicher.«
Kacey seufzt. »Sie sollten das am besten einfach mir überlassen. Das, was das College bisher nämlich gemacht hat, bringt gar nichts. Auch wenn ich nicht genau weiß, wo ich überhaupt anfangen sollte.«
»Am besten fängst du am Anfang an. Es war klar, dass es nicht einfach wird. Vor allem jetzt, wo die Zuständige aus dem Vorstand wegfällt. Aber das wird schon, Kitty. Wir können trotzdem ein paar Ideen sammeln, die du der Vertretung im College vorstellen kannst«, versuche ich sie aufzumuntern. Obwohl ich ihr insgeheim zustimme, dass das College bisher nicht allzu viel Energie in die Suche gelegt hat. Den Mini-Artikel auf der Website, in dem über die gewonnene Meisterschaft und in einem Nebensatz darüber berichtet wird, dass Alex als Coach aufhört und ein neuer Trainer gesucht wird, kann man jedenfalls vergessen. Darauf wird sich kaum jemand mit der rettenden Lösung melden.
»Ha ha. Megalustig, Will. Willst du dafür gleich eine kassieren oder erst später?« Drohend hebt sie die Hand, doch das winzigkleine Lächeln auf ihren Lippen straft ihrer Worte Lügen. »Mary hat mir da echt eine riesige Scheiße überlassen. Sie hat sich absolut den richtigen Moment ausgesucht, um abzutreten. Am Ende sind nicht sie und Alex die Bösen, sondern ich, weil ich es nicht hinkriege, einen Ersatz zu finden. Aber ich werde mir schon etwas einfallen lassen.« Sie massiert sich die Schläfe mit Zeige- und Mittelfinger, als hätte sie Kopfschmerzen.
»Das hält ja keiner aus. Hast du dich jetzt genug in Selbstmitleid gebadet?«
»Nope«, gibt sie zurück, lässt sich auf dem Polster tiefer nach unten sinken und streckt ihre Beine aus, sodass sie einmal quer über meinem Schoß liegen.
Es kostet mich einiges an Selbstbeherrschung, um nicht zu lachen und stattdessen einen ernsten Ton anzuschlagen. »Hör mir mal gut zu, Kacey West. Die Zeit des Schwarzmalens ist vorbei, das hast du in den letzten zwei Monaten perfektioniert. Jetzt werden Pläne geschmiedet.« Ich greife nach ihren Beinen und hebe sie von meinem Schoß runter, von wo ich sie auf den Boden fallen lasse. »Na los, aufstehen!«, sage ich in der befehlshaberischsten Stimme, die ich in diesem Augenblick zu Stande bringe.
»Du bist echt ein Sklaventreiber, weißt du das? Lass mir wenigstens ein bisschen Zeit, um über die Scheiße hinwegzukommen.«
»Ich weiß. Wenn es nach dir geht, würdest du jetzt am liebsten noch mal acht Wochen mit Eis und Butterpancakes voller Ahornsirup auf dem Sofa lümmeln und dir eine Folge Gilmore Girls nach der anderen reinziehen. Aber dafür haben wir echt keine Zeit.«
»Dabei klingt das nach einem perfekten Plan. Vielleicht solltest du das ›Aber‹ noch mal überdenken und dafür einfach mitmachen.« Kacey klimpert mehrmals mit den Wimpern und versucht, mich mit ihrem besten Hundeblick rumzukriegen.
»Du weißt genau, dass das keine Wirkung auf mich hat.« Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, als sie den süßen Blick aufgibt und stattdessen laut und genervt aufstöhnt – was übrigens gar nicht mehr süß ist. »Na los, lass uns einen Schlachtplan entwerfen. Ich weiß, dass du das auch willst. Genug Trübsal geblasen.« Ich strecke die Hand nach ihr aus. Ein paar Sekunden schwebt sie zwischen uns in der Luft, bevor Kacey danach greift und sich von mir auf die Füße ziehen lässt.
»Manchmal bist du echt unausstehlich, Turner.«
»Oh oh, Turner? Heißt das jetzt, dass ich in Schwierigkeiten bin?«
Gespielt nachdenklich tippt sie sich an die Unterlippe und lässt mich ein paar Sekunden zappeln, bevor sie antwortet. »Du bist so ziemlich die einzige Person, die es überlebt, mich von meinem Gilmore Girls-Selbstmitleidsabend abzuhalten. Verscherz dir das nicht.« Ihre Augen blitzen auf und ich erkenne den altbekannten Schalk darin aufblitzen, den ich in den vergangenen Stunden schon angefangen habe, zu vermissen.
»Komm, lass uns bisschen aufs Eis gehen. Wir haben noch ein, zwei Stündchen, bevor die Halle schließt.«
»Na gut. Aber Simon könnte die Zeiten auch einfach verlängern.«
»Besser nicht, sonst tauchst du bald gar nicht mehr zu Hause auf.« Das war nur zur Hälfte ein Scherz. Kacey war früher fast nur zum Schlafen daheim, zum Leidwesen ihrer Mutter, die als Krankenschwester und deshalb im Schichtdienst arbeitet. Ihr Vater ist auf Montage und kommt daher meistens nur an den Wochenenden nach Hause, weswegen Kacey viel Zeit bei uns verbracht hat. Aber das hat sich mit dem Studium geändert, da wir immer an unterschiedlichen Tagen Training hatten und es dadurch nicht mehr so gut zusammengepasst hat.
Ich mag mein Studium und genieße es, am College zu sein, aber oft vermisse ich die Zeit davor. Als wir gemeinsam zur Schule und nach Hause gefahren sind und praktisch jede freie Minute zusammen verbracht haben. Diese Minuten haben sich damals nach mehr Zeit angefühlt, als es jetzt der Fall ist.
Vor unserem Studium hat Mum schon gar nicht mehr gefragt, ob Kacey zum Essen bleibt. Sie deckte den Tisch automatisch für fünf Personen und mein Dad freute sich immer, wenn sie da war. Ich glaube, insgeheim haben meine Eltern immer gehofft, dass irgendwann mehr aus Kacey und mir wird. Vielleicht irgendwann …
»Wie lang willst du eigentlich noch dastehen und den Stein anstarren?«, unterbricht Kacey meine Gedanken.
Stein? Perplex blinzle ich ein paar Mal, bis sich der letzte Gedanke in meinem Kopf verflüchtigt. Ich habe nicht einmal bemerkt, dass wir schon draußen stehen. Verwundert schaue ich auf das Paar Schlittschuhe in meinen Händen. Wow, ich muss echt in meinen Gedanken versunken gewesen sein, wenn ich es nicht einmal mitbekommen habe, dass wir durch das ganze Haus gelaufen sind.
Zum Glück ist der Weg zur Eishalle nicht weit und wir stehen nur wenig später auf dem Eis. Irgendwie ist es zu unserem Ritual geworden, in den verschiedensten Situationen hierherzukommen. Zum Nachdenken, zum Trainieren, zum Pläne schmieden. Wir haben einen großen Teil unserer Kindheit hier verbracht, wenn wir nicht draußen auf der gefrorenen Pfütze fahren konnten. Es wirkt immer wie der absolut perfekte Ort, um alle Probleme zu lösen, die das Leben eben so mit sich bringt und ich hoffe, dass er auch heute seine Magie wirken lässt. Wir brauchen nämlich einen sauguten Plan, um das auf die Kette zu kriegen.
»Also Bestandsaufnahme«, sagt Kacey und feuert den ersten Schuss auf mich ab. »Wir haben fünfzehn Spielerinnen, davon zwei Goalies, sieben Abwehrspielerinnen und sechs Stürmerinnen.«
»Und eine Eishalle direkt an der Uni«, werfe ich ein und verpasse den Puck knapp, wodurch er in unserem provisorischen Tor landet. Ich sammle ihn auf und spiele ihn Kacey zurück, die sich sofort wieder in Schussposition bringt.
»Aber keinen Trainer.« Kaum hat sie ausgesprochen, schießt sie wieder. Und das mit einer solchen Wucht, dass ich mich zügig in Sicherheit bringe, bevor das Ding an Stellen landet, in denen ich lieber keine Hartgummischeibe spüren möchte.