Kopfkissenliteratur - Gabi Mast - E-Book

Kopfkissenliteratur E-Book

Gabi Mast

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Beschreibung

Sie möchten wenig lesen und viel davon haben? Eine Geschichte zu Ende lesen und nicht erst Hunderte von Seiten lang auf die Folter gespannt werden? Nicht jedes Mal überlegen müssen, was das letzte Mal passiert war? Dann ist "Kopfkissenliteratur" genau das Richtige für Sie: Alltagssatire, Glossen. Skurrile Geschichten, mal ein Gedicht, Liebe oder Krimi - und nach drei bis vier Seiten dürfen Sie getrost einschlafen. Meist mit einem entspannten Lächeln auf den Lippen. Es sei denn, Sie haben noch Lust auf eine zweite Story. Natürlich lässt sich "Kopfkissenliteratur" auch während der kleinen Pause im Büro genießen. Mal eben kurz bei einer schönen Geschichte entspannen, bevor die Arbeit wieder ruft...

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Seitenzahl: 78

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Gabi Mast

Kopfkissenliteratur

Books on Demand

Inhalt

Italienische Größen

Die Sache mit dem Gourmetlöffel

Liebe Krankenkasse

Sekt oder Selters

Ich nehm die Glatze

Betriebs-Grillfest

Aufstieg

Manni

Klara und Sophie

Mord im Vorbeigehen

Unerwartete Abhilfe

Elegante Lösung

Die kleine Blonde

Noch nichts verlernt

Mozartstraße

Samstagabend

Man wird es melden müssen

Ein Jagdmesser zum Fünfzigsten

Kyrill

Vom Glück und vom Geld

Immer auf den letzten Drücker

Liebe Leserin, lieber Leser

Italienische Größen

Seit fast zehn Jahren kam Frau Stelz ins Bekleidungshaus Mayer, und seit dieser Zeit ließ sie sich ausschließlich von der Inhaberin persönlich bedienen. Früher hatte sie Konfektionsgröße 38 getragen und ihre gesamte Garderobe bei Mayers gekauft.

Seit zwei Jahren hatte sich die Situation allerdings geändert. Zwar kam Frau Stelz immer noch einmal im Monat bei Mayers vorbei, aber sie konnte sich für kein einziges Stück mehr begeistern. Die Gute war nämlich seit dieser Zeit ständig auf Diät, weshalb sie mittlerweile bei Größe 44 angelangt war. Eine Tatsache, der sie keinesfalls ins Auge sehen wollte.

Ihre regelmäßigen Besuche liefen immer folgendermaßen ab:

„Also, Frau Mayer, ich muss Ihnen sagen, ich hab da eine neue Diät entdeckt… Wunderbar, kann ich Ihnen sagen. Schauen Sie nur, wie toll ich abgenommen habe!“ Dabei hatte sie kein einziges Gramm verloren.

„Stellen Sie sich vor, Frau Mayer, ich trage jetzt wieder Größe 42. Was haben Sie denn Schönes für mich da?“ Natürlich passte nichts vom 42iger Ständer, und so verließ Frau Stelz jedes Mal enttäuscht den Modesalon. Das muss ein Ende haben, dachte sich die Inhaberin eines Tages. Sie kommt, stiehlt mir meine Zeit und kauft nichts. Und dann hatte Frau Mayer eine Idee.

„Frau Stelz, ich glaube, ich hab was für Sie. Ich bekomme morgen früh eine Lieferung sehr exquisiter Stücke. Vielleicht schauen Sie da noch mal vorbei? Ich bin ganz sicher, es ist genau Ihr Stil.“ Frau Stelz war begeistert.

Frau Mayer aber kramte in ihrem Keller und fand noch etliche Stücke in Größe 44, die schon ein paar Jahre dort lagen und bisher nicht verkauft werden konnten. Vorsichtig trennte sie die Größenschildchen heraus und ersetzte sie durch Schildchen in Größe 42, die sie wiederum aus ihrer eigenen Kleidung entfernt hatte.

Und siehe da, Frau Stelz fand Interesse an den Sachen. Sie probierte, gefiel sich und war überaus stolz, so erfolgreich abgenommen zu haben. Über 700 Euro gab sie aus an jenem denkwürdigen Tag. Und Frau Mayer war froh, endlich wieder erreicht zu haben, dass Frau Stelz ihre komplette Garderobe wie früher im Bekleidungshaus Mayer erstand.

Nach vier Wochen kam die Stammkundin wieder. Und sie hatte, wie sie stolz erzählte, abermals abgenommen. Diesmal war es die Atkins-Diät, die sie veranlasste, nach Größe 40 zu verlangen. Was für ein Zufall, dass Frau Mayer am nächsten Tag wieder eine „Sonderlieferung“ erhalten sollte. Flugs weihte sie eine Verkäuferin ein, die diese Konfektionsgröße trug und schickte sie, ihre Größenschildchen aus der Kleidung zu trennen.

Frau Stelz lobte wieder diese außergewöhnlichen Stücke - und kaufte. Und Frau Mayer war zufrieden, so viel Altware zum vollen Preis losgeworden zu sein.

War es die Kartoffeldiät oder die Trennkost, die Frau Stelz ermunterte, ein paar Wochen später nach Größe 38 zu fragen?

„Habe ich nicht toll abgenommen?“ fragte sie allen Ernstes und drehte und wendete ihren fülligen Körper vor Frau Mayer hin und her, die sich das Lachen kaum verkneifen konnte. Jetzt kam nur noch das schlanke Lehrmädchen als Größenschildchenspenderin in Frage. Also wurde auch sie eingeweiht. Vergnügt präparierten alle Angestellten gemeinsam den letzten Rest der Ladenhüter im Keller für Frau Stelz.

Aber dann passierte es. Frau Stelz hatte, obwohl sie doch angeblich so schlank geworden war, zugenommen. Enttäuscht musste sie feststellen, dass sie trotz Selbstkasteiung und eiserner Disziplin noch nicht in „Größe 38“ passte. Was ja in Wirklichkeit Größe 44 war.

Auch Frau Mayer war höchst besorgt, allerdings weniger um das Gewicht der Kundin, sondern, weil die Geldquelle, die sie sich mit sehr viel List erschlossen hatte, zu versiegen drohte.

Das Lehrmädchen jedoch zwinkerte der Chefin zu und erinnerte sie daran, dass doch in der nächsten Woche noch einmal eine neue Lieferung kommen solle.

Frau Mayer war zwar etwas erstaunt darüber, hatte sie doch den Keller vollständig leer geräumt, aber sie sagte:

„Ach ja, das hätte ich doch fast vergessen!“ und zu Frau Stelz gewandt: „Gnädige Frau, wenn Sie dann bitte noch mal vorbeischauen wollen …“

Nachdem Frau Stelz voller Vorfreude aus dem Laden gegangen war, führte das Lehrmädchen Frau Mayer zum Speicher.

„Schauen Sie mal, was ich beim Aufräumen gefunden habe, Frau Mayer“, sagte sie mit unschuldigem Augenaufschlag und hielt ihrer Chefin eine große Kiste mit älteren Modellen hin – in Größe 46.

Die Sache mit dem Gourmetlöffel

Also, mein Mann meint ja schon lange, wir bräuchten irgendwann mal ein neues Besteck. So eines mit allen Drum und Dran, für zwölf Personen. Nicht, dass wir nicht genügend hätten, aber es stimmt schon, wenn wir eine größere Gesellschaft sind, wird eben zusammengestückelt aus Altem und Neuem.

Na ja, und dann fiel mir doch neulich dieser Prospekt in die Hände; da war auch tatsächlich ein Besteck drin, das uns gefallen hätte. Aber wir mussten erkennen, dass da offenbar ein ganzes Stück Kultur an uns vorbeigegangen war. Unsere Vorstellung von Messer, Gabel, Löffel, Teelöffel, Kuchengabel, Fleischgabel, Gemüselöffel, Soßenlöffel, Tortenheber und Schöpflöffel war schlicht und einfach veraltet.

Schon bei den Messern fing es an. Da gab es zwei verschiedene Ausführungen des gewöhnlichen Tafelmessers, deren Unterschied uns nicht klar wurde, zumal beide einen Wellenschliff hatten. Aber dann ging‘s erst richtig los. Dasselbe traf auf die Vorspeisenmesser zu. Wir beschlossen daher, sie einfach zu ignorieren und konzentrierten uns auf die Steakmesser. Da wir einen hervorragenden Metzger haben, dessen Steaks immer so zart sind, dass man sie auf der Zunge zerdrücken kann, zumindest aber mit einem normalen Messer problemlos schneiden, leuchtete uns zwar deren Notwendigkeit auch nicht so richtig ein. Aber ich muss gestehen, ich habe schon manchmal Steaks serviert bekommen, bei denen ich sehr froh war, ein solch besonders scharfes Messer dazu bekommen zu haben.

Dann stolperten wir über das Kaviarmesser. Also, ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es Leute geben soll, die diese winzigen schwarzen Kügelchen auch noch auseinanderschneiden wollen. Wozu also dieses Messer? Zumal es von der Form her wirklich nicht so aussieht, als könne man damit überhaupt irgendetwas schneiden. Auch nichts für uns, entschieden wir.

Die nächste Sinnlosigkeit folgte auf den Fuß. Ein Buttermesser bräuchten wir, wollte uns der Prospekt einreden. Was soll denn an einem Stückchen Butter so Besonderes sein, dass man es nicht auch mit jedem anderen Messer aufs Brot kriegt? Da überzeugte mich das Fischmesser schon etwas mehr. Vielleicht, weil ich es schon aus meiner Jugendzeit kenne. Obwohl ich auch da gestehen muss, in den letzten Jahren die köstlichsten Fische mit normalen Messern serviert bekommen zu haben. Und sie haben mir ausgezeichnet geschmeckt.

Brauchen tut man es also nicht. Einfache Tafelmesser wollten wir und fertig.

Das Kapitel Gabeln erwies sich auch nicht als weniger verzwickt. Die Tafelgabel und die Kuchengabel erschienen uns vernünftig, aber wozu wir eine Vorspeisengabel und eine Dessertgabel zusätzlich brauchen sollten, leuchtete uns nicht ein. Und mit der Fischgabel ist das auch wieder so eine Sache; also ich behaupte, meinem Fisch ist es egal, mit welcher Gabel er gegessen wird.

Über die verschiedenen Zangen, die heutzutage zu einem Besteck gehören, setzten wir uns ganz frech hinweg. Bei uns gehören Zangen in den Werkzeugkoffer und nicht auf den Essenstisch. Ergo keine Schneckenzange, keine Krebszange, keine Salatzange und keine Hummerzange. Schließlich wollen wir essen und uns nicht der Gärtnerei oder dem Hochseefischen widmen, wenn wir Gäste einladen.

Richtig ins Schleudern kamen wir allerdings bei den verschiedenen Löffeln. Über den Vorspeisenlöffel und den Espressolöffel ließe sich ja eventuell noch streiten, aber was bitte soll ich mit einem Limolöffel? Ich rühre in der Regel nicht in der Limonade herum. Und wenn mir tatsächlich mal eine Fliege hinein fliegt, dann schütte ich das ganze Glas weg. Ich hatte ein bisschen den Verdacht, dass dieser Limolöffel mit dem langen Stiel in Wirklichkeit für Leute gedacht ist, die sich mal kurz ‚ne Dose aufwärmen und aus Bequemlichkeit auch gleich daraus essen. Na ja, wir brauchen keinen. Und dass wir zu unseren Teelöffeln auch noch Dessertlöffel und Kaviarlöffel kaufen sollten, wollten wir auch nicht einsehen. Wir sind uns auch sehr sicher, dass uns zusätzliche Eierlöffel und Bowlelöffel nicht glücklicher machen als bisher. Jetzt mussten wir uns nur noch überlegen, wozu wir den sogenannten Tassenlöffel brauchten. Erst sollte man dazu mal wissen, wozu der gut sein soll. Und wenn man dann sein Hirnstübchen anstrengt, findet man des Rätsels Lösung. Ein Tassenlöffel ist der, mit dem man seine Suppe isst, wenn sie, statt in einem Suppenteller in einer Suppentasse serviert wird. Danke, das genügt.

Vollends aus der Fassung gebracht hat uns dann allerdings der Gourmetlöffel. Er ist etwas kleiner als der Dessertlöffel und etwas größer als der Kaffeelöffel, und wir konnten mit dem Ding absolut nichts anfangen. Dafür mussten wir mit Erstaunen feststellen, dass es bei all dem Schnickschnack in dieser Besteckserie keinen Schöpflöffel gab.

Ja, sollen wir denn samstags unseren Gaisburger Marsch mit dem Gourmetlöffelchen aus der Suppenschüssel fischen?

Liebe Krankenkasse,