Konvergenz-Erwachen - Paul Rottensteiner - E-Book

Konvergenz-Erwachen E-Book

Paul Rottensteiner

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Beschreibung

Konvergenz – Erwachen von Paul Rottensteiner „Die Vergangenheit war nur der Anfang …“ Ein Jahr nach der Schlacht an der Matrix scheint die Welt zur Ruhe gekommen zu sein – doch der Frieden ist trügerisch. Lavera wird als „Schlächterin“ der Elara gejagt. Sophia kämpft mit Albträumen, Schuldgefühlen und einer Entscheidung, die ihr Leben für immer verändern könnte. Marlowe droht endgültig in Trauer und Alkohol zu versinken. Drei geheimnisvolle Meister ziehen im Hintergrund die Fäden, und im Schatten erhebt sich eine Bedrohung, wie sie die Welt noch nie gesehen hat. Eine, die das Team auf eine harte Probe stellt – und alles infrage stellt, woran sie je geglaubt haben. Doch sie sind nicht allein. Neue Verbündete tauchen auf – mit Wissen, das tiefer reicht, als es den Anschein hat. Und als ein Mitglied des Teams fällt, steht plötzlich mehr auf dem Spiel als je zuvor. Die Geschichte geht weiter. Und sie wird dunkler. Das wahre Erwachen beginnt erst jetzt. Ein Urban-Fantasy-Roman voller düsterer Spannung, emotionaler Tiefe und der Suche nach Hoffnung in einer zerbrechenden Welt.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Eine Spur
Altlasten
Westons Haus ... Am nächsten Tag
Irgendwo in London
Jäger und Gejagte
Ciphers Versteck in London
Wunden und Mythen
Wynterhold Farm
In der Nähe von Dunnottar Castle
Wendepunkte
Unter Wynterhold Farm
Vatikan
Neue Freunde alte Feinde
Ariels Zuflucht
Das Versteck der Meister
Im Krankenhaus
Hoffnung
Operationsbasis des Kardinals
Amiels Gefängnis
Am nächsten Morgen
Niederlage
Die Belagerung
Tintagel Castel, Cornwall, England
Rettung
1 km südlich der Wynterhold Farm
Erwachen

 

 

 

KonvergenzErwachen

Band 2

 

 

 

 

 

 

 

Ein Urban/Dark Fantasy Roman 

 

 

 

 

Impressum Paul Rottensteiner C/o Block Services Stuttgarter Str. 106 70736 Fellbach

Autor: Paul Rottensteiner E-Mail: [email protected] Website: www.prottenwelten.com Verlag: Prottenwelten (Self-Publishing)

Titel des Buches: Konvergenz - Erwachen Copyright: © 2025, Paul Rottensteiner

ISBN:eBook (Tolino Media): 9783819420719

Vertrieb: • eBook: Über Tolino Media

Alle Rechte vorbehalten: Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Autors in irgendeiner Form reproduziert oder verbreitet werden. Haftungsausschluss: Dieses Werk ist frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

 

Erinnert euch …

„Sie dachten, es wäre vorbei, dass alles, was sie geopfert hatten, ausreichte, um das Schlimmste zu verhindern. Dass die Schlacht, die sie gefochten hatten, ausreichen würde, um die Welt zu retten. Doch das Schicksal hält sich nicht an naive Hoffnungen.

Elara und Raifa waren in großer Zahl auf die Erde gekommen.

Es wurden Ereignisse in Gang gesetzt, die niemand mehr kontrollieren konnte. Und während unsere Helden sich noch an den letzten Kampf klammerten oder daran fast zerbrachen, formten sich in den Schatten neue Bedrohungen. Sie fanden neue Verbündete ... aber auch neue Feinde.

Dies ist die Geschichte dessen, was war und dessen, was wir zu verhindern versuchten. Sie muss erzählt und darf nie vergessen werden. Denn die Vergangenheit lässt sich nicht auslöschen.

Ich habe die Fragmente dieser Geschichte gesammelt. Aus Notizen, aus Erinnerungen, aus dem, was diejenigen erzählten, die sie überlebt haben. Ich habe sie zusammengefügt, um zu zeigen, was geschah.

Ich sage euch: Es war noch nicht vorbei.“

„Alles begann mit drei Helden ... bei einer alten Ruine.“

 

Eine Spur

Die Sonne stand tief am Nachmittagshimmel, ihr letztes Licht brach sich in den Baumwipfeln und tauchte das Waldstück in ein geheimnisvolles Glühen.

Lange Schatten krochen über den moosbedeckten Boden, und das Summen der Insekten vermischte sich mit dem leisen Rascheln des Windes, der durch das dichte Laub strich. Der Wald wirkte unberührt, uralt, und doch lag eine unheimliche Spannung in der Luft.

Zwei Schatten huschten lautlos zwischen den Bäumen hindurch, zielgerichtet und wachsam.

Die erste Gestalt, eine schlanke Frau, fiel durch ihr silbernes Haar auf, das im letzten Licht des Tages wie flüssiges Metall schimmerte. Ihre Bewegungen waren geschmeidig, voller Eleganz, die eine verborgene innere Stärke verriet.

Sie trug Outdoor-Kleidung: eine dunkle Jacke, robuste Worker-Hose und schwarze Combat-Boots, die für das unwegsame Gelände wie gemacht schienen. Ihre fast silbern schimmernden Augen huschten aufmerksam über die Umgebung, während sie den steinigen Pfad hinaufging, der sich zwischen knorrigen Wurzeln und feuchtem Moos bergauf schlängelte.

Hinter ihr folgte ein Mann, dessen pechschwarzes Haar ihm durch einen tiefen Seitenscheitel ins Gesicht fiel. Besonders auffällig waren jedoch seine violettfarbenen Augen, die in der Dämmerung glommen und einen Hauch von etwas Übernatürlichem ausstrahlten.

Trotz seiner scheinbar lockeren Haltung war er angespannt, seine Bewegungen verrieten seine Vorsicht.

In schlichter, dunkler Kleidung, die ihm maximale Bewegungsfreiheit bot, bewegte er sich wie ein lautloser Schatten zwischen den Bäumen. Um seinen Hals trug er eine einfache Kette, die er unbewusst mit den Fingern berührte, als die Frau vor ihm plötzlich stehen blieb.

Vor ihnen erhob sich eine verfallene Burgruine auf einem Hügel. Die zerbrochenen Mauern ragten wie gebrochene Zähne in den Himmel, überwuchert von Efeu und Moos. Eine bröckelnde Steintreppe führte hinauf, und zwischen den Überresten der Mauern flackerte ein unnatürliches Licht. Flache Steine lagen verstreut, und die Luft war erfüllt von einem leisen, unheilvollen Summen.

Der Mann hielt inne. „Hört ihr, dass?“, fragte er, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern.

Die Frau nickte, ihre Augen verengten sich. „Ja. In der Ruine ist definitiv Bewegung. Wir sollten darauf achten, ob wir Schutzsigillen entdecken.“

Ein Stück entfernt, versteckt in dichten Sträuchern, stand ein Van. In diesem saß ein Mann mit blonden Haaren, die zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren. Seine runde Brille saß schief auf der Nase, und ein Dreitagebart zierte sein Gesicht. Auch er trug praktische Outdoor-Kleidung, ähnlich wie die Frau.

Der Van, in dem er saß, war verbeult, seine besten Tage waren schon lange vorbei. Rost fraß sich durch die Türen, und eine große Beule an der Seite erzählte von einem alten Unfall.

Im Inneren war das Fahrzeug chaotisch: Kabel, zwei blinkende Monitore und improvisierte Geräte drängten sich auf kleinstem Raum. Der Mann lehnte sich auf seinem Drehstuhl zurück und beobachtete die Bildschirme, auf denen ein Satellitenbild der Ruine und blinkende Sensordaten zu sehen waren.

„Ich habe euch auf dem Schirm“, meldete sich Weston über Funk. Seine Stimme klang sachlich, doch ein Hauch von Sarkasmus war nicht zu überhören.

„Lavera, Amiel, ich hoffe, ihr habt eure guten Schuhe an. Der Boden da oben sieht aus, als hätte ihn seit der Eiszeit niemand mehr berührt.“

Lavera lächelte leicht, während sie weiterging. „Sorge dich lieber darum, dass du uns nicht aus den Augen verlierst, Phil. Wie sieht es mit der Energiequelle aus?“

Der Mann mit dem blonden Zopf warf einen weiteren Blick auf die Sensoren. „Noch nichts Konkretes“, antwortete er. „Keine Sigillen-Matrix oder etwas Ähnliches. Zum Glück ist uns seit über einem Jahr nichts Derartiges begegnet. Zwar haben wir in dieser Zeit drei dieser Nester aufgespürt und beseitigt, aber keines davon wies besondere Merkmale auf. Es macht mich schon nachdenklich, dass noch immer Elara und Shlichaya auf der Erde versuchen, Probleme zu machen.“

Lavera wurde kurz still. Ihre Stimme klang gedämpft, fast traurig, als sie sprach: „Ja, über ein Jahr ... und trotzdem geht es Sophia nicht wirklich besser. Der Kampf auf der Lichtung hat ihr mehr abverlangt, als wir dachten. Peters Tod, den sie mitansehen musste, hat sie schwer getroffen.“

Amiel murmelte leise, mehr zu sich selbst: „Und über Marlowe müssen wir gar nicht erst reden. Der Verlust von Peter und seiner Exorzismus-Kräfte ... seit der Schlacht an der Matrix ist es, als hätte er sich selbst verloren.“

Geräusche rissen ihn aus seinen Gedanken, während sie sich der Ruine näherten. Eine raue Stimme durchbrach die Stille ... sie bellte Befehle, die hart und schneidend von den zerfallenen Mauern zurückgeworfen wurden.

Lavera hob die Hand und hielt inne. Ihre Stimme war ruhig, aber fest: „Schutzsigillen.“ Sie deutete auf eine Mauer, die den Eingang der Ruine säumte. „Wir müssen vorsichtig sein.“

Fast unhörbar näherten sie sich dem verrottenden Mauerwerk. Die junge Frau warf ihrem Begleiter einen kurzen Blick zu. „Wie immer? Was meinst du?“

Der Mann mit den violettfarbigen Augen grinste leicht. „Klar, never change a running system, wie Phil immer zu sagen pflegt.“

Im Van schmunzelte der Mann mit der rundlichen Brille, die er sich in diesem Moment geraderückte, als er die Worte seines Freundes über Funk hörte. „Leute, passt bitte auf“, meldete er sich.

„Ich sehe mehrere Gestalten im Innenhof der Ruine. Wie viele Elara oder Shlichaya sich dort befinden, ist nicht zu erkennen. Ab hier bin ich nur noch Zuschauer, aber wenn etwas von außen auf euch zukommt, gebe ich Bescheid. Phil Ende.“

Er lehnte sich zurück und strich nachdenklich über seinen Dreitagebart. „Ich muss mich echt mal darum kümmern, dass wir vernünftiges Equipment bekommen“, murmelte er leise vor sich hin.

Die beiden waren beim Eingang angekommen. Lavera stellte sich aufrecht hin und ging entschlossen in Richtung Innenhof, während ihr Teamkamerad sich bei den Schutzsigillen verbarg

Ohne Furcht trat sie in den Hof.

Doch das, was sie dort sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Gut ein halbes Dutzend menschlicher Körper hingen leblos, an den Händen an eine eiserne Stange gebunden. Um sie herum standen reglos mehrere Shlichaya, wie Wächter. Weitere waren im Innenhof verteilt, doch denjenigen, den sie suchte, konnte sie nicht entdecken.

Eine kalte, hämische Stimme antwortete ihr, scheinbar aus dem Nichts.

„Die Schlächterin ist gekommen. Die Mörderin ihrer eigenen Art. Wo ist denn dein Gehilfe? Der Raifa?“

Draußen, vor dem Eingang, hörte Amiel diese Worte und knurrte leise. „Gehilfe? Echt jetzt?“, beschwerte er sich, mehr zu sich selbst sprechend.

Aus dem Innenhof hörte er Lavera.

„Ich bin kein Schlächter unseres Volkes. Aber wenn es darum geht, einen Genozid zu verhindern, schlage ich mich auf die Seite der Menschen.“

„Dann soll es so sein“, erklang die Stimme erneut. Wie auf ein lautloses Kommando warfen sich die Shlichaya auf Lavera.

Doch sie war vorbereitet. Genau das hatte sie erwartet.

Ihre Bewegungen waren so schnell, dass sie hinter sich ein Abbild ihres Körpers wie einen Schleier nachzog. Den ersten Gegner packte sie am Kopf, wirbelte in seinen Rücken und brach ihm das Genick in einem einzigen fließenden Moment.

Ein weiterer stürzte auf sie zu, doch Lavera wich mit einem geschmeidigen Schritt zur Seite aus. Ihre Faust schoss vor und durchbrach den Brustkorb des Angreifers mit einem dumpfen, erschütternden Geräusch.

Sie wütete in den Reihen der Feinde wie ein Berserker. Rippen brachen, Knochen barsten, während sie sich gnadenlos ihren Weg durch die Shlichaya bahnte. Keine Bewegung war verschwendet, jeder Schlag präzise und tödlich.

Währenddessen versuchte Amiel draußen, den wahren Gegner zu finden. Seine violettfarbenen Augen begannen zu glühen, und er trat durch den Eingang in Richtung Innenhof ... wohl wissend, dass er jetzt sichtbar für den Feind war. Er sah, wie sich Lavera mit präziser Gewalt durch die Shlichaya kämpfte.

Sein Blick wanderte nach oben, und in einem zerfallenen Turm bemerkte er ein Aufblitzen. Bevor er darauf reagieren konnte, sah er, wie eine Gestalt auf ihn zuraste.

Es war zu spät.

Hinter ihm ertönte ein dumpfes Geräusch. „Ah, der Gehilfe. Bist du doch aus deinem Loch gekrochen?“

Amiel hörte dieselbe Stimme, die ihn schon zuvor zu einem Mitläufer von Lavera degradiert hatte. Stinksauer begann er, sich umzudrehen. „Von wegen Gehilfe! Ich werde dir gehörig in den Arsch...“

Weiter kam er nicht.

Ein Hieb, so hart wie der Aufprall eines Vorschlaghammers, traf ihn an der Seite und riss ihn förmlich von den Füßen. Seine Rippen ächzten unter der Wucht, während die Luft schlagartig aus seinen Lungen wich.

Wie ein Spielzeug wurde er nach hinten geschleudert und prallte mit voller Wucht gegen eine schwere Eisentür. Der massive Stahl bog sich unter dem Aufprall, ehe die Tür aus den Angeln brach und Amiel in einen dunklen Raum katapultierte. Mit einem erschütternden Knall krachte sein Körper gegen den Boden. Das Metall unter ihm verbog sich wie Papier.

Sein Angreifer zögerte nicht. Ein triumphierendes Lächeln spielte auf seinen Lippen, als er durch die zerstörte Tür trat ... bereit, das Werk zu beenden.

Doch kaum hatte er den Raum betreten, verschwand der Raifa vor ihm ... lautlos, wie vom Schatten verschluckt. Die Dunkelheit schien sich zu bewegen, lebendig zu werden. Ein kalter Hauch strich über seinen Nacken.

„Komm raus, du Feigling...“

Aber er kam nicht mehr dazu, weiterzusprechen. Von hinten wurde er gepackt. Hände, so stark wie Schraubstöcke, umklammerten seinen Körper und rissen ihn mit einem gewaltsamen Ruck aus dem Raum.

Seine Füße verloren den Halt, während die Kraft seines Gegners ihn gnadenlos mit sich zog. Noch bevor er sich wehren konnte, schloss sich eine stählerne Hand um seinen Nacken. Mit brutaler Präzision wurde sein Kopf mehrfach gegen die Mauer geschlagen. Der Aufprall ließ die Steine splittern, Staub und Bruchstücke regneten auf den Boden.

Ein normaler Mensch hätte diesen Angriff nicht überlebt. Der Schädel wäre beim ersten Schlag zerborsten.

Ein hellblauer Rinnsal lief ihm wie Blut über die Stirn und zog glitzernde Spuren auf seiner Haut. Er wurde weiter geschleift. Sein Körper schien für den Angreifer kaum ein Gewicht zu haben. Der Boden riss an seiner Kleidung, als er mit dem Gesicht in den Dreck gedrückt wurde.

Sein Atem stockte. Sand und Erde füllten seinen Mund. Aus den Augenwinkeln sah er, wie die Körper seiner Shlichaya in einem unnatürlichen Licht zerfielen ... ihre Gestalten sich in ein Nichts auflösten, als hätte es sie nie gegeben.

„So, und nun sagst du uns, was wir wissen wollen.“ Die Frauenstimme war kalt wie Eis. Lavera stand über ihm, ihre Augen funkelten bedrohlich, während sie den Druck auf seine Brust verstärkte ... als würde ein unsichtbares Gewicht ihn langsam zerquetschen.

Der Elara schnappte nach Luft. „Das wird euch nichts nützen ... wir sind zu viele. Keiner von uns weiß alles. Nur die Meister haben volle Kenntnis unseres Plans.“

Sein gequältes Lachen verwandelte sich in ein Keuchen, als sie noch mehr Kraft aufwandte. Die Knochen in seiner Brust knackten verdächtig, der Schmerz verzerrte sein Gesicht.

„Lavera, hör auf!“, rief Amiel scharf.

Keine Reaktion. Der Zorn hatte sie wieder fest im Griff. „Red weiter, oder ich stampfe dich in den Boden.“

Ihre Stimme war kalt, doch die Wut in ihren Augen brannte wie ein Flächenbrand. Der Druck verstärkte sich erneut ... als hätte sie vergessen, dass sie eine Antwort wollte und nicht den Tod ihres Gegners.

„Lavera!“, donnerte Belamiel, dieses Mal näher, während er humpelnd zu ihr trat. Seine violetten Augen funkelten. „Tot nützt er uns nichts!“

Seine Hand legte sich fest auf ihre Schulter, doch sie zuckte nicht zurück. Für einen Augenblick wirkte es, als würde sie ihn ignorieren. Ihr Atem ging schwer, ihr ganzer Körper zitterte vor unterdrückter Wut.

„Lass ihn los. Sofort!“, drängte der Raifa mit fester Stimme.

Endlich löste sie den Blick von ihrem Opfer und starrte Belamiel an. Zorn und Frustration hatten ihre Augen gerötet, die Fäuste so fest geballt, dass die Knöchel weiß hervortraten. „Er hat gelogen. Ich bin sicher, dass er uns etwas verschweigt. Sie lügen immer!“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern ... doch sie bebte vor Aggression.

„Und wenn er es tut, werden wir es herausfinden.“ Belamiels Ton war ruhig, in seinem Blick lag Entschlossenheit. „Aber nicht dadurch, dass du ihn in Stücke reißt.“

Lavera zögerte. Ein langer Moment des inneren Kampfes, bis sie schließlich den Druck auf ihr Opfer lockerte.

Der Elara rang keuchend nach Atem, sein Blick glasig vor Schmerz und Erleichterung zugleich.

Der Raifa legte seine Hand auf den Kopf des Mannes. Seine violettfarbenen Augen begannen unheilvoll zu glühen. „Wir holen uns die Wahrheit ... auf meine Weise.“

Zuerst kam nur ein leises Wimmern ... kaum hörbar. Doch schon bald verwandelte sich das Geräusch in einen markerschütternden Schrei, der aus den Tiefen seiner Seele zu kommen schien. Sein Körper versteifte sich, der Blick starrte ins Leere, als sähe er etwas, das für alle anderen verborgen blieb.

Amiels violette Augen glühten immer heller, als er tiefer in den Geist seines Opfers eindrang. „Zeig mir deine Ängste“, flüsterte er, seine Stimme kaum mehr als ein Echo in den Gedanken des Elara.

Vor dem inneren Auge des Elaras öffnete sich ein Abgrund aus Finsternis. Szenen seiner schlimmsten Albträume entfalteten sich in rascher Folge ... alte Schuldgefühle, längst verdrängte Schrecken und die unausweichliche Angst vor seinem eigenen Untergang.

Schatten aus seiner Vergangenheit griffen nach ihm. Fratzen verzerrter Gesichter umringten ihn und flüsterten höhnische Lügen, während er sich verzweifelt zu befreien versuchte. „Nein! Bitte, nicht!“, brüllte der Elara. Sein Körper wand sich unter unsichtbarem Druck.

Doch Amiel blieb regungslos. Seine Hand fest auf dem Kopf des Mannes, während die violettfarbenen Lichter in seinen Augen pulsierend tanzten. „Dein Wille zerbricht ...“, murmelte er.

Genau in diesem Moment versiegte der Schrei abrupt.

Stille legte sich über die Ruine ... schwer und fast erdrückend. Der Gefangene keuchte. Sein Brustkorb hob und senkte sich hektisch, als seine Augen glasig wurden. Die letzten Reste von Widerstand schwanden wie Rauch im Wind.

„Jetzt … zeig mir, was du weißt“, flüsterte Amiel beschwörerisch. Seine Gedanken wühlten tiefer, tasteten sich durch die bröckelnden Barrieren im Verstand seines Opfers. Erinnerungen flackerten auf wie Bilder in einem zersplitterten Spiegel ... Bruchstücke von Plänen, Namen, Gesichtern.

Seine Hand zitterte leicht, als er die Puzzleteile zusammensetzte. Die Wahrheit formte sich langsam in seinem Geist, während der Körper des Gegners leblos und erschöpft zu Boden sank.

Der Raifa hob seinen Blick.

„Wir haben, was wir brauchen?“, fragte Lavera, ihre Stimme vor Ungeduld und Wut bebend. Die Frau mit den silbernen Haaren machte einen Schritt auf ihn zu. Ihr Blick brannte sich förmlich in Amiel.

„Ja und nein.“

Er wählte seine Worte mit Bedacht, während er seine Freundin direkt ansah. „Die Antworten sind tief in seinem Geist verborgen … unzusammenhängend, chaotisch. Aber sie ergeben ein Muster.“

Er machte eine kurze Pause und ließ die Bedeutung seiner Worte sinken. „Er weiß wirklich nicht viel. Seine Aufgabe war es, menschliche Körper hierherzubringen, damit sie später zu Shlichaya gemacht werden. Er sollte lediglich gehorchen.“

„Es gibt, wie er sie nannte, ‚Meister‘ ... drei an der Zahl. Aber er sagte die Wahrheit, als er behauptete, nichts vom übergeordneten Plan zu wissen.“

Er trat näher an sie heran, sein Blick wurde weicher, und ein Hauch von Humor mischte sich in seine Stimme. „Ich hoffe, du weißt, dass du ein Aggressionsproblem hast, Lavera …“

Sein Ton war spielerisch, aber es lag auch eine gewisse Ernsthaftigkeit darin. „Wenn wir jeden potenziellen Informanten pulverisieren, bleibt uns bald niemand mehr, den wir fragen können.“

Sie funkelte ihn an, doch für einen Moment zuckte ein winziges Lächeln über ihre Lippen. „Noch ein Spruch, und du bist der Nächste, den ich ... pulverisiere.“

„Ich werde mein Bestes tun, das zu vermeiden“, erwiderte Belamiel trocken und legte sanft eine Hand auf ihre Schulter.

In dem Moment der Berührung spürte Lavera eine Wärme in sich aufkeimen ... eine seltsame, beruhigende Energie, die von ihrem Brustkorb ausging und sich in Wellen durch ihren Körper ausbreitete.

Die Wut, die eben noch in ihr gebrannt hatte, erlosch langsam, bis nichts mehr davon übrig war. Stattdessen breitete sich Ruhe in ihr aus … und etwas anderes, das sie nicht benennen konnte.

Ein plötzlicher Schauer durchfuhr sie. Erschrocken über das Gefühl, das sie überkam, wich Lavera einen Schritt zurück. Ihre Lider flatterten kurz, bevor sie ihren Blick auf den bewusstlosen Elara am Boden richtete

„Wo sind sie, diese Meister?“, fragte die zierliche Frau mit den silbernen Haaren kühl und nickte ihrem bezwungenen Gegner zu.

„Weiß er nicht“, antwortete er ruhig. „Wer sind sie?“, hakte sie nach. „Weiß er nicht.“

„Was wollen sie?“ Ihre Stimme wurde schärfer. „Weiß er nicht.“

Lavera spürte wieder ihre Wut aufkeimen. „Verdammt! Seit einem Jahr tappen wir im Dunkeln und wissen immer noch nichts!“

Amiel sah sie vorwurfsvoll an. „Doch. Dadurch, dass wir ihn dieses Mal nicht sofort getötet haben“ ... er hielt kurz inne ... „wissen wir, dass es einen Plan und Anführer gibt. Das ist schon eine Menge.“

„Was hilft uns das?“, fragte sie, und noch immer klang ihre Stimme genervt.

„Wir wissen jetzt, dass es etwas gibt, worauf wir hinarbeiten können. Und damit haben wir ein Ziel“, entgegnete ihr Freund ruhig.

„Was machen wir mit ihm?“ Sie zeigte auf den Gegner am Boden.

Der Raifa zuckte mit den Schultern und trat wortlos in Richtung Ausgang. Hinter ihm flackerte ein hellblaues Licht auf ... eine Energiewoge durchzuckte den Innenhof. Er wusste: Der Elara hatte soeben seinen letzten Atemzug getan.

Ein paar Sekunden später ging Lavera neben ihm in Richtung Ausgang. Sie hob ihre Hand, strich sich die silbernen Haare aus dem Gesicht und drückte auf den Knopf in ihrem Ohr. „Phil? Wir sind wieder da.“

„Was war denn los? Ich habe nur einen irren Schrei gehört!“

„Das erzählen wir dir dann im Van, auf der Heimfahrt. Wir müssen auf jeden Fall auch mit den anderen reden.“

Ihr Schritt wurde schneller. „Kommst du, Gehilfe?“, fragte sie mit einem leichten Spott in der Stimme.

Amiel hielt kurz inne, grummelte ein genervtes: „War ja klar, dass ich mir das jetzt ewig anhören darf“, und trottete ihr hinterher zum Wagen.

Altlasten

Der windige Pfad schlängelte sich durch das Tal, gesäumt von steilen Erhebungen und offenen Wiesen, die sich bis zum Horizont zogen. Das Land wirkte endlos und verlassen, die Täler eingebettet zwischen den sanften Hügeln der Yorkshire Dales. Überall war die Stille der Abgeschiedenheit zu spüren ... nur das gelegentliche Rascheln von Gräsern und das Flattern von Vögeln unterbrachen die unheimliche Ruhe.

Die Dämmerung senkte sich langsam über das Land, und der Himmel war von tiefen, blauen Tönen durchzogen. In der Ferne war der Umriss eines alten Anwesens zu erkennen ...

Wynterhold Farm.

Das stattliche Farmhaus aus hellem Sandstein hatte mit seinen großen Fenstern und modernen Annehmlichkeiten einen unerwarteten Kontrast zu der rauen, ländlichen Umgebung. Die mit Moos bedeckten Dächer und der gepflegte Garten ließen die Farm fast wie ein Relikt einer anderen Zeit erscheinen.

Dahinter stand eine massive Scheune, die durchaus schon bessere Tage erlebt hatte. Ihre Türen waren weit offen, und die verstreuten landwirtschaftlichen Geräte erinnerten an das Leben, das hier einst blühte.

Nicht weit entfernt vom Hauptgebäude befand sich das Nebengebäude, das den Angestellten Unterkunft bot. Auch dieses war in einem bemerkenswert guten Zustand ... trotz der Abgeschiedenheit.

Wynterhold Farm schien noch vor wenigen Tagen lebendiger zu sein. Traktoren fuhren ein und aus, und man sah gelegentlich Männer und Frauen ihrer Arbeit nachgehen. Doch nun war die Atmosphäre stiller, kälter, beklemmend.

Ein Hauch von Unbehagen lag in der Luft ... wie eine unsichtbare Präsenz, die der unberührten Landschaft etwas Unheimliches verlieh

Die große Eingangstür des Farmhauses knarrte im Wind, und von einem unbekannten Ort drang das entfernte Geräusch einer fallenden Mauer herüber ... ein leiser, gedämpfter Knall, der die Stille durchbrach.

Im Inneren des Herrenhauses herrschte dieselbe bedrückende Atmosphäre. Auch die hellen Farben der Wände und das wunderschöne Mobiliar konnten nichts daran ändern.

Gleich nach der Eingangstür befand sich ein großer Empfangsraum. Darin stand eine alte Pendeluhr, die nicht zur sonst eher modernen Einrichtung passen wollte. Drei Türen waren zu sehen: Die rechte war geschlossen, die gegenüber, stand offen und führte in eine Küche, und links befand sich eine halb geöffnete Tür, aus der Stimmen drangen.

Der Raum dahinter sah aus wie ein Esszimmer ... groß genug, um viele Personen zu beherbergen. Es schien, als hätte die Familie hier zusammen mit ihren Angestellten gegessen.

Drei Gestalten saßen am Kopf des Tisches: zwei Männer und eine Frau. Ihre Anwesenheit strahlte Stolz, Härte und Unnachgiebigkeit aus. Ihre eisblauen Augen glühten leicht im schummrigen Licht.

Am anderen Ende des Tisches standen zwei unterwürfige Diener mit gesenktem Blick, bereit, jeden Befehl auszuführen.

Die Frau mit dem langen, hellblauen Haar, dessen Strähnen sanft ihr Gesicht umrahmten, strahlte kühlen Stolz aus. Ihre eiskalten Augen musterten die beiden Gestalten neben ihr.

„Ihr könnt euch kaum zusammenreißen, oder?“

Sie sprach spöttisch, während sie die beiden Männer, die links und rechts von ihr saßen, mit einem stechenden Blick fixierte. „Unsere Pläne schreiten voran, doch eure Differenzen könnten uns alles kosten.“

Der hochgewachsene Elara mit langen, aschgrauem Haar, das ihm leicht ins kantige Gesicht fiel, und silbernen Augen verschränkte die Arme vor der Brust.

Seine Stimme war scharf, als er antwortete: „Es sind keine Streitereien, sondern strategische Diskussionen. Du, Lariel, hast uns zusammengerufen, um Meister Jehudiel wieder auf die Erde zu bringen.“

„Manche von uns“, er schaute die Frau mit den eisblauen Augen fest an. „Arbeiten daran, die Elara zu finden, die für unser Vorhaben unverzichtbar sind, damit du sie rekrutieren kannst.“

Der Mann mit den streng zurückgekämmten hellblauen Haaren, der wie einem Modellkatalog entsprungen wirkte, unterbrach ihn mit einem süffisanten Lächeln. „Und manche von uns, Doriel, schaffen reale Fortschritte. Meine Shlichaya sind einsatzbereit, während du dich auf Gerüchte stützt.“

Der Angesprochene sprang wütend auf.

„Du wagst es, meine Bemühungen zu diskreditieren? Im Gegensatz zu dir muss ich Fühler über die ganze Welt ausbreiten und mich nicht nur in kleinen Kaffs nach Körpern umsehen!“ „Vier Standorte wurden bereits vernichtet. Die Reihen deiner Shlichaya lichten sich, mein Lieber, und die Orte, wo du sie züchten kannst, sind begrenzt.“

Ein lauter Knall ließ die beiden zusammenfahren. Lariel hatte ihre Faust auf den Tisch geschlagen.

„Genug! Ihr seid schlimmer als zwei Raifa, die sich um einen Knochen streiten.Wir müssen unsere Pläne überdenken und neu ausarbeiten. Es geht zu langsam voran, scheint mir.“

Ihre eisblauen Augen fixierten die Männer mit schneidender Schärfe. „Die Suche nach weiteren Gelehrten wird forciert, damit die Sigillen geschrieben und mit Macht erfüllt werden können, um unseren Herrn zurückzubringen. Der Ort muss vorbereitet werden. Es genügt nicht, dass es dort eine Energie-Konvergenz gibt.“

„Warum bauen wir nicht einfach die Maschine nach, die Jehudiel gebaut hat?“, fragte Ganael, als hätte er gerade die beste Idee seit Jahrhunderten gehabt.

Die Elara sah ihn mit einem gelangweilten Blick an. Ihre Augen verengten sich leicht. „Weil wir, wie du eigentlich wissen solltest, nicht im Entferntesten über die gleiche Macht verfügen wie unser Herr, um so eine Apparatur in Gang zu setzen. Außerdem wollen wir nicht so viele wie möglich von uns zur Erde bringen, sondern ihn allein.“

Sie lehnte sich zurück. „Und dafür brauchen wir spezielle Sigillen, die darauf ausgerichtet sind, ihn zu uns zu rufen. Wirklich, manchmal bewundere ich deine ... Einfachheit.“

Ihre Stimme triefte vor Spott, und ein spöttisches Lächeln umspielte ihre Lippen.

Das süffisante Grinsen verschwand für einen Augenblick von Ganaels Gesicht, nur um kurz darauf zurückzukehren, als hätte er die Kontrolle sofort wiedererlangt. Mit überheblicher Miene ließ er seinen Blick durch die Runde schweifen.

„Wir brauchen Ideen. Gute Einfälle.“ Ihre Augen verengten sich, während sie den Elara mit den streng zurückgekämmten Haaren noch einmal strafend ansah.

„Also ... möchte jemand beginnen?“ Ihr Blick wanderte langsam zu Doriel. Die Stille im Raum wurde drückend, während sie ihn fixierte.

Er lächelte kaum merklich, seine silbernen Augen funkelten kalt. „Eine gute Idee ...“, begann er mit ruhiger, fast sanfter Stimme, „hängt davon ab, wie weit ihr bereit seid zu gehen.“

Der hagere Mann mit den silbernen Augen verschränkte die Arme. „Nun ja, da ich nur begrenzt arbeiten kann, schlage ich vor, dass wir uns der Technik der Menschen zuwenden.“

„Du schlägst also vor, die Erde mit moderner Ausrüstung zu durchforsten?“ Ihr Tonfall war kühl, fast spöttisch. „Seit wann bist du ein Anhänger der menschlichen Spielzeuge?“

Er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Sein Blick blieb fest auf sie gerichtet. „Es ist effizienter. Computer, Satellitenbilder, energetische Messungen ... alles in Echtzeit. Wir könnten die ganze Erde in wenigen Tagen abdecken, anstatt auf die schwachen Spuren zu vertrauen, die wir bisher hatten.“

Er holte kurz Luft und fuhr fort: „Ich schlage vor, dass wir auch für Missionen moderne Technik nutzen. Funkgeräte sollten ein fester Bestandteil sein. Damit kann zum Beispiel Ganael mit allen Mitgliedern seiner Einheit verbunden bleiben und sie bei Bedarf lenken.“

Der Elara stand auf, sein süffisantes Lächeln unverändert. „Funkgeräte? Doriel?“

Der kalte Blick, den er von Lariel erhielt, ließ ihn sofort verstummen. Sie lehnte sich zurück, das Licht des Kamins glitzerte auf ihrem langen, hellblauen Haar. „Und wer soll diese Geräte bedienen?“ Ihre Stimme triefte vor Skepsis. „Oder hast du plötzlich entdeckt, dass du ein Experte für menschliche Technologie bist?“

Ein schmales Lächeln spielte um Doriels Lippen. „Die Untergebenen. Einige von ihnen könnten Fachleute mit genau diesen Fähigkeiten übernehmen. Sobald sie das Wissen erworben haben, kehren sie in ihre ursprüngliche Gestalt zurück. So schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Unsere Leute lernen die Technik ... und danach kann er sie in Shlichaya verwandeln.“

Für einen Moment herrschte Stille.

Sie musterte den Elara mit den aschgrauen Haaren eingehend, als würde sie in seinen Gedanken lesen. Schließlich hob sie eine Augenbraue und lehnte sich leicht nach vorn. „Du überraschst mich. Das ist tatsächlich ... durchdacht. Aber bist du sicher, dass diese Methode funktioniert?“

Doriels Gesichtsausdruck wurde ernst. „Es ist die beste Möglichkeit, effizient zu sein und unsere Reichweite zu maximieren. Ich schlage vor, wir beginnen sofort mit der Rekrutierung und dem Aufbau des Systems.“

Sie nickte ... und warf Ganael einen kühlen Blick zu. „Nun zu dir.“

Der Mann mit dem selbstgefälligen Lächeln sah von einem zum anderen. „Wir haben herausgefunden, wer die vier Lager von uns zerstört hat.“ Er schaute abwechselnd die beiden vor ihm an. „Es war Laveriel ... die Verräterin, die Schlächterin von Elara ... und ihr Hündchen, der Raifa.“

Er hielt kurz inne, als ob er nachdenken müsste, bevor er hinzufügte: „Ach ja, Belamiel heißt er wohl. Wir haben schon versucht, sie zu finden.“

Über Doriels Gesicht schien für einen Moment ein Lächeln zu huschen.

„Versucht?“ Lariels Stimme klang bedrohlich.

Ganael lächelte breit und triumphierend. „Ein Späher hat sie offenbar ausfindig gemacht.“

Sie lehnte sich zurück, ihre Augen funkelten vor Freude, und ein unheilvolles Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. „Hervorragend. Es scheint, dass unser Plan endlich Gestalt annimmt.“ Sie wandte sich an Doriel. „Ich möchte, dass du sofort mit deinem Plan beginnst.“

Er nickte knapp.

Dann richtete sie sich an Ganael. „Und du? Was hältst du davon, wenn du auf die Jagd gehst?“

„Auf wen?“, fragte er, leicht verdutzt.

„Auf die Schlächterin. Dann kann sie unsere Pläne nicht mehr durchkreuzen.“

Man sah, wie sein süffisantes Lächeln gefror. Fast ungläubig blickte er Lariel an, als könne er nicht fassen, was von ihm verlangt wurde. Doch das Schauspiel dauerte nur Sekunden, dann kehrte sein übliches Lächeln zurück. „Das kann ich hinbekommen. Nur werden mehr Kämpfer benötigt.“

„Meinst du etwa, du kannst es nicht mit ihr aufnehmen?“, unterbrach ihn Doriel mit einem Grinsen, das seine Gehässigkeit widerspiegelte.

Bevor sein Widersacher reagieren konnte, stand Lariel abrupt auf. Ihr eisiger Blick bedeutete, dass sie keine weiteren Streitereien duldete.

„Mehr Kämpfer“, wiederholte Ganael und lehnte sich wieder leicht zurück. „Ich stelle mir das so vor: vier oder fünf Elara zusätzlich ... und Shlichaya. Ich würde sagen, zwanzig sollten reichen.“

Seine Augen funkelten kurz zu Doriel. Ein unausgesprochener Groll lag in der Luft. Doch dieser blieb ungerührt. Seine Haltung strahlte Überlegenheit aus.

Lariel nickte langsam, ihr Blick wanderte zwischen den beiden Streitenden hin und her. „Nun gut. So soll es geschehen. Wir sind hier fertig.“

Die beiden Männer nickten, und eine unheilvolle Stille breitete sich im Raum aus, nur durchbrochen vom knisternden Kaminfeuer.

Von der anderen Seite des Tisches hörte man plötzlich ein leises Flüstern: „Herrin?“

Einer der Unterwürfigen hatte sich zu Wort gemeldet. Da er nicht unterbrochen oder bestraft wurde, sprach er weiter: „Was machen wir mit den Menschen, die hier gelebt haben?“

Lariel drehte sich langsam zu ihm um. Ihr Blick war scharf wie eine Klinge.

„Bereitet sie vor. Sie werden zu den zwanzig Shlichaya gehören, die Ganael verlangt hat.“

 

Westons Haus ... Am nächsten Tag

Die Sonne stand hoch am Himmel, doch die langen, schaukelnden Schatten der Bäume flossen wie flüssiges Silber über den Boden.

Der Waldpfad, verwoben zwischen knorrigen Wurzeln und sanftem Moos, führte in eine fast unberührte Stille. Nur das leise Knirschen der Blätter unter den Füßen und das Summen der Insekten brachen die Ruhe.

An den Rändern des Weges wuchsen Blumen, deren Köpfe in die Sonne geneigt waren, als wollten sie ihr Licht in sich aufnehmen. Die Luft war frisch und duftete nach Erde und feuchtem Holz, während sich ab und an ein zarter Windhauch durch die Äste schlängelte.

Auf diesem Pfad war eine junge Frau unterwegs, die entspannt spazieren ging. Ihr Haar, dunkel und wild, tanzte leicht im Wind. Wo die goldenen Strahlen der Sonne ihre braune Haut trafen, begann sie zu schimmern.

Ruhe und Frieden umhüllten sie. Die junge Frau genoss es, abzuschalten und einfach nur zu sein. Doch kleine Wolken begannen, sich zu bilden, und verdeckten die Sonne. Es wurden immer mehr, und bald sah es nach Regen aus.

Sophia wurde unruhig. Nass wollte sie auf keinen Fall werden. Ihr Schritt wurde schneller, bis vor ihr eine kleine Lichtung auftauchte. Sie blieb stehen ... ein Unwohlsein machte sich in ihr breit. Ein leichtes Angstgefühl kroch in ihr hoch, doch sie schüttelte es ab und trat auf die Lichtung.

Die Luft wurde stickig, drückend schwer, und der Boden unter ihren Füßen schien bei jedem Schritt nachzugeben. Sophia spürte, wie das Adrenalin durch ihren Körper schoss, während sie sich durch einen dichten Rauch kämpfte.

Ein metallisches Klirren ertönte in der Ferne, begleitet von Schreien, die sich wie Echos um sie herum ausbreiteten. Sie drehte sich hektisch um.„Peter? Phil? Lavera?“

Ihre Stimme hallte, wurde aber von der flirrenden Luft verschluckt.

Vor ihr tauchten Gestalten auf ... dunkle Umrisse, die sich wie Schatten durch die Nebelwand bewegten. Erst als sie näherkamen, erkannte sie: Shlichaya. Ihre ausdruckslosen Gesichter und leeren Augen fixierten sie, als hätten sie nur auf sie gewartet.

„Nein, nicht schon wieder“, flüsterte sie, während die Angst in ihr Wuchs und bis in ihre Knochen kroch. Dann fiel ihr Blick auf die Maschine. Eine Szene, die sie nie vergessen würde, spielte sich erneut vor ihr ab.

Peter war dort, umringt von blauen, violetten und roten Lichtwesen. Seine Haltung war entschlossen, als er oben auf dem Gerät stand, doch Sophia konnte die Erschöpfung in seinen Bewegungen spüren.

Und dann war er da: Jehudiel.

Seine Gestalt leuchtete in einem kalten Blau, während er auf ihren Freund zuging. Der Schlag kam so schnell, dass Sophia blinzeln musste, um zu begreifen, was geschehen war.

Peters Körper wurde wie eine leere Hülle durch die Luft geschleudert und landete reglos auf dem Boden.

Sie rannte los, ihre Beine fühlten sich schwer wie Blei an. Sie wollte zu ihm, ihn berühren, helfen ... doch sie kam nicht voran. Ihre Füße schienen auf der Stelle zu laufen. Immer wieder sah sie, wie der Körper des Arztes durch die Luft flog und auf dem Boden aufschlug, Arme und Beine in unnatürlichen Winkeln verrenkt. Die Szene wiederholte sich immer und immer wieder.

- Du hast nichts getan. -

Die Stimme klang überall und nirgends. Sie war nicht laut ... doch sie schnitt tiefer als jedes Schwert.

Peters leere Augen starrten sie an. Und plötzlich fühlte sie das Gewicht auf ihren Schultern ... die erdrückende Last ihrer Schuld.

Sophia wollte davonlaufen und drehte sich um. Doch vor ihr stand eine Wand aus Shlichaya, die sich unaufhörlich auf sie zubewegten. Panik griff nach ihr, ließ ihren Atem stocken.

Sie schloss die Augen.

Doch als sie ihre Lider wieder öffnete, war alles weg. Sie stand allein auf der Lichtung. Vor ihr lagen leblose Körper. Panik stieg in ihr auf, als sie die Gesichter erkannte: Phil, Lavera, Thomas und Amiel. Sie lagen da wie Peter, ihre Arme und Beine verdreht, als würden sie nicht mehr zu ihnen gehören.

Sie wollte schreien ... aber kein Laut kam über ihre Lippen. Sie versuchte es erneut, doch die Panik und Angst waren überwältigend. Plötzlich hörte sie einen Schrei ... aber nicht ihren eigenen. Sie drehte sich um und sah ihn: den Seraph Jehudiel.

Seine Fratze war die Verkörperung des Bösen.

Mit atemberaubender Geschwindigkeit flog er auf Sophia zu. Er sah völlig anders aus als zuvor: kurze, graue Haare, ein fahles Gesicht, ein schwarzer Ledermantel, der sich eng um seinen Körper legte.

Seine Brust war freigelegt, und dort, wo sein Herz hätte schlagen sollen, pulsierte ein dunkler, roter Fleck. Blutrote Risse zogen sich über sein Gesicht, als wären sie Narben eines langen Kampfes.

Dann ... aus tiefster Dunkelheit ... strahlte sein Auge ein unheimliches Licht aus: ein reines, furchtbares Leuchten, das nichts anderes als Hass und Wut verkörperte. Ein Schrei brach aus ihm hervor. So laut, dass sie versuchte, sich die Ohren zuzuhalten.

„ICH KOMME!“

__________

Sie schrie.

Ein Aufschrei, der ihre Emotionen bündelte ... Panik, Schmerz und Angst. Ihr Körper richtete sich auf ... und sie öffnete die Augen. Der Schrei war noch immer da, hallte durch die Luft ... bis sie erkannte, dass es ihre eigene Stimme war, die die Stille zerriss.

Panisch schaute sie sich um.

Wo war sie?

Sie ertastete ihren Körper und bemerkte, dass ihr Gewand nass von Schweiß war. Langsam senkte sie den Blick nach unten und kam allmählich in die Realität zurück.

Sie erkannte das Bett, in dem sie gelegen hatte, und das Zimmer, das sie sich normalerweise mit Phil teilte. Das Fenster war leicht geöffnet, und von draußen drang frische Luft durch die zugezogenen Vorhänge.

- Phil ... wo bist du? -

Dann fiel es ihr wieder ein: Er war auf einer Mission mit Amiel und Lavera.

- Sind sie noch nicht zurück? -

Sophia stieg aus dem Bett, warf sich einen Schlafmantel über und ging zur Tür. Sie öffnete sie und lief die Treppe hinunter in die Wohnküche von Westons Haus. Unten hörte sie das Klappern von Geschirr.

In der Küche stand ein Mann in einem dunkelgrauen Hemd und schwarzer Hose, der anscheinend gerade Kaffee machte. Seine dunkelbraunen Haare waren ... obwohl er ein Mittvierziger war ... von zahlreichen grauen Strähnen durchzogen, sein Vollbart wies dieselben gräulichen Anzeichen auf.

„Ach, du bist es, Thomas“, sagte Sophia und konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen.

„Auch dir einen wunderschönen guten Morgen, Kleines“, erwiderte er mit einem sachten Lächeln, während er sie aufmerksam musterte. Doch das Licht in seinen dunkelbraunen Augen war getrübt ... von einem Schmerz, den nur er selbst verstand. „Schon wieder ein Albtraum, hm?“ Er stellte ihr eine Tasse Kaffee hin. „Glaub mir, der wirkt Wunder.“

Sophias Blick fiel auf die halb volle Flasche Bourbon neben der Kaffeemaschine. „Ja, vor allem, wenn das da drin ist, oder?“ Ihre Stimme war ruhig, aber ein Hauch von Ärger schwang darin mit.

Zu lange und zu oft hatte sich Marlowe dem Alkohol hingegeben. Anfangs nur gelegentlich ... doch in letzter Zeit war der Bourbon zu seinem ständigen Begleiter geworden. Ein Jahr voller Depressionen und Trauer hatte seinen Tribut gefordert.

Der Verlust seines Freundes Peter. Der Verlust seines Glaubens. Und schließlich ... seiner Kräfte.

All das hatte ihn gebrochen. Der Alkohol bot ihm die Betäubung, die er woanders nicht fand. Er sah schrecklich aus. Sein Erscheinungsbild war ungepflegt, seine Haare und der Bart zerzaust und ungewaschen. Die einst sanften, gütigen braunen Augen, die Hoffnung und Wärme ausstrahlten, zeigten jetzt nur noch Schmerz und Resignation.

Sophia ärgerte sich insgeheim, dass er den Halt, den seine Freunde ihm immer wieder anboten, stur ablehnte. Aber gleichzeitig … konnte sie es irgendwie verstehen.

Die junge Frau konnte fühlen, was in ihm vorging. Sie war nach der finalen Schlacht mit Jehudiel kaum noch sie selbst gewesen. Das Trauma saß tief. Die Bilder der Kämpfe, der Verlust, die Angst ... es war wie ein endloser Albtraum, der sie immer wieder heimsuchte. Auch sie konnte es nicht kontrollieren, nicht abschalten.

Für einen Moment schwieg sie, atmete langsam ein, während sie die Tasse in seiner Hand musterte.

Thomas sah sie an. „Jeder, wie er es braucht, oder? Ich habe dich schreien gehört. War es wieder derselbe?“

Sie schaute auf den Boden und griff sich an den Hals, als wollte sie die Worte aus ihm herauspressen. „Ja ... du, Peter, und ihr alle wart tot.“

Marlowe ging auf sie zu und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Sie haben sich schon gemeldet. Sie sind auf dem Heimweg.“

Eigentlich sollte Sophia Freude empfinden. Aber der Traum hielt sie noch fest in seinem Griff.

„Am Telefon haben sie gemeint, sie hätten etwas für uns. Eine Spur vielleicht“, fügte er hinzu.

„Wow, yeah“, meinte Sophia sarkastisch. „Das ist genau das, was ich jetzt brauche ... noch mehr Scheiße, die auf uns zukommt.“

Im Augenwinkel sah sie, wie sich Marlowe erneut an der Flasche Bourbon bediente und einen großzügigen Schuss in seine Tasse goss. „Vielleicht solltest du irgendwann mal Kaffee mit Kaffeebohnen ausprobieren“, meinte Sophia trocken und versuchte, einen Scherz daraus zu machen.

Er sah sie mit einem leichten Grinsen an. „Hab’ ich schon probiert. Bringt nichts“, antwortete er mit einem Schulterzucken und nahm einen Schluck aus seiner Tasse.

Sie hörten, wie sich jemand an der Tür zu schaffen machte.

Sophia drehte ihren Kopf und sah, wie die Tür aufging und ihre Freunde eintraten. Ohne zu zögern, lief sie zu Phil, umarmte ihn fest und küsste innig seinen Mund.

„Öhm, dürfen wir auch noch rein?“, fragte Amiel mit einem gespielt gekränkten Unterton in der Stimme.

„Oh, ja, natürlich! Sorry!“ Sophia lachte verlegen und zog Weston mit sich in die Küche.

Die beiden anderen folgten ihnen. Lavera setzte sich an den Küchentisch. „Hey, wie gehts meiner besten Freundin heute?“, fragte sie beiläufig.

Die junge Frau mit den schwarzen Locken drehte sich zu ihr um und lächelte. „Es geht mir gut, danke. Ich habe ausreichend geschlafen.“

Dann wandte sie sich wieder Phil zu und schenkte ihm ihre volle Aufmerksamkeit.

Die Elara warf einen kurzen Blick zu Thomas, der ihr ein unmissverständliches Zeichen gab ... Ihre Freundin sagte ihr nicht die Wahrheit. „Das ist gut“, meinte Lavera freundlich, ließ den Blick jedoch nicht von ihr. „Aber du weißt ... wenn irgendwas ist, ich bin für dich da, oder?“

„Ja, klar, alles gut“, sagte Sophia schnell, ohne ihren Blick von Weston zu lösen.

Amiel, der noch stand, schaute in die Runde. „Seid ihr aufnahmebereit? Wir hätten nämlich auch etwas zu erzählen.“

Die Stimmung im Raum wirkte mit einem Schlag angespannter.

Phil setzte sich an den Küchentisch, und Sophia ließ sich neben ihm nieder. Marlowe warf einen kurzen Blick auf die Flasche Bourbon, als ob er überlegen würde, sich noch etwas einzugießen. Doch schließlich entschied er sich dagegen und setzte sich ebenfalls an den Tisch.

Der Raifa erzählte ihnen von dem Kampf und ging dabei sehr ins Detail. Jegliche Bewegung, jeder Schlag, nichts schien er auszulassen.

Sophias Augen waren zusammengekniffen, ihre Stirn leicht gerunzelt, als würde sie versuchen, die Eindrücke des Kampfes zu filtern und sich von den Bildern fernzuhalten, die seine Worte in ihr hervorriefen.

Weston räusperte sich leise. Ohne etwas zu sagen, wanderte sein Blick kurz zu seiner Freundin ... ein stummes Signal.

Amiel begriff sofort und schaltete seine Erzählung zwei Gänge zurück. Seine Stimme wurde ruhiger, weniger eindringlich, während er zu den relevanten Informationen wechselte. „Dann haben wir den Elara verhört.“

Sein Ton blieb neutral und sachlich. „Er wusste nicht viel, aber genug, um uns auf eine Spur zu bringen.“

Marlowe warf einen Blick zu Lavera, suchte offenbar nach einer Reaktion. Doch ihre Miene blieb undurchdringlich. Nur ihre Hände, die leicht zur Faust geballt auf dem Tisch lagen, verrieten ihre innere Anspannung.

Schließlich ergriff er das Wort. „Und was bringt uns das jetzt? Wir wissen genauso wenig wie vorher.“

Die zierliche Elara richtete sich auf, ihre Miene nahm einen lehrmeisterischen Ausdruck an. „Wir wissen jetzt, dass es etwas gibt, worauf wir hinarbeiten können. Und damit haben wir ein Ziel.“

Ihre Worte spiegelten exakt das wider, was Amiel ihr bei der Ruine gesagt hatte, als sie selbst an diesem Punkt voller Unverständnis war.

Er sah sie entgeistert an. Seine Augenbrauen schossen in die Höhe.

- Das ist jetzt echt nicht dein Ernst, oder? - - Meine Weisheit ... wörtlich? -

Formten sich Worte in seinen Gedanken. Doch er sagte dazu nichts. Aber in ihm schrie es laut nach Rache.

„Ach ja“, er versuchte dabei nicht zu grinsen, „unsere liebe Lavera hat jetzt einen Spitznamen. Die Schlächterin. Ganz offiziell.“

Ihr Blick wurde schmal, und für einen Moment war es, als könnte ein einziger falscher Ton ihn in Flammen setzen. „Du solltest jetzt tunlichst mal den Mund halten, Freundchen. Oder sollte ich dich besser Gehil...“

„Sei, wie es ist“, unterbrach Amiel sie sofort, um die Situation zu entschärfen. Seine lockere Haltung war augenblicklich verschwunden. „Wir sollten lieber darüber nachdenken, wie wir das nachverfolgen.“

Plötzlich hörten sie aus dem Arbeitszimmer eine Art von Alarmsignal ... laut genug, dass man es in der Küche hören konnte.

Sophia sprang auf. „Mann, nicht schon wieder!“

„Was ist los?“, rief Weston ihr hinterher, während sie zur Tür eilte.

„Es probiert schon wieder jemand, auf unser Netzwerk zuzugreifen. Der Typ fängt an, langsam zu nerven.“

Das Tuten hörte auf, und kurz darauf kam Sophia zurück an den Tisch. „Erledigt. Ich hab’ ihn wieder mal geblockt. Dieses Mal hat er es über Sri Lanka probiert“, grinste sie triumphierend.

Marlowe blickte in seinen Kaffee, der mittlerweile fast mehr die Farbe des Bourbons angenommen hatte. „Das ist nicht gut“, meinte er nachdenklich.

Amiel sah ihn an. „Was meinst du?“

„Na ja“, Thomas hob seinen Blick. „Ich kenn’ mich damit zwar nicht aus, aber … einmal ist Zufall, zweimal ist hartnäckig. Doch das hier ... wie oft war das jetzt schon? Sieben oder achtmal?“

Er sah in die Runde.

„Mir kommt es so vor, als wüsste da jemand ganz genau, was er hier finden kann ... und das bedeutet, dass er über uns Bescheid weiß.“

Die Anwesenden sahen sich betroffen an. So hatten sie das noch nicht betrachtet.

Sophia wollte sich gerade in den Sessel sinken lassen, stoppte aber mitten in der Bewegung. „Ich zieh’ mir schnell, was an ... dann schau’ ich, ob ich unsere Firewall noch sicherer machen kann.“

Sie ging entschlossen nach oben, und Weston, der ihr nachsah, wandte sich zum Team um. „Es ist gut, wenn sie eine Aufgabe hat. Das lenkt sie ab.“

Alle am Tisch nickten zustimmend.

Später am Nachmittag saßen Lavera und Amiel gemeinsam auf dem Sofa im Wohnzimmer.

Sie trug einen dunkelblauen Freizeitjogger, ihre silbernen Haare zu einem ordentlichen Zopf geflochten ... eine von Sophias spontanen Ideen. Er hingegen war wie immer in Schwarz gekleidet: ein schlichter Pullover und eine ebenso dunkle Hose. Sein Look war so konsequent monochrom, dass es fast wie ein Mode-Statement wirkte.

„Wir haben uns nie wirklich gefragt, was es war, oder?“ Die Elara sah ihn mit ihren großen, hellgrauen Augen an.

„Was meinst du?“

„Diese rote Energie ... Wesen ... Entität, oder was auch immer das war. Damals, bei dem Kampf um die Sigillen-Matrix.“

Er seufzte und lehnte sich zurück. „Nein. Wir hatten ausgemacht: ein Problem nach dem anderen. Und ehrlich gesagt, wenn ich mir unsere derzeitige Lage so ansehe, glaube ich, wir werden bald genug mit den sogenannten drei Meistern zu tun haben.“

„Ich weiß, schon.“ Sie zögerte kurz, dann senkte sie den Blick. „Aber die Kälte. Dieser rasende Zorn. Dieses …“

„Unsagbare Böse?“, beendete Amiel den Satz für sie.

Sie nickte langsam. „Ja, genau. Wir haben nicht gesehen, wo es hin ist. Laut dem, was uns damals Sophia erzählt hat, sind Elara wie Raifa vor diesen Wesen geflohen, damit sie nicht getötet wurden. Ich meine ... es hat seinen General Mekariel erledigt, und wir waren nur Statisten.“

„Naja ... ein bisschen haben wir auch dazu beigetragen.“ Er versuchte, die Schwere des Moments mit einem Scherz zu mildern. „Sein Herz herauszureißen qualifiziert dich zumindest zur Nebendarstellerin, wenn nicht sogar zur Hauptrolle.“

Doch sie reagierte nicht. Ihr Blick blieb ernst. „Und nachdem sich die Sigillen-Matrix in einem gleißenden Licht aufgelöst hat und Jehudiel mitnahm, war es auch verschwunden. Wir wissen nicht, ob es geblieben ist oder ob es mit in das Unbekannte gezogen wurde.“

Er sah zu ihr hinüber, lehnte sich vor und verschränkte die Hände. „Genau. Wir wissen nichts. Ja, es war das Schlimmste, was ich in meinem langen Leben je gespürt habe. Ja, seine Kraft ist unserer weit überlegen. Aber wie du gesagt hast ... es könnte sein, dass es nicht mehr auf der Erde ist. Und solange wir nicht das Gegenteil hören oder sehen, bleibt es für mich unser kleinstes Problem.“

Amiel rückte ein wenig näher und legte ihr eine Hand auf die Schulter.

Sie spürte seine Berührung ... und zu ihrer eigenen Verwunderung mochte sie es. Es war ein Gefühl, das ihr fremd war. Ungewohnt, aber nicht unangenehm. Es gefiel ihr. Und das war neu.

„Wir müssen uns an dem festhalten, was wir haben“, begann er leise.

---ENDE DER LESEPROBE---