Kurfürstenklinik 13 – Arztroman - Nina Kayser-Darius - E-Book

Kurfürstenklinik 13 – Arztroman E-Book

Nina Kayser-Darius

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Beschreibung

Mit den spannenden Arztromanen um die "Kurfürstenklinik" präsentiert sich eine neue Serie der Extraklasse! Diese Romane sind erfrischend modern geschrieben, abwechslungsreich gehalten und dabei warmherzig und ergreifend erzählt. Die "Kurfürstenklinik" ist eine Arztromanserie, die das gewisse Etwas hat und medizinisch in jeder Hinsicht seriös recherchiert ist. "Mein letzter Tag bei Ihnen, Herr Dr. Winter!" sagte Miriam Fechner und sah den jungen Notaufnahmechef der Kurfürsten-Klinik in Berlin-Charlottenburg betrübt an. "Ich wäre gern noch länger geblieben, das wissen Sie ja – aber als nächstes werde ich in Ihrer Neurochirurgie eingesetzt. Ich soll das ganze Haus kennenlernen." "Sie waren uns eine große Hilfe, Schwester Miriam", erwiderte Dr. Adrian Winter lächelnd. "Wir sind froh, daß Sie wenigstens eine Zeitlang unser Team verstärkt haben."

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Die Kurfürstenklinik –13–

Schwester Cornelias bitteres Geheimnis

Mitreißender Roman um eine junge Liebe und eine alte Schuld

Roman von Nina Kayser-Darius

»Glaub mir, mein Schatz, hier bin ich wirklich gut aufgehoben. Zum erstenmal seit langem habe ich den Eindruck, daß man mir wirklich helfen kann.«

Walter Schuler sah seine Frau lächelnd an und machte dann Anstalten, ins Bett zu steigen. Er wußte, daß er schon bald zu den ersten Untersuchungen abgeholt werden würde. Mit Dr. Winter, den er seit Jahren kannte, hatte er bereits alles abgesprochen.

»Ich mach mir auch keine Sorgen«, erklärte Gerda Schuler. »Wenn wir doch nur schon eher in die Kurfürsten-Klinik gegangen wären! Dir wäre bestimmt einiges erspart worden.« Ihr Mann schüttelte den Kopf. »Das kannst du so nicht sagen. Die Ärzte, die mich bisher behandelt haben, waren ja auch nicht alle unfähig. Ich habe immer wieder Erleichterung verspürt.«

»Nur keine Besserung«, warf sie ein. »Keine dauerhafte jedenfalls. Das hat aber auch daran gelegen, daß du dir nie die Zeit genommen hast, dich wirklich zu erholen.«

»Ich weiß, ich weiß!« Walter Schuler hob kurz die Hände. »Das Geschäft hatte eben immer Vorrang. Das gebe ich zu. – Apropos Geschäft… wie geht’s im Laden? Kommst du mit den Verkäuferinnen zurecht?«

Gerda schüttelte den Kopf. »Darauf gebe ich dir gar keine Antwort. Wir hatten abgemacht, daß du dich diesmal von all diesem Streß freimachst. Ich komme schon zurecht, keine Sorge.«

Der Patient nickte nur. Walter Schuler, der zusammen mit seiner Frau zwei gutgehende Herrenboutiquen besaß, litt seit Jahren an Magengeschwüren und zu hohem Blutdruck. Schuld war in erster Linie der Streß, dem er sich permanent aussetzte, doch auch das unregelmäßige Leben, das er führte.

Während seine Frau mittags heimfuhr, um etwas zu essen und sich um die Tochter Janette zu kümmern, verbrachte Walter Schuler den ganzen Tag im Geschäft. Er aß etwas Kaltes oder einen Snack aus dem Bistro gegenüber, manchmal auch Fast Food, was ihm gar nicht bekam.

Die Diät, die seine Frau ihm zubereitete, verschmähte er oft, denn sie schmeckte ihm nicht.

Dr. Winter, der vor drei Wochen in dem größeren Geschäft der Schulters gewesen war, um sich einen neuen Trench und einen dunkelblauen Blazer zu kaufen, hatte den Geschäftsinhaber auf sein schlechtes Aussehen angesprochen.

»Sie sind krank, Herr Schuler«, hatte er ihm auf den Kopf hin zugesagt. »Ich sehe es Ihnen förmlich an, daß Sie Schmerzen haben.«

»Stimmt. Aber die Tabletten meines Hausarztes…«

»Dämpfen nur, können aber bestimmt das Grundübel nicht beseitigen. Sie haben mir vor einigen Monaten von Magengeschwüren erzählt… haben Sie damals die Behandlung zu früh beendet?«

»Kann schon sein.« Walter hatte die Schultern gezuckt. »Ich werde hier gebraucht.«

»Eben! Und deshalb sollten Sie alles tun, um sich auszukurieren. Wenn Sie Ihre Krankheit noch länger ignorieren und so verschleppen, kann es eines Tages zum großen Knall kommen. Und dann…«

»Hören Sie auf, Doktor. Sehen Sie sich lieber diesen Kaschmirpulli an. Ganz neue Ware aus Italien. Ich könnte Ihnen…«

Er war nicht in der Lage gewesen weiterzusprechen, denn ein so heftiger Schmerz durchzuckte seinen Körper, daß er sich krümmen mußte. Kalter Schweiß stand ihm plötzlich auf der Stirn, und er hatte das Gefühl, jeden Moment das Bewußtsein zu verlieren.

Ein Glück, daß Adrian Winter seinen Wagen ganz in der Nähe geparkt hatte. Er konnte seine Bereitschaftstasche holen, die er immer mit sich führte, und Walter Schuler eine Injektion machen, die ihm die ärgsten Schmerzen nahm.

Dann jedoch, nach kurzer Untersuchung, ordnete Dr. Winter eine Einweisung in die Kurfürsten-Klinik an.

Frau Schuler, die eine der drei Angestellten herbeitelefoniert hatte, kam so rasch wie möglich

und begleitete den Krankentransport.

»Ich bin sicher, bald ist alles überstanden«, sagte sie nun und räumte die letzten Sachen in den schmalen Schrank. »Wir können wirklich von Glück sagen, daß Dr. Winter gerade im Laden war.«

»Der Doktor…« Der Kranke richtete sich im Bett auf. »Er hat seinen Mantel und den Blazer gar nicht mitgenommen.«

»Sorgen hast du!« Gerda schüttelte den Kopf.

In diesem Moment klopfte es, und eine junge, sehr aparte blonde Schwester kam ins Zimmer. Erst nachdem sie sich vergewissert hatte, daß sie nicht störte, trat sie ans Bett.

»Ich bin Schwester Cornelia«, stellte sie sich vor. »Ich möchte Sie zur Untersuchung abholen, Herr Schuler.«

»Aber ich bin doch vor zwei Stunden erst untersucht worden – als ich eingeliefert wurde. Dr. Winter selbst hat mich hergebracht.«

»Ich weiß«, lächelte die Pflegerin. »Aber in der Ambulanz konnten Sie nur flüchtig durchgecheckt werden. Jetzt werde ich Sie erst einmal zum Röntgen bringen. Dann ins Labor und…«

»Oh, Himmel, ich glaube, ich komme hier nie mehr raus!« In gespielter Verzweiflung sah Walter seine Frau an.

Die jedoch lächelte nur. »Keine Angst, mein Schatz, du kommst raus – und zwar gesund. Ich habe zu Dr. Winter und dem Team der Kurfürsten-Klinik großes Vertrauen.«

»Das können Sie auch haben«, bestätigte Schwester Cornelia. »Ich bin zwar noch nicht sehr lange an dieser Klinik, aber ich habe schon festgestellt, daß hier ganz hervorragende Ärzte arbeiten. Einige davon können Sie gleich selbst kennenlernen, Herr Schuler.«

Mit diesen Worten schob sie den Rollstuhl, der bisher an der Tür gestanden hatte, näher ans Bett. »Soll ich Ihnen helfen?« bot sie an.

»Ach was, ich hab’s am Magen, nicht an den Beinen«, polterte Walter los. Aber als er erst wieder stand, merkte er rasch, wie elend er sich fühlte und wie sehr seine Knie zitterten. So, als wäre Wackelpudding in ihnen. Mit einem Seufzer ließ er sich in den Rollstuhl sinken. »Also gut, meinetwegen: Fahren Sie mich durch die Gegend, Schwester.«

Cornelia nickte lächelnd. »Mit dem größten Vergnügen!«

*

Es war früh Winter geworden in diesem Jahr, und ein eisiger Wind wehte durch die Straßen Berlins. Hin und wieder konnte man sogar schon in den Kaufhäusern erste Weihnachtsartikel entdecken.

»Ich finde es furchtbar, daß die Kaufleute schon so früh für Weihnachten dekorieren«, sagte Esther Berger zu ihrem Zwillingsbruder. »Das nimmt einem so viel von der geheimnisvollen Vorfreude.«

»Romantikerin«, lächelte Adrian Winter zärtlich. »Aber ich muß dir recht geben. Als wir noch Kinder waren, war die Adventszeit voller Spannung, Rätsel, Erwartung. Und jetzt ist schon Mitte November alles fürs Christfest gerüstet – zumindest was den Konsum anbelangt.«

»Und die Gefühle bleiben wieder mal auf der Strecke«, fügte Esther ein wenig bitter hinzu.

Ihr Bruder schaute sie forschend von der Seite an. »Hast du was? Du wirkst ziemlich deprimiert heute.«

Dr. Adrian Winter und seine Zwillingsschwester Esther, die als Kinderärztin an der Berliner Charité arbeitete, hatten sich in der Innenstadt getroffen. Sie hatten heute beide ihren freien Tag und wollten zunächst zusammen essen gehen. Hinterher war ein Theaterbesuch geplant. Da aber keiner von ihnen die Zeit gefunden hatte, Karten zu besorgen, mußten sie auf ihr Glück vertrauen und hoffen, daß sie noch an der Abendkasse etwas bekommen würden.

Esther zuckte die Schultern. »Ach, ich werd’ mich wohl nie dran gewöhnen, daß es in unserem Beruf immer wieder zu tragischen Geschehnissen kommen kann.«

Adrian Winter nickte. »Stimmt. Damit kann ich mich auch nicht abfinden. Erzähl schon – was ist passiert?«

Sie hatten den Weg zum Ku’-Damm eingeschlagen. Hier gab’s ein chinesisches Lokal, das Esther ganz besonders mochte. Noch dreihundert Meter, dann waren sie am Ziel. Zeit genug also, um noch ungestört über Klinikprobleme reden zu können.

»Gestern, am frühen Abend, wurde ein kleines Mädchen eingeliefert, das von einem Auto überfahren worden ist. Tragischerweise war es der eigene Onkel, der den Unfall verursacht hat. Er wollte seinen Wagen aus der Garage fahren und hat die Kleine, die in der Auffahrt spielte, nicht gesehen. Der berühmte tote Winkel, du verstehst?«

Adrian nickte nur, und so fuhr Esther fort: »Wir haben alles getan, was in unserer Macht stand. Mein Chef und ich haben vier Stunden lang operiert – vergeblich. Die inneren Verletzungen waren zu stark, die Kleine ist noch auf dem Tisch gestorben.«

»Das ist wirklich schlimm.« Adrian legte spontan den Arm um seine Schwester. Esther war fast einen Kopf kleiner als er, zierlich und zart. Niemand, der sie sah, konnte ahnen, daß in ihr ungeheure Energie und ein eiserner Wille steckten. Sie trug ihr blondes Haar sehr kurz geschnitten, und das vermittelte noch zusätzlich den Eindruck, daß Esther schutzbedürftig war.

Welch großem Irrtum die Menschen erlegen waren, die nur nach dem äußeren Eindruck urteilten, wurde klar, wenn man Dr. Esther Berger näher kennenlernte. Sie war eine exzellente Kinderärztin, die sich ungemein engagierte und ihre Freizeit unter anderem damit verbrachte, kranken Kindern durch therapeutisches Reiten die Lebenssituation zu erleichtern.

Adrian Winter kannte Esther fast so gut wie sich selbst, er wußte, daß sie einiges einstecken konnte. Doch wenn ihr ein kleiner Patient auf dem OP-Tisch starb, belastete sie das noch tagelang – etwas, das er gut nachvollziehen konnte.

»Ihr habt sicher alles menschenmöglich getan«, sagte er leise. »Und vielleicht war es sogar ein gnädiger Tod. Wenn die Verletzungen zu groß waren…«

»Sie hatte unter anderem Hirnquetschungen. Dazu die inneren Bauchwunden…« Esther biß sich auf die Lippen. »Ich weiß, daß sie nie wieder ein normales, gesundes Kind geworden wäre. Und doch…«

»Natürlich. Wir kommen nur schwer damit klar, daß uns hin und wieder unsere Grenzen aufgezeigt werden. Aber das gehört nun mal zum Arztberuf – so wie die Erfolge, die wir ja zum Glück auch haben.«

Esther lächelte kurz zu ihm hoch. »Danke. Es tut schon gut, mal drüber reden zu können.«

»Weiß ich doch. Aber jetzt denken wir beide nicht mehr an Patienten und unsere Kliniken, sondern konzentrieren uns auf Pekingente und andere leckere Dinge.«

Sie hatten ihr Ziel erreicht, und Adrian Winter wollte Esther gerade die Tür aufhalten, als sie eine junge Frau bemerkten, die aus einer Seitenstraße kam. Ihr Gang war unsicher, sie hielt sich gebückt, und im ersten Moment glaubte Adrian, daß sie betrunken sei.

»Furchtbar…« murmelte Esther, die denselben Eindruck hatte.

»Ich kann so etwas nicht sehen. Sie ist noch so jung…« Adrian wollte gerade zustimmen, als er sah, daß die junge Frau sich den Leib hielt und nur deshalb so gebückt lief, weil sie offenbar Schmerzen hatte.

»Du, die ist schwanger!« stieß er hervor, und noch bevor Esther reagieren konnte, war er schon auf die Fremde zugelaufen.

Es war ein Wettlauf mit der Zeit, denn kaum hatte er sie erreicht, da taumelte sie noch stärker und wäre wohl zu Boden gestürzt, wenn Dr. Winter sie nicht aufgefangen hätte.

»Helfen Sie mir!« Die junge Frau, in deren schmalem Gesicht große dunkle Augen brannten, sah ihn nur kurz an, dann verzog sie wieder schmerzhaft das Gesicht – und wurde ohnmächtig.

»Ich rufe einen Notarztwagen!« Esther, die nun auch herangekommen war, fischte in ihrer großen Tasche nach dem Handy und rief Hilfe herbei.

Gemeinsam schafften es Adrian und Esther, die Schwangere in eine Passage zu schleppen, wo sie wenigstens vor den neugierigen Blicken der Passanten ein wenig geschützt war.

»Sie kommt zu sich!« Esther beugte sich über die junge Frau.

»Hallo, da sind Sie ja wieder! Alles in Ordnung, keine Angst. Gleich bekommen Sie Hilfe.«

»Aber ich…« Die junge Frau begann zu weinen.

»Nicht doch.« Esther lächelte aufmunternd. »Ein Kind zu bekommen ist etwas ganz Natürliches. Sie brauchen keine Angst zu haben.«

»Warum sind Sie denn auf der Straße herumgelaufen? Warum haben Sie nicht die Ambulanz gerufen?« wollte Adrian wissen, der der jungen Frau behutsam den Schweiß von der Stirn wischte.

»Ich… ich kann doch nicht…« Wieder brach sie ab.

»Was können Sie nicht?« wollte Adrian wissen.

»In die Klinik.« Verzweifelt sah sie ihn an. »Ich bin doch nicht versichert!«

»Ach was, das gibt’s doch gar nicht.« Er schüttelte den Kopf.

»Wenn Sie arbeitslos sind oder aus anderen Gründen kein Einkommen haben, bezahlt das Sozialamt alles.«

Wieder schüttelte sie den Kopf, aber sie kam nicht mehr dazu, etwas zu erklären, denn noch während sie sich unter einer weiteren Wehe krümmte, kam der Notarztwagen, und Adrian Winters Kollegen nahmen sich der Patientin an.

»Bringen Sie sie bitte in die Kurfürsten-Klinik«, bat der Arzt. »Sie liegt sowieso am nächsten, und ich arbeite dort.«

»Wie Sie wollen, Doktor«, meinte der Sanitäter, und der junge Notarzt, dem man ansah, daß er noch nicht lange selbständig arbeitete, fragte: »Wollen Sie mitfahren, Herr Kollege?«

Schon wollte Adrian zustimmen, als er einen Blick auf Esther warf, die klein und verloren wirkend in der Passage stand. Er schüttelte den Kopf. »Das ist bestimmt nicht nötig. Ich sehe morgen nach der Frau. Außerdem weiß ich, daß Dr. Halberstett heute Dienst hat, ein versierter Gynäkologe. Bei ihm ist die junge Frau in den besten Händen.«

Er drückte der Schwangeren, die ihn verzweifelt anschaute, aber nichts mehr sagte, noch einmal die Hand, dann wurde sie auch schon in den Wagen gehoben.

In der nächsten Minute fuhr die Ambulanz mit blinkendem Blaulicht davon.

Esther trat neben ihren Bruder. »Die Arme. Ich glaube, sie hat vor irgend etwas wahnsinnige Angst.«

»Kann schon sein.« Dr. Winter legte wieder den Arm um Esther.

»Aber sie wird gleich optimal versorgt werden. Wir zwei gehen jetzt essen, sonst kommen wir heute nicht mehr dazu. Und, ehrlich gesagt, ich habe Hunger wie ein Wolf.«

Esther lächelte. »Armer Adrian. Da spielt er mal wieder den Retter und Helfer in Notlagen, aber stirbt selbst einen grausamen Hungertod.«