Krise verleiht Flügel - Sonja Egger - E-Book

Krise verleiht Flügel E-Book

Sonja Egger

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Beschreibung

Sonja und ihre Familie führen ein glückliches Leben, das trotz alltäglicher Sorgen unbeschwert seinen Gang nimmt. Zumindest, bis eine schwerwiegende Diagnose alles auf den Kopf stellt und ihnen ihr vorheriges Glück erst wirklich vor Augen führt. Als bei der Routineuntersuchung ihres Sohnes Severin plötzlich ein Gehirntumor festgestellt wird, fängt Sonja an, diverse Entscheidungen anzuzweifeln und die Schulmedizin zu hinterfragen. Gibt es möglicherweise noch andere Methoden, die diese Krankheit heilen würden? Schon bald findet sie ihren eigenen Weg und wendet verschiedene alternative Verfahren an, welche die westliche Medizin zwar nicht ersetzen, jedoch bestens unterstützen können. Damit Severin wieder gesund wird, muss Heilung auf ganzheitlicher Ebene stattfinden …

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Seitenzahl: 204

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2023Vindobona Verlag

ISBN Printausgabe: 978-3-902935-95-3

ISBN e-book: 978-3-902935-96-0

Lektorat: Lucas Drebenstedt

Umschlagfoto: Serhii Yevdokymov | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: Vindobona Verlag

www.vindobonaverlag.com

Zitat

«Krise ist ein produktiver Zustand, man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen!«

Vorwort

Eine Krise im Leben ist immer eine Einladung, genauer hinzuschauen. Unter die Oberfläche zu gehen und zu erkennen, was deine Seele wirklich will.

Wie oft drücken wir unsere Gefühle weg, weil es gerade nicht in den Alltag passt? Dabei hätten wir genau zu diesem Zeitpunkt schon die ersten Signale bekommen und eine Chance, unsere Geschichte neu zu schreiben. In dem Moment, wo wir uns erlauben, zu lauschen und den Zeichen folgen, können wir unser Leben komplett verändern. Tun wir das nicht, wird sich die Thematik immer wieder in verschiedenen Facetten zeigen, bis wir gezwungen sind hinzusehen.

Ich kann mir niemand Besseres vorstellen als Sonja Egger, die in ihrem Buch ihre ganz persönliche Geschichte mit dir teilt. Dir intime Einblicke gewährt und gleichzeitig Mut macht, dass man gemeinsam als Familie und mit Vertrauen jede Krise meistern kann. Angst regiert nach wie vor die Welt. Aus dieser Angst im Kollektiv dürfen wir aussteigen, indem wir uns aktiv dafür entscheiden.

In dem Moment, wo du die Angst nicht mehr über dich und dein Leben bestimmen lässt, bist du frei.

Wie oft hast du dich schon dabei erwischt, alles kontrollieren und beherrschen zu wollen? Auch das ist eine Form von Angst. Es braucht Mut, den Weg des Loslassens ohne Kontrollzwang zu gehen und sich dem Fluss des Lebens hinzugeben.

In diesem Buch zeigt dir Sonja ganz wunderbar, wie die westliche Medizin mit der Energiearbeit koexistieren kann. Dass es nicht mehr länger darum geht, sich zwischen zwei Welten zu entscheiden, sondern vielmehr darum, alles miteinander zu vereinen. Heilung geschieht immer dann, wenn man die Botschaft der Krankheit verstanden und in sein Leben integriert hat. Viele Prägungen nehmen wir bereits in der pränatalen Phase, gespeichert auf unserer DNA, mit. Diese Prägungen werden von Generation zu Generation weitergegeben. Wir können über die Bewusstwerdung und systemische Arbeit diese Prägungen verändern. Sonja nimmt dich in ihrem Buch mit auf eine Reise. Auf die Reise, welche dir Mut machen soll, dir und deinen Impulsen zu vertrauen. Unabhängig davon, wie die Zeichen im Außen gerade stehen. Vertraue dir und deiner Intuition. Lerne auch du in diesem Buch, wie du jede Krise meistern kannst, und habe Spaß dabei, indem du die Geschenke für dich erkennst. Denn eines ist gewiss: Du bist hierhergekommen, um eine wundervolle Zeit auf dieser Erde zu verbringen.

Janaina von Moos

Prolog

Erinnerst du dich an den Teil in dir, der völlig unberührbar ist? Der Ort, an dem alles ist, in den du eintauchen kannst, es fühlt sich an wie Sonnenauf- oder Sonnenuntergang. Nicht unterscheidbar, einfach nur traumhaft schön. Es ist der Teil, der in jedem Einzelnen von uns verborgen liegt, er birgt Zuflucht, Hoffnung, Verbundenheit, Ruhe, einfach SEIN! Ich wage es, in den Raum zu stellen, dass das der Ort ist, von dem ich glaube, dass wir dort alle herkommen. Wie wäre es, wenn du tief in dir genau das tragen würdest, nach dem du noch viel zu oft im Außen suchst? Wie wäre es, wenn es längst da ist und du nur vergessen hast, dass es existiert? Und wie wäre es, wenn du eine Seele bist, gleich wie jeder einzelne Mensch, im Kern absolut identisch? Wie wäre es, wenn wir alles Seelen wären, die voller Lust auf die Weltreise gehen? Wenn wir einen Reiseplan hätten, welcher uns ein Leben voller Lebendigkeit und Lust verspricht? Hand aufs Herz, wenn ich dir heute hunderttausend Euro geben würde und ich würde dir sagen, dass du mit diesem Geld eine Reise machen sollst, was würdest du buchen? Wie würde deine persönliche Lieblingsreise aussehen? Mit welchem Transportmittel würdest du deine Reise starten, wie wäre deine gewählte Reiseroute, würdest du die Luxusreise wählen oder doch eher den Camper? Ginge es in die Berge, ans Meer oder in die Wüste? Ich könnte dir noch viele solcher Fragen stellen, aber um das geht es jetzt nicht wirklich. Für mich steht fest, dass wir etwas Grundlegendes gemeinsam hätten. Du würdest doch bestimmt eine Reise wählen, auf die du richtig viel Lust hast, oder? Genauso, glaube ich, ist es mit dem Leben. Unverbraucht, rein und voller Lust macht sich die Seele auf diese Weltreise, und als wenn du jetzt auf deine Reise gehen würdest, läuft auch im Leben nicht immer alles rund. Es gibt Fahrplanänderungen, die Launen des Wetters, Fehlbuchungen, Irrwege, lauter Dinge, die dir Frust anstelle von Lust bringen. Dann bist du gefordert, neue Wege zu finden, die dir wieder die Lust, die Freude an diesem Abenteuer schenken. Deine Seele hat ganz viel Lust, hier zu sein, es kommt nur darauf an, wie gut du die Reisepläne noch kennst oder ob du den Weg aus den Augen verloren hast. Ist dir bewusst, dass die Seele immer mit dir spricht, dass sie dir immer zuflüstert, was sie gerade braucht, damit du wieder voller Freude, erfüllt von Kraft deine Reise genießen kannst? Sie macht das anfangs spielerisch und liebevoll, sie schickt dir z. B. Unzufriedenheit, körperliche Beschwerden, Kopfschmerzen, mal eine Grippe, mal kleine Konflikte etc. Wenn du diese Seelenrufe jedoch einfach wegdrückst, ignorierst, nicht zu verstehen versuchst, wird sie keine andere Wahl haben, als dir richtig fette Krisen zu schicken, damit du nicht mehr wegsehen, weghören kannst. Sie macht das ganz individuell in Form von Krankheit, Scheidung, Jobverlust, Unfall etc. Ich habe in meinem Leben sehr viele Krisen erlebt und all diese Herausforderungen haben mich gelehrt, auf das Flüstern meiner Seele zu hören, damit ich die Lust am Leben nicht verliere. Wenn ich bereits ihr Flüstern höre, verstehe, braucht sie mir auch keine Krisen mehr zu senden. Ich erzähle dir von einer meiner größten, richtig fetten Krise, welche ich im August im Jahre 2011 erlebte.

Das Leben mit der Krise, schulmedizinisch betrachtet

Crashland – Bruchlandung – Diagnose

Es ist ein Bilderbuchmorgen im August. Die Sonne scheint, der Himmel ist tiefblau, ein lauer Wind weht durch die Büsche in unserem wunderschönen Garten. Von der angrenzenden Straße höre ich das Brummen der Autos. Das Amselpärchen, welches im Lorbeerbusch direkt neben der Eingangstüre nistet, beschenkt mich mit einer Melodie, welche von der Leichtigkeit des Lebens erzählt. Mein Mann Martin hat insgesamt vierzig Schwalbenhäuschen an unseren beiden Häusern angebracht, alle sind bewohnt und die Schwalben tanzen auch an diesem Morgen ihren allerschönsten Tanz. Ich beobachte sie und staune, wie sie nie müde werden bei der Futterbeschaffung für ihre Jungen. Ein Spektakel, welches sich Tag für Tag wiederholt, egal ob es regnet, die Sonne scheint oder ob es stürmt. Unter dem Nest, welches oberhalb des weißen Garagentores befestigt ist, liegen aufgebrochene Eierschalen und sie lassen mich erahnen, was für eine Freude sich darin eingenistet hat. Ich rieche den Duft von frisch geschnittenem Gras, höre das fröhliche Zirpen der Grillen und ganz leise das Rauschen des Dorfbaches, welcher sich anmutig hinter unserem Haus vorbeischlängelt. Ich nippe an meinem heißen Kaffee, welchen ich mir soeben aus der Maschine im Sitzplatz gebrüht habe. Er riecht unglaublich gut, ein unbeschreiblich komplexer Duft nach Blumen, gepaart mit tropischen Früchten. Ich bin erfüllt mit tiefer Dankbarkeit für diesen wunderschönen Wochenstart, für meine Familie, unseren idyllischen Garten, unser schönes Zuhause und fürs Leben. Meine Erinnerungen schwelgen zurück zum Samstagabend, wir feierten hier eine Gartenparty zum Dank für unsere zehn Angestellten, inklusive ihrer Familien. Mein Mann betreibt einen Obst- und Gemüsehandel und fährt dreimal in der Woche auf den Wochenmarkt in Winterthur. Mir ist bewusst, dass wir den Erfolg dieses Geschäfts dem unermüdlichen Einsatz von Martin, dem Teamgeist und der Wertschätzung für alles, was ist, zu verdanken haben. Ich liebe es, Gäste zu verwöhnen, ein Ambiente zu zaubern, welches einlädt zu verweilen und ein Gefühl des Willkommenseins vermittelt. So war ich auch die ganze letzte Woche damit beschäftigt, diesen Abend perfekt vorzubereiten.

Alles geputzt, Tische aufgestellt, zusätzliche »Aperitiftische« eingerichtet. Getränke eingekauft, Eiswürfel vorbereitet, Geschirr besorgt, Dekomaterial passend zu Geschirr und Tischtuch ausgesucht und gekauft, Lebensmittel besorgt und den Spießchengrill angemietet. Salat sowie Dessertbuffet vorbereitet, natürlich auch noch Coiffeur und Kosmetikbesuch eingeplant, damit ja alles perfekt ist. Mit unserer Tochter Jasmin, sie befindet sich in der Ausbildung zur Floristin, die passende Blumendekoration angefertigt und letztendlich alles in Vorfreude auf das Eintreffen der Gäste liebevoll arrangiert.

Um sechszehn Uhr ist geplant, dass der Grill eingefeuert wird. Das haben wir uns definitiv einfacher vorgestellt, die Kohle will einfach nicht brennen. Leichte Unruhe kommt auf, bis dann Martin zur Hilfe kommt und das Feuer mit Leichtigkeit entfacht. Nachdem alles bereit ist, gehe ich mich noch kurz umziehen, natürlich wähle ich das extra neu gekaufte blaugrüne, blumige, knielange Sommerkleid und die dazu passenden blauen Sandalen. Den dunkelblauen Lidstrich noch nachziehen, Wimpertusche auftragen und als Finale den rosa Lipgloss, welcher zum Nagellack passt, auftragen. Einen letzten Blick in den Spiegel, Haare zurechtrücken und zufrieden mit dem, was sich da zeigt, ab in den Garten. Auch hier überprüfe ich nochmals, ob alles wie gewünscht bereit ist. Und schon trudeln die ersten Gäste ein. Ein gelungener Abend, Genuss, Freude, Spaß und es wird viel gelacht, vor allem über Marktstandepisoden. Alle erzählen Geschichten, welche während der intensiven Arbeitstage nur am Rande Platz bekommen. Was ich an diesen Treffen immer so wertvoll finde, sind die Einblicke in die Welt aus den Augen des Gegenübers. Faszinierend ist die Erkenntnis, dass nicht selten die genau gleiche Geschichte ganz anders wahrgenommen wird. So wird immer wieder klar, dass jeder alles aus seiner Sicht mit seiner ganz individuellen Realität wahrnimmt. Ein durch und durch gelungenes Fest, doch jeder noch so schöne Moment geht einmal zu Ende, so auch dieser Abend.

Während ich in den Erinnerungen bade, stockt mir plötzlich kurz der Atem, mitten in den Vorbereitungen für das Fest war da doch diese Bitte um Rückruf unseres Hausarztes auf dem Anrufbeantworter. Es war gerade ein sehr unpassender Moment, als ich die Nachricht abhörte. Frisch zuhause mit vier vollen Einkaufstüten, die Waschmaschine pfiff, weil das Programm fertig war, und die Zeit war ohnehin schon knapp berechnet für mein eingeplantes Menü. Ich wusste gar nicht, wo ich anfangen sollte, und so hörte ich nebenbei den Anrufbeantworter ab. Der Arzt bat mich um Rückruf. Severin hatte vor einer Woche eine Routineuntersuchung gehabt. Er hatte mit sechs Jahren eine Meningokokken-Meningitis gehabt und da hatten sie eine Herzklappenüberdehnung gefunden. Auf Grund dieses Befundes musste er jährlich in die Herzkontrolle und bei einer dieser weiteren Untersuchungen hatten sie festgestellt, dass auch die Aorta vergrößert ist. Der Herzspezialist erklärte uns damals, dass es wichtig sei, eine Bildgebung vom Kopf zu machen, bevor Severin achtzehn Jahre alt sei. Sofern diese Gefäßschwäche auch im Kopf vorhanden sei, ergebe es Sinn, das frühzeitig zu erkennen. Das sei versicherungstechnisch sehr wichtig, weil sonst die Invalidenversicherung bei späteren Komplikationen nicht für die Kosten aufkomme. Das beunruhigte mich nicht weiter, Severin stand so voller Kraft im Leben, dass ich mir sicher war, alles sei in bester Ordnung.

Ganz ehrlich beschleicht mich an diesem Morgen jedoch ein ungutes Gefühl. Ich erkläre mir das mit meinem schlechten Gewissen, weil mir dieser Rückruf durch die Latten ging. Normalerweise passiert mir so etwas nicht. Die Uhr zeigt neun Uhr zehn und ich weiß, dass ich unseren Arzt immer erst um elf Uhr dreißig persönlich erreichen kann. So lenke ich mich ab, räume die Überreste des Festes auf. Stühle und Tische versorgen, die beiden ausgeborgten Feuersäulen von meinen zwei Freundinnen zurückbringen und natürlich das Altglas entsorgen. Die hellgrünen handgeschriebenen Dankeskarten für die mitgebrachten Geschenke markiere ich ausreichend, bevor ich sie beim Briefkasten bei der Postautohaltestelle einwerfe. Jeden Gedanken an den Anruf versuche ich wegzudrücken und trotzdem erwische ich mich immer wieder, wie ich nervös auf die schwarze Armbanduhr an meinem linken Handgelenk schaue. Der Sekundenzeiger bewegt sich, als hätte er den Muskelkater seines Lebens, mir scheint sogar, dass die Zeit stehen bleibt. Zu einem späteren Zeitpunkt hätte ich mir gewünscht, es wäre so gewesen.

Anfang August ist die ideale Zeit für einen Sommerurlaub und Severin hat sich genau diese Woche für Ferien ausgesucht. So ist er ebenfalls zuhause. Ich bin bei mir im Schlafzimmer, stehe am Fenster und schaue den vorbeifahrenden Autos zu, als Severin sich aus Spaß auf mein Bett legt. Er hat Hunger und ihm ist langweilig. Er erzählt mir einmal mehr voller Freude von seinem Beruf als Hufschmied. Er liebt Pferde, und es bereitet ihm große Freude, wenn er diesen edlen, stolzen, manchmal auch frechen Tieren Schuhe machen kann, mit denen es eine Freude ist, die Welt zu erkunden. Voller Stolz erzählt er mir, dass er in der vergangenen Woche ein Pferd beschlug, welches jedes Mal sehr bockig sei. Das Leuchten in seinen Augen ist unbezahlbar, wenn er mir erzählt, was er in seinem Beruf erlebt. Gibt es etwas Schöneres, als dass eigene Kind so glücklich zu erleben? Pünktlich um halb zwölf sage ich zu Severin, dass ich aber sofort den Arzt anrufen werde, weil ich ihn nicht verpassen möchte. Ich nehme mein Handy, welches auf der Kommode liegt, und wähle die gespeicherte Nummer unseres Hausarztes. Die Verbindung wird hergestellt, es klingelt, einmal, zweimal, dreimal. Eine warme weibliche Stimme, welche der Arztgehilfin gehört, meldet sich freundlich und fragt nach meinem Anliegen. Es ist mir peinlich, dass ich sagen muss, ich habe den erbetenen Rückruf vergessen. Ich stehe dazu, auch wenn ich merke, dass in mir eine leichte Scham aufsteigt. Sie sagt mir, dass es okay sei, Hauptsache, dass ich es jetzt getan habe. Sie verbindet mich sofort mit dem Arzt, er begrüßt mich sehr freundlich mit den Worten: »Gut, dass Sie sich melden, ich habe Ihren Anruf bereits erwartet.« Er spricht mit seiner ruhigen, gleichzeitig festen und klaren Stimme weiter und erklärt mir, dass die Untersuchungsergebnisse vorlägen. Er macht eine kurze Pause und spricht mit seiner sehr mitfühlenden Art weiter. Die Gefäßuntersuchungen seien wie erwartet, einwandfrei. Puh, Erleichterung, aber weshalb ist da plötzlich diese Schwere, es müsste doch leicht sein? Ich höre, wie der Arzt einen tiefen Atemzug nimmt und erneut zum Sprechen ansetzt. Er sagt: »Es tut mir leid, wir haben auf der Bildgebung jedoch einen Hirntumor gefunden.»

Es kam völlig unerwartet, vergleichbar mit einem Aufprall bei einem Autounfall … Bruchlandung … von einer Sekunde auf die andere ist alles anders. Es ist immer noch dieser Bilderbuchtag, nur kann ich es gerade nicht mehr sehen. Es hat sich nichts verändert, die Schwalben fliegen, die Amseln singen, der Bach plätschert, Severin wartet immer noch hungrig auf das Mittagessen, dennoch ist nichts mehr, wie es vorher war. Alles anders, was wichtig war, ist plötzlich unwichtig, Freude weicht der Angst und Überforderung. Nochmals tief durchatmen, wie gewohnt die Kontrolle behalten und weiterfragen.

Stunde der Wahrheit

Was genau heißt das, was müssen wir jetzt tun? Mein Bauch zieht sich zusammen, die Kehle schnürt sich zu, die Hände werden feucht und ich muss mich räuspern, bevor ein Weitersprechen möglich ist. Ich habe mich von Severin abgewendet, schaue wieder aus dem Fenster, es würde mir das Herz zerreißen, jetzt in seine fragenden, ebenfalls von Angst erfüllten Augen zu schauen. Warum, warum … tausend Fragen, doch die Worte versinken in einem tiefen Meer von Angst. Langsam fasse ich mich und kann gerade noch sagen, dass wir baldmöglichst einen Termin beim Spezialisten brauchen. Ob der Arzt uns bitte dabei unterstützen könne. Urplötzlich sind die Bilder aus der Zeit der Meningokokken-Meningitis wieder vor meinen Augen. Mein sechsjähriges Kind auf der Intensivstation, verkabelt mit mehreren Schläuchen, Apparate, die alle Werte anzeigen, die bei jeder kleinen Veränderung Alarm auslösen. Die herbeieilenden Ärzte und Schwestern, die Hilflosigkeit, die Ohnmacht, die Überforderung und die übermächtige Angst, mein geliebtes Kind jetzt für immer zu verlieren. Das Bild von mir am Bett Severins, er liegt im Koma und ich kann nichts Anderes tun, als einfach da zu sein. Draußen fährt in regelmäßigen Abständen der Zug, mal in diese, mal in die andere Richtung. Genau so fühlte ich mich, es konnte in diese Richtung gehen, es konnte aber auch in die andere Richtung gehen. Ich konnte nichts Anderes tun, als danebenzusitzen, zu atmen, zu beten und letztendlich zu beobachten. Wenn die Alarme losgehen, bewege ich die Schläuche, wie ich es bei den Schwestern und den Ärzten beobachtet habe, und sobald sie kommen, mache ich Platz und lasse sie ihren Job machen. Ich schließe kurz meine Augen und besinne mich, erinnere mich, ich bin am Telefon mit unserem Hausarzt. Sonja, halte jetzt den Fokus. Ich bitte den Arzt erneut eindringlich um einen raschen Termin. Ich sage ihm, dass ich Angst habe, dass ich kenne, was jetzt komme, dass es für mich sehr wichtig sei, von ihm diese Unterstützung zu bekommen. Erst nach der Zusicherung bin ich bereit, das Gespräch zu beenden. Ich schließe meine Augen, atme tief durch, und ich kann gar nicht wirklich sagen, wie es mir möglich ist, mich nun endlich Severin zuzuwenden. Er liegt immer noch in meinem Bett, hat das Gespräch mitverfolgt und dennoch ist ihm die ganze Tragweite nicht bewusst. Woran es jedoch keinen Zweifel gibt, ist die Tatsache, dass es keine guten Nachrichten waren, die mir der Arzt soeben mitteilte. So liegt es an mir, meinem geliebten Sohn, meinem Kind, diese Worte, diese unglaubliche Diagnose zu überbringen. Das Kartenhaus einstürzen zu lassen, indem ich diese Karte mit der Schreckensdiagnose ziehen werde. Wie macht man das? Sag mir, wie erkläre ich meinem siebzehnjährigen Kind, dass es einen fucking Tumor in seinem Hirn hat, wenn ich es noch nicht einmal selber verstehen kann? Null Anzeichen, dass da etwas im Kopf von unserem Sohn wucherte, dass die Krankheit nicht nur anklopft, sondern die Tür voller Wucht aufgebrochen wird. In eine scheinbar perfekte Welt eindringt und gerade alles zerstört. Wie fragil alles ist, jederzeit, das wird mir genau in diesem Moment einmal mehr bewusst. Wir schauen uns an, schockiert über diese Nachricht. Nach einer gefühlten Ewigkeit höre ich, wie die Worte kaum hörbar über meine Lippen kommen. Severin, sie haben im Emery einen Hirntumor gefunden. Wir müssen zum Arzt, um alles Weitere zu besprechen. In diesem Moment stieß ich eine Türe auf, die wir nie freiwillig geöffnet hätten. Dahinter liegen Angst, Wut, Traurigkeit, Ohnmacht, Hilflosigkeit, Überforderung und vieles mehr. Jetzt nur nicht die Beherrschung verlieren. Severin bleibt ganz ruhig, woher nimmt er nur diese Ruhe? Ich wende mich nochmals kurz ab und wähle die Nummer meines Mannes und lasse diese für mich unglaublichen Worte ein zweites Mal aus meinem Mund. Ich bitte Martin, sofort nach Hause zu kommen, und lege auch schon wieder auf. Ich setze mich zu Severin, ohne Worte halten wir uns die Hände, jeder in seine Gedanken eingehüllt. Es fühlt sich an, als wenn aus Sekunden Minuten würden und aus Minuten Stunden. Nach fünf Minuten höre ich das vertraute Geräusch von Martins Auto, kurz darauf ertönt schon das aufdringliche Knattern der Eingangstür. Es ist hörbar, dass er mehrere Stufen der Treppe auf einmal nimmt, und schon steht er mit fragendem Gesicht in der Schlafzimmertür. Ich drehe den Kopf zu ihm, fühle ein weiteres Mal die Wucht dieser Nachricht, die wie eine Riesenwelle gegen einen noch größeren Felsen klatscht. Wir sehen uns an, allen drei fehlen die Worte. Die Angst steht uns ins Gesicht geschrieben und die stummen Aufschreie »Bitte, nicht noch einmal, bitte lass es nicht noch einmal so sein!« füllen den Raum, auch wenn es keiner ausspricht. Ich lasse die Hand von Severin los, stehe auf und bewege mich wie in Trance in Richtung der Tür zu Martin. Auch Severin steht auf und kommt zu uns. Wir schauen uns an, nehmen uns in die Arme und sprechen nicht. Als wenn uns jemand den Mund verboten hätte, stehen wir sprachlos und gleichzeitig erstarrt da. Gemeinsam gehen wir in den Flur und über die geschwungene Holztreppe in die Küche. Wir setzen uns an den eingedeckten Tisch, es riecht köstlich nach Gulasch, Käseknöpfli und gut eingekochtem Blaukraut. Nur interessiert das jetzt niemanden mehr. Ich muss etwas tun, damit ich nicht durchdrehe, so fülle ich unsere bereitgestellten Gläser mit Mineralwasser. Tausend Fragen und keine Antworten, nur die Diagnose mit dem Wissen, dass der Arzt helfen will, baldmöglichst einen Termin in der Spezialklinik zu vereinbaren. Patrice kommt von der Schule und Jasmin von der Arbeit. Beide ahnen nichts, haben Hunger und wie immer stürmen sie die Treppe hoch, mit der Vorfreude auf das Essen. Doch es braucht keine Worte, beide fühlen, sobald sie die Küche betreten, dass etwas gar nicht gut ist. Also kommen diese unglaublichen Worte ein drittes Mal aus meinem Mund. Auch für sie ist es wie eine Bombe. Irgendwie sind wir alle schockgefroren, einfach sprachlos. Ich kann im Moment nicht mehr sagen als das, was ich mit dem Arzt besprach. Essen ist für unsere Familie wirklich wichtig, das genießen und lieben wir alle. Doch an diesem Mittag bleiben die Deckel auf den Pfannen und die Teller sind unberührt. Wir ermutigen uns gegenseitig, möglichst ruhig zu bleiben und erstmal den Arzttermin abzuwarten. Wir hoffen, dass wir dann Klarheit bekommen werden. Um dreizehn Uhr ist Zeit für Arbeit und Schule. Alle stehen auf, verlassen das Haus und tragen die Nachricht wie einen mit Steinen beladenen Rucksack raus in ihr Leben. Jeder auf seine Art.

Das Leben mit der Diagnose

Severin benötigt dringend frische Luft und fährt mit seinem schwarzen Motorrad zu seinem Freund. Dieser hat eine kleine Werkstatt, in der sie zusammen an den Mopeds herumschrauben. Er hat sich schon am Morgen mit ihm verabredet, und jetzt ist er sehr froh, dass er einfach weggehen kann. Er spricht mit seinem Freund über die Schreckensnachricht und an diesem Nachmittag ist es auch in der Werkstatt anders als sonst. Hier kann Severin endlich weinen und das ist sehr gut so. Martin geht wie gewohnt zur Arbeit, ebenso kann er es kaum fassen. Für ihn ist es am einfachsten, wenn er sich mit Arbeit ablenken kann. Jasmin fährt mit ihrem schwarzen Roller in den Blumenladen, dort erzählt sie von der Diagnose. Sie darf in den Keller, sie kann also ganz ungestört Material für die Adventsausstellung vorbereiten. Dort hat sie auch die Möglichkeit, zu weinen, wenn ihr danach ist. Patrice nimmt seinen Rucksack und fährt mit dem Moped in die Schule, er lässt sich nicht viel anmerken, doch ich weiß, auch er ist gerade überfordert. Ich bin so dankbar, dass er gute Freunde hat, und mit ihnen wird er darüber sprechen. Ich verschiebe alle Kundentermine für heute und schreibe meiner Freundin eine Whatsapp-Nachricht. Sie lässt alles liegen und verspricht sofort zu kommen. Wir verabreden uns in meiner Praxis. Meine Schwiegereltern wohnen im gleichen Haus wie wir, einfach in der unteren Wohnung. Wenn ich in meine Praxis gehe, welche im gegenüberliegenden Haus ist, laufe ich immer bei ihnen durch die Wohnung. Meine Schwiegermutter wünscht sich das so, weil sie ihre Familie gerne um sich hat. Heute ist dies ein schwerer Gang für mich, ich habe auch hier die Aufgabe, die Schreckensbotschaft zu überbringen. Mir ist bewusst, dass dies ein Tiefschlag für meine Schwiegereltern ist. Haben sie doch selbst eine Tochter, die als kleines Kind schwer krank war. Sie wissen, was das bedeutet. Wie es sich anfühlt, wenn das Kind über lange Zeit im Krankenhaus liegt. Sie durften sie damals nicht einmal besuchen. Die Ausrede der Ärzte war, sie wollten nicht, dass die Kleine Heimweh bekomme. Was das für meine Schwiegereltern bedeutete, fragte niemand. Sie lenkten sich mit Arbeit ab, nur so war es ihnen möglich, diese Tage irgendwie zu überstehen. Die Nachricht vom Tumor wird meine Schwiegereltern sehr an diese Zeit zurückerinnern. Trotzdem fasse ich mich nur ganz kurz und gehe möglichst rasch in die Praxis. Ich habe den Vorraum kaum betreten, schon erklingt die Glocke. Ich öffne die Tür, meine Freundin steht da und schaut mich mitfühlend und wissend an. Sie kennt mich so gut, dass sie abschätzen kann, was diese Nachricht mit mir macht. Sie breitet die Arme aus und hält mich einfach ganz fest. Die Tränen kullern mir über die Wangen, ich schluchze, endlich kann ich weinen und den Mantel der Stärke für einen kurzen Moment fallenlassen. Ihr zeige ich mich mit allem, was da ist, mit allen Ängsten, mit der ganzen Überforderung und mit der unendlichen Traurigkeit über diese Nachricht. Wir setzen uns, ich mache uns einen Cappuccino und während wir lustlos daran rumnippen, gibt es Momente der Stille, Momente der Gespräche und letztendlich kurze Augenblicke der Hoffnung.