Kurfürstenklinik 5 – Arztroman - Nina Kayser-Darius - E-Book

Kurfürstenklinik 5 – Arztroman E-Book

Nina Kayser-Darius

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Beschreibung

Mit den spannenden Arztromanen um die "Kurfürstenklinik" präsentiert sich eine neue Serie der Extraklasse! Diese Romane sind erfrischend modern geschrieben, abwechslungsreich gehalten und dabei warmherzig und ergreifend erzählt. Die "Kurfürstenklinik" ist eine Arztromanserie, die das gewisse Etwas hat und medizinisch in jeder Hinsicht seriös recherchiert ist. "Mein letzter Tag bei Ihnen, Herr Dr. Winter!" sagte Miriam Fechner und sah den jungen Notaufnahmechef der Kurfürsten-Klinik in Berlin-Charlottenburg betrübt an. "Ich wäre gern noch länger geblieben, das wissen Sie ja – aber als nächstes werde ich in Ihrer Neurochirurgie eingesetzt. Ich soll das ganze Haus kennenlernen." "Sie waren uns eine große Hilfe, Schwester Miriam", erwiderte Dr. Adrian Winter lächelnd. "Wir sind froh, daß Sie wenigstens eine Zeitlang unser Team verstärkt haben."

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Die Kurfürstenklinik –5–

Sünde ist dich nicht zu lieben

Roman von Nina Kayser-Darius

Dr. Adrian Winter hob die Hand und winkte dem hochgewachsenen Mann zu, der eben den Zollbereich des Flughafens passiert hatte. Sekunden später begrüßten sich die beiden alten Freunde lebhaft und lautstark.

»Schön, dich wieder in Berlin zu haben«, sagte Adrian Winter. »Wie war der Flug?«

Markus Reinhard grinste. »Weißt du’s nicht mehr – ich kann auf Kommando einschlafen. Auch im Flieger. Also ist mir die Reise von Los Angeles bis hier nicht lang geworden.«

»Beneidenswert. Also denn… nehmen wir erst mal einen Begrüßungsschluck bei mir zu Hause.«

Dr. Reinhardt, dessen dunkelblonden Haare kurz geschnitten waren, nickte. »Auf ein deutsches Bier freu ich mich schon lange. Aber jetzt erzähl mal: Was gibt’s Neues bei dir? Als wir telefonierten, war für private Dinge ja kaum Zeit.«

Adrian Winter nickte. Er kannte Markus seit den Studientagen und wußte, welch hervorragender Chirurg er war. Als jetzt eine Stelle in der Kurfürsten-Klinik frei geworden war, hatte er spontan bei Markus angerufen und ihn gefragt, ob er nicht in die Heimat zurückkehren wolle.

Wenn ihre gemeinsame Studienzeit auch schon eine Weile zurücklag, so hatten sie doch immer Kontakt gehalten. Adrian wußte, daß der Freund eine sehr unglückliche Liebe hinter sich hatte. In Hollywood war er einer jungen Schauspielerin begegnet, die ihn verzaubert hatte. Aber sie hatte es dann vorgezogen, einem einflußreichen, aber wesentlich älteren Produzenten den Vorzug zu geben.

Markus hatte diesen Vertrauensbruch nur schwer verkraften können. Und die Aussicht, wieder einmal in der Heimat arbeiten zu können, war verlockend gewesen, vor allem, weil Adrian ihm sehr von der Kurfürsten-Klinik vorgeschwärmt hatte.

Adrian Winter, Chirug und Notfall-Mediziner an dem renommierten Berliner Krankenhaus, bewohnte ein Appartement ganz in Kliniknähe. Das war erstens praktisch, zweitens war die Wohnung relativ günstig zu haben gewesen, und drittens, es gab Frau Senftleben!

Carola Senftleben war Adrians Nachbarin. Aber sie war noch weit mehr: Vertraute, Freundin, guter Geist in allen Lebenslagen. Es war selbstverständlich, daß er ihr von Markus erzählt hatte, und sie hatte für die beiden Männer eine würzige Gulaschsuppe gekocht.

Der Topf stand vor Adrians Tür, obenauf ein Zettel: »Guten Appetit – und einen schönen Abend.« In einer Tür lagen ein Stangenbrot und drei Flaschen Rotwein.

»Das nenne ich Service«, meinte Markus Reinhardt. »Ist in diesem Haus noch eine Wohnung frei?«

Adrian lachte. »Du weißt wohl nicht, wie’s ist, wenn man in eine Hauptstadt ziehen will? Gutgeschnittene Wohnungen sind in Berlin Mangelware. Deshalb hab’ ich dir erst mal ein Klinik-Appartement organisiert. Im Schwesternhaus!«

»Wie aufmerksam von dir! Aber mein Bedarf an holder Weiblichkeit ist fürs erste gedeckt.«

Adrian nickte. »Das kann ich dir nachfühlen. Aber so war’s ja auch nicht gemeint. Im Schwesternhaus stehen immer zwei, drei kleine Wohnungen für Ärzte leer. Das hat sich schon als überaus segensreich erwiesen.«

Doch an diesem Abend blieb Markus bei seinem alten Freund. Sie aßen, tranken, erzählten von früher und den vergangenen fünf Jahren, in denen sie sich nicht gesehen hatten.

Adrian Winter hatte inzwischen Karriere gemacht. Er leitete die Notfallabteilung der Kurfürsten-Klinik und hatte als Chirurg einen Namen, der weit über Deutschlands Grenzen hinausreichte. Einige Jahre hatte er in England gearbeitet und dort Erfahrungen gesammelt. Dann hatte er in München gelebt. Doch in Berlin waren seine Wurzeln, und als man ihm die Stellung an der Kurfürsten-Klinik anbot, hatte er zugegriffen.

Markus nickte. »Ich denke, wenn man mal eine Weile im Ausland gearbeitet hat, merkt man, daß auch dort keine Wunder geschehen. Ich habe in Los Angeles einiges gelernt, doch als mein Chef, ein ganz ausgezeichneter Operateur, sich immer mehr auf Schönheitsoperationen verlegte, verging mir die Lust an der Arbeit.«

»Plastische Chirurgie kann aber sehr befriedigend sein«, warf Adrian ein.

»Ja, wenn man Menschen, die aus irgendeinem Grund verunstaltet sind, helfen kann, wieder ein lebenswertes Dasein zu erhalten. Aber wenn du dir vorstellst, daß ein siebzehnjähriger Teenager eine neue Nase modelliert haben will, nur weil die Freundin auch eine hat…« Er schüttelte den Kopf, »tut mir leid, aber das konnte ich mit meiner Berufsehre einfach nicht mehr vereinbaren.«

Adrian Winter nickte. »Dann hoffe ich, daß dir an der Kurfürsten-Klinik wichtigere Aufgaben zufallen. Aber… da mache ich mir keine Sorgen. Die Erfahrung lehrt, daß wir rund um die Uhr gefordert sind.«

Sie tranken auch noch die dritte Flasche halb leer, dann gingen sie schlafen. Markus fielen sofort die Augen zu, doch Adrian lag noch eine Weile wach. Er dachte daran, daß es bestimmt sehr einfach sein würde, den Freund ins Team der Kurfürsten-Klinik zu integrieren.

*

Den beiden Männern, die eben die Klinikhalle durchquerten, folgte manch interessierter Blick. Nicht nur die drei jungen Schwesternschülerinnen, die sich in einer Nische über die vergangene Schicht unterhielten, waren aufmerksam geworden, auch zwei Patientinnen sahen sich diskret nach den interessanten Männern um.

Arian Winter und Markus Reinhardt merkten nichts davon, sie waren in ein lebhaftes Gespräch vertieft, das sie erst beendeten, als sie die chirurgische Station erreicht hatten.

Es war noch früh am Nachmittag, und der Schichtwechsel stand noch bevor.

Schwester Claudia kam gerade aus einem Patientenzimmer, und Dr. Winter stellte ihr den neuen Mitarbeiter vor.

Claudia, die immer recht zurückhaltend war, streckte Markus lächelnd die Hand entgegen. »Willkommen hier – und viel Erfolg. Ich bin sicher, Sie werden sich hier bald einleben.«

»Danke. Wenn Sie mir ein wenig helfen…«

Es sollte nicht der Versuch eines Flirts sein, doch Claudia zuckte schon unmerklich zurück. Es war gut, daß in diesem Augenblick Oberschwester Walli über den Flur kam.

»Da bist du ja!« rief sie schon von weitem. »Ich suche dich überall, Adrian!«

»Was gibt’s denn?«

»Ein Problem in der Notaufnahme.« Schwester Walli sprach jetzt leiser, um keine Patienten aufzuregen, die der Unterhaltung eventuell zuhören konnten.

»Ich komme.« Adrian wandte sich an seinen Freund. »Das kennst du ja…«

»Klar. Und deshalb komme ich mit.« Markus Reinhard lächelte Schwester Walli kurz zu. »Ich bin der Neue.«

»Angenehm. Dann los«, kommandierte Walli, die sich auch von einem Titel nicht allzusehr beeindrucken ließ. Für sie zählten in erster Linie die Patienten – und dann kam es ihr darauf an, daß die Ärzte, mit denen sie zusammenarbeitete, exzellent waren und auf sympathische Art mit den Kranken umgingen.

Dieser Dr. Reinhardt, dessen Namen sie im Lift erfuhr, gefiel ihr. Und als sie sah, wie gut er mit den beiden Unfallpatienten umging, die vor Schmerzen stöhnten, hatte er sie rasch für sich eingenommen.

Während Dr. Reinhardt sich um die beiden jungen Männer kümmerte, die nur leichte, aber schmerzhafte Verletzungen davongetragen hatte, wandte Dr. Winter sich an eine junge, hochschwangere Frau, die leichenblaß war und deren Hände zitterten.

»Ich weiß nicht, wie das passieren konnte«, murmelte sie immer wieder. »Mir war doch so gut… den ganzen Morgen über hatte ich keine Beschwerden. Und dann das…«

»Was? Bitte sagen Sie mir, was mit Ihnen los war. Nur dann kann ich Ihnen wirkungsvoll helfen.« Adrian legte seine Hand auf ihren Arm. »Sie sind – im siebten Monat?«

Die Patientin nickte. »Ja.« Auf einmal standen Tränen in ihren Augen. »Das ist doch noch nicht sehr spät. Da kann man doch noch unbesorgt mit dem Auto fahren, oder?«

Der Arzt zögerte mit der Antwort. Noch wußte er nicht, was geschehen war. Und bevor er nichts Definitives wußte, wollte er sich mit jedweder Beurteilung zurückhalten.

Fragend wandte er sich an Schwester Moni, die zum Glück gerade ins Untersuchungszimmer kam. »Alles in Ordnung«, sagte sie und lächelte der jungen Frau zu. »Sie brauchen sich keine Gedanken mehr zu machen, Frau Martens. Ich habe gerade mit den beiden Polizisten gesprochen, die Ihren Unfall protokolliert haben. Sie waren sehr verständnisvoll – beides mehrfache Väter«, fügte sie lächelnd hinzu.

»Was ist denn überhaupt passiert? Kann mich mal jemand aufklären?« fragte Adrian.

»Sofort.« Moni ging zum Waschbecken und gab der Schwangeren ein Glas Wasser. Dann wandte sie sich wieder an ihren Chef. »Frau Martens ist hinter dem Lenkrad plötzlich übel geworden – sie hat die Kontrolle über den Wagen verloren und zwei Fußgänger angefahren. Die beiden haben aber, wie ich von Walli hörte, nur ein paar leichte Knochenbrüche. Irgendein Arzt versorgt sie.« Sie legte den Kopf ein bißchen schief. »Toller Typ, der Neue, hab’ ich gehört. Wenn einer so ins kalte Wasser springt…«

»Ein Routinier – und ein Könner.« Adrian wandte sich wieder der Patientin zu, die auf einmal aufstöhnte. »Mir ist so schlecht«, wimmerte sie und sprang auf.

Schwester Monika reagierte rasch. »Kommen Sie mit, gleich gegenüber ist das Bad.«

Es gelang ihr, die Patientin noch rechtzeitig in die Waschräume zu bringen. Dort half sie ihr, so gut sie es vermochte.

Frau Martens erbrach sich mehrfach heftig. Als sie später dem Arzt wieder gegenübersaß, fragte Adrian Winter ahnungsvoll: »Sagen Sie… was haben Sie in den letzten 24 Stunden gegessen?«

Hannah Martens überlegte. »Wir waren eingeladen«, sagte sie dann. »Es gab ein Buffet. Ich hab in erster Linie Fisch gegessen. In letzter Zeit hab’ ich keinen allzu großen Appetit mehr auf Fleisch. Und gestern gab’s sogar Austern.«

»Aha!« Dr. Winter nickte. »Hat jemand für die Frische der Delikatesse garantiert?« fragte er, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten.

Er untersuchte Frau Martens eingehend, und schon bald war seine Diagnose erhärtet: Die Patientin hatte sich eine Fischvergiftung zugezogen. Zum Glück war sie nicht allzu schwer, doch es stand fest, daß die Übelkeit Frau Martens noch eine Weile quälen würde.

»Wenn ich das geahnt hätte…« murmelte sie. »Nie hätte ich mich ans Steuer gesetzt.«

»Wir können alle froh sein, daß es nichts Ernsteres ist«, meinte Dr. Winter. »Zur Sicherheit lasse ich Sie aber noch von meinem Kollegen Halbersett untersuchen. Er ist ein sehr erfahrener Gynäkologe und wird Ihnen sagen können, ob das Baby alles wohlbehalten überstanden hat.«

»Und die beiden jungen Männer, die ich angefahren habe?«

Schwester Monika lächelte beruhigend. »Denen geht’s ganz gut. Die haben beide einen Gips – und werden sich ein paar Tage erholen können.«

»Ich würde mich gern bei ihnen entschuldigen«, sagte Hannah Martens.

Aber Dr. Winter schüttelte den Kopf. »Ich richte gern aus, daß es Ihnen sehr leid tut. Aber erst einmal bringt Schwester Monika Sie jetzt zur Gynäkologie hoch. Wir wollen nichts riskieren.«

Ein letzter Händedruck, ein aufmunterndes Lächeln – und der Arbeitstag hatte schon mit der ersten Aufregung begonnen.

Markus kam zu seinem Freund. »Na, hast du meinen Gips begutachtet?«

»Hätte ich’s müssen?«

Markus zuckte die Schultern. »Nein, ich denke, so ein leichter Kunststoffgips wird hier wie in den Staaten gleich angelegt. Ich hab’ mir jedenfalls Mühe gegeben, die Brüche exakt einzurichten, es wird, aller Wahrscheinlichkeit nach, nicht zu Komplikationen kommen.

Adrian Winter legte ihm die Hand auf die Schulter. »Dann komm mit, ich zeige dir den Weg zur Verwaltung. In dieser Hinsicht sind wir Deutschen unschlagbar – wichtiger als der beste Chirurg ist in einer Klinik immer noch der Verwaltungsdirektor.«

Doch sein Freund lachte nur. »Das ist drüben ganz genauso. Der Dollar muß rollen. Und die Mark auch.«

»Du sagst es. Aber ich werd’ mich nie dran gewöhnen!«

Draußen erklang Sirenengeheul, und im Büro klingelte das Telefon.

»Mach, daß du losgehst, sonst bist du gleich im nächsten Fall drin«, meinte Adrian. »Ich denke, für einen Tag schaffen wir’s auch ohne dich.«

*