Kurfürstenklinik 97 – Arztroman - Nina Kayser-Darius - E-Book

Kurfürstenklinik 97 – Arztroman E-Book

Nina Kayser-Darius

0,0

Beschreibung

Mit den spannenden Arztromanen um die "Kurfürstenklinik" präsentiert sich eine neue Serie der Extraklasse! Diese Romane sind erfrischend modern geschrieben, abwechslungsreich gehalten und dabei warmherzig und ergreifend erzählt. Die "Kurfürstenklinik" ist eine Arztromanserie, die das gewisse Etwas hat und medizinisch in jeder Hinsicht seriös recherchiert ist. Nina Kayser-Darius ist eine besonders erfolgreiche Schriftstellerin für das Genre Arztroman, das in der Klinik angesiedelt ist. 100 populäre Titel über die Kurfürstenklinik sprechen für sich, in denen zugleich die Entstehung einer romantischen Liebesgeschichte mit filigranem Geschick und großer Empathie gestaltet wird. Als versierte Kennerin medizinischer Sachverhalte berichtet Nina Kayser-Darius auf unterhaltsame Weise quasi aus dem Nähkästchen. "Happy birthday to you", sang die ganze Gesellschaft um Mitternacht, "happy birthday, liebe Steffie, happy birthday to you!" Lautes Lachen und Gläserklingen, dann rief jemand: "Hoch soll sie leben, hoch soll sie leben, dreimal hoch!" Alle jubelten und fingen erneut an zu singen, das Geburtstagskind strahlte und lachte. Nur Max von Staden stand abseits und beobachtete die Szene. Er hatte nicht mitgesungen, und er drängte sich jetzt auch nicht in dem Pulk von Leuten, die Stefanie Cornelis umringten, um ihr persönlich zu gratulieren und sie zu umarmen. Sie war fünfundzwanzig Jahre alt geworden – ein Vierteljahrhundert. Meine Güte, dachte er, wie jung sie noch ist! Unvermittelt glitt ihr Blick durch den Raum, als suche sie etwas oder jemanden. Er wandte sich nicht schnell genug ab, ihre Augen trafen sich, und er spürte, wie er sich verkrampfte. Ihr Lächeln verschwand, die glatte runde Stirn zog sich in Falten. Ihr Gesicht war eine einzige Frage, doch er hatte nicht die Absicht, ihr eine Antwort zu geben. Er lächelte ihr flüchtig zu, dann drehte er sich um und trat die Flucht nach draußen an. Es war kühl und regnerisch, zum Glück. Das Wetter entsprach seiner Stimmung, ungefähr so sah es auch in seinem Inneren aus. Er atmete in tiefen Zügen ein und aus, bis das merkwürdig flaue Gefühl in seinem Magen langsam verschwand. Er hätte nicht herkommen sollen, nicht an diesem Tag. In wenigen Stunden reiste sie ab – direkt von diesem Fest aus würden ihre Eltern sie zum Flughafen bringen. Stefanie flog nach New York. Viele Kilometer und ein Ozean würden zwischen ihnen liegen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 117

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Kurfürstenklinik – 97–

Wenn alle Hoffnung zerbricht

Stefanie steht vor den Scherben ihres jungen Glücks

Nina Kayser-Darius

»Happy birthday to you«, sang die ganze Gesellschaft um Mitternacht, »happy birthday, liebe Steffie, happy birthday to you!« Lautes Lachen und Gläserklingen, dann rief jemand: »Hoch soll sie leben, hoch soll sie leben, dreimal hoch!« Alle jubelten und fingen erneut an zu singen, das Geburtstagskind strahlte und lachte.

Nur Max von Staden stand abseits und beobachtete die Szene. Er hatte nicht mitgesungen, und er drängte sich jetzt auch nicht in dem Pulk von Leuten, die Stefanie Cornelis umringten, um ihr persönlich zu gratulieren und sie zu umarmen. Sie war fünfundzwanzig Jahre alt geworden – ein Vierteljahrhundert. Meine Güte, dachte er, wie jung sie noch ist!

Unvermittelt glitt ihr Blick durch den Raum, als suche sie etwas oder jemanden. Er wandte sich nicht schnell genug ab, ihre Augen trafen sich, und er spürte, wie er sich verkrampfte. Ihr Lächeln verschwand, die glatte runde Stirn zog sich in Falten. Ihr Gesicht war eine einzige Frage, doch er hatte nicht die Absicht, ihr eine Antwort zu geben. Er lächelte ihr flüchtig zu, dann drehte er sich um und trat die Flucht nach draußen an.

Es war kühl und regnerisch, zum Glück. Das Wetter entsprach seiner Stimmung, ungefähr so sah es auch in seinem Inneren aus. Er atmete in tiefen Zügen ein und aus, bis das merkwürdig flaue Gefühl in seinem Magen langsam verschwand. Er hätte nicht herkommen sollen, nicht an diesem Tag. In wenigen Stunden reiste sie ab – direkt von diesem Fest aus würden ihre Eltern sie zum Flughafen bringen. Stefanie flog nach New York. Viele Kilometer und ein Ozean würden zwischen ihnen liegen. Er würde sie vergessen.

»Was machst du hier draußen – ganz allein?« fragte sein Freund Wolf Thiele hinter ihm. »Sie ist gerade fünfundzwanzig geworden, und alle gratulieren ihr. Los, geh zu ihr, Max!«

Wolfs Stimme war schon ein wenig schwer, er hatte zuviel getrunken, wie fast alle hier. Sie feierten seit mehreren Stunden – nicht nur Stefanies Geburtstag, sondern es war ja zugleich auch eine Abschiedsparty. Stefanie flog in die USA, um sich dort ein Jahr lang mit dem amerikanischen Rechtssystem vertraut zu machen, bevor sie sich in Deutschland eine Stelle in einer guten Kanzlei suchte. Ihr Jurastudium hatte sie bereits abgeschlossen, mit erstklassigen Noten. Sie würde ihren Weg sicherlich machen, alle würden sich um sie reißen. Sie war nicht nur klug, sondern auch so schön, daß ihm jedes Mal das Herz weh tat, wenn er sie sah oder auch nur an sie dachte.

»Später«, murmelte er. Auch er war nicht mehr ganz nüchtern, obwohl er sich eigentlich vorgenommen hatte, überhaupt nichts zu trinken an diesem Abend, denn er wußte, daß dadurch alles nur schlimmer wurde. Aber er hatte sich an seinen Vorsatz nicht gehalten, was er längst bedauerte, denn es fiel ihm zunehmend schwerer, die Fassung zu bewahren. Am liebsten hätte er sich hier auf die Treppenstufen vor dem Haus gesetzt und geweint. Das hatte er nun davon – verdammter Alkohol!

»Nicht später!« protestierte Wolf. »Du mußt ihr jetzt gratulieren, das gehört sich so. Komm schon!«

Wahrscheinlich hatte er recht, genausogut konnte er es jetzt gleich hinter sich bringen. Er folgte dem Freund auf nicht ganz sicheren Beinen zurück ins Innere des Hauses, wo die Party weiterging: Eins der Zimmer war freigeräumt worden und diente als Tanzfläche. Dort bewegten sich etliche Leute zur lauten Musik, die aus einer großen Anlage schallte.

Stefanie war jetzt allein, fast sah sie ein wenig verloren aus, wie sie den Blick über ihre Gäste schweifen ließ, in Gedanken sichtlich ganz weit weg.

Wolf gab Max einen leichten Schubs, und so landete dieser unversehens direkt vor Stefanie. Sie drehte sich um und als sie ihn sah, begannen ihre Augen zu strahlen. »Max!« sagte sie leise.

Er streckte die Arme aus und zog sie an sich. Wieder tat er etwas, was er auf keinen Fall hatte tun wollen, aber er konnte nicht anders. Sie sah so jung und verletzlich aus, so zart – und so wunderschön! Ihre Augen waren sehr blau, die dunkelblonden Haare ringelten sich eigenwillig bis über die Schultern. Ihr Gesicht war nicht klassisch geschnitten, aber es bezog sich seinen ganz eigenen Reiz aus der pikanten vollen Oberlippe und der niedlichen Nase, aus den schönen großen Augen und aus dem lebhaften Mienenspiel ihres Gesichts.

Er spürte ihren Körper in seinen Armen, hörte ihr Herz wie wild klopfen und sog ihren Duft ein – diesen Duft einer jungen Frau von fünfundzwanzig Jahren, die er mehr liebte als sein Leben. Aber er war eben, im Vergleich zu ihr, auch schon fast ein alter Mann! Und deshalb würden sie beide niemals...

Er nahm sich krampfhaft zusammen. »Stefanie«, sagte er ihr leise ins Ohr, »ich hoffe, die Wünsche, die du für das kommende Jahr hast, werden sich erfüllen. Meinen allerherzlichsten Glückwunsch – und alles, alles Gute für das, was kommt.«

»Ach, Max!« sagte sie. Sie schlang beide Arme um seinen Hals und bog ihren Kopf ein wenig zurück, um ihm in die Augen blicken zu können.

Aber genau das wollte er nicht. Er durfte nicht! Behutsam löste er sich von ihr und trat einen Schritt zurück. Mit gewollt sachlicher Stimme fragte er: »Wann fliegst du?«

Sie zuckte bei seinem Tonfall zusammen, als habe sie einen Schlag erhalten. Erst nach einer Pause antwortete sie: »Um vier. In anderthalb Stunden bringen mich meine Eltern zum Flughafen.«

»Wir werden dich vermissen«, sagte er und sorgte dafür, daß nichts von dem, was er fühlte, seiner Stimme anzuhören war.

Der Glanz in ihren Augen war erloschen, sie nickte stumm. »Ja«, sagte sie. »Ich werde... ich werde euch auch vermissen.«

Er war dankbar dafür, daß eine ihrer Freundinnen kam, um sie mit sich auf die Tanzfläche zu ziehen. Unsicher und mit weichen Knien ging er zur Bar. Er brauchte dringend etwas zu trinken.

»Was ist eigentlich los mit dir?« fragte Wolf, der irgendwann neben ihm auftauchte, schon wieder ein neues Glas in der Hand. »Du schleichst hier durch die Räume, als sei das ein Begräbnis und kein Geburtstagsfest.«

»Es ist auch ein Abschiedsfest«, sagte Max mit brüchiger Stimme.

Wolf lachte. »Stefanie kommt doch wieder! Wart’s nur ab, die hält es kein Jahr da drüben aus, dafür ist sie viel zu gern in Berlin. Ich finde es sowieso eine Schnapsidee, daß sie in die USA geht. Wenn du mich fragst: Sie ist vor irgend etwas auf der Flucht. In Wirklichkeit will sie gar nicht weg.«

Max antwortete nicht. Er starrte in sein Glas, dann setzte er es an die Lippen und stürzte die Flüssigkeit mit einem Mal hinunter. Sie brannte in der Kehle und wärmte ihm augenblicklich den Magen. Wenig später füllte sich sein Kopf mit einer Wolke von Nebel, was er als überaus angenehm empfand. Das Unglück, der Schmerz, die bohrenden Gedanken – alles verschwand in dieser dichten Nebelwolke. Er mußte mehr trinken, dann würde es ihm bessergehen!

*

»Er ist stabil und muß sofort in den OP«, sagte Dr. Adrian Winter und richtete sich auf. »Die wissen Bescheid oben, sie warten schon auf ihn, Bernd.«

Sein Kollege Dr. Bernd Schäfer, Unfallchirurg wie er, nickte und schob gemeinsam mit einem Pfleger das Bett mit dem schwerverletzten Patienten zum Aufzug, um nach oben auf die OP-Station zu fahren.

Adrian dehnte und streckte sich, wobei er das Gesicht verzog. Sein Rücken schmerzte, was kein Wunder war: Es war Samstag nacht, die Nacht der Nächte. Ganz Berlin schien auf den Beinen zu sein und zu feiern. Und das hieß für die Ärzte der Notaufnahme: Im Laufe dieser Nacht würde es sehr viel mehr Unfälle unter Alkoholeinfluß als sonst während der Woche geben. Die ersten Opfer waren bereits eingeliefert worden, der Mann, der gerade zum Operieren gebracht wurde, war eins davon. Dabei war es gerade erst Mitternacht gewesen, das Schlimmste stand ihnen zweifellos noch bevor. Es war jedes Wochenende das Gleiche.

Dr. Adrian Winter leitete die Notaufnahme der Kurfürsten-Klinik in Berlin-Charlottenburg. Er war mit seinen sechsunddreißig Jahren der jüngste Chefarzt der Klinik – und zugleich einer der bekanntesten Ärzte des Landes. Er hatte ›seine‹ Notaufnahme zur größten im weiten Umkreis gemacht und war auch international durch zahlreiche Veröffentlichungen zur Notfallmedizin aufgefallen.

Seine Kollegin Dr. Julia Martensen verließ eine der Behandlungskabinen und kam auf ihn zu. Sie war Internistin, fünfzehn Jahre älter als Adrian und Bernd, und bildete zusammen mit ihnen den ›harten Kern‹ des Notaufnahmeteams. Sie ließ sich sehr oft für den Dienst auf Adrians Station einteilen, weil sie die Arbeit in der Notaufnahme zwar anstrengend fand, aber trotzdem liebte: Man konnte den Menschen ganz unmittelbar helfen, und das gefiel ihr.

»Du siehst müde aus«, stellte sie fest.

»Du auch«, erwiderte Adrian. »Kein Wunder, wenn man bedenkt, was wir hinter uns gebracht haben in den letzten Stunden. Und das Schlimmste kommt garantiert noch.«

»Kaffee?« fragte Julia.

Er nickte. »Ja, laß uns fünf Minuten in den Aufenthaltsraum gehen. Ich sehe schon Sternchen.«

»Dann wird’s höchste Zeit für eine kurze Pause.« Julia lief mit schnellen Schritten voran. Sie war eine schlanke, gutaussehende Brünette, die niemand für Ende Vierzig gehalten hätte. Sie selbst behauptete, nicht sonderlich viel für ihr Äußeres zu tun. »Aber ich habe Spaß am Leben«, sagte sie manchmal. »Und das ist das Geheimnis.«

Adrian folgte ihr langsamer. Als er den Aufenthaltsraum erreichte, hatte sie ihm bereits einen Becher mit Kaffee und Milch gefüllt – in genau der richtigen Mischung.

»Bitte sehr!«

»Danke!« Er trank zu gierig und verbrannte sich die Zunge. Hustend und schluckend stellte er den Becher ab. »Mann, ist das heiß!«

»Du bist doch sonst so geduldig«, neckte sie ihn.

Beim zweiten Mal war er vorsichtiger, und der Kaffee entfaltete seine Wirkung nun sehr schnell. Er spürte, wie die Müdigkeit veflog. »Besser!« sagte er. »Wenn wir jetzt noch ein Brötchen hätten, wäre es perfekt.«

Leises Lachen ertönte von der Tür her – es war Bernd, der von der OP-Station zurückgekehrt war. »Seit ich nicht mehr ständig für Nachschub sorge, habt ihr es schwerer, nicht?« Bernd hatte jahrelang an Gewicht zugelegt, bis er vor wenigen Wochen beschlossen hatte, endlich konsequent zu sein und abzunehmen. Julia unterstützte ihn dabei, und zum ersten Mal hielt Bernd wirklich durch.

Das lag aber wohl auch daran, daß er sich in eine reizende junge Frau verliebt hatte – Ina Curtius, eine Innenarchitektin. Sie liebte ihn, wie er war, machte ihm wegen seines Gewichts keinen Druck, und gerade das schien ihn noch mehr zu motivieren. Jedenfalls hatte er schon so viele Kilos verloren, daß es allmählich auch anderen auffiel. Besonders sein Gesicht war schmaler geworden, und er bewegte sich bereits ganz anders.

»Das stimmt«, gab Adrian zu. »Sonst hast du immer so viel eingekauft, daß wir bequem auch noch davon satt geworden sind. Aber die Zeiten sind ja nun wohl vorbei.«

»Und zwar endgültig, mein Lieber!« Bernd grinste vergnügt, als er sich einen Becher Kaffee nahm – ohne Milch und ohne seine früher so geliebten vier Stück Zucker. »Ihr braucht euch übrigens gar nicht so gemütlich hier niederzulassen, die nächsten Unfallopfer sind schon angekündigt worden, ich hab’s mitbekommen auf dem Weg hierher.«

»Nachtdienst am Wochenende ist nun einmal so«, stellte Adrian fest und strich eine seiner dunkelblonden Locken aus der Stirn. Er trank seinen Kaffee aus, stand auf, machte noch einige Dehn- und Streckübungen, an denen sich Julia und Bernd nicht beteiligten, und verließ dann mit ihnen gemeinsam den Aufenthaltsraum – keine Minute zu früh, denn die angekündigten Patienten wurden von mehreren Sanitätern gerade hereingebracht.

*

Stefanie sah sich suchend um, aber sie konnte Max nirgends entdecken. Er hatte sich nicht einmal von ihr verabschiedet! Die einzigen Worte, die er in dieser Nacht mit ihr gewechselt hatte, waren die zwei Sätze zur Begrüßung gewesen und sein merkwürdiger Glückwunsch...

»Steffie, steig ein!« drängte ihr Vater. »Wir müssen rechtzeitig am Flughafen sein!«

Sie nickte, winkte denjenigen ihrer Freunde, die sich zum Winken vor der Tür versammelt hatten, noch einmal zu, dann nahm sie auf der Rückbank neben ihrer besten Freundin Susanne Raven Platz. Auf dem Beifahrersitz vorn saß ihre Mutter. Es war ausgemacht, daß die Party auch ohne Stefanie weiterging, das hatte sie sich so gewünscht. Der Wagen setzte sich langsam in Bewegung. Rufe waren zu hören: »Mach’s gut, Steffi, melde dich bald, halt die Ohren steif!« Sie drehte sich um und winkte halbherzig. Dann warf sie einen letzten Blick auf das hell erleuchtete Haus, suchte noch einmal nach Max und sagte, als sie ihn nirgends entdecken konnte, enttäuscht: »Fahr zu, Papa!«

Etwa fünf Minuten lang schwiegen sie alle vier, dann sagte Stefanies Mutter Ella Cornelis vorsichtig: »Steffi, wenn du es dir anders überlegst, dann komm zurück, hörst du? Du mußt nicht das ganze Jahr durchhalten, nur weil du das jetzt so entschieden hast. Du kannst jederzeit abbrechen.«

»Ja, ich weiß, Mama. Aber warum sollte ich das tun? Es war mein Wunsch, ein Jahr in die USA zu gehen.«

Ihre Mutter seufzte leise und schwieg. Susanne griff nach Stefanies Hand und drückte sie. Stefanie wußte, was das heißen sollte: ›Richtig so! Halte durch!‹

Susanne fand es richtig, daß sie in die USA ging. »Auch wenn es eine Flucht ist, es ist deine einzige Möglichkeit, sonst kommst du von dem Mann nie los, Steffie! Du mußt ihn vergessen, sonst wirst du dein Leben lang unglücklich sein.«

Ja, sie mußte Max von Staden vergessen, der heutige Abend war der endgültige Beweis gewesen. Er hätte nur mit dem kleinen Finger winken müssen, dann wäre sie in Deutschland geblieben, denn eigentlich zog sie nichts in die USA. Es war tatsächlich eine Flucht – die Flucht vor ihren Gefühlen. Aber nun war es entschieden. Sie würde fliegen, und sie würde ihn vergessen. Einen Mann, der sich noch nicht einmal verabschiedete, wenn man für ein Jahr in ein fremdes Land ging, konnte man vergessen!

*