Kitty Kathstone Band 2 - Sandra Öhl - E-Book
SONDERANGEBOT

Kitty Kathstone Band 2 E-Book

Sandra Öhl

0,0
4,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 4,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Bevor Katharina Victoria Emilia Esmeralda Kathstone nach den Weihnachtsferien an die C.O.G. zurückkehrt, vertraut Emilia ihr ein dunkles Geheimnis aus der eigenen Schulzeit an. Früher als es der jungen Werkatze lieb ist, scheint sie eben dieses einzuholen und der schlimme Verdacht macht sich in ihr breit, dass die Lykans die Kathstones nicht ganz grundlos hassen. So hält das neue Abenteuer neben Hildegard Haudraufs wilder “Sweet Sixteen Party“ (zu der ihr im Übrigen herzlich eingeladen seid) und Noras geheimer “Operation Venus“ so einiges für Kitty bereit. Vor allem die unerwartete Verpflichtung namens Lysander, eine rasende Furie, der Plan der Nornen und ein aufmüpfiges Hippokamp lassen Kittys Leben nicht unbedingt ruhiger werden. All der Mysterien nicht genug, geehrter Leser, werdet ihr in diesem Band erfahren, warum ausgerechnet ich der Erzähler dieser speziellen Geschichte bin und wie ich damit in Verbindung stehe! In diesem Sinne: »Welcome back – lasset das Abenteuer beginnen!«

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2017

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Table of Contents

Title Page

VORWORT

KITTY´S WELT

ALLER ANFANG IST SCHWER

WAHNSINN – ZURÜCK IN DEN HALLEN DER C.O.G

EINE FRAGE DES STANDPUNKTS

FAMILY BUSINESS INKLUSIVE V.I.P

ZWISCHENSTOPP BELLO SONNO

NEUIGKEITEN, OFFENE GEHEIMNISSE UND ANDERES ZEUGS

LYSANDER

DER NEUE AN DER C.O.G.

SHÖGI – DAS FEUER IST ENTFACHT

DER SCHREI IN DER GENEALOGIE

GRANDMA´S SLEEP OVER

MEET YOU IN THE AMERICAN DINER

MONTAGS-QUADDELN BEI JAMAL

BIS DIE PARTY STEIGT - NORA, NIKE UND ANDERE GEHEIMNISSE

HILDEGARDS SWEET SIXTEEN ODER EIN BAYRISCHER DEKOTRAUM UND DER MORGEN DANACH

GNÄDIGER HERR – SIE HABEN LEIDER NUR EIN TICKET FÜR FÜNF! ODER WILLKOMMEN IM SCHÖNEN WIEN!

ELFIE EBNERS BONBONAIRE UND DIE PORTRAITGALERIE

WIEN WESTBAHNHOF – BAHNGLEIS 7

JAKUTSK! SANTA MERDA! UND WO ZUR HÖLLE IST DETLEF!

SAHMARAN, DIE GÖTTIN DER WEISHEIT, UND DAS GEHEIMNIS DER APADANA

GLOSSAR

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kitty Kathstone, Band 2

 

Erzählt von Sir Larry Oehl

Niedergeschrieben von Sandra Öhl

 

Alle Rechte für die deutschsprachige Ausgabe vorbehalten

© by Sandra Charlotte Öhl-Wögerbauer 2017

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Korrektorat: Lisa Helmus, Sylvia Pomm, Katrin Braun

Covergestaltung: CPLUSM, Wels

Grafiker: Lena Comer, Andrea Hainzinger

ISBN: 978-3-9504003-8-0

 

 

www.kitty-kathstone.com

www.sir-larry-oehl.com

 

Seht auf Kittys Homepage vorbei um Euch einen Überblick über die mythologische Welt und deren Wesen zu verschaffen oder lauscht einfach Kittys Musik beim Lesen!!!

Natürlich findet Ihr dort auch sämtliche im Buch erwähnten Filmausschnitte!!!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Leben ist wie Fahrrad fahren. Man muss sich immer vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.

ALBERT EINSTEIN (1879 – 1955)

 

In Band 1 hieß das erste Kapitel »Das Ende vom Anfang« … so ähnlich verhält es sich nun auch mit dem Vorwort zu Band 2. Dies hier sind die letzten Zeilen, die wir im Rahmen dieses Buches tippen und sie fallen länger aus, als gedacht.

Larry und ich haben über ein Jahr an diesem Buch gearbeitet (ich hart und Larry äußerst entspannt, aber so ergänzen wir uns eben), und so wie das Zitat zu Beginn des Buches von Veränderung spricht, so hat sich über diesen Zeitraum auch vieles bei uns verändert.

Eine jener Veränderung war, dass im Rahmen von Kitty 1 viele neue liebenswerte Menschen in unser Leben getreten sind, die uns bei dem was wir tun – Geschichten erzählen – unterstützt haben und ohne die Kitty nicht dort wäre, wo sie ist.

Dass Kitty Band 2 vorliegt, ist somit auch ihr Verdienst und dafür möchten wir uns bedanken. Mit dieser Entscheidung standen Larry und ich allerdings vor der Frage, wie wir die Sache am besten angehen, um die Angelegenheit irgendwie in den Griff zu bekommen – denn es waren letztendlich sehr viele liebe Menschen, die unseren Weg gekreuzt hatten. Daher haben wir beschlossen, uns an die Chronologie der Ereignisse zu halten, mit einer einzigen Ausnahme: An erster Stelle möchten wir Sylvia Pomm und Katrin Braun danken, ohne deren Mühe, Zeit und Argusaugen Kitty 2 nicht erschienen wäre! Dear Ladies, dafür sind Larry und ich euch zutiefst und in der Tat auf ewig dankbar – wir hoffen, ihr wisst das!!! (An dieser Stelle verneigt sich Larry selbstverständlich mit einem tiefen Kniefall vor den Ladies!) Lisa Helmus, was sollen, können wir sagen – außer DANKE! Es hat unendlich viel Spaß gemacht vor allem angesichts des Plusquamperfekts auf dem sich dann noch ein Satz sowohl, als auch befunden hatte!

 

Aber lasst uns zum Anfang zurückkehren – begonnen hat unsere Reise mit der Bekanntschaft der außergewöhnlichen “Fantastic Four“!!! Wer das ist, fragt Ihr? Nun dies wären: Mein Buch, Meine Welt (Tina alias „die Auster“ Hagelstein), Rubys Cinnamon Dreams (Julia Groß alias the ruby girl), Liljana´s Rezensionen undDer Bücherwahnsinn (Alexandra Künzler) – Mädels wir lieben euch und wir hoffen, ihr wisst das!!!

 

Kurz danach flatterte ein Mail aus einem uns damals noch unbekannten Empire ins Postfach: The Empire of Books (Janine Witt und Krümel), die Kitty einen Platz in ihrem großen Herzen eingeräumt haben, ebenso wie Die Bücherwanderin (Caro Stürmer) und Bücherwürmchenswelt (Marie-Claire Wimmer) es taten und bei denen wir uns gleichfalls bedanken möchten!!

 

Zu Weihnachten durften wir Sonjalovesbooks (Sonja Standhardinger) und die Lesende Samtpfote (Pauli und Yvonne) kennenlernen – drei ganz besondere Damen, die uns ebenso sehr ans Herz gewachsen sind! Doch dem nicht genug, war es uns erlaubt, in ein besonderes Haus mit ganz besonderen jungen Menschen einziehen: dem Kinderheim St. Alban am Ammersee. Vor Kurzem hat uns in diesem Zusammenhang eine literarische Sternwarte gesteckt, dass die dortigen Leser Kitty besonders in ihr Herz geschlossen haben, und wisst ihr was – das beruht definitiv auf Gegenseitigkeit – ihr habt einen festen Platz in unserem Herzen gewonnen!!!

 

In jenem Winter flatterte unerwarteterweise auch eine feurige Bücherfee in unser Leben: Red Fairy Books (Saskia Seifert) – deren Herzen genauso am rechten Fleck ist wie Kittys!

Und als wäre das der Ehre nicht genug, durften wir im Rahmen einer Blogtour vier weitere überaus außergewöhnliche Bekanntschaften machen: Born from the Sky (das Sternenkind Shou LaRoux Nicole Schmid), die mit ganzem Herzblut einen mehr als fantastischen Artikel zu den Wesen in Kittys Welt verfasst hat. Book, Histories and Secrets (Denise Hinden), deren Begeisterung uns schlichtweg ansteckte! Lullaby´s Bücherkiste (Jennifer Geiger), die zum richtigen Zeitpunkt neben lieben Worten Einhornpower geschickt hat und die immer strahlende und mehr als liebenswerte Kathleen´s Bücherwelt (Kathleen Jeß), die einen mit ihrer Freundlichkeit selbst zum Strahlen bringt!

 

Kurz darauffolgend und ehrlicherweise absolut unerwartet trat unsere Lieblingsbuchhändlerin Franziska Kommert in unser Leben, die zugleich die Lesemädels mitbrachte und somit für eine Menge Begeisterung sorgte – angesichts derer wir sogar ein wenig aus Scham erröten.

 

Nicht allzu lange danach erhielten Larry und ich eine ganz besondere Einladung von der besonderen Vanessa Schrolmberger (Bücher sind Heiligtümer) zu einer langen Nacht der Bücher – die wir mehr als genossen haben!! Diese lange Nacht hat uns direkt in Mein Bücherkosmos (Tina Salewski) katapultiert, ein Kosmos, in dem wir uns pudelwohl fühlen!!!

 

Weiters durften wir Teil einer überaus liebenswerten Leserunde werden, bei der wir uns für die tatkräftige Unterstützung bedanken möchten und ich hoffe, die Damen wissen, dass wir es sehr schätzen, dass sie in unser Leben getreten sind: Flowers Büchertagebuch (Doreen Mösel), Ela´s Bücherecke (Daniela Müller), Jane´s kleine Ecke (Sarah-Jane Stephenson), Rinas Bücherblog (Regina Schmidl) und JunoundDean are reading (Melanie Lübker).

 

Etwas kürzer, aber nicht minder herzlich, gilt unser weiterer Dank: Bücher aus dem Feenbrunnen (Susanne Weber) – die Fee, die immer fantastische Blog-Events zaubert, Eine Bücherwelt (Jeanette Thiedigke) – die uns nie vergisst, Bellezza Ribelle (Henny Charlotte Kingston Wenz) – Charlotten ☺ müssen zusammenhalten, Madame Buchfein (Franzy Stein) – die immer begeistert ist, Selection Books (Nadine Dzaak) – uns verbinden definitiv vier Pfoten, Petra Pöschl - Ich liebe signierte Bücher – für einen tollen Abend mit lustigsten Antworten zum Thema Allghoi Khorkhoi, Theo der Lesebär – ein Brumm auf den Bären, Grisi´s Bücherlabyrinth, Phinchens FantasyWorld – an dieser Stelle sei ebenso das junge Fräulein Josephine Lipski herzlich gegrüßt!!!, Janetts Meinung – für ein tolles Interview, Lisa Helmus (Lisasbuecherleben)– für den umwerfend lieben Mailaustausch, Ute Distl (Quodlibet)– auch wenn du ein Hörbuchfan bist, hoffe ich du hast es bis hierher geschafft ☺, Katja Koesterke – die sich für Kitty auf Tour begeben hat, die es in sich hatte, Bücherdreams (Annette Hettinger) – danke, dass du am Tag des Buches ausgerechnet an uns gedacht hast und Bookwives (Sabrina Cremer) – danke für einen ganz tollen Fan namens Monika und einfach nur so ein Danke an Paul aus Berlin, Mikka liest, und elizasbeauty!!!

 

Und LAST but not LEAST: EIN GROSSES DANKE an drei sehr liebe Kolleginnen, die mir mit Rat oder Tat zur Seite gestanden sind!!!

Dreimal Danke an Sandra Regnier, Nina Mac Kay und Kim Kestner!!!

 

Ja und dann sind da noch immer all jene ungenannt, die Kitty in ihrem lesenden Herzen einen Platz eingeräumt haben. Ich hoffe, Ihr wisst, Ihr seid einer der Gründe, warum wir uns jeden Tag erneut hinter die Tatstatur klemmen und in fremde Welten reisen, um diese zu erforschen und von ihnen zu berichten, auch wenn es manchmal gar nicht so einfach ist, dies in Worte zu fassen. Würde es Euch nicht geben, würde es die Geschichten selbst nicht geben! Wir hoffen, Ihr genießt Kittys zweites Abenteuer in vollen Zügen!!

SCHÖN, dass es EUCH ALLE GIBT!!!

 

Euer Larry und eure Sandra

 

 

 

 

 

 

 

 

Aller Anfang ist schwer. Es ist in der Tat nicht nur kompliziert den tatsächlichen Beginn einer Geschichte zu definieren, hierfür ist auf keinen Fall ein simples „Es war einmal“ ausreichend, um an dieses anzuknüpfen und einhergehend die darauffolgenden Ereignisse korrekt zu schildern, um somit an das eigentliche Ende zu gelangen, sondern es ist sogar überaus heikel festzustellen, wo die Dinge begonnen haben und wo sie tatsächlich zur Neige gehen. Wenn Ihr mit einem Zirkel einen sauberen Kreis zieht, so werdet Ihr sehen, dass ich mit dieser Feststellung nicht so falsch liege. Am Schluss habt Ihr eine geschlossene Linie, die anscheinend weder Ende noch Anfang besitzt. Die Frage nach dem wahren Ursprung – dem Punkt, an dem alles begann, erweist sich somit in der Tat als eine heikle Sache.

Nun ja, ich denke, diese Suche hat wohl viele gelehrte Köpfe über die letzten Jahrhunderte beschäftigt und wird es auch weiter tun. (Nebenbei muss ich erwähnen, lieber Leser, dass ich äußerst erfreut bin, Euch wieder anzutreffen – besser gesagt, zu lesen. Welcome back! Ich hoffe, es ist Euch zwischenzeitlich nur Bestes widerfahren und Ihr habt die eine oder andere bemerkenswerte Erfahrung gemacht – entschuldigt, Ihr kennt mich ja … also zurück zum ursprünglichen Thema: dem Kreislauf.)

Falls man versteht, dass alles, wenn auch mit noch so feinem Faden unabdingbar miteinander verwoben ist, so wird klar, dass der Anfang selbst bereits das eigentliche Ende in sich birgt. Allerdings empfiehlt es sich, zum Zweck ebendieser Erkenntnis auf der Umrisslinie des Kreises zu wandern und nicht in dessen Inneren gefangen zu sein. Bei dem Durchschreiten der einzelnen Punkte bemerkt man, dass man derjenige ist, der die Linie bildet, und jene nur durch Veränderung entstehen kann. Aber ich befürchte, dass ich den einen oder anderen höchstwahrscheinlich mit meinen ausführlichen Gedanken langweile … einzig wichtig ist mir anzumerken, dass dieses Mal unsere Geschichte unter dem Stern jener notwendigen Veränderungen ihren Lauf nimmt, um dem Ursprung und somit dem Ende näherzukommen.

Wollen wir rasch die bisherigen Stationen Revue passieren lassen, um an eine Stelle im Geschehen zu gelangen, an der wir fortfahren können. (Und an diesem Punkt möchte ich Euch auch nochmals daran erinnern, dass ich ein allwissender Erzähler bin, der neben Kittys natürlich auch den einen oder anderen Gedanken der teilnehmenden Abenteurer in dieser Geschichte kennt…)

Ich würde vorschlagen, Ihr entsinnt Euch der regnerischen Nacht des 31. Oktobers in Little’s Law, wo der Sturm die Blätter und den Regen durch die leeren Straßen peitschte, ein unsympathischer Direktor eine Flasche Champagner köpfte und ein Mädchen namens Kitty Kathstone hinzukam, welches in einer nie endenden Warteschlange des Lebens stand, um letztendlich doch an jene Stelle in ihrer Geschichte zu gelangen, die scheinbar (und mehr als geduldig) auf sie gewartet hatte.

Kitty erfuhr an ebendiesem Abend, dass ihre Familie ein überaus interessantes, wenn auch etwas merkwürdiges Geheimnis hat. Welches? Ach, das wisst Ihr doch bereits! Kitty ist eine Werkatze. Eine Foreign White!

Weitaus erschütternder als der außergewöhnliche Umstand, von nun an auf vier Samtpfoten durch das Leben zu laufen, erschien für Kitty allerdings die Tatsache, dass ihre Mutter sie bis dato belogen hatte. Emilia war daher seit jener Stunde einzig ein aufgelöstes Wrack und Kitty einfach nur stinksauer. Victoria, Kittys Großmutter, hingegen zeigte sich von dem Familiendrama nur minder beeindruckt. Ganz im Gegenteil, sie schien es beinahe willkommen zu heißen, dass Kitty in eine neue Welt – ihre Welt – eintreten musste.

In jenem konkreten Fall sprechen wir von der C.O.G. (Central Organisation of Guardians und nicht Club of Goofers, wie böse Zungen nach wie vor behaupten). An dieser wimmelte es nur so von ungewöhnlichen mythologischen Wesen aus der ganzen Welt – Walküren, japanischen Einhörnern, Furien, Meerjungfrauen, Zentauren, Riesen, Dschinn, Elfen, Drachen, Gorgonen etc. An besagtem Ort trifft Kitty auf ihre in der Zwischenzeit beste – Hängerchen tragende und Brillen schiebende – Freundin, Nora Needle. Eine Formwandlerin, die ihren Aggregatzustand von fest zu flüssig verändern kann. Und als wäre das alles nicht genug, verliebt sie sich ausgerechnet in Glade, einen Elf(enprinzen – ein wenig kitschig – ich weiß! Wer verliert denn heute bitte noch sein Herz an einen Prinzen … Na ja!). Auf jeden Fall duftete dieser verführerisch nach sonnengetrocknetem Herbstlaub und besaß unwiderstehliche, bernsteinfarben schimmernde Augen, in die Kitty am liebsten den ganzen Tag geblickt hätte. (Hier sei übrigens angemerkt, dass es sich um einen direkten Übertrag aus Kittys Notizen handelt – nur um Missverständnissen vorzubeugen.) Dummerweise musste ausgerechnet dieser Prinz einen Schatz hüten, der entwendet wurde, neben weiteren anderen wertvollen Relikten – noch dümmer war allerdings, dass Kitty, als ihre Großmutter so ganz unerwartet spurlos verschwunden war, von Noctus Lykan (einem Werwolf) der Diebstähle beschuldigt wurde.

Somit wurde sie praktisch, gemeinsam mit Nora, Glade und Armand, dem Direktor der Schule, in ein nervenaufreibendes Abenteuer (bei dem Nora fast verdampft wäre) gestoßen – wo sich wiederum unsere Wege kreuzten. Wir sind im Übrigen Villard und Larry – ein italienischer und ein englischer Gentleman – die in zwei weiße Salukis verwandelt wurden. Bitte beachtet an dieser Stelle unbedingt, dass wir niemals, unter keinen Umständen, als Hunde bezeichnet werden wollen – sonst kann ich für etwaiges ungehaltenes Benehmen meines treuen Freundes Villard nicht garantieren. Ich meinerseits höre einfach very british darüber hinweg.

Kurzum, nach all den überstandenen Strapazen, die in der Endschlacht im Pergamonmuseum ihren Höhepunkt gefunden hatten, landete Kitty am Schluss der Geschichte in den tröstenden Armen ihrer Mutter, mit der sie ursprünglich nie wieder ein Wort sprechen wollte.

Allerdings hatte sich das Blatt an jenem Punkt zwischen den beiden gewendet, denn nun war es an Kitty, ein Geheimnis zu haben. Bei der obig erwähnten Unternehmung war sie zufällig über eine Brillenfassung gestolpert, die der ihres verschwundenen Vaters frappant ähnelte, wenn ihr nicht sogar haargenau glich. (Na ja – wer an Zufälle glaubt, glaubt auch ans Stolpern.) Somit hätte Kitty seit James Verschwinden die erste Spur überhaupt gefunden, die zu ihm führen könnte. Womit ein weiteres Rätsel einherging, das sie in nächster Zeit beschäftigen würde, neben den vielen anderen Fragen, die hinzugekommen waren.

Nora kam im Verlauf dieses haarsträubenden Erlebnisses ebenso eine Aufgabe zu. Sie hütete seit jener Nacht ein vermutlich nur schwer zu entschlüsselndes Schriftstück – durch die Nornen gemeinhin auch als das klebende Schicksal bekannt. Da die Gute ohnehin schon an einer Überdosis Abenteuer litt, kam ihr daher dieser Auftrag nicht unbedingt gelegen und somit störte sie es nur wenig, in den darauffolgenden Feiertagen für sich zu sein. (Die Warzentinktur benutzte sie trotz all der furchtbaren Erlebnisse im Übrigen sehr wohl – Ihr wisst schon: der Suk, die Hannya und eine ganz unangenehme Stelle.)

Die Einsamkeit hielt in jener dunklen Stunde auch bei Armand, dem Direktor der C.O.G., Einzug. Der fallende Schnee erstickte dessen tobenden Kummer und herzzerreißende Schreie unter seiner unschuldig wirkenden Decke, während die Blüte von Simris mit vollkommener Stille den leblosen Körper von Armands Bruder Vincent umschlang und ihn auf immer verschwinden ließ. Es war die einsamste und unerträglichste Nacht, die dieser Mann in seinem langen Leben ertragen müssen. Victoria befürchtete, er versänke in ewiger Dunkelheit. Sie versuchte mit aller Kraft, ihre scheinbar (ich persönlich würde sagen, doch eher offensichtliche) heimliche Liebe aufzufangen.

Ja, es mag einer gewissen Melodramatik nicht entbehren, aber vergesst bitte an dieser Stelle keinesfalls, dass es sich in jener Sache komplizierter verhält, als es sich vielleicht auf den ersten Blick darstellen mag. Ihr könnt Euch bestimmt noch dessen entsinnen, dass es einer Art Gegensatz bedarf, um etwas wirklich zu definieren – wie eine Waage zwei Schalen benötigt, um nicht aus den Angeln gehoben zu werden – und genauso verhielt es sich bei Armand. Er repräsentierte in gewisser Weise das Licht und Vincent die Dunkelheit. Was passiert allerdings, wenn es von jetzt auf gleich keine Dunkelheit mehr gibt, was sollte das Licht dann machen? Es wäre plötzlich NICHTS.

 

Und so unterschiedlich die persönlichen Schicksale an jenem Punkt auch sein mochten, so hatten doch alle etwas gemeinsam: die Veränderung.

Für jeden Einzelnen hatte ein neuer Abschnitt begonnen, den sie beschreiten und dessen Prüfungen sie bestehen mussten – dazu brauchten sie vor allem eines: die Bereitschaft, diesen ihnen noch unbekannten Pfad zu umarmen.

Auf jenem neuen Weg hatten sie allerdings einen frischen Mitstreiter gewonnenen – Lysander – den Sohn Vincents. Der mit Kitty eine überaus eigentümliche (so würde ich es zumindest nennen) Gemeinsamkeit hatte: die Farbe seiner Augen.

Ich hatte bereits bei der Schilderung unserer letzten Unternehmung folgende Frage in den Raum gestellt: Besteht das Leben aus Zufällen oder treffen wir das Schicksal zum vereinbarten Zeitpunkt? Oder verhält es sich vielleicht so, dass es sich hierbei um einen Schnittpunkt dieser zwei Möglichkeiten handelt?

Möglicherweise sind es gerade jene Überschneidungen, die uns unverhofft in ein neues Abenteuer stürzen lassen, so wie dieses nun weitergeht, lieber Leser.

Hatte zuletzt am Beginn unserer Erzählung die Liebe (neben der Ungerechtigkeit) bereits eine Rolle gespielt (Ihr entsinnt Euch an Emilia und James Barneby Butterfields Bestellung bei Mr. Bumblebee’s?), so werdet Ihr heute feststellen, dass sich dieses Thema wie ein roter Faden durch all die unterschiedlichen Schicksale zieht, die wir in unserer Geschichte beleuchten. Vielleicht stellt sie – die Liebe – genau jenen Punkt dar, an dem alles begann oder trefflicher formuliert: an welchem immer alles beginnen und in den stets alles münden sollte – der Schlüssel zum ewigen Geheimnis des unergründlichen Ursprungs unseres unendlichen Universums, unseres Selbst.

An einer derartig vergleichbaren Schlüsselstelle möchte ich in die Ereignisse wieder einsteigen. Allerdings mit dem Unterschied, dass dieses Mal die Handlung nicht mit Kitty und einem stürmischen Abend beginnt, sondern mit mir, meinem persönlichen Schicksal, der Liebe meines Lebens und dem britischen Wetter.

 

 

Als ich sie zum ersten Mal sah, fiel mir kein anderer Vergleich ein. Sie war (und so würde es für immer bleiben) wie das britische Wetter: completely unpredictable – welchem auf ewig mein Herz gehören würde und das ich mitunter in der gleißenden Hitze der Sonne Babylons so sehr vermisste. Ich kniete gerade im Staub (natürlich zu diesem Zeitpunkt noch in menschlicher Form – nicht als Saluki), als ich voller Leidenschaft, zugleich behutsam, die letzten Stücke eines im Sand verborgenen glasierten Ziegelsteines freilegte. Sein makelloses, kräftiges Blau schimmerte mir entgegen. Das Relief eines schlangenartigen, mir zum damaligen Zeitpunkt noch fremden Wesens, offenbarte sich mir. Mein Herz pochte für einen Augenblick beinahe zu fest gegen die Brust, denn das, was sich mir offenbarte, war in der Tat außergewöhnlich.

Die Liebe zur Geschichte, zu eben jenen singulären Ereignissen, die sich letztendlich wieder zusammenfinden, um gemeinsam die menschliche Historie zu bilden – mit all ihren Makeln, bemerkenswerten Leistungen und einzigartigen Augenblicken – war das, was mich antrieb. Das Erkennen des Ganzen im Detail – genau das hatte mich dazu gebracht, dass ich es vorzog, im Staub zu knien und für andere anscheinend belanglosen Schund ausgrub. So hätten es sowohl mein Vater, als auch meine Mutter – sein Lord und ihre Ladyschaft bezeichnet. Ich allerdings fand, alles wäre besser, als mich meinem Schicksal in England zu beugen. Und hiermit sind wir in meiner persönlichen Historie an einem scheinbar nebensächlichen Punkt angelangt, den man auch als bloßen Zufall erachten könnte, der allerdings bis heute nachwirken sollte: die “Kleinigkeit“ einer verweigerten Zwangsverlobung eines unbedeutenden jungen Adeligen.

Um es abzukürzen, ich hatte praktisch die eigene Familie zu damaligem Zeitpunkt bloßgestellt, da ich mich der (ermüdenden Zwangs-)Karriere eines Aristokraten verweigerte und infolgedessen nicht gemeinsam mit meinen zwei Brüdern (ich erspare mir übrigens an dieser Stelle, sie als das zu bezeichnen, was sie waren) die zukünftigen Aufgaben in der Grafschaft übernehmen wollte, sondern, wie Großmutter zu sagen pflegte: lieber mit dem Kopf in den Wolken zu hängen, um sorglos der Sonne entgegen zu strahlen und über Vergangenes nachzusinnen. Laut ihr gab es für unsereins nichts Edleres im Leben, als die Pflicht. Auch wenn sie durchaus überzeugt war, dass die Geschichte uns lehrt, was man tun oder besser nicht tun sollte, empfand sie das von mir angestrebte Dasein als Vagabund (so nannte sie es) inakzeptabel – im Staub kniend, nach Relikten längst vergessener Kulturen wühlend, vor allem, wenn diese nicht einmal britischer Natur waren. Nachdem ich durch die Vereitelung meiner manchmal dennoch liebenswerten (dies sei an dieser Stelle erwähnt) Familie keinen Platz in einer Expedition unter dem britischen Empire fand, heuerte ich kurz entschlossen bei einer deutschen Ausgrabungsgruppe an. Eine weitere Tatsache, die meine Eltern mehr als erschütterte – vor allem in Anbetracht der herrschenden politischen Beziehungen und der zwei darauffolgenden Weltkriege, die in nicht allzu weiter Ferne stattfinden würden.

 

Krieg empfinde ich bis heute (und ich betone an dieser Stelle, ich spreche hier von meiner persönlichen Wahrheit) als die größte Schande der Menschheit. Leben zu verfolgen, zu töten, basierend auf Ideologien, Religionen, anderer Orientierungen, differierender Hautfarben oder aus welch lächerlichen Gründen auch immer, wurzeln letztendlich einzig in Machtstreben und dem Gedanken der Unterwerfung. Dies ist eine der schrecklichsten Schwächen unserer Spezies. Eine Art, die es geschafft hat, alles Leben auf diesem Planeten zu unterjochen, sogar das eigene.

War ich als Junge noch überzeugt, dass der vernunftbegabte Mensch einst erkennen würde, dass Krieg zu nichts anderem als unsäglichem Schmerz führt, und man als mitfühlendes Wesen keine andere Option hat, als davon abzulassen, so sollte ich zu meiner Bestürzung bald Zeuge der schlimmsten Auseinandersetzungen werden, die bis dato auf diesem Planeten getobt hatten – dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Wie naiv war ich einst zu glauben, der Mensch würde mit Bestimmtheit aus den Fehlern der Geschichte lernen! Heute hat es unsere “überlegene“ Art durch den Umgang mit ihrer Umwelt sogar geschafft, gegen sich selbst Krieg zu führen – aber lasst uns zurückkehren.

Ich hatte damals einen Kurs in orientalischer Sprache bei Eduard Sachau belegt (trotz des erheblichen und unüberhörbaren Protests meiner Eltern). Ebendieser Mann war einer der maßgeblich beteiligten Urheber der Ausgrabungsarbeiten des Ischtar-Tors und so kam praktisch eines zum anderen. Was, fragt Ihr?

Nun, einerseits, dass ich mit einer deutschen Expedition nach Babylon reiste. Andererseits, dass ich nun als unvermögender, heimatloser Engländer im Sand kniete und nach verborgenen Schätzen grub (meine Familie hatte mich im Übrigen, seit meiner Entscheidung nach Babylon zu gehen, gemieden und enterbt – ich war für sie praktisch nicht mehr existent). Aber genug von dieser traurigen Begebenheit!

Wir schrieben das Jahr 1899 – der erste Spatenstich war längst getan. Alle im Team waren überaus aufgeregt, denn wir befanden uns bereits mitten in der Unternehmung die vergessenen Mauern Babylons aufzuspüren, diese auszugraben und sie wieder zu einem Ganzen zusammenzufügen. Uns war zu jenem Zeitpunkt Politik und Polemik einerlei. Das Einzige, was uns interessierte, war die Entdeckung von Geschichte. Rückblickend denke ich allerdings, war uns die politische Situation nicht wirklich egal – vielmehr waren wir einfach froh, nicht im brodelnden Kessel Europas festzusitzen.

Ich war gerade kurz davor, den letzten Rest des Ziegels freizulegen, als sich auf dem Boden vor mir ein Schatten abzeichnete. Ich sah auf und blickte in die atemberaubendsten, störrischsten und grün funkelndsten Augen, die ich jemals gesehen hatte. Das dunkle Haar umwog wild ihr Gesicht, wie die Wellen des Meeres es bei einer steifen Brise an unserer Küste taten. Der Elan, mit dem sie ihre Hände in die Hüften stemmte, erinnerte mich einmal mehr an das stürmische Wetter, das mir zu Hause entgegenschlug, und dem ich bei meinen Spaziergängen strotzte. Kurzum – ich hatte mich auf der Stelle verliebt – stürmisch verliebt. Endlich war ich wieder zu Hause angekommen. Ein Zuhause, das ich an diesem heißen Ort namens Babylon so sehr vermisst hatte.

Die junge Frau, die selbstsicher vor mir stand, lächelte von oben auf mich herab, während sie ihre linke Augenbraue skeptisch hochwandern ließ.

 

Ebenso wie Kitty in jener Sekunde – innerlich musste ich lächeln.

Woher ich das alles weiß, fragt Ihr? Nun, es verhielt sich so, dass ich im gleichen Augenblick zufrieden vor dem Kamin lag, in dem gemächlich ein wärmendes Feuer prasselte und ich vorgab, zu schlafen. Dennoch, zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich die folgende, doch sehr intime Konversation, die nicht unweit von mir stattfand, belauschen würde. (Unter unweit verstehe ich übrigens eine Distanz, die einen Couchtisch, ein Sofa und einem Konsolentisch, auf dem sich der eine oder andere Bücherturm stapelt, ausmacht.)

Kitty lümmelte mit angezogenen Beinen gegenüber von Emilia auf einem der Küchenstühle und spielte verlegen mit ihren Haaren, während sie ihre Mutter aus den Augenwinkeln, über den runden Esstisch hinweg, beobachtete.

Das Mädchen hatte bereits startklar am Treppenabsatz gestanden, um in die C.O.G. aufzubrechen, als Emilia sie um ein privates Gespräch bat – das konnte aus ihrer Sicht nichts Gutes verheißen!

Kittys Jacke hing nun lustlos hinter ihr auf der Stuhllehne, am Tisch vor ihr lagen die zerknautschten Fäustlinge und die gepackte Tasche wartete ungeduldig am Treppenabgang, dabei wollte Kitty doch nur Eines: Aufbrechen, bevor es dunkel wurde. Ihr erinnert Euch? Es war tiefer Winter – die finsterste Zeit des Jahres.

Ich schielte unter meinen beinahe geschlossenen Augenlidern zu Emilia, die als Einzige ganz und gar nicht bereit schien, ihre Tochter wieder ziehen zu lassen. In Gedanken verloren, starrte sie auf den Boden der vor ihr stehenden cremefarbenen Teetasse, während sie das heiße Wasser eingoss. Der Dampf stieg auf und kräuselte ihre Stirnfransen, aber nicht einmal das bemerkte sie aufgrund ihres Kummers. Stattdessen hüpften ihre Pupillen nun unruhig hin und her, bevor sie mit einem Seufzer auf Kitty landeten, wobei sie die Tasse Tee in deren Richtung schob.

Oh Mann, wie ich dieses Gespräch jetzt schon hasse! An ihrem Blick kann man bereits erkennen, dass es wieder ein ewig langer Salmon wird oder heißt das Sermon … egal – Notiz an mich selbst, sollte ich jemals Kinder haben, langes Dings auslassen … aber wenn es Salmon ist, ist es irgendwie eigenartig, dass dies im Englischen ausgerechnet Lachs bedeutet – was das wohl miteinander zu tun hat, lenkte Kitty sich in ihren Gedanken ab, während sie zugleich innigst hoffte, dass die Unterhaltung rasch vonstattengehen würde.

Seien wir an folgender Stelle mal ehrlich, wer strebt als Teenager schon großartig elterliche gut gemeinte Gespräche an. Soweit ich mich erinnern kann, bin ich diesen stets aus dem Weg gegangen, weil ich davon überzeugt war, dass mich meine Familie ohnehin nicht verstehen würde. Vielleicht war es aber auch umgekehrt, möglicherweise verstand ich sie einfach nicht. Wie dem auch sei – gerade in jenem Alter sind derartige Unterhaltungen im Grunde genommen dem Untergang geweiht – man versuchte seinen Weg zu gehen und die Eltern versuchen einen ziehen zu lassen, dennoch wissen sie letztendlich immer alles besser. Rundherum verändern sich die Dinge, man wandelt sich selbst – man will, muss dem eigenen Pfad folgen – manchmal erfordert dies ebenso, dass man der Familie den Rücken kehrt, nichtsdestotrotz, davon unabhängig liebt man einander, und genau da beginnt die ganze Sache, so richtig kompliziert zu werden.

»Zucker?«, fragte Emilia.

Kitty schüttelte irritiert den Kopf. Ich habe die letzten fünfzehn Jahre keinen genommen – aber wollen wir mal nicht kleinlich sein.

Emilia schnaubte unüberhörbar laut und schöpfte mit zitternder Hand Zucker aus der Dose. Nachfolgend ließ sie den Haufen langsam vom silbernen Teelöffel in ihre Tasse rieseln.

»Victoria hat dich heute in die C.O.G. zurück gebeten«, stellte sie bemüht sachlich fest, »Bevor du wieder dorthin zurückkehrst, wollte ich noch etwas mit dir besprechen. Also, ich möchte nicht, dass das alles für immer zwischen uns steht«, fuhr sie ein wenig zögerlicher fort. »Auch, wenn du gesagt hast, dass … dass du keineswegs mehr sauer bist«, Emilia begann, eine Haarsträhne um ihren Finger zu wickeln. »Dennoch denke ich, verstehst du nicht wirklich, was es heißt, ein Teil dieser Welt zu sein, du kennst …«

»Mum bitte, das hatten wir doch schon«, unterbrach Kitty sie und starrte skeptisch auf Emilias immer röter werdende Fingerspitze. Zu Kittys Erleichterung ließ Emilia von ihrer Haarsträhne ab.

»Bitte hör mir nur zu … nicht mehr«, erwiderte Emilia ernst, während sie nach Kittys Hand griff.

»Mum … wirklich, ich denke, wir haben alles gesagt, außerdem sollte ich längst auf dem Weg sein«, vorsichtig entzog Kitty ihrer Mutter die Hand.

Emilia blickte hilflos zu ihr.

Und genau in jenem Anblick entsprang Kittys Mund ein Satz, bei dem sie später sicher war, dass derjenige unter Einfluss von NLP, Hypnose oder durch sonst was zustande gekommen war. Aber vielleicht lag es auch schlicht an dieser „schrecklichen“ Mutter-Tochter-Sache (die ich allerdings zu einem anderen Zeitpunkt erörtern werde).

»Mum, wenn dich etwas bedrückt, dann erzähl mir einfach geradeheraus, was es ist«, war im Übrigen die unglaubliche Aussage, der nicht einmal eine Sekunde später einzig entsetzte Gedanken folgten. Das kam nicht gerade aus meinem eigenen Mund! Unmöglich!! Katharina Kathstone – nicht aus deinem eigenen Mund!!!

»Ich kann mich noch genau erinnern«, begann Emilia, hielt jedoch für einen Augenblick inne und starrte ins Leere, wobei sich ihre Gesichtszüge verfinsterten, bevor sie fortfuhr. »Es war ein wunderschöner, aber außergewöhnlich kühler Herbstnachmittag, denn der Wind wollte den ganzen Tag über nicht zur Ruhe kommen. Das letzte Laub war von den Bäumen gefallen. Ich saß allein auf einer Steinbank im Schulgarten und beobachtete die Blätter, die um meine Füße tanzten. Mir war so eisig kalt … Ich wartete bereits zehn Minuten auf meine allerbeste Freundin Askima, was ungewöhnlich war, denn sie kam eigentlich nie zu spät.« Emilia schüttelte ungläubig ihren Kopf. »Seitdem sie zu Schulbeginn jenes stark parfümierte Stück Papier zwischen den Seiten eines Buches in der Bibliothek gefunden hatte, war sie wie ausgewechselt. Dieser Zettel … er war zur Gänze mit zusammenhangslosen Wortfetzen beschrieben, vollkommen sinnlos … an Ecken und Enden ausgefranst. Er hatte etwas Eigenartiges an sich. Aber ich konnte Askima einfach nicht davon abbringen. Sie war sicher, dass es noch mehrere Teile geben musste … sie war wie besessen von dieser Idee …« Emilia kehrte langsam aus ihren Gedanken zurück und sah zu Kitty, die sie zwischenzeitlich eher besorgt beobachtete. »Weißt du, Askima liebte Rätsel und je unlösbarer sie erschienen, desto interessanter schienen jene für sie.« Ein kaum wahrnehmbares wehmütiges Lächeln umspielte Emilias Lippen. »Sie war für mich wie eine Schwester, ich verbrachte jede freie Minute mit ihr, und wenn Victoria keine Zeit hatte, was überaus oft der Fall war, war ich an meinen freien Tagen bei ihr zu Hause. An jenem Morgen hatte sie mir beim Frühstück zugeflüstert, dass wir uns unbedingt in der Mittagspause im Garten treffen müssten, denn sie hätte das Geheimnis beinahe gelöst, nur noch ein kleiner Hinweis würde fehlen«, Emilia stockte für einen Augenblick. »Sie hatte mir gegenüber zuvor nie erwähnt, dass sie die restlichen Notizen gefunden hatte«, bemerkte sie nachdenklich, allerdings mehr an sich selbst gerichtet.

Eine kleine weitere Pause entstand, als Kitty ein plötzliches Brennen in der Spitze ihres linken Zeigefingers spürte. Als sie auf jenen blickte, war sie für einen kurzen Moment entsetzt.

Mein Gott, ich werde wie sie!

Kitty hatte die ganze Zeit über eine Haarsträhne um ihren Finger gewickelt, ohne es zu bemerken – augenblicklich ließ sie von dieser ab und sah wieder zu Emilia, die mit ihrer Erzählung fortgefahren war. »Wahrscheinlich lag es daran, dass Zwerge es hassen, unfertige oder ungelöste Dinge zu präsentieren. Erst wenn sie alles bis in das kleinste Detail gefertigt haben, erlauben sie anderen einen Blick darauf«, versuchte Emilia, sich ihre vorhergegangene Feststellung zu erklären. »Askima versicherte mir beim Frühstück, dass ich über das Ergebnis äußerst überrascht sein würde. Ich musste ihr an diesem Tag hoch und heilig versprechen, dass ich pünktlich zu Mittag im Garten unter dem Weltenbaum auf sie warten würde … wo sie mir alles zeigen und veranschaulichen könnte. Sie meinte, ich wäre mit Sicherheit erstaunt, verstünde damit aber so Einiges besser, was um mich herum geschah. Ich sehe sie heute noch vor mir, wie sie aufgeregt nach ihren Büchern griff, während die zur Neige gehenden Worte nur so aus ihr heraussprudelten, sie mir zulächelte, weglief und in die Dunkelheit des Flurs verschwand. Das war das allerletzte Mal, das ich meine allerbeste Freundin gesehen hatte.« Emilia holte tief Luft und stieß diese ebenso tief wieder aus, bevor sie fortfuhr. »Erst als ich sah, dass die anderen Schüler in der Halle zusammenströmten und sich aufgeregt unterhielten, verließ ich meinen Platz unter dem Weltenbaum. Eine Furie des Sonderkommandos V.I.P. verlautbarte gerade, dass sich alle Schüler, die mit Askima eine Klasse besucht hatten, oder mit ihr befreundet waren, umgehend vor dem Direktorenzimmer einzufinden hätten, um dienliche Hinweise für das Untersuchungsverfahren zu sammeln«, fuhr Emilia schweren Herzens fort. »Ich versuchte herauszufinden, was geschehen war, aber keiner von uns wusste etwas Genaues. Ich probierte Victoria zu erreichen – vergeblich – jedoch war das nichts wirklich Neues.«

Emilia nahm einen Schluck Tee, während sie Kitty über den Rand ihrer Tasse hinweg beobachtete.

»Mum, ich weiß, du und Victoria«, doch plötzlich unterbrach sich Kitty selbst, »Also das mit mir und ihr ist eine ganz andere Sache als bei euch beiden – ehrlich«, brachte sie es rasch auf den Punkt, während sie sehnsüchtig in Richtung der gepackten Tasche am Treppenabgang linste und in Gedanken fortfuhr. Und jetzt wäre übrigens auch der Zeitpunkt gekommen, an dem ich gerne gehen würde, bevor wir einmal mehr eure überaus interessante, mitunter extrem eigenartige, Beziehung erörtern.

Emilia sah über ihre Schulter hinweg zu der Reisetasche, zeitgleich stellte sie ihre Tasse ab und lehnte sich ein Stück vor.

»Ich bin noch nicht fertig«, antwortete sie, als sie ihren Blick Kitty wieder zuwandte. »Du solltest wissen, Askima war eines der klügsten Mädchen, das ich an der C.O.G. kannte, wenn nicht sogar das klügste. Sie war nicht nur meine beste Freundin, ein Teil meiner Familie, sondern auch der ganze Stolz ihres Stammes – ein intelligentes und einzigartiges Mädchen, das mit Sicherheit eine außergewöhnliche Clan-Königin geworden wäre. Mädchen, Frauen sind unter den Zwergen besonders selten und daher äußerst wertvoll für die ganze Sippe, denn sie garantieren deren Fortbestand. Allein deshalb hätte Askima keinesfalls das gemacht, dessen sie bezichtigt wurde. Zwerge sind sich ihrer Pflichten bewusst, sie würden niemals – unter keinen Umständen – etwas machen, das den Fortbestand ihres Clans gefährden könnte.« Ein glasiger Glanz verschleierte Emilias Augen. »Ihre Mutter Frigga wusste das, so wie jeder andere Zwerg. Sie versuchte noch in derselben Stunde der Festnahme, Askima aus dem Arrest des U.P.S. zu befreien. Kurz bevor sie es gemeinsam mithilfe der befreundeten Clans geschafft hatte ihren Einspruch beim Rat durchzusetzen, fand man Askima in ihrer Zelle … erhängt«, Emilias Stimme brach.

In Kittys Blick machte sich Betroffenheit Platz. »Es tut mir leid«, flüsterte sie, als ihr Emilia durch tränengefüllte Augen entgegensah.

»Victoria«, wisperte Emilia, während sie den Ärmel ihres Pullovers über die Hand zog und damit begann, ihre Tränen von den Wangen zu wischen,«sorgte zumindest dafür, dass der Leichnam Askimas an ihren Clan übergeben und nicht als Beweisstück beim V.I.P. eingelagert wurde. Sie holte zusammen mit Frigga Askimas toten Körper aus der Zelle. Frigga war von diesem Tag an wie innerlich versteinert. Die freundliche, weise Frau für immer verschwunden. Ich hatte manchmal das Gefühl, dass sie an jenem Tag ihr Herz gemeinsam mit ihrer Seele auf ewig verloren hatte. Frigga schwor, den Mörder ihrer Tochter zu finden, denn nichts und niemand konnte sie davon überzeugen, dass sich Askima eigenhändig ihr Leben genommen hatte. Auf ihrer Suche nach Beweisen verunglückte Frigga knapp ein Jahr später. Somit starb jegliche Hoffnung auf eine neue Nachfolgerin und der Clan von Askima war endgültig dem Untergang geweiht. Die Gruppierung der Zwerge wurde nervös und verlangte vom Rat die Erlaubnis sowohl zur Einsicht in die Unterlagen des U.P.S., als auch des V.I.P. Die Abstimmung fiel negativ aus, mit der Erklärung, dass es das Untersuchungsverfahren gefährde. Der totale Zerfall drohte, denn die Zwerge zogen nun ernsthaft in Erwägung, den Rat zu verlassen. Sie schlussfolgerten, nachdem ihnen die Einsicht verweigert wurde, würde eine andere Fraktion des Rates gemeinsam mit dem U.P.S. versuchen, sie auszulöschen. Der U.P.S. war unter diesen Umständen letztendlich gezwungen, die Akten offenzulegen, natürlich war darin nichts Nennenswertes zu finden. Umgehend nach der Freigabe erklärte Ambrosius, dass er die Untersuchungen rund um Friggas Tod, als auch Askimas Fall, einstelle, um weiteren Auseinandersetzungen vorzubeugen. Er sprach Askima an jenem Tag von jeglichen Verdächtigungen frei. Die beiden Todesfälle wurden letztendlich als tragische Zwischenfälle dargestellt, ausgelöst durch eine unglückliche Verkettung von Ereignissen – wie Ambrosius es pragmatisch formulierte – danach drangen keine weiteren Informationen nach außen. Das kollektive Schweigen erstickte die Wahrheit. Und obwohl ich Victoria gebeten hatte, mir mehr zu erzählen, blieb sie stumm und wies mich ausdrücklich darauf hin, dass ich keine Fragen hierzu mehr stellen sollte – niemandem. Letztendlich sei der Rat nicht zerfallen und das sei das alleinig Relevante in der momentanen Situation.« Emilias Gesichtszüge wurden bitter. »Damals beschloss ich, Victoria – der einzigen Familie, die mir geblieben war – und meiner Pflicht den Rücken zuzukehren. An einer Welt, die auf Schweigen, getarnt als Diplomatie, basierte, wollte ich nicht teilhaben – eine Ordnung, die auf sämtliche Mittel zurückgreifen würde, um den eigenen Fortbestand zu gewährleisten – sogar, wenn das bedeutet, jemanden aus den ihnen innewohnenden Reihen zu hintergehen und zu opfern – das kann nicht der wahre Sinn hinter all dem sein.« Emilia begann zugleich frustriert in ihrer Tasse zu rühren, bevor sie verstummte.

»Wessen wurde Askima damals eigentlich beschuldigt«, erkundigte sich Kitty mehr als leise, um die beklemmende Ruhe, die nun eingekehrt war, zu durchbrechen.

Nur langsam hob Emilia ihren Blick von der Teetasse. Mit Unbehagen nahm Kitty das schwach verzweifelte Lächeln im Gesicht ihrer Mutter wahr.

»Dass sie die Macht der 14 Steine an sich bringen wollte«, brachte diese knapp hervor, wobei sie kaum merklich ihren Kopf schüttelte – wieder entstand eine Pause.

»Seien wir mal ehrlich, wer möchte eine solche Verantwortung freiwillig tragen – alle 14 Steine. Askima und ich waren uns seit jeher einig, dass wir, sobald wir die Möglichkeit dazu hätten, den Guardian-Job an den Nagel hängen würden. Mit der Geburt ist auch der Tod einer jeden Sache besiegelt, pflegte Askima immer zu sagen, und eines Tages würden daher die Steine wieder dorthin zurückkehren, woher sie kamen – davon war sie fest überzeugt.« Ein schwaches Lächeln zeichnete sich auf Emilias Lippen ab, als sie gedankenversunken aus dem Fenster sah, vor dem die dicken Schneeflocken das Licht des Himmels dämpften. »Jeder Anfang birgt sogleich das Ende.« Und mit diesen letzten Worten bahnten sich unaufhaltsam die Tränen ihren Weg.

»Mum, geht’s dir gut?«, warf Kitty besorgt ein, »Soll ich Victoria anrufen?«, schlug sie verzweifelt vor, als Emilia so gar nicht reagierte.

»Auf keinen Fall«, schluchzte diese heiser und rieb einmal mehr mit dem Pulloverärmel über ihr Gesicht, dann wandte sie sich ihrer Tochter zu. »Willst du mich etwa dafür bestrafen, dass ich dir die Geschichte nicht vorenthalten habe?«, fragte sie verbittert lächelnd. »Ich habe sie dir keinesfalls in der Absicht erzählt, um dich zu erschrecken, oder um dich von etwas abzuhalten. Auch wenn du es vielleicht nicht glaubst, aber ich habe sehr wohl verstanden, dass ich dich deines Weges ziehen lassen muss, da ansonsten nur weitere Lügen zwischen uns stünden. Dennoch möchte ich, dass du verstehst, warum ich dich vor dieser Welt beschützen will. Es ist ein rücksichtsloser Ort, der einen das Leben kosten kann, wenn man nicht nach seinen Regeln spielt. Ein Platz, an dem ich mein Kind, welches ich unter meinem Herzen getragen habe und das ich um alles in der Welt beschützt wissen will, nicht gerne sähe.« Emilia hielt kurz inne. »Vor allem jetzt, wo du in Untersuchungen verwickelt bist, die im Zusammenhang mit dem V.I.P. durchgeführt werden.« Emilia griff erneut nach Kittys Hand. »Als du geboren wurdest, hatte ich solche Angst, dass uns diese Welt früher als mir lieb ist einholt, dich einfordert und ich dich für immer verliere, weil ich dieser Gesellschaft ein für alle Mal den Rücken gekehrt hatte«, klagte sie, während sie Kittys Hand noch fester drückte. »Es war jedoch nie meine Absicht, dich zu hintergehen oder dir etwas vorzuenthalten, Katharina.« Kitty konnte Emilias eindringlichem Blick kaum standhalten.

»Mum, ich denke, du machst dir zu viele Sorgen«, versuchte sie die Situation runterzuspielen. »Ich gebe zu, am Anfang war ich stinksauer, hatte mit dem Gedanken gespielt, heimlich abzuhauen, das alles hinter mir zu lassen, nie wieder ein Wort mit euch zu reden. Allerdings wurde mir rasch klar, dass ich im Grunde genommen außer der C.O.G. keinen Ort hatte, wo ich hinkonnte.« Kitty stockte. »Und dann ist da noch die Sache mit Dad’s Verschwinden … Ums kurz zu machen, letztendlich habe ich über einige Umwege herausgefunden, dass ich gerne das bin, was ich bin und dies alles keine Bürde für mich ist.« Kitty neigte ihren Kopf leicht, während ihre Augenbraue nach oben wanderte, und wartete eine Reaktion ihrer Mutter ab.

Doch Emilia blieb, bis auf ein kummervolles Schnauben, stumm.

»Mir passiert nichts, versprochen«, brachte Kitty mit erzwungenem Lächeln hervor und entzog Emilia flink ihre Hand, schnappte umgehend ihr Handy, das auf dem Tisch lag, und hielt es mit dem Display in Emilias Richtung.

»Es wird jetzt wirklich Zeit, dass ich mich auf den Weg mache.« Sie stand auf und streifte ihre Jacke rasch von der Rückenlehne. »Grandma geht sonst wieder die Wände hoch, falls ich zu spät komme. Du kennst sie ja, sie hasst Unpünktlichkeit. Bei ihr darf nicht einmal ein Universitätsprofessor sein akademisches Viertel beanspruchen«, fuhr sie bemüht locker fort, während sie hastig in ihre Jacke schlüpfte und ihren geliebten Schal um ihren Hals schlang.

»Ich bring dich«, warf Emilia rasch ein.

»Lass gut sein, Mum. Der Morris springt bei der Kälte ohnehin nicht an.« Dabei ging Kitty zum Treppenabsatz und schnappte sich ihre Tasche.

»Dann fahr zumindest mit dem Taxi.« Emilia stand auf und begann aufgebracht in ihrer Handtasche, die auf der Rückenlehne eines Küchenstuhls hing, zu wühlen.

Kitty ließ mit einem Schnauben ihre Reisetasche wieder zu Boden fallen, ging auf Emilia zu und umarmte sie fest.

»Mum, bitte«, flüsterte sie ihr ins Ohr. »Es ist alles in Ordnung – mach dir keine Sorgen, ich weiß, was ich tue und ich bin vorsichtig bei allem, was ich tue.« Kitty entließ ihre Mutter aus ihrer Umarmung und schenkte ihr ein breit aufgesetztes Lächeln, während sie ihre Finger vor der Brust kreuzte. »Ehrenwort.«

»Außerdem würde es ohnehin kein Taxi auch nur in die Nähe der C.O.G. wagen. Schon vergessen, für die gehöre ich jetzt zum Club of Goofers und Goofers nehmen den Bus.« Kitty zog eine Goofer-Grimasse, die sich nur schwer in Worte fassen lässt, aber auch damit konnte sie ihre Mutter nicht aufheitern.

Das Mädchen sah aus dem Fenster und beobachtete die Schneeflocken, die durch den aufkommenden Wind nun wild durch die Luft tanzten, während sie ihre Handschuhe überstreifte. »Hm – mal sehen, vielleicht gehe ich auch ein Stück zu Fuß, wer weiß, wann es wieder so viel Schnee gibt«, versuchte sie vom eigentlichen Thema abzulenken.

»Wir werden sie begleiten«, warf ich direkt im Anschluss aus dem Hintergrund ein, denn Emilia konnte einem in der augenblicklichen Situation wirklich leidtun.

Ich stand auf, streckte mich und trabte an die Seite der beiden. Zuvor gab ich allerdings Villard, der tief und fest neben mir schnarchte und hin und wieder schwefelig riechende Abgase freisetzte, die sich über die Festtage in seinem wohlgeformten Körper gesammelt hatten, einen sanften Stoß, um ihn zu wecken.

Ich sah zu Emilia auf, auf deren Stirn sich kleine Sorgenfältchen zu vertieften begannen.

»Keine Sorge, wir werden ein Auge auf sie haben«, versuchte ich, sie zu beruhigen.

Unterdessen stemmte sich Villard nur langsam hoch und schleppte sich ebenso gemächlich zu uns herüber, wobei er nur mäßig begeistert aus dem Fenster sah. Die Tatsache, dass wir bald durch tiefen Schnee wandern würden, erschien ihn nicht unbedingt zu erheitern.

Wie Ihr wisst, geehrter Leser, sind Salukis Wüstenhunde, das heißt, wir sind nicht wirklich gegen die Kälte des Winters geschützt und unsere Pfoten sind praktisch als nicht schneekompatibel zu bezeichnen. Warum? Nun, wenn Ihr das wirklich wissen wollt – Bitte!

Also zwischen den einzelnen Zehen eines Salukis befinden sich Fellbüschel, die eigentlich dafür gedacht sind, den Sand zu verdrängen, damit wir elegant über die Sandoberfläche gleiten können, anstatt nur plump darin zu versinken. Durch die Einwirkung von Schnee wird die Eleganz allerdings rasch beendet, denn es bilden sich furchtbar dicke und überaus nervende Schneebällchen, die einem die Zehen gefrieren lassen. In Wirklichkeit nichts Aufregendes, aber Ihr wolltet es ja wissen und nun zurück zu wichtigeren Dingen.

Kitty schulterte gerade ihre Tasche. »Ich ruf dich an, sobald ich kann«, versprach sie, bevor sie sich dem Treppenabgang zuwandte und nach unten verschwand. Ich folgte ihr die gusseiserne Wendeltreppe nach, hinter mir Villard.

Emilia blickte uns vom Treppenabsatz nach und sogar hier konnte ich noch wahrnehmen, wie sehr sie dies alles belastete. Kitty war gerade im Begriff, die letzte Stufe zu nehmen, als sie plötzlich stehen blieb und sich umwandte.

»Sag Mum, seit wann macht unsere Familie das schon? Also dieses Katzen-Guardian-Ding? Ich meine, war das seit jeher so?«

Für einen kurzen Augenblick huschte so etwas wie Überraschung über Emilias Gesicht, bevor sie beinahe hilflos ihre Schultern hob. »Victoria spricht kaum und auch nicht gerne über ihre Mutter. Ich weiß nur, dass Großmutter ebenfalls eine Wächterin war und dass sie als Findelkind von einem Dienstbotenehepaar auf einer Grafschaft in England aufgezogen wurde. Mehr kann ich dir dazu leider nicht sagen. Aber ich nehme mal an, dass diese Veranlagung schon immer in unserer Familie lag – allerdings weiß ich eben nicht genau seit wann.«

Ich blickte zu dem Mädchen.

Kitty sah überrascht zu ihrer Mutter. »Ein Findelkind«, wiederholte sie ungläubig, »Wirklich?«

Emilia nickte. »Soviel ich weiß, wurde sie eines nachts auf den Treppen des Herrenhauses einer englischen Grafschaft gefunden. Der Chauffeur und seine Frau nahmen sich ihrer an, der damalige Lord hatte ihre Ausbildung finanziert. Angeblich hatte sie während des Zweiten Weltkrieges eine Zeit lang auch für den britischen Geheimdienst an einer Dechiffriermaschine gearbeitet, sie war Physikerin und überaus klug – mehr kann ich dir dazu nicht sagen.«

»Hattest du sie denn nie kennengelernt?«, erkundigte sich Kitty überrascht.

Ich blickte zu Villard zurück, der es vorgezogen hatte, zwischenzeitlich auf einer Treppe Platz zu nehmen und gerade herzhaft gähnte.

»Nein, sie ist an einer Lungenentzündung gestorben, bevor ich auf die Welt kam – Victoria war noch sehr jung«, ergänzte Emilia ernst.

Villards Gähnen erstarb abrupt, seine ganze Aufmerksamkeit galt nun mir.

»Mh«, entgegnete Kitty betroffen ­– zeitgleich war mit dieser vagen Auskunft in ihr die brennende Frage nach dem eigentlichen Ursprung ihrer Familie entflammt und somit auch das Gefühl, dass es da etwas gab, das anscheinend noch im Dunklen lag.

»Weiß Viktoria mehr über die Herkunft ihrer Mutter?«, hakte sie nach.

Emilia schüttelte unsicher den Kopf. »Ich denke nicht, aber sie wollte auch nie wirklich darüber sprechen und hat mich eines Tages gebeten, das Thema ruhen zu lassen. Ich habe ihren Wunsch respektiert und es seitdem gemieden«, erwiderte diese.

Ich blickte von Villard zu dem Mädchen und stupste sie mit meiner Schnauze an. »Ich denke, ihr solltet euer Gespräch auf ein anderes Mal verschieben. Es wird Zeit, dass wir aufbrechen – es wird bald dunkel«, unterbrach ich die beiden, trabte an Kitty vorbei und ging Richtung Tür.

Ich konnte hören, wie sich das Mädchen einmal mehr rasch von Emilia verabschiedete und mir gemeinsam mit Villard nachfolgte.

Als wir endlich durch die Straßen von Little’s Law trabten und die frische, klare Winterluft einatmeten, tanzten noch immer enorm große Schneeflocken durch den stahlgrauen Himmel, der tief über unseren Köpfen zu hängen schien. Ich denke, ich brauche an dieser Stelle nicht zu erwähnen, dass Villards Ohren zu jenem Zeitpunkt ihren absoluten Tiefpunkt erreicht hatten. (Ein unmissverständlich klares Zeichen, falls Ihr Euch noch entsinnen könnt, lieber Leser. Es sei an dieser Stelle aber noch ergänzt, dass es ohnehin schwierig war, die richtige Temperaturzone für Villard zu finden – war es zu heiß, meckerte er, war es zu kalt, meckerte er. Er jammerte eigentlich oft, dennoch konnte ich nicht anders, als ihn zu lieben – er war, ist und wird immer mein bester Freund sein.)

Bereits beim Verlassen des warmen, gemütlichen Wohnzimmers war sein stiller Protest eingetreten, der bis an die Pforten der C.O.G. nicht enden wollte. Gelegentlich strafte er mich mit vorwurfsvollen Seitenblicken, ansonsten reduzierte er es auf ein dezentes Kopfschütteln, gepaart mit einem Grummeln. Zu meiner Erleichterung verstand ich nur wenig von den italienischen Ausdrücken, wie zum Beispiel pallone gonfiato, was nichts anderes bedeutete, als aufgeblasener Kerl.

»Hast du meine Urgroßmutter gekannt?«, vernahm ich eine dumpfe Stimme neben mir.

Ich blickte verwundert von Villard zu Kitty auf. Das Mädchen hatte ihr Gesicht mit dem Schal vermummt, nur ihre Augen blitzten hervor. Ich zögerte einen kurzen Moment, bevor ich antwortete.

»Nein, das habe ich leider nicht«, versuchte ich weitere Fragen abzuschmettern. Trotz der Vermummung entging mir keinesfalls ihr skeptischer Blick, den ich für diese Antwort erntete.

»Wirklich nicht«, versicherte ich ihr und sah ihr dabei direkt in die Augen.

 

 

Als die junge Frau ihre Augenbraue wieder senkte, bot sie mir ihre Hand an, um mir aufzuhelfen. Ich lehnte als Gentleman natürlich dankend ab. Aufgrund der brütenden Hitze dauerte es allerdings eine Weile, bis ich mit der anmutigen Lady ebenso anmutig auf Augenhöhe kam (nebenbei kostete es mich einiges an Schweiß – Ihr erinnert Euch … brennende Hitze unter der Sonne Babyloniens). Mit einem süffisanten Lächeln hielt sie mir einen Krug Wasser entgegen, den ich dankend annahm.

»Sie sind nicht von hier«, stellte sie beiläufig fest, als ich den Krug entgegennahm.

Ich nickte nur, bevor ich meinen Durst stillte. »Engländer«, antwortete ich knapp, nachdem ich den Krug von meinen Lippen abgesetzt hatte und mir den Rest des Wassers über meinen Kopf goss. Die Hitze war unerträglich, vor allem je näher der Sommermonat Juli kam.

»Engländer – unter so vielen Deutschen und das trotz der Krüger Depesche?«, hinterfragte sie trocken.

(Es sei hier erwähnt, dass es sich bei besagter Depesche um ein Telegramm mit antibritischen Tendenzen handelte. Wobei der damalige Kaiser Wilhelm II. betonte, dass er vom ehemaligen Kanzler Hohenlohe praktisch dazu „gezwungen“ wurde. Hier sind wir an einem interessanten Punkt der menschlichen Geschichte, an dem wir uns alle fragen sollten: wer lenkt wen wohin, aber vor allem weshalb?)

Ich stellte den Krug beiseite und tupfte einen Teil meines Gesichts trocken, um nicht wie ein vollkommener Idiot zu wirken. »Nun ja, ich bin bemüht, trotz der herrschenden Umstände, mein Urteil nicht anhand von Nationalität festzumachen.« Ich lächelte verlegen, als ich ihren prüfenden Blick bemerkte. »Würden wir es schaffen, oder es zumindest versuchen, unsere Ansichten abseits von Nation, Religion und politisch motivierten Zielen zu treffen, die letztendlich nichts anderes tun, als uns voneinander zu trennen, so hätte die Welt wahrscheinlich ein anderes Gesicht«, entgegnete ich, nichts ahnend, welch unsagbares Grauen in nicht allzu weiter Ferne sowohl auf der deutschen, als auch auf der englischen Seite herrschen würde.

»Das macht Sie sympathisch«, erklärte sie beinahe lapidar und musterte mich weiter, »und bemerkenswert«, ergänzte sie etwas leiser.

»Nun, da gehören Sie zu den Wenigen, die mir bis dato begegnet sind, die das so sehen«, entgegnete ich. Ich konnte mein Schmunzeln nicht mehr unterdrücken.

Sie legte ihren Kopf leicht schief und lächelte ebenfalls. »Ich schätze Menschen, die versuchen, kollektiven Paradigmen und Urteilen nicht zu erliegen, sondern für sich selbst denken können.« Ihr Lächeln wich einer gewissen Ernsthaftigkeit, bevor sie weitersprach. »Herr Koldewey war so freundlich mir zu berichten, dass Sie einen Stein mit einer Aufschrift gefunden haben, die besagt, dass es sich bei diesem Fund«, sie machte eine weitläufige, allumfassende Geste, »um das Ischtar-Tor handelt.«

»Ja, das ist richtig«, erwiderte ich ein wenig erstaunt, »aber …«

»Genau diesen würde ich gerne sehen«, unterbrach sie mich, ohne auch nur einen Moment zu zögern. Ungeduldig wartend und außergewöhnlich fordernd für eine Dame meiner Zeit, verschränkte sie selbstsicher die Arme vor ihrer Brust.

Das war das zweite Mal, als ich mein Herz an sie verlor.

Als sie bemerkte, dass ich ein wenig verdutzt war (im positiven Sinne), fügte sie kurz und bündig hinzu: »Ich bin finanziell maßgeblich an dieser Ausgrabung beteiligt.«

Und das war der Zeitpunkt, an dem ich mich das dritte Mal in sie verliebte, denn sie war einfach anders, anders als jede Frau, die bisher meinen Weg gekreuzt hatte. Sie besaß etwas, das die anderen nicht besaßen: Passion, Mut und Selbstbewusstsein.

»Geht es Ihnen nicht gut?«, hörte ich ihre Stimme entfernt in meinen Gedanken.

Sie hatte sich näher zu mir vorgelehnt und sah mir prüfend in die Augen. »Die Hitze kann manchmal…«

»Oh nein«, unterbrach ich sie, »Entschuldigen Sie – ich war nur für einen Augenblick abwesend.« Ich räusperte mich verlegen. »Wenn Sie mir bitte folgen würden. Mein Name ist übrigens Sir Larry Oehl.« Ich reichte ihr die Hand und deutete eine leichte Verbeugung an.

Und da war es wieder, dieses verschmitzte, bezaubernde Lächeln und das Strahlen in ihren grünen Augen. Sie streckte mir ebenfalls ihre Hand entgegen.

»Ina, einfach nur Ina.«

Wir schüttelten unsere Hände, bevor sie mir deutete, vorzugehen. Ich kam nicht umhin, das eine oder andere Mal über meine Schulter zu schielen.

Irgendwann warf sie zu meiner Verlegenheit ein: »Sie sollten besser nach vorne sehen, mein Lieber, was Ihres Weges kommt, wenn Sie am Boden liegen, kann es mitunter zu spät sein.«

 

 

»Sind wir bald da, ich laufe nämlich Gefahr, wegen des verdammten Schnees auch noch die letzte Zehe, die ich spüre, einzubüßen«, riss mich Villards muffige Stimme aus den Gedanken.

Sobald ich in der Gegenwart angekommen war, bemerkte ich, dass ich ebenso fror, außerdem hatte ich vollkommen übersehen, dass wir beinahe unser Ziel erreicht hatten. Anscheinend war das dem Mädchen ebenso wenig entgangen.

»Über was hast du gerade nachgedacht«, fragte mich Kitty skeptisch.

»Bezüglich der Schriftrolle«, log ich. »Erinnere Victoria daran, dass sie uns so rasch wie möglich Zugang zu einer geeigneten Einrichtung beschafft, wo wir die beschädigten Stellen behandeln lassen können, damit wir sie vollständig lesen und somit höchstwahrscheinlich auch entschlüsseln können. Wenn sie Fragen hat, dann soll sie sich bei uns melden. Sie weiß ja, wo sie uns findet. Versucht, sie bis dahin sorgsam aufzubewahren«, ermahnte ich Kitty eindringlich. »Gerade auf die beschädigten Stellen müsst ihr besonders achtgeben, jede Nachlässigkeit könnte die Schriftzeichen darunter vollkommen zerstören.«

»Wo geht ihr hin?«, erkundigte sich das Mädchen.

»An einen Ort, wo uns niemand vermutet und vor allem, wo uns keiner so rasch findet, um die Sache mit dem V.I.P. noch ein bisschen aufzuschieben«, entgegnete ich. »Aber wir werden uns schon bald wiedersehen und lass Nora von uns grüßen«, fügte ich hinzu, als ich Kittys Zweifel in ihrer Miene wahrnahm. Über die wenigen Tage hinweg, die wir gemeinsam verbracht hatten, hatten wir so etwas wie aufrichtige Zuneigung füreinander entwickelt.

Des Weiteren werdet Ihr Euch mit Recht fragen, warum wir die Schriftrolle nicht einfach an uns nahmen und uns um die Sache kümmerten. Nun, ich denke, Ihr erinnert Euch bestimmt, dass die alte Nora den Hinweis auf das klebende Schicksal in Zusammenhang mit der jungen Nora gemacht hatte, was so viel hieß wie: sie hatte sie gefunden, daher war sie diejenige, die dafür verantwortlich war diese aufzubewahren. Nora Needle war die Hüterin des klebenden Schicksals und das dürften wir nicht ändern – was die Nornen sagten, nahm man besser ernst, denn wer weiß, was sonst geschehen würde.

»Es ist Zeit umzukehren, bevor uns noch jemand vom V.I.P. entdeckt«, brummte Villard, »und bevor ich mir den Tod hier draußen hole – wegen dir«, fügte er leiser, aber dafür umso missmutiger hinzu.

Ich hielt seinem strafenden Blick stand. »Ist ja gut«, schnaubte ich.

Ihr müsst wissen, nach den äußerst merkwürdigen Geschehnissen der letzten Zeit, hatten wir alle – also Kitty, Nora, Glade, Victoria, Armand, Villard und ich entschieden, dass wir bis auf Weiteres darauf verzichten würden, uns gemeinsam in der Öffentlichkeit zu zeigen, denn früher oder später würden wir uns alle einer offiziellen Befragung durch den U.P.S. und den V.I.P. unterziehen müssen. Daher wollten wir keinesfalls den Eindruck erwecken, dass wir uns abgesprochen hätten – was wir natürlich hatten (was für eine Frage!). Wir hatten uns nicht nur besprochen, sondern wir hatten uns haargenau abgeglichen. Worin wir uns alle einig waren: Wir würden mit keinem Wort Noras Schriftstück erwähnen, bis wir wüssten, was es mit diesem auf sich hatte, ansonsten verschwände es für ewig in den unerforschten Tiefen des U.P.S.

Ebenso hatten wir beschlossen, den „unbedeutenden“ Teil bezüglich des Aufeinandertreffens mit dem Lamassu und Apsasu im Pergamonmuseum vorerst auszusparen. Ohne die beiden hätten die Kinder Vincents geheimen Sohn wahrscheinlich niemals gefunden. Kitty hatte im Übrigen zum damaligen Zeitpunkt ebenso niemandem von ihrer Begegnung mit dem weißen Tiger erzählt und wenn ich hier sage niemandem, dann meine ich auch absolut niemanden – nicht einmal Glade!

 

Und bevor wir nun wieder in die Hallen des C.O.G. zurückkehren, sei hier als Erinnerung erwähnt, dass ich, lieber Leser, die intimsten Gedanken Kittys kenne, weil sie mir letztendlich ihr Vertrauen geschenkt hatte und mir diese zum Verfassen der Geschichte anvertraut hatte. Warum dem so ist? Nun, das werdet Ihr am Ende unserer Reise erfahren, denn jetzt sind wir an einem Punkt in der Ereigniskette angelangt, der viel wichtiger ist, als jenes kleine vernachlässigbare Detail. Ach ja, der Höflichkeitsplural – nun ja, eine unausrottbare Marotte eines englischen Gentlemans des 19. Jahrhunderts – and now welcome back ladies and gentlemen!

 

Villard und ich waren ein Stück zurückgeblieben, während das Mädchen allein mit ihrer Tasche mühsam durch den tiefen, noch unberührten Schnee auf das gigantische Holztor zustapfte. Es erweckte nach wie vor den Eindruck, als würde es jede Sekunde aus den Angeln bersten und denjenigen begraben, der es wagte, sich ihm zu nähern. Mitunter hörte ich Kitty auf ihrem Weg leise fluchen, da sich das eine oder andere Schneeloch unter ihren Füßen auftat, in dem sie kurzerhand versank – was die ganze Sache nur noch beschwerlicher machte (und für Kitty einfach nur nervig). Aber letztendlich hatte sie es geschafft, sie hatte ihr Ziel erreicht. Gerade als sie zum Stehen gekommen war und ansetzen wollte, um zu klopfen, gab die Schneedecke unter ihr erneut nach. Mit einem satten DRUMPF (#makedonalddrumpfagain) sank Kitty ein und steckte nun bis zur Hüfte im Schnee. Sie blickte zu dem schweren Tor auf, vor dem sie jetzt noch winziger wirkte.

»Macht es einem bloß nicht leicht in die Schule zurückzukommen«, murrte sie genervt und nahm den Riemen ihrer Tasche von der Schulter.

Vorsichtig stützte sie sich auf die vor ihr liegende Schneedecke auf, um zu testen, ob diese standhielte, bevor sie sich mühsam aus dem Schneeloch heraushieven würde. Als sie endlich auf sicherem Boden vor dem Tor kniete, wischte sich Kitty mit ihrem feuchten Handschuh die Haarsträhne aus dem Gesicht und zog ihre Tasche an sich, wobei sie zeitgleich erbost ihren Arm ausstreckte, um aufgebracht gegen das hölzerne Tor zu pochen.

Anscheinend hatte in den letzten Tagen niemand Zeit gefunden, Schnee zu schippen, was in manchen Augen ein vernachlässigbares Detail darstellen mag, oder einen im schlimmsten Fall auf gemeine Vernachlässigung schließen lassen würde. Jedoch rate ich Euch, andere Rückschlüsse zu ziehen. Welche? Nun, dass in der C.O.G. die Hölle los war. Die Menge an gleichzeitig laufenden Untersuchungen seitens des U.P.S. und des V.I.P, im Zusammenhang mit den unlängst stattgefundenen Ereignissen, ließen wahrscheinlich sogar den MI6, das FBI und Interpol vor Neid erblassen.

Wie ich zu diesem Schluss komme? Na ja, wir hatten Victoria seit Weihnachten nicht mehr zu Gesicht bekommen und ihre Anrufe und Nachrichten erfolgten nur mehr sporadisch, meist waren es eigentlich ohnehin nur Instruktionen bezüglich der weiteren Vorgehensweise.

Als Kitty aufstand und den Riemen ihre Tasche wieder über die Schulter zog, fiel ihr Blick auf das Emblem der C.O.G. und wie zuletzt, überkam sie beim Anblick dessen ein mulmiges Gefühl. Ihr kennt das bestimmt – diese diffuse Gewissheit, dass in nicht allzu weiter Ferne (zeitlicher, nicht räumlicher Ferne sei hier angemerkt) etwas auf einen wartet, dem man lieber aus dem Weg gehen möchte, aber instinktiv weiß, dass man es nicht kann.