Kurfürstenklinik 3 – Arztroman - Nina Kayser-Darius - E-Book

Kurfürstenklinik 3 – Arztroman E-Book

Nina Kayser-Darius

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Beschreibung

Mit den spannenden Arztromanen um die "Kurfürstenklinik" präsentiert sich eine neue Serie der Extraklasse! Diese Romane sind erfrischend modern geschrieben, abwechslungsreich gehalten und dabei warmherzig und ergreifend erzählt. Die "Kurfürstenklinik" ist eine Arztromanserie, die das gewisse Etwas hat und medizinisch in jeder Hinsicht seriös recherchiert ist. "Mein letzter Tag bei Ihnen, Herr Dr. Winter!" sagte Miriam Fechner und sah den jungen Notaufnahmechef der Kurfürsten-Klinik in Berlin-Charlottenburg betrübt an. "Ich wäre gern noch länger geblieben, das wissen Sie ja – aber als nächstes werde ich in Ihrer Neurochirurgie eingesetzt. Ich soll das ganze Haus kennenlernen." "Sie waren uns eine große Hilfe, Schwester Miriam", erwiderte Dr. Adrian Winter lächelnd. "Wir sind froh, daß Sie wenigstens eine Zeitlang unser Team verstärkt haben."

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Die Kurfürstenklinik –3–

Geständnis hinter Klinikmauern

Kayser-Darius Nina

Roman von Kayser-Darius Nina

»Willkommen, Schwester Katja! Wir sind froh, daß Sie unser Team wenigstens für eine Weile verstärken!«

Dr. Adrian Winter leitete die Notaufnahme der Kurfürsten-Klinik in Berlin und streckte nun der zierlichen dunkelhaarigen jungen Frau, die vor ihm stand, die Hand entgegen. Dabei lächelte er sie freundlich an. Sie sah unglaublich jung aus. Ob sie überhaupt schon zwanzig war? Er hatte sich natürlich ihre Bewerbungsunterlagen angesehen, aber er erinnerte sich nicht mehr an ihr Alter. Ihre Zeugnisse waren jedenfalls hervorragend gewesen.

Hoffentlich war sie dem harten Dienst in der Notaufnahme gewachsen. Sie sah so zart und durchscheinend aus! Ihre dunklen Haare umrahmten ein fein gezeichnetes Gesicht mit grünen Augen, einer kleinen Nase und einem hübsch geschwungenen Mund.

»Danke, Herr Dr. Winter«, sagte sie schüchtern und erwiderte sein Lächeln. »Ich bin sehr froh, daß ich die Stelle hier an der Klinik bekommen habe.«

»Sie sind nicht aus Berlin, oder?« fragte er.

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin erst vor kurzem hierher gezogen.«

»Hoffentlich gefällt es Ihnen bei uns – in der Klinik und in der Stadt, meine ich. Kommen Sie, ich mache Sie mit den Kolleginnen und Kollegen bekannt.« Er nahm ihren Arm und zog sie mit sich. »Bernd, dies ist Schwester Katja, sie verstärkt ab heute unser Team. Katja, das ist Dr. Schäfer, Assistenzarzt der Chirurgie.«

Bernd Schäfer versuchte verzweifelt, seinen Bauch einzuziehen, als er sich so unverhofft einer ausgesprochen hübschen jungen Frau gegenüber sah – doch seine Bemühungen blieben vergeblich. Er hatte in den letzten Wochen einfach zuviel gesündigt und seinem ohnehin nicht geringen Körpergewicht noch etliche Kilo hinzugefügt. Mit einem resignierten Seufzer gab er seine Versuche, schlanker zu erscheinen, auf und begrüßte die neue Kollegin.

»Willkommen bei den Verrückten, Schwester Katja«, sagte er. »Wieso wollten Sie eigentlich ausgerechnet bei uns in der Notaufnahme anfangen?«

Die junge Frau antwortete ernsthaft: »In der Notaufnahme arbeite ich am liebsten.«

Eine schlanke Brünette trat zu ihnen und fragte: »Wirklich? Da sind Sie aber eine große Ausnahme. Ich bin Julia Martensen, Internistin.«

»Sehr erfreut«, sagte Katja schüchtern und ergriff die ausgestreckte Hand. »Ich bin Katja Senkenberg, die neue Schwester.«

»Wir sind froh, wenn wir hier ein bißchen entlastet werden«, erklärte die Ärztin. »Nicht,

Adrian?«

»Ja, das kann man wohl sagen. Wo ist denn Moni?«

»Ich bin hier!« Die temperamentvolle Monika Ullmann kam im Eiltempo angelaufen und blieb überrascht stehen, als sie die kleine Versammlung sah. »Habe ich was versäumt? Gibt’s was zu feiern?«

»Schwester Katja, dies ist Schwester Monika, wie sie leibt und lebt. Sie wird Sie unter ihre Fittiche nehmen, und da sind Sie ganz bestimmt bestens aufgehoben. Moni, das ist unsere neue Kollegin Schwester Katja, die uns ab heute das Leben in der Notaufnahme erleichtern wird – wenn auch leider nicht für immer, sondern nur für einige Wochen.«

Monika schüttelte ihre dunklen Locken, streckte die Hand aus und sagte: »Hier sagen alle Moni zu mir. Ich schlage vor, du tust das auch.«

Katja wurde ein wenig rot, nickte und sagte dann: »Danke, gern.«

»Ist sonst noch jemand da, den wir vorstellen könnten?« erkundigte sich Adrian.

»Christian müßte hier irgendwo herumschwirren«, meinte Julia. »Jedenfalls habe ich ihn schon gesehen.«

»Er holt gerade ein Kind, das verkehrt liegt«, wußte Bernd zu berichten.

»Dr. Christian Halberstett ist unser Gynäkologe«, erklärte Adrian, zu Schwester Katja gewandt. »Sie werden ihn später kennenlernen. Und unsere anderen Kollegen ebenfalls. Und jetzt, meine Lieben, an die Arbeit. Oder ist etwa nichts zu tun?«

»Du bist gut! Das Wartezimmer platzt aus allen Nähten, wie fast immer«, sagte Schwester Monika. »Komm mal mit mir, Katja. Du kannst mir gleich helfen.«

Die beiden jungen Frauen verschwanden, und Bernd Schäfer murmelte: »Sie ist einfach wunderschön, Adrian. Hast du diese unglaublichen Augen gesehen?«

»Ja, habe ich«, erklärte Adrian. »Aber bist du nicht unsterblich in Moni verliebt?«

Bernd machte ein beleidigtes Gesicht. »Das geht dich überhaupt nichts an! Außerdem will sie ja nichts von mir wissen.«

Adrian lachte in sich hinein, sagte jedoch nichts. Bernd war ständig verliebt – und nie wurde etwas daraus. Er selbst war davon überzeugt, daß er nur schlank werden müßte, um endlich den gewünschten Erfolg bei Frauen zu haben. Adrian vermutete jedoch eher, daß es Bernds Schüchternheit war, die ihm im Wege stand. Er war zwar ständig verliebt, aber er traute sich einfach nicht an die Frauen heran. Und so schwärmte er mal für diese, mal für jene, aber er blieb immer allein.

»Du kannst es ja mal bei Schwester Katja versuchen«, meinte er. »Obwohl ich finde, daß sie ein bißchen jung für dich ist, meinst du nicht?«

»Ich bin doch erst zweiunddreißig!« entgegnete Bernd jetzt. »Ich bin noch nicht einmal im besten Alter. Das habe ich noch vor mir, wenn du es genau wissen willst.«

»Na, dann laß dich nicht abhalten, Bernd«, sagte Adrian. »Und jetzt komm, wir haben eine Menge zu tun.«

Seufzend folgte Bernd dem jungen Notaufnahme-Chef. Lieber hätte er noch ein wenig von den schönen grünen Augen der neuen Schwester geträumt.

*

Andreas Hollaender schaukelte seine kleine Tochter sanft hin und her. »Nicht mehr weinen«, summte er. »Nicht mehr weinen, Fränzchen. Jetzt mußt du schlafen und träumen – und wenn du wieder aufwachst, singe ich dir wieder etwas vor.«

Franziska war jetzt ein halbes Jahr alt und ein richtiger Sonnenschein. Er sagte immer »Fränzchen« zu ihr. Das hörte sie offenbar gern, denn wenn er es sagte, lachte sie ihr zahnloses Lachen, das ihn so entzückte. Sie hatte seine hellblonden Haare geerbt und seine blauen Augen auch, darauf war er sehr stolz.

Andererseits wäre mehr Ähnlichkeit mit ihrer Mutter auch nicht schlecht gewesen, denn diese war eine ausgesprochen schöne Frau. Aber so hatte er viel mehr das Gefühl, daß Fränzchen auch ein Teil von ihm war. Er war völlig vernarrt in seine kleine Tochter.

Dabei war Fränzchen der Anlaß für eine Menge Unglück gewesen. Sie wären ja niemals nach Berlin gezogen ohne das Kind, Katja und er. Katja war neunzehn gewesen, als Fränzchen auf die Welt kam, jetzt war sie zwanzig. Und er selbst war dreiundzwanzig. Sie waren nicht verheiratet, und in dem kleinen Ort, in dem sie bis dahin gelebt hatten, waren uneheliche Kinder noch immer eine Schande. Hinterm Mond, dachte er. Da leben sie noch hinterm Mond.

In Berlin war das anders, da kümmerte sich niemand darum, ob Katja und er verheiratet waren oder nicht. Aber auf der anderen Seite gab es hier auch niemanden, der ihnen half. Katjas Eltern hatten ihre Tochter vor die Tür gesetzt, als sie erfahren hatten, was los war. Er hörte Katjas Vater noch sagen: »Wenn du alt genug bist, ein Kind in die Welt zu setzen, dann bist du auch alt genug, für dich selbst zu sorgen.«

Ja, und seine Eltern hatten auch nicht begeistert reagiert. Katja und er waren beide gerade erst mit ihrer Ausbildung fertig gewesen. Er selbst hatte eine Schreinerlehre gemacht nach dem Abitur, weil er nicht studieren, sondern lieber handwerklich arbeiten wollte. Natürlich war das mit dem Baby nicht geplant gewesen, und es stimmte auch, daß es nicht gerade zu einer günstigen Zeit passiert war. Aber so war es im Leben schließlich oft: Die Dinge geschahen meistens dann, wenn man sie nicht gebrauchen konnte.

Und jetzt saßen sie also allein in diese Riesenstadt Berlin und versuchten, irgendwie über die Runden zu kommen. Sie bewohnten ein winziges Appartement, und Katja hatte diese Stelle in der Klinik bekommen – allerdings hatte sie ihr Kind verschwiegen, aus Angst, daß sie sie sonst nicht nehmen würden, als alleinstehende Mutter mit Baby. Dabei war sie ja gar nicht alleinstehend, aber das hätten sie ihr vielleicht nicht geglaubt, weil sie ja ledig war. Sie würden natürlich irgendwann heiraten, Katja und er. Aber nicht jetzt, das hätte wie Kapitulation vor den Eltern ausgesehen.

Eigentlich fühlte er sich auch noch zu jung dazu, wenn er ehrlich war. Und auch zu jung, um schon eine Tochter zu haben. Die anderen in seinem Alter flippten noch ziemlich ’rum, und manchmal beneidete er sie heftig. Aber es war nun einmal nicht mehr zu ändern, und jetzt hätte er Fränzchen sowieso nicht mehr hergegeben.

Er paßte jedenfalls auf sie auf und war für sie verantwortlich. Aber natürlich war das keine Dauerlösung. Er liebte Katja, und er liebte Fränzchen, aber er wollte nicht Hausmann bleiben. Er brauchte den Kontakt zu anderen Menschen. In diesem Punkt war er ganz anders als Katja. Die konnte gut allein sein und sich beschäftigen, während er lieber unter Menschen war.

Fränzchen schrie erbärmlich und wollte sich heute gar nicht beruhigen lassen. »Weißt du was?« sagte Andreas und stand auf. »Wir beide machen einen hübschen kleinen Spaziergang. Mir wird er auch gut bekommen, denn mein Magen fühlt sich heute irgendwie eigenartig an. Oder ist es der Bauch? Egal, ich weiß es nicht. Aber ein Spaziergang wird ihn beruhigen. Und dich auch! Ich schaukele dich ein bißchen im Kinderwagen durch den Park. Dann schläfst du ein und mußt nicht mehr schreien.«

Für einen Augenblick hielt das Kind inne und sah ihn aus seinen klaren blauen Augen an. Andreas gab ihr einen Kuß. »Ich bin verliebt in dich, Fränzchen, weißt du das?«

Franziska schloß die Augen, öffnete den Mund und schrie aus Leibeskräften.

*

Dr. Adrian Winter war todmüde, als er an diesem Abend, wieder einmal viel zu spät, nach Hause kam. Er hatte noch Überstunden machen müssen, denn der Ansturm auf die Notaufnahme war unglaublich gewesen. Zeitweise hatten sie geglaubt, es nicht schaffen zu können: Knochenbrüche, einige Herzinfarkte, Schlaganfälle, Brandverletzungen, eine Schießerei, zwei Messerstechereien – nichts war ihnen heute erspart geblieben.

Es war alles in allem ein schrecklicher Tag gewesen, von einem einzigen Lichtblick abgesehen: Schwester Katja. Sie redete nicht viel, aber sie konnte zupacken, und sie sah immer, wo eine helfende Hand fehlte. Ein wahrer Glücksgriff. Aber sonst…

»Da sind Sie ja endlich!« sagte eine besorgte Stimme hinter ihm, und er drehte sich lächelnd um.

»Guten Abend, Frau Senftleben, ja, da bin ich. Es war ein langer und ziemlich schrecklicher Tag, das kann ich Ihnen sagen. Ich war fast zu müde, um mich noch nach Hause zu schleppen.«

»Das brauchen Sie mir nicht zu sagen, das sehe ich auch so«, stellte seine Nachbarin fest. Ihre Stimme klang mütterlich besorgt. Sie bewohnte eine große Wohnung, seinem Appartement gegenüber, und hatte den jungen Arzt vom ersten Augenblick an ins Herz geschlossen. Diese Zuneigung beruhte auf Gegenseitigkeit, und merkwürdigerweise ging es ihm nicht auf die Nerven, daß sie sich um ihn sorgte und ihn gelegentlich zwang, eine ihrer schmackhaften Mahlzeiten zu sich zu nehmen.

Carola Senftleben näherte sich allmählich ihrem siebzigsten Geburtstag, doch das sah man ihr nicht an. Sie war eine zierliche, energische kleine Person, die früher eine große Schneiderei geleitet hatte. Ihre grauen Haare trug sie kurz und glatt, ihre porzellanblauen Augen blickten so unschuldig in die Welt, als sei sie noch immer ein kleines Mädchen. Doch dieser Eindruck täuschte. Hinter ihrem harmlosen Äußeren verbarg sich ein starker Charakter, und wer sich mit ihr anlegte, tat gut daran, sich warm anzuziehen.

Adrian und sie verband eine gute Freundschaft, die sie beide pflegten. Jetzt sagte sie kurz angebunden: »Sie haben ja doch wieder nichts Anständiges zu essen im Haus, wie ich Sie kenne, Adrian. Zufällig habe ich einen kräftigen Rindfleischeintopf gekocht. Der wird Ihnen jetzt guttun.«

Adrian lächelte breit. »Zufällig« hatte Frau Senftleben öfter gerade dann etwas gekocht, wenn es in der Kurfürsten-Klinik besonders hoch herging, und er fragte sich, woher sie das immer wußte. Oder hatte sie vielleicht auf Vorrat gekocht? Er hatte dieses Geheimnis bisher nicht ergründen können, aber eigentlich war es auch nicht wichtig. Er nahm ihre Einladungen in der Regel an, ohne sich lange zu zieren.

So war es auch diesmal. »Ich stelle nur schnell meine Sachen ab und kippe mir ein wenig Wasser ins Gesicht, Frau Senftleben«, sagte er. »Und dann nehme ich Ihre Einladung mit dem größten Vergnügen an, wenn Sie mir gestatten, eine Flasche Rotwein zum Essen beizutragen. Zufällig«, er betonte das Wort genau wie sie, »habe ich noch eine irgendwo herumstehen.«

»Gut, bis gleich«, sagte sie und verschwand in ihrer Wohnung. Die Tür ließ sie offen. Sie hatten, seit sie Nachbarn waren, bestimmte Gewohnheiten entwickelt, an denen sie festhielten.

Drei Minuten später betrat Adrian mit der bereits geöffneten Rotweinflasche Frau Senftlebens großzügige Wohnung und folgte schnuppernd dem Duft, der aus der Küche kam. »Hmh, Frau Senftleben, das duftet ja himmlisch.«

Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. »Natürlich tut es das«, erklärte sie. »Was haben Sie denn gedacht? Kochen kann ich schließlich!«

Sie füllte ihm den Teller randvoll, während er den Wein einschenkte. Dann nahm sie ihm gegenüber Platz. Sie aßen immer in Frau Senftlebens Küche, weil es eine von diesen großen, altmodischen Wohnküchen war, in denen man so wunderbar gemütlich sitzen und essen konnte.

»Und nun erzählen Sie mal«, sagte sie. »Was war denn nun so schrecklich?«

Er berichtete ihr von den unzähligen Patienten, die heute in die Notaufnahme der Kurfürsten-Klinik geströmt waren. »Aber es gab auch etwas Gutes«, sagte er schließlich. »Wir haben eine neue junge Schwester bekommen, die unser Team in der Notaufnahme für einige Wochen verstärkt. Schwester Katja. Sie ist nicht nur schön, sondern auch eine Spitzenkraft. Dabei kann sie höchstens zwanzig sein. Bernd hat sich natürlich sofort in sie verliebt.«