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Nach einem erfolgreichen Charity-Event für seine neue Stiftung machen sich Jason und Kyle Montgomery auf den Nachhauseweg von Carmel by the Sea zu ihrem Ferienhaus in Big Sur. Als sie dort tief in der Nacht ankommen, scheint der Mond durch die großen Panoramafenster ihres Domizils. Sie nehmen sich die Zeit, den wundervollen Blick hinunter aufs Meer einen Moment zu genießen, bevor Jason mit ihrem Hund Jamie noch einmal vor die Terrassentür geht. Als sich Kyle währenddessen um einen Drink vor dem Schlafengehen kümmern will, ahnt keiner der beiden, dass gleich das Chaos losbrechen wird.
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Seitenzahl: 548
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Andy D. Thomas
© dead soft verlag, Mettingen 2025
http://www.deadsoft.de
Für Fragen zur Produktsicherheit:
dead soft verlag
Querenbergstr. 26
D-49497 Mettingen
© the author
Cover: Irene Repp
http://www.daylinart.webnode.com
Bildrechte: © Jeff Palmer
1. Auflage
ISBN 978-3-96089-829-0
Nach einem erfolgreichen Charity-Event für seine neue Stiftung machen sich Jason und Kyle Montgomery auf den Nachhauseweg von Carmel by the Sea zu ihrem Ferienhaus in Big Sur. Als sie dort tief in der Nacht ankommen, scheint der Mond durch die großen Panoramafenster ihres Domizils. Sie nehmen sich die Zeit, den wundervollen Blick hinunter aufs Meer einen Moment zu genießen, bevor Jason mit ihrem Hund Jamie noch einmal vor die Terrassentür geht.
Mein herzlicher Dank für ihr wertvolles Feedback an Ines und Andreas!
My love to J.H.
Carmel by the Sea, California, USA
Der Valet stieg aus dem Aston Martin und hielt Jason Montgomery die Fahrertür auf.
„Gentlemen, beehren Sie uns bitte bald wieder“, sagte der Direktor des Luxushotels, Mr. Mortens, und verabschiedete sie persönlich trotz der späten Stunde mit einem herzlichen Händedruck.
„Das werden wir. Danke für Ihre Gastfreundschaft“, sagte Jason lächelnd.
„Jederzeit gerne wieder! Das Event war ein voller Erfolg.“
„Das war es in der Tat!“ Jason nickte ihm freundlich zu und sah dann seinen Mann Kyle fragend an.
„Wer fährt?“
„Du“, erwiderte der sofort.
Sie stiegen ein und rollten die Auffahrt des Hotels in Carmel by the Sea hinab.
Gerade war dort ein äußerst erfolgreiches Charity-Event für seine Stiftung zu Ende gegangen und nun freuten sie sich auf ihr eigenes Bett.
Kyle lockerte mit einem erleichterten Seufzen seine weinrote Krawatte, danach waren seine obersten Hemdknöpfe dran.
„Aaah! So is’ es besser“, brummte er.
Jason lächelte. „Ich liebe es, dich in diesem Anzug zu sehen. Es weckt immer wieder süße Erinnerungen.“ Kyle hatte ihm damals in Orlando in genau diesem einen äußerst beeindruckenden Heiratsantrag gemacht. Der Rest war Geschichte.
Kyle grinste. „Freut mich, aber trotzdem muss das Ding jetzt runter.“ Er zog die Krawatte ganz aus, legte sie zusammen und steckte sie ein.
„Ich bin ehrlich gesagt auch froh, wenn wir zu Hause sind“, stimmte Jason ihm zu und unterdrückte ein Gähnen. Dann lockerte auch er etwas seine Krawatte.
„Zumindest unser zweites Zuhause“, erwiderte Kyle und meinte damit ihr Ferienhaus an der Küste von Big Sur, denn eigentlich wohnten die beiden in San Francisco. „Jamie wird schon sehnsüchtig warten …“ Kyle zog sein Handy aus der Tasche und öffnete eine App. „Wow, also … wenn das mal nicht erfolgreich war, weiß ich auch nicht.“ Kyle zeigte ihm das Display, auf dem ein achtstelliger Betrag prangte und immer noch stieg die Spendensumme an.
Jason pfiff leise durch die Zähne. „Wunderbar.“
„Wenn Jessies Vernissage hier in Carmel am nächsten Wochenende genauso erfolgreich wird, dann wird das eine klasse Woche.“
Ihr Freund Jessie war leidenschaftlicher Schwarz-Weiß-Aktfotograf und seine Bilder inzwischen in Insiderkreisen hochbegehrt.
„Das wird sie bestimmt. Aber wunder dich nicht, denn Dave und Jessie haben sich der Einfachheit halber ein Zimmer im Hotel reserviert. Aber Feiern tun wir natürlich bei uns. Und da seine Ausstellungen alle super laufen, wird es auch sicher etwas zu feiern geben.“
Kyle grinste. „Stimmt. Is’ ja nur ’ne halbe Stunde Fahrt bis zu uns. Sie können dann spontan entscheiden, wo sie schlafen wollen. Ein Ausweichzimmer im Ort zu haben, ist sicher nicht verkehrt.“
„Seh ich auch so. Vor allem weil Jessie dann bestimmt etwas beruhigter ist. Er ist ja immer noch gleich nervös, egal wie viele Vernissagen er schon gemacht hat.“
„Der und sein Lampenfieber“, witzelte Kyle und sah aus dem Fenster.
Jason war auf dem Highway Nr. 1 angekommen und griff nach Kyles Hand, die auf seinem Oberschenkel ruhte. Er lächelte, als Kyle sofort seine Hand drehte und sich ihre Finger verschränkten. Jason liebte es, die tiefe Verbundenheit zwischen ihnen auch in einer so kleinen Geste zu spüren.
„Ich bin ehrlich gesagt todmüde. Nach was is’ es dir noch?“, fragte er.
Kyle gähnte herzhaft und seufzte. „Nach nix mehr. Jamie rauslassen und dann ins Bett? In deinem Arm einschlafen. Morgen is’ auch noch ein Tag.“
„Klingt gut. Mal sehen, wie er drauf ist.“
„Das, was heute Morgen passiert ist, hätt’ ich echt nicht gebraucht“, brummte Kyle.
Auch da konnte ihm Jason nur zustimmen, denn Jamie war bei ihrem kleinen Morgenspaziergang auf ihrem Grundstück irgendwo in eine Scherbe getreten und hatte sich den Fußballen aufgeschnitten. Es hatte heftig geblutet und sie waren eilig zu einem Tierarzt gefahren, um die Sache versorgen zu lassen.
„Es wurmt mich sehr, dass Jamie schon wieder Pech hatte.“ Jason seufzte. „Als hätte er nicht schon genug durchgemacht.“
„Was’n Scheiß, ja“, murmelte Kyle und fuhr sich durch die Haare. „Vor ’nem halben Jahr erst die gebrochene Pfote und jetzt das.“
„Wie allerdings Scherben auf unser Grundstück kommen, ist mir immer noch ein Rätsel.“
Kyle seufzte. „Du weißt doch, wie die Leute sind. Kein Respekt vor Privatgrundstücken und einen Zaun gibt es nicht. Wir sollten morgen nochmal alles absuchen. Vielleicht liegt da noch mehr rum.“
„Gute Idee. Trotzdem ist es seltsam, denn rund um unser Haus, gibt es nichts für irgendwelche Touristen. Wir sind ziemlich ab vom Schuss.“
„Du weißt ja nicht, seit wann die da schon liegen. Wir waren zwei Monate nicht hier“, gab Kyle zu bedenken.
„Stimmt auch wieder. Es ärgert mich trotzdem, dass offenbar jemand die Betreten verboten – Privatgrundstück Schilder einfach so ignoriert hat.“
„Und mich erst“, brummte Kyle.
Jason drückte beruhigend Kyles Hand.
Sie schwiegen eine Weile.
Da es bereits weit nach Mitternacht war, waren sie so ziemlich die Einzigen, die noch unterwegs waren.
Jason war erleichtert, als sie sich endlich ihrem Zuhause näherten, ging vom Gas und bog schließlich in die private Abfahrt, die zu ihrem Ferienhaus in Big Sur führte. Dort angekommen, öffnete Kyle die Garage per Knopfdruck und Jason parkte neben ihrem SUV.
Sie stiegen aus, verschlossen die Garage wieder und betraten dann ihr Reich.
Der Mond schien durch die großen Panoramafenster, die sich über die ganze Vorderfront des Hauses erstreckten, und tauchte die offenen Räume in silbernes Licht.
„Immer wieder traumhaft schön“, schwärmte Kyle.
„Soll ich das Licht auslassen?“
„Mhmm.“
Jason hängte sein Jackett an die Garderobe und nahm auch Kyles entgegen, das er ihm hinhielt. Beide streiften die Schuhe ab.
Anschließend trat er dicht hinter Kyle, der an einem der Panoramafenster stehen geblieben war und hinunter aufs Meer blickte. Er küsste ihn sanft auf den Nacken.
„Ich liebe dich, Süßer. Du warst heute unglaublich professionell an meiner Seite. So, als hättest du noch nie etwas anderes getan, als mich zu solchen Events zu begleiten. Das hat mir total viel bedeutet. Danke.“
„Gerne. Ich werd immer besser, was?“ Kyle kicherte leise. „War ja auch schon die dritte Gala seit der Gründung deiner Stiftung.“
Für einen kurzen Moment schossen Jasons Gedanken zum Auslöser, warum er überhaupt eine Stiftung gegründet hatte. Nämlich seinem Herzstillstand aufgrund einer bis zu dem Zeitpunkt unerkannten, genetisch bedingten Hypercholesterinämie.
Damit diese Krankheit besser bekannt wurde, und auch damit sich weniger Betuchte die eventuell notwendigen teureren Medikamente leisten konnten, hatte er letztendlich eine Stiftung gegründet.
Kyle riss ihn aus seinen Gedanken, als er flapsig und grinsend sagte: „Aber jetzt darf ich wieder ich sein, ja?“
„Unbedingt.“ Jason küsste ihn aufs Ohr und löste seine Umarmung. „Komm, sehen wir nach Jamie.“
Sie durchquerten die offenen, in edlem Holz gehaltenen Räume und standen wenig später vor ihrer Schlafzimmertür.
Als sie eintraten, sahen sie Jamie auf seinem bequemen Hundebett liegen. Er hob nur leicht den Kopf und sah sie fragend an.
„Hey, Kumpel“, begrüßte ihn Kyle und ging vor ihm in die Hocke. „Du bist ganz schön beleidigt, was? Kann ich verstehen. Aber da, wo wir grad waren, hätte es dir garantiert nicht gefallen. Glaub mir.“
Jamie klopfte verhalten mit dem Schwanz auf den Boden.
Jason löste seine Krawatte und legte sie über eine Sessellehne. Nachdem er noch seine Socken ausgezogen hatte, öffnete er die Tür nach draußen. „Komm, Jamie, wir gehen kurz raus.“
Der Hund stand auf und trottete nach ihm ins Freie. Obwohl seine linke Hinterpfote fest bandagiert war, schien er diese Tatsache einfach zu ignorieren.
„Was hältst du von ’nem Absacker?“, hörte er Kyle von der Terrassentür fragen, während er Jamie beobachtete, wie er sich an einer nahen Pinie erleichterte. „Ich durfte ja offiziell noch nicht mal ein Bier trinken!“
„Gute Idee. Irgendwann ist auch das Geschichte, wenn du einundzwanzig wirst. Hier darfst du wie immer alles. Whiskey?“
„Alles klar. Ich hol uns zwei Gläser und ein Wasser für die Nacht.“
„Jamie is’ eh gleich fertig.“
Er sah, wie Kyle von der Tür wegtrat, und suchte dann wieder Jamie, der sich für sein anderes Geschäft nun doch noch in sein Hundeklo verzogen hatte.
Was für ein wohlerzogener Kerl du doch bist, dachte Jason und lobte sich selbst, dass sie die Idee mit dem Hundeklo auch hier in Big Sur umgesetzt hatten. Immerhin kannte der Hund das von ihrem eigentlichen Zuhause in San Francisco, wo Jamie einen eigenen, viel größeren Bereich für solche Angelegenheiten hatte.
„Jamie, hier!“, befahl er schließlich, während er zur Terrassentür ging. Kurz darauf betrat er wieder das Schlafzimmer, während Jamie ihm gehorsam ins Haus folgte.
Jason bemerkte, dass Kyle im Küchenbereich noch kein Licht angemacht hatte.
Babe, wie zum Henker willst du da sehen, wie viel Whiskey du eingießt?
Er ging zur Schlafzimmertür und hörte plötzlich ein dumpfes Poltern und dann geflüsterte, hektische Stimmen.
Ihm schnürte es augenblicklich die Kehle zu, als ihm klar wurde, dass sie nicht alleine waren. Seine Nackenhaare sträubten sich.
Wieder ein Keuchen.
Das Licht war noch aus. Vielleicht ist das meine einzige Chance …
Zumindest konnte er erkennen, wie zwei dunkelgekleidete Gestalten mit Kyle rangen, der gerade zu Boden ging.
Es machte ihm eine Heidenangst, dass Kyle dabei keinen Laut von sich gab.
Seit seiner Rückkehr ins Haus waren höchsten Sekunden vergangen. Und schon schoss Jamie mit einem bösartigen Knurren an ihm vorbei.
Ihm gefror das Blut in den Adern.
„Fuck! Ich dachte, der wäre außer Gefecht? Knall den verdammten Köter ab! Und dann nichts wie raus hier!“, hörte er den einen Mann hektisch in normaler Lautstärke befehlen, während er versuchte, Jamie abzuwehren. Dabei drehten sich die beiden im Kreis. Gleich würde dieser Angreifer Jason den Rücken zudrehen.
Jason spurtete los und trat dem einen Eindringling mit einem gezielten Karatekick und mit voller Wucht in den Rücken. Es knackte, der Mann taumelte und noch bevor er, ohne einen Laut von sich zu geben, zu Boden ging, verpasste ihm Jason noch einen Handkantenschlag an den Hals.
„Fass, Jamie!“
Aber der Hund hatte sich schon von selbst dem zweiten Mann zugewandt.
„AAAH!“
Plötzlich knallte es zweimal ohrenbetäubend!
Schüsse!
Jason flehte zu Gott, dass sie ihr Ziel verfehlt hatten.
Dann war er dicht genug und schlug erneut zu. Kurz darauf brach auch der zweite Mann zusammen.
Jason keuchte und war mit einem Satz an der Wand, wo er den Lichtschalter betätigte.
Er fuhr herum, als draußen ein Motor aufheulte und er Kies gegen die Hauswand spritzen hörte, als ein Wagen mit überhöhter Geschwindigkeit davonraste. So wie sich das Geräusch anhörte, stand die Haustür wohl offen.
Haben wir die nicht richtig geschlossen?
Jason riss sein Handy aus der Hosentasche und wählte den Notruf, gleichzeitig fiel er neben Kyle auf die Knie und riss einen schwarzen Sack von seinem Kopf.
Er erstarrte, denn Kyles Gesicht war blutüberströmt. Auch sein blütenweißes Hemd färbte sich bereits rot.
„Kyle!“, brüllte er, während am anderen Ende bereits abgenommen wurde.
„911. Was ist Ihr Notfall?“
„Hier gab es einen Überfall!“, sagte er gepresst, gab seinen Namen und die Adresse durch. „Und ich brauche einen Krankenwagen! Mein Mann ist verletzt. Er ist bewusstlos!“
Jason lauschte und versuchte, weitere Fragen so sachlich es ging zu beantworten, während er bei Kyle nach einem Puls suchte. Er fand ihn, aber er war schwach. Gleichzeitig versuchte er, die beiden dunklen Gestalten am Boden im Auge zu behalten.
„Bitte beeilen Sie sich!“
„Sir, Können Sie sich und ihren Mann in Sicherheit bringen, bis die Kollegen da sind?“, fragte die kompetente männliche Stimme am anderen Ende. „Ich bleibe am Apparat, bis die Kollegen da sind.“
„Die zwei sind k.o. … Ich habe meinen Hund hier, der mit mir aufpasst … Wenn sie sich rühren, komm ich damit klar … Ich bin Karatemeister. Ich hab beide ausgeschaltet.“
„Sehr gut! Trotzdem wäre es besser, Sie würden sich in Sicherheit bringen.“
„Hören Sie, mein Mann blutet enorm!“, stieß Jason hervor.
„Wo blutet er?“
„Am Kopf!“
„Können Sie rausfinden, wo das Blut herkommt?“
Jason rappelte sich auf und holte ein Handtuch aus der Küche. Kurz darauf versuchte er, das Blut aus Kyles Gesicht zu wischen.
„Sieht wie eine Platzwunde aus“, gab Jason wenig später durch.
„Wo genau.“
„Irgendwo oben am Kopf.“
„Drücken Sie drauf, damit Sie die Blutung in Schach halten. Die Kollegen sind in ein paar Minuten da!“
Jason tat sein Bestes. Sein Blick glitt zu Jamie. Der Hund stand zwischen den beiden bewusstlosen Angreifern, also war er nicht getroffen worden. Er schickte ein Dankgebet gen Himmel und sah wieder zu Kyle. Er rüttelte an seiner Schulter.
„Hey, Babe, wach auf!“, flehte er. „Sein Puls ist immer noch schwach!“
„Halten Sie durch!“
Während er wartete, beantwortete Jason weitere Fragen der Notrufzentrale. Schließlich sah er auf, als er endlich in der Ferne Sirenen vernahm.
Kurz darauf hörte er Autos in der Auffahrt bremsen. Die Sirenen wurden ausgeschaltet.
„Die Kollegen sind da. Ich lege jetzt auf“, sagte die Stimme am anderen Ende. „Sie haben das gut gemacht!“
„Danke“, krächzte Jason und legte das Telefon auf den Boden.
„Polizei!“, kam der Ruf von draußen. „Mr. Montgomery?“
„Ich bin hier! Mein Mann ist verletzt!“, rief Jason zurück.
Jamie knurrte.
„Jamie, aus! Alles gut. Platz!“
Jamie gehorchte und hechelte.
„Sir, sind Sie sicher, dass sonst niemand mehr im Haus ist?“, rief ihm der Cop durch die offene Haustür zu.
Jason überlegte. Fuck, keine Ahnung!
„Nicht sicher“, presste er hervor. „Zwei sind hier.“
„Sir, bitte kommen Sie zur Tür. Nehmen Sie Ihren Hund mit. Wir müssen erst das Haus sichern, bevor ich die Sanitäter reinschicken kann. Wie viele Stockwerke?“
„Zwei. Aber mein Mann …“
„Wir kümmern uns sofort. Kommen Sie zur Tür! Beeilen Sie sich!“
„Wenn ich den Druck von der Wunde nehme, blutet es weiter! Ich bleibe hier, bis jemand übernehmen kann!“, erwiderte Jason stur.
Er hörte den Cop fluchen.
„Ich schicke Ihnen einen Kollegen rein. Er kann übernehmen. Halten Sie Ihren Hund fest!“
Jason griff in Jamies Geschirr und versuchte gleichzeitig, den Druck auf Kyles Kopf aufrechtzuerhalten. Er hatte ihn in eine halb sitzende Position gebracht und sein Kopf ruhte an seiner Brust.
„In Ordnung.“
Im nächsten Moment betrat ein Police Officer mit gezückter Waffe das Haus, sicherte den Gang und dann den großen Wohnraum. Er rief seinen Kollegen einige Codes zu, die Jason nicht verstand, und verpasste den bewusstlosen Männern Handschellen.
„Wohnraum gesichert“, meldete er und steckte seine Waffe weg. Dann eilte er zur Tür und kam mit einem Paar Latexhandschuhe zurück, die er überstreifte.
„Sir, ich kann jetzt übernehmen. Gehen Sie jetzt!“ Der Cop kniete sich neben Jason und nahm ihm das blutgetränkte Küchenhandtuch aus der Hand.
Jason schluckte und starrte noch einmal auf Kyles Gesicht. Schweren Herzens stand er auf, nahm Jamie am Geschirr und stolperte zur Tür.
„Warten Sie! Können Sie ihren Hund anleinen?“
Jason stoppte und nahm eine der Leinen, die an der Garderobe hingen.
Der Cop zog ihn am Arm nach draußen und sofort betraten mehrere Beamte mit gezückten Waffen das Haus.
„Atmen Sie durch, Sir. Sie sind in Sicherheit“, versuchte ihn der Cop neben ihm zu beruhigen.
Jasons Ohren waren immer noch von den Schüssen belegt. Jetzt, da das Adrenalin nachließ, bemerkte er es umso mehr. Nun begann er auch zu zittern.
„Sorry, meine Ohren sind noch taub von den Schüssen …“
„Haben Sie geschossen?“
„Nein!“
„Einen Moment …“ Der Cop ging zur Haustür und brüllte einige Codes.
„Bitte kümmern Sie sich um meinen Mann!“, stieß Jason heiser hervor, als er sich wieder ihm zuwandte.
Gleichzeitig wurden die Sanitäter endlich ins Haus gelassen.
Der Cop sah am Haus entlang, das inzwischen hell erleuchtet war. „Kommen Sie, Sie müssen sich erstmal setzen.“ Er zeigte zur Südterrasse.
Jason zögerte und starrte zur offenen Haustür, doch dann gab er auf. Jetzt lag es nicht mehr in seiner Hand.
Wenig später saß er auf einem seiner Terrassenstühle und wollte das Gesicht in den Händen vergraben. Im letzten Moment bemerkte er, dass sie blutverschmiert waren. Er stöhnte leise und ließ es sein.
„Sind Sie verletzt, Sir?“
Jason schüttelte den Kopf. „Das ist von meinem Mann.“
„Jean, besorg ihm ein Glas Wasser!“
Jason war froh, noch einen Moment zu haben, um sich zu sammeln.
Wenig später kam einer der Cops mit einem vollen Glas Wasser zurück.
Jason wollte danach greifen, zögerte dann aber. „Kann ich erst meine Hände waschen?“
Der Cop schüttelte den Kopf. „Wir müssen auf die Spurensicherung warten und einen Schmauchspurentest bei Ihnen machen. Reine Routine.“
Jason schnaubte. „Bin ich jetzt auch noch verdächtig?“, fragte er verbittert. „Ich war in unmittelbarer Nähe, als geschossen wurde. Es war dunkel. Keine Ahnung, wo die eingeschlagen sind. Vermutlich werden Sie also eh welche an mir finden.“
„Bitte beruhigen Sie sich. Trinken Sie erstmal einen Schluck.“
Jason nahm endlich das Glas mit seinen blutverschmierten Händen und leerte es zur Hälfte.
„Sie und Ihr Mann sind hier augenscheinlich die Opfer, Sir. Können wir reden?“ Der Cop, der bei ihm geblieben war, zog sich einen anderen Stuhl heran. „Ich bin Detective Frazier. Das is’ mein Kollege Duval.“ Er zeigte auf den anderen, der ihm das Wasser gebracht hatte.
„Ihr Mann wird versorgt. Aber er ist immer noch bewusstlos. Bitte erzählen Sie uns nochmal, was sich hier zugetragen hat.“
Jason starrte auf seine zitternden Hände mit dem Wasserglas. „Wir … waren auf einer Fundraising Gala in Carmel für meine Stiftung … ich denke, es war so gegen halb eins, als wir heimkamen. Wir wollten gleich schlafen gehen.“ Er schluckte. „Dann bin ich mit unserem Hund nochmal raus. Mein Mann ist noch kurz in die Küche … um was zu trinken zu holen.“ Er stockte wieder. „Plötzlich hab ich unterdrückte Stimmen und Gepolter gehört. Das Licht war aus, aber ich konnte sie wegen des Mondlichts trotzdem gut sehen.“
„War die Alarmanlage aus oder an?“
„Aus. Wir mussten ja noch mit dem Hund raus.“
„Und dann?“
„Der Hund hat als Erster reagiert, ist losgespurtet und hat sie gestellt.“ Jason schüttelte den Kopf. „Da bin ich endlich aus meiner Schockstarre gekommen. Jemand rief, knall den verdammten Köter ab.“
„Wurde sonst noch was gesagt?“
Jason versuchte, sich zu erinnern. „Ja … Moment …“ Er kniff die Augen zusammen.
Etwas, das ihn stutzig gemacht hatte.
Was zum Henker war es?
Dann fiel es ihm wieder ein.
„Ich dachte, der wäre außer Gefecht? Knall den verdammten Köter ab!, hat der eine gerufen. Jamie hat sich heute Morgen verletzt. Er hat sich an einer Scherbe die Pfote aufgeschnitten. Wir waren deshalb bei einem Nottermin beim Tierarzt.“ Jason sah auf. „Wir konnten uns nicht erklären, wie die Scherben auf unser Grundstück kamen … Vielleicht waren das auch die?“
„Wir werden das untersuchen. Haben Sie die Scherbe noch?“
„Liegt im Mülleimer in der Küche. In eine Papierserviette gewickelt. Wir wollten morgen nachsehen, ob es noch mehr davon gibt.“
„Wir kümmern uns darum. Die Spurensicherung muss da ran“, versprach Frazier. „Es dauert nur noch ein wenig, bis die hier sind. Die kommen aus Carmel. Sorry, Sie wohnen ziemlich ab vom Schuss.“
„Deshalb schätzen wir unser Anwesen ja so“, murmelte Jason resigniert.
„Erzählen Sie weiter! Alles, an das Sie sich erinnern können. Der Kampf und was danach geschah.“
Jason schluckte und sprach stockend weiter.
Währenddessen traf endlich auch die Spurensicherung ein und begann mit ihrer Arbeit.
Irgendwann – Jason hatte kein Zeitgefühl mehr – kam ein weiterer Cop um die Ecke und nickte Frazier zu.
„Einen Moment“, sagte Frazier zu ihm, stand auf und trat zu dem Neuankömmling.
Jason konnte nicht hören, was sie sprachen, dazu waren seine Ohren immer noch nicht in der Lage.
„Was ist mit meinem Mann? Kann ich zu ihm?“, fragte er besorgt.
„Er ist immer noch bewusstlos. Leider haben wir das hier in der Jackentasche des einen Angreifers gefunden …“ Der dritte Cop, dessen Namen er nicht kannte, zeigte ihm einen Asservatenbeutel mit einer leeren Spritze.
Jason starrte darauf und schluckte. „Was zum Henker wollen Sie mir damit sagen?“
„Ihr Mann hatte diesen Sack über dem Kopf, der neben ihm lag, nicht wahr?“ Frazier war wieder neben ihn getreten.
Jason nickte.
„Ich will Sie nicht noch mehr beunruhigen, Sir. Aber so wie das Ganze hier aussieht, scheint es sich nicht einfach nur um einen simplen Einbruch zu handeln, sondern eher um eine missglückte Entführung. Dazu passt auch Ihre Schilderung eines Fluchtwagens.“
„Was?“ Jason spürte, wie eine Eiseskälte in ihm hochkroch.
„Finley, kommst du mal?“, rief einer der Kollegen, und Frazier entschuldigte sich erneut.
Jason wollte aufstehen, doch Duval bat ihn, sitzen zu bleiben.
Kurz darauf war der Detective wieder bei ihm und sein Gesicht war ernst. „Sir, wir müssen Ihren Mann ins Krankenhaus nach Carmel bringen. Die Sanitäter haben nun auch einen Einstich bei ihm gefunden. Da wir nicht wissen, was gespritzt wurde, könnte er in Lebensgefahr geraten. Es war vermutlich ein sehr starkes Beruhigungsmittel. Das könnte den gefährlich niedrigen Blutdruck erklären.“
Jasons Mund wurde trocken. „Ins Krankenhaus?“ Er sah Frazier entsetzt an. „Was, wenn Kyle von dort entführt wird?“
„Sir, keine Sorge. Ihr Mann bekommt selbstverständlich Polizeischutz. Wir werden nicht riskieren, dass diese Entführung doch noch stattfindet“, mischte sich Frazier sofort ein.
„Das hier haben sie auch gefunden …“ Duval gab einen weiteren Asservatenbeutel an Frazier.
„Wo?“
„Ragte aus dem Briefkasten neben der Tür.“
Jason sah, dass es sich um ein Stück Papier handelte.
Frazier schnaubte, sah ihn dann kurz an und wieder auf die Notiz. „Wenn’s blöd läuft, schaltet sich jetzt auch noch das FBI ein …“, murmelte er, wohl mehr zu sich selbst. „Das is’ ’ne Nummer zu groß für uns …“ Er drehte den Zettel um und Jason las die Worte in großer fetter Computerschrift.
20 Millionen und keine Polizei, oder du siehst deine Schwuchtel nie wieder. Lass dein Handy an.
„Bei so einer Nachricht gehe ich jetzt mal davon aus, dass Sie in der Lage gewesen wären, das aufzubringen?“, wollte Frazier wissen.
Jason schnaubte verächtlich. „Durchaus.“ Der Kerl hat offenbar keine Ahnung, wer ich bin …Genau weil uns hier niemand kennt, lieben wir diese Gegend!
„Sir, Sie müssen hier weg! Und zwar schnell. Und Ihr Telefon brauche ich auch.“
Jason seufzte und nickte. „Ich habe noch ein Ersatztelefon im Auto. Kann ich das mitnehmen?“
„Andere Nummer?“
„Ja.“
„Sie sind auch noch immer barfuß. Sie brauchen erstmal Schuhe …“
„Wenn wir außen herum gehen, komme ich auch so in unser Schlafzimmer. Kann ich ein paar Sachen für uns einpacken?“
„Selbstverständlich. Ich begleite Sie.“
„Darf ich kurz duschen? Ich muss aus den Klamotten raus!“
„Jean, hol einen CSI, der Mr. Montgomerys Spuren sichert, und bitte auch eine Tüte für seine Kleidung.“
„Wird erledigt.“
„Danach können Sie kurz duschen, bevor ich Sie hier wegbringe. Die Sanitäter sind mit Ihrem Mann bereits auf dem Weg nach Carmel. Ein Polizeiwagen begleitet sie.“
Jason stellte das leere Glas auf einen Beistelltisch und stand auf. Wieder unterdrückte er den Drang, sich entnervt durch die Haare zu fahren.
„Ich werde Sie begleiten. Wir können nicht ausschließen, dass sich noch weitere Personen auf dem Grundstück befinden.“
Jason nickte ergeben, und als der Beamte der Spurensicherung zu ihnen stieß, ging er über die Terrasse zu seinem Schlafzimmer.
„Einen Moment“, sagte Frazier. „War die Terrassentür vorher schon offen?“, wollte er wissen.
„Ja, ich war ja mit dem Hund draußen. Ich hatte sie noch nicht wieder geschlossen.“
„Ich prüf das besser nochmal.“ Er zog seine Waffe, tastete nach dem Lichtschalter und betrat als Erster den erleuchteten Raum. Als er das Zimmer und das angrenzende Bad gesichert hatte, gab er grünes Licht.
„Jamie, Platz!“, sagte Jason und der Hund verzog sich in sein Hundebett. Jason ließ die Leine fallen. „Er wird dort bleiben, keine Sorge.“
Frazier nickte.
Während sich der CSI um die besagten Spuren an seinen Händen kümmerte und dabei auch Fotos schoss, sah Jason aus den Augenwinkeln, wie Frazier ein gerahmtes Foto von Jamie an der Wand studierte, unter dem auch noch etwas geschrieben stand.
„Das ist ein ehemaliger Polizeihund?“, fragte er schließlich.
„Ja. Und das ist schon das zweite Mal, dass er mir den Arsch gerettet hat“, murmelte Jason und verzichtete auf eine angemessenere Ausdrucksweise.
„Also auch noch ein Angriff auf einen Police Officer. Einmal Officer, immer Officer“, murmelte Frazier.
„Mhmm.“
„Ziehen Sie sich bitte aus und legen Sie Ihre Kleidung in diese Tüte“, bat ihn der CSI und stellte eine große braune Papiertüte vor ihn auf den Boden.
„Hier?“, fragte Jason mit hochgezogener Augenbraue.
„Ja, bitte …“, erwiderte Frazier.
Jason knirschte mit den Zähnen und zog sich bis auf die Unterwäsche aus. Sogar sein Unterhemd war voll Blut. Er konnte Fraziers Blick auf seinen kunstvollen Tattoos spüren, doch es war ihm herzlich egal. Im Anzug war davon nie etwas zu sehen.
„Sie sind ziemlich durchtrainiert“, bemerkte Frazier.
„Ich bin Kampfsporttrainer“, murmelte Jason wortkarg.
„Ich dachte reicher Geschäftsmann, wenn ich mir das Anwesen hier so ansehe. Das muss Millionen gekostet haben …“
„Das auch. Beides.“ Jason kniff die Augen zusammen. „Bestehen Sie auf das hier auch?“, fragte er und zeigte auf seine schwarzen enganliegenden Boxershorts.
„Nein, Sir.“
„Danke. Neue Kleidung hole ich mir erst, wenn die hier sauber sind“, sagte Jason zu Frazier und hielt seine immer noch blutverschmierten Hände hoch.
Frazier nickte.
Dann betrat Jason sein Bad und konnte nur daran denken, dass sich Kyle in diesem Moment immer weiter von ihm entfernte. Er fluchte und wusch sich als Erstes die Hände am Waschbecken. Dann trat er unter die Dusche, um sich die Spuren der Nacht abzuwaschen.
Kurz darauf schlüpfte er in seinen Bademantel, holte sich frische Kleidung und zog sich im Bad an.
Danach packte er fahrig für sie beide ein paar Sachen zusammen.
„Kann ich mit meinem eigenen Wagen fahren?“, wollte er dann wissen, als er noch eine Toilettentasche einpackte.
„Nein. Erstmal nicht. Auch Sie bekommen Polizeischutz. Ich habe bereits veranlasst, dass Sie im Hyatt ein Zimmer bekommen.“
Jason schnaubte. „Da kommen wir gerade her.“
„Es ist das beste Hotel in der Stadt …“
„Ich hol noch mein anderes Handy aus dem Wagen, wenn es okay ist.“
„Brauchen Sie auch Hundefutter?“
Jason fluchte, da er das in der Tat vergessen hätte. „Darf ich da rein?“, fragte er dagegen und zeigte auf den Wohnbereich.
„Nein“, erwiderte Frazier entschieden. „Kann ich es holen?“
Jason seufzte. „In der Speisekammer, hinter der Kücheninsel.“
Er fühlte Wut aufsteigen, in seinem eigenen Haus nicht tun und lassen zu können, was er wollte, doch er fügte sich.
Die machen nur ihren Job!, hörte er die Stimme seines Freundes Daniel Peters im Kopf, der selbst lange als Detective gearbeitet hatte.
Kurz darauf zog er den Reißverschluss der Tasche zu.
Frazier zeigte auf eine Tablettenpackung neben dem Bett. „Wessen sind das?“
„Meine. Verdammt!“ Jason machte kehrt und steckte die Packung ein. „Danke, Detective. Ich bin wohl mehr durch den Wind, als ich mir eingestehen mag.“
„Nur zu verständlich. Kommen Sie, ich bringe Sie in Sicherheit.“
„Sie selbst?“, fragte Jason erstaunt, da er den Eindruck hatte, als hätte Frazier hier definitiv die Aufsicht.
„Das hier, wurde gerade zur Chefsache erklärt“, erwiderte der und zeigte auf sein Telefon, das er nun wieder wegsteckte. „Gehen wir.“
Da die ganze Auffahrt zugeparkt war, dauerte es eine Weile, bis Frazier seinen unmarkierten Polizeiwagen gewendet hatte. Er schaltete das Blaulicht ein, ließ die Sirene aber aus.
Jason saß auf dem Beifahrersitz und hatte Jamie zu sich in den Fußraum geholt. Seine Hand im warmen Fell des treuen Hundes beruhigte ihn etwas, während der ihn mit einem besorgten Blick anstarrte.
„Du hast das so toll gemacht, Kumpel“, murmelte er sanft, während Frazier auf den Highway Nr. 1 bog. „Danke.“
„Bellt er eigentlich nie?“, wollte Frazier wissen.
„Nein. Er kann nicht mehr bellen. Daher war’s wohl auch für die Täter ein Überraschungsangriff“, erwiderte Jason und erzählte kurz von seiner Tumor-Operation, die ihn den aktiven Polizeidienst gekostet hatte.
Danach schwiegen sie wieder für einige Momente.
„Bevor Sie mich ins Hotel fahren, möchte ich, dass Sie mich zu meinem Mann bringen“, sagte Jason schließlich und seine Kiefer mahlten.
Frazier setzte an, um etwas zu erwidern, doch Jason unterbrach ihn sofort.
„Ich habe ihn schon einmal fast verloren.“ Er schluckte schwer. „Ich muss sehen, dass es ihm gut geht!“
„Was meinen Sie damit?“
„Vor etwas mehr als zwei Jahren hat sein Vater versucht, ihn umzubringen und dabei schwer verletzt“, erwiderte Jason tonlos.
„Sein Vater?“
Jason schwieg, da er es für eine rhetorische Frage hielt, und starrte verbittert aus dem Fenster.
„Wissen Sie den Grund?“
Jason schnaubte. „Ja. Weil er mit mir zusammen ist.“
Es entstand wieder eine kurze Pause.
„Haben Sie irgendeinen Verdacht, wer hinter diesem Entführungsversuch stecken könnte?“, wollte Frazier von ihm wissen.
Jason überlegte lange und schüttelte dann den Kopf. „Nein. Außer seinem Vater fällt mir niemand dazu ein. Aber der sitzt seitdem ein.“
„Wo?“
„San Quentin.“
„Verstehe.“
„Seine Mutter ebenfalls“, fügte Jason hinzu.
„Wie das?“
„Beihilfe zum Mordversuch. Unterlassene Hilfeleistung …“
„Oh, Mann …“
„Sie sollten einen Blick in die entsprechende Polizeiakte werfen. Dann wissen Sie Bescheid.“
„Ich hab nur ein paar Eckdaten zu Ihnen bekommen. Zu mehr hat die Zeit nicht gereicht“, erwiderte Frazier entschuldigend, während die Lichter der Stadt langsam in der Ferne auftauchten.
„Bis morgen werden Sie sicher im Bilde sein“, murmelte Jason, da er keine Lust verspürte, Frazier im Moment mehr zu erzählen. Seine Sorge um Kyle brachte ihn fast um den Verstand und Jamie spürte das, da er ihn immer wieder mit der Schnauze anstupste. „Also? Wo fahren wir hin?“, wollte er wissen, als sie das Ortsschild Carmel passierten.
Frazier seufzte. „Ins Krankenhaus.“
„Danke.“
Wenig später erreichten sie das Memorial Hospital, in das Kyle nach Fraziers Information gebracht worden war.
Sie stiegen aus, wobei sie Jamie im Fußraum zurückließen.
„Bleib! Und sei brav!“, befahl ihm Jason. „Normalerweise kein Problem.“
„Schon gut. Kommen Sie!“
Frazier eilte voraus und fragte sich durch.
„Intensivstation“, sagte er knapp zu Jason, dem es bei diesen Worten erneut das Herz zusammenzog.
Er erblickte zwei Beamte und folgerte, dass dort Kyle liegen musste. Ausnahmsweise abgetrennt von den anderen, vermutlich, um ihn besser zu bewachen.
Frazier wechselte ein paar Worte mit den Kollegen und dann betraten sie den Raum, in dem Kyle lag. Offenbar hatte man seine Kleidung bereits entfernt, denn neben dem Bett stand eine große braune Tüte für die Spurensicherung.
Ein Arzt erschien, stellte sich vor und schüttelte Jason schließlich die Hand.
„Darf ich Sie kurz etwas fragen? Nimmt Ihr Mann Drogen?“
„Nein!“, erwiderte Jason entrüstet.
„Hat er Alkohol getrunken?“
„Nein.“
„Sonstige Medikamente?“
Jason schüttelte den Kopf.
„Gut. Es tut mir leid, dass ich das so direkt fragen musste. Aber es ist wichtig, darüber Bescheid zu wissen! Sein Blut wird derzeit in unserem Labor untersucht.“ Der Arzt trat ans Bett und zog die Decke etwas nach unten. Er zeigte auf einen mit einem schwarzen Marker eingekreisten Bereich an Kyles Seite. „Hier ist der Einstich.“
Jason schluckte. Kyle bekam Sauerstoff und hing an einer Infusion. Er war nach wie vor bewusstlos. Elektroden auf seiner Brust zeichneten die Vitalfunktionen auf.
„Wir vermuten ein starkes Barbiturat oder Liquid Ecstasy. Überdosiert kann es zu fast komatösen Zuständen kommen. Sein Blutdruck ist immer noch bedrohlich niedrig. Ebenso der Puls.“
Jason starrte auf die Monitore. Nicht schon wieder!
Auch Fraziers Blick huschte über Kyles nackten Oberkörper und Jason empfand dies sogleich als ein unangenehmes Eindringen in seine Privatsphäre, auch wenn der Detective nur seinen Job machte.
„Er wurde damals mit einem Messer angegriffen?“, fragte Frazier dann und kam somit wohl auf ihr Gespräch im Wagen zurück.
„Ja“, erwiderte Jason gepresst und versuchte, den aufkeimenden Bildern in seinem Kopf keinen Raum zu geben. Immerhin hatte er es mit eigenen Augen ansehen müssen.
„Das ist eine OP-Narbe“, mischte sich der Arzt ein. „Nicht wahr?“
„Fünf gebrochene Rippen mussten fixiert werden“, murmelte Jason.
„Er wurde auch noch getreten?“, schlussfolgerte der Detective.
Jason nickte. „Aber es ist alles gut verheilt. Hat eine Weile gedauert. Aber Kyle ist ein Kämpfer.“ Er schwieg kurz. „Ich hasse es, ihn so zu sehen. Das hat er nicht verdient!“
„Niemand hat das, Sir“, erwiderte der Arzt und klang mitfühlend. „Wir tun, was wir können. Erfahrungsgemäß wird es aber mindestens vierundzwanzig Stunden dauern, bis er aus der Betäubung erwacht und wieder komplett ansprechbar ist.“
„Besteht die Gefahr von bleibenden Schäden?“
„Die Gefahr besteht immer. Wir hoffen, es abwenden zu können. Er ist jung und stark.“
„Darf ich Ihnen meine Telefonnummer dalassen?“, fragte Jason. „Man bringt mich ins Hotel, die Nummer von dort weiß ich noch nicht. Aber ich kann Ihnen meine Handynummer geben.“ Er sah zu Frazier, der nur nickte.
„Hinterlassen Sie sie bitte draußen.“
Jason ging aus dem Zimmer und nannte seine Nummer dem Team der Intensivstation.
Danach trat er noch einmal an Kyles Bett und strich ihm liebevoll über die Wange. Die Kopfwunde war inzwischen geklammert und verbunden worden. Dazu musste ein kleiner Bereich frei rasiert werden. Sein Körper, Gesicht und Haare waren weitgehend vom Blut gereinigt, wenn auch noch die ein oder andere Spur zu sehen war. Ungeniert beugte er sich hinab und küsste ihn auf die Stirn.
„Ich liebe dich, Babe“, murmelte er. „Halte durch!“
Dann wandte er sich abrupt um und verließ den Raum, bevor er noch vor allen die Beherrschung verlor.
„Selbst kleine Kopfwunden bluten wie Hölle“, sagte Frazier, als sie wieder in den Wagen stiegen.
„Ich weiß“, brummte Jason.
„Ich bringe Sie jetzt ins Hotel. Zwei Kollegen sollten inzwischen auch dort sein und werden vor Ihrer Tür postiert. Ich bitte Sie daher eindringlich, das Haus heute nicht mehr zu verlassen.“
„In Ordnung.“
„Morgen reden wir dann weiter.“
Jason kniff die Augen zusammen, als Frazier genau die Auffahrt hinauf rollte, die er wenige Stunden zuvor erst in Hochstimmung mit Kyle zusammen hinabgefahren war. Er kam sich vor, wie in einem Albtraum. Doch er wusste, er würde nicht aufwachen. Dies war real und leider kein Traum.
„Mr. Montgomery!“ Der Hoteldirektor, der zuvor noch bei seinem gut besuchten Charity-Event anwesend gewesen war, umrundete die Rezeption. „Es tut mir unendlich leid zu hören, dass es wohl einen unangenehmen Zwischenfall gab!“
Jason schnaubte innerlich.
„Ich hatte gehofft, unser nächstes Zusammentreffen würde unter anderen Umständen stattfinden.“
„Ich auch …“, murmelte Jason.
„Wir haben es uns nicht nehmen lassen und statt eines einfachen Zimmers, die Suite für Sie bereitgestellt. Wenn Sie trotz des Schreckens noch etwas essen wollen, rufen Sie bitte durch!“
„Danke, Mr. Mortens.“ Jason rang sich zu einem Lächeln durch. „Ich brauche nichts mehr. Allerdings habe ich meinen Hund dabei. Ich hoffe, das ...“
„Keine Sorge, das ist kein Problem“, unterbrach ihn der Direktor.
„Gehen wir“, mischte sich Frazier ein. „Die Suite?“, hakte er nochmal beim Direktor nach.
„Selbstverständlich, Sir. Sie war unbelegt. Nur das Beste für Mr. Montgomery.“
„Wie viele Zugänge?“
„Nur eine Tür, Sir.“
„Also gut.“ Frazier seufzte und nickte den Kollegen, die im Foyer saßen, zu.
„Gibt es irgendetwas, was ich nicht tun darf?“, fragte Jason.
„Sie sollten sich ausruhen, Sir.“
„Ich muss ein paar dringende Telefonate führen. Ist das erlaubt?“
„Selbstverständlich. Aber nochmal die eindringliche Bitte: Verlassen Sie das Haus heute nicht mehr. Sollte der Hund rausmüssen, übergeben Sie das bitte an einen der Kollegen.“
Jasons Augen wurden schmal. „Zu meinem eigenen Schutz? Oder gibt es noch einen anderen Grund?“
Frazier sah ihn etwas länger an, so als überlege er, was er ihm sagen konnte.
„Einer der Angreifer ist tot. Mehr weiß ich selbst noch nicht. Ich muss auf den Bericht warten.“
Jason zog es bei diesen Worten fast den Boden unter den Füßen weg. „Wie bitte?“
„Wir sprechen uns morgen, Sir“, wich ihm Frazier aus, während seine Kollegen vorsichtshalber noch die Suite durchsuchten, und sicherstellten, dass sich sonst niemand hier aufhielt. „Versuchen Sie ein wenig zu schlafen.“
„Ja, genau …“ Jason seufzte. „Gute Nacht, Detective.“
„Gute Nacht.“
Die Tür war schon lange ins Schloss gefallen und hatte Jason alleine zurückgelassen, doch das Blut rauschte immer noch in seinen Ohren.
Noch immer stand er wie versteinert da.
Tot? Wer? Warum?
Irgendwann klopfte es und riss ihn aus seiner Versteinerung.
„Ja?“
„Sir, Officer Jenkins hier. Ich habe hier zwei Hundenäpfe für Sie. Brauchen Sie die?“, hörte er eine Männerstimme durch die Tür.
Jason war froh, dass Frazier ihm die beiden, bevor er gegangen war, noch vorgestellt hatte. Der andere hieß Washburn. Also öffnete er die Tür einen Spalt und nahm zwei Edelstahlnäpfe entgegen.
„Danke.“
„Gute Nacht, Sir“, sagte Jenkins.
„Nacht“, brummte Jason und schloss die Tür wieder.
Er ging ins angrenzende riesige Bad und füllte einen Napf mit Wasser.
Dann trat er ans Fenster und starrte minutenlang hinaus.
Seufzend blickte er schließlich auf die Uhr.
Halb vier.
Er fluchte, aber es half nichts. Er musste dringend telefonieren.
„Sorry, Taylor, da musst du jetzt durch“, murmelte er, zog sein Handy heraus und wählte die private Nummer seines Anwalts.
Es dauerte, aber schließlich meldete sich jemand verschlafen am anderen Ende.
„Hallo?“
„Jason hier. Kannst du reden? Ich brauch dringend deine Hilfe!“
Er hörte einen unterdrückten Fluch. „Moment. Ich will Jimmy nicht wecken.“
Jason wartete.
„Du rufst mich vom Nottelefon an? Was zum Henker ist passiert?“, meldete sich Taylor McGraw, dem wohl sofort klar war, dass er in der Klemme saß.
„Wir wurden überfallen. Jemand hat versucht, Kyle zu entführen“, platzte es aus Jason heraus.
Eine Pause. Dann: „Wo bist du?“
„Carmel.“
„In Big Sur zu entführen?“, hakte Taylor nach.
„Ja. Die Polizei hat mich in einem Hotel einquartiert. Ich darf es nicht verlassen.“
„Warum? Wo ist Kyle?“
„Warte. Ich muss mich sammeln.“ Jason holte tief Luft.
„Einen Moment“, schnitt ihm Taylor das Wort ab. „Ist es sinnvoll, das alles am Telefon zu besprechen?“
„Ich hab nichts zu verbergen, verdammt!“
„Also gut! Fang am Anfang an! Ich nehm unser Gespräch auf.“
„Okay.“
Langsam begann Jason zu erzählen. Taylor stellte Zwischenfragen, die er nach bestem Wissen und Gewissen versuchte zu beantworten. Er wusste, alles konnte wichtig sein.
„Und gerade vorhin hat er mir noch an den Kopf geknallt, dass einer der beiden Wichser wohl tot ist …“
Stille. „Was?“
„Mehr weiß ich nicht, Taylor. Kann sein, dass sie mich doch noch verhaften. Dass du Kaution stellen musst …“
„Red nicht weiter. Kein Wort mehr! Ich mach mich sofort auf den Weg“, sagte Taylor hastig. „Alles Weitere besprechen wir, wenn ich bei dir bin. Wo genau?“
Jason sagte es ihm. „Vermutlich bin ich hier nicht nur zu meinem eigenen Schutz. Ich geh mal davon aus, dass ich wohl auch unter Hausarrest stehe, ohne dass man das so betitelt hat. Mit Polizeischutz“, fügte er bissig hinzu.
„Deinen Anwalt wirst du ja wohl noch sehen dürfen!“, konterte Taylor.
„Geh ich davon aus!“
„Soll ich einen Hubschrauber nehmen?“
„Je schneller du hier bist, desto besser!“
„In Ordnung.“
„Moment. Warte. Ich ruf Daniel an, er soll Jamie holen. Er soll nicht im Tierheim landen. Auch nicht für ein paar Stunden! Vielleicht kann er dich begleiten. Nur für den Fall, dass sie mich doch noch einbuchten.“
„Jason, sie werden dich nicht einbuchten! Das war verdammt nochmal Notwehr!“
„Dein Wort in Gottes Ohr. Bis gleich.“
„Bis gleich.“
Jason wählte sofort erneut und wartete dann angespannt.
„Hallo?“, meldete sich eine argwöhnische Stimme am anderen Ende.
„Daniel?“
„Jason? – Weißt du, wie viel Uhr es ist? Und was zum Henker ist das für eine Nummer?“
„Nottelefon.“
Kurze Stille, dann hastig und gepresst: „Was is’ passiert?“
Jason brachte ihn knapp auf den neuesten Stand, ohne zu sehr ins Detail zu gehen, da die Zeit drängte. Danach dröhnte ihm erneut eine unangenehme Stille entgegen, während er Daniel am anderen Ende scharf einatmen hörte.
„Taylor McGraw will sich in den nächsten Minuten auf den Weg zu mir machen. Kannst du mitfliegen und Jamie holen?“
„Fliegen?“
„Er will einen Helikopter nehmen. Der kann dich auch wieder zurückbringen. Oder du nimmst für die Rückfahrt unseren SUV, falls sie ihn rausrücken.“
Wieder Stille. Dann: „In Ordnung. Schick mir McGraws Nummer.“
„Okay. Ich sag Taylor Bescheid, dass er dich abholen soll. Er wohnt an der Marina.“
„Geht klar. Alles Weitere vor Ort!“
Jason legte auf, und nachdem er Taylor Bescheid gesagt hatte, atmete er tief durch. Sein Blick glitt zur Bar und der Wunsch nach einem Whiskey war stark.
Reiß dich zusammen!, schalt er sich selbst.
Seufzend holte er sich ein Wasser aus dem Kühlschrank und trank dann gierig direkt aus der Flasche. Er sah auf die Uhr. Es ging auf halb fünf zu.
Trotz der frühen Uhrzeit tätigte Jason noch einige weitere Telefonate. Schließlich, als er kurz davor war, zum Schluss noch seinen besten Freund David Hanks anzurufen, klingelte sein Handy.
„Ja?“
„Jason. Daniel und ich steigen in zehn Minuten in den Hubschrauber. Sag deinem Detective besser Bescheid, dass wir in spätestens einer Stunde da sein werden!“
„Mach ich. Danke.“
„Reena O’Brian und Jaidon Adams werden in zwei Stunden mit dem Wagen ebenfalls nach Carmel fahren und uns dort treffen. Ich will für alle Fälle das übliche Team dort haben.“
„Gut. Bis gleich.“ Jason war froh, dass Taylor es tatsächlich geschafft hatte, zumindest einige der Anwälte zusammenzutrommeln, die sich üblicherweise um seine Angelegenheiten kümmerten. Auch war er erleichtert, dass Taylor mittlerweile Strafsachen bearbeiten konnte.
Sie legten auf und Jason wählte Fraziers Nummer. Der würde, genau wie er, sicherlich auch nicht schlafen.
„Detective Frazier“, meldete der sich nach dem zweiten Klingeln.
„Mein Anwalt und ein guter Freund von mir werden in einer Stunde in Carmel landen. Sagen Sie Ihren Kollegen Bescheid, dass sie zu mir gelassen werden“, informierte ihn Jason knapp.
„Wieso die Eile?“
„Das müssen Sie schon mir überlassen“, knurrte Jason. „Sie knallen mir ein paar Fakten an den Kopf und lassen mich stehen. Ich werde nur noch mit einem Anwalt mit Ihnen reden. Fertig. Oder wollen Sie mir den vorenthalten?“
„Nein, Sir. Selbstverständlich nicht. Hören Sie …“
„Wir sprechen uns, wenn mein Anwalt da ist.“ Jason legte auf.
Jamie hatte wieder angefangen, unruhig in der Suite hin und her zu laufen.
Jason setzte sich müde aufs Bett, rief den Hund zu sich und streichelte ihn, während der ihn wieder mit diesen besorgten Hundeaugen ansah.
„Daniel holt dich, Kumpel. Du musst das hier nicht auch noch durchmachen.“
Jamie winselte leise und leckte ihm über die Hand.
„Ich muss nochmal telefonieren. Okay?“ Dann griff er erneut zum Mobiltelefon und rief Dave an.
„Fuck … das ist besser richtig, richtig wichtig …“, tönte es ihm verschlafen nach dem fünften Klingeln ins Ohr.
„Kyle und ich wurden überfallen …“
Stille am anderen Ende.
„Jason?“
„Ja. Wichtig genug?“, fragte Jason gepresst.
„Scheiße, was?“ Daves Stimme klang nun hellwach. „Was is’n das für ’ne Nummer?“
„Nottelefon.“
„Fuck! Wo bist du?“
„Sorry, Dave. Ich muss einfach mit jemandem reden … ich bin total fertig …“
„Wo bist du, verdammt nochmal?“, hakte Dave nach. „Seid ihr nicht nach Big Sur gefahren?“
„Doch. Ich hock im Hyatt in Carmel.“
„Kannst du bitte am Anfang anfangen?“, fragte Dave und klang so besorgt, wie er sich fühlte.
„Sorry, ich weiß, dass es scheißfrüh ist …“
„Jason bitte. Red endlich! Was, zum Teufel, ist passiert? Seid ihr verletzt?“
„Kyle liegt im Krankenhaus …“, stieß Jason hervor, und nun begannen seine Augen unangenehm zu brennen. „Er ist immer noch bewusstlos.“
„Oh, Mann. Soll ich losfahren? In zwei Stunden könnte ich bei dir sein.“
„Nein. Taylor ist unterwegs zusammen mit Daniel, damit er Jamie holen kann … Red einfach mit mir. Bitte!“
„In Ordnung. Aber versuch von vorne anzufangen!“
Jason schluckte und begann dann stockend zu erzählen.
Sie telefonierten lange miteinander, bis Jason hörte, dass ein zweiter Anruf hereinkam.
„Taylor ruft an.“
„Alles klar. Ich leg auf.“
„Danke Dave.“
Dann nahm er den Anruf an.
„Wir sind in zehn Minuten da, Jason. Sind auf dem Monterey Regional Airport gelandet, haben einen Leihwagen und fahren grad los.“
„Alles klar, bis gleich.“
Er nutzte die Minuten und rief kurzerhand im Memorial Hospital an. Allerdings war Kyles Zustand nach wie vor unverändert.
Seufzend warf er das Telefon aufs unberührte Bett, als es wenig später auch schon an der Tür klopfte.
„Officer Washburn hier.“
Jason entriegelte sie von innen und öffnete die Tür einen Spalt.
„Sir, Besuch für Sie. Ihr Anwalt, Mr. McGraw.“
Jason nickte.
Wie immer erschien Taylor McGraw in einem makellosen schwarzen Anzug mit Krawatte, auch wenn Jason keine Ahnung hatte, wie er das in der Kürze der Zeit geschafft hatte. Er war sogar glattrasiert, was erstaunlich genug war, denn immerhin hatte Jason ihn aus dem Tiefschlaf gerissen.
Wortlos umarmte Jason erst Taylor und dann Daniel, der mit Jeans, T-Shirt und Lederjacke wesentlich legerer gekleidet war.
Diese zog er nun aus und Jason bemerkte zufrieden, dass er seine Waffe im Schulterhalfter trug. Da Daniel seit Jahren eine Lizenz zum verdeckten Tragen einer Waffe besaß, hatte ihn Jason schon einmal als persönlichen Leibwächter für Kyle engagiert. Das war allerdings schon lange her, und doch wurde plötzlich alles wieder aktuell. Sie hatten zwar darüber gar nicht gesprochen, aber er war erleichtert, dass wenigstens Daniel mitgedacht hatte. Er musste mit Jamie ja auch nicht sofort wieder abreisen.
„Gott, bin ich froh, dass du da bist“, murmelte er. „Ich fühl mich mit dir zehnmal sicherer als mit denen da vor der Tür.“
„Danke. Aber mit Verlaub gesagt: Du siehst richtig schlecht aus“, murmelte Daniel. „Sorry, wenn ich das so direkt sage.“
„Na ja, so fühle ich mich auch“, brummte Jason. „Die Sorge um Kyle bringt mich fast um den Verstand.“ Er seufzte. „Hat dich Taylor ein wenig gebrieft? Ich konnte dir auf die Schnelle nicht alles erzählen.“
„Hat er ja. Gibt’s was Neues von Kyle?“
Jason schüttelte den Kopf. „Hab grad angerufen. Alles unverändert.“
„Hey, Kumpel …“ Daniel ging in die Hocke und Jamie kam zu ihm geschlichen. „Oh, Mann … du armer …“
„Er war klasse, Daniel. Ich hab keine Ahnung, ob ich es ohne ihn geschafft hätte, sie auszuschalten. Er hat sie lange genug abgelenkt. Und Gott sei Dank wurde er nicht getroffen, als im Dunkeln die Schüsse gefallen sind.“
„Du bist so ein tapferer Kerl“, lobte Daniel den Hund, der sich an ihn drückte.
Jamie war ursprünglich über Daniel zu Jason und Kyle gekommen. In seiner privaten Stiftung, der Jasper’s Rainbow Foundation, half er nicht nur in Not geratenen, homosexuellen Jugendlichen, sondern bereitete auch immer wieder Polizeihund Welpen auf ihren Dienst vor. Daniel hatte selbst einen Ex-Polizeihund als Haustier. Da er auch schon mehrfach als Hundesitter eingesprungen war, hatte der Hund Daniel nur in guter Erinnerung.
„Weißt du schon mehr?“, wollte Taylor wissen, während er seinen Aktenkoffer ablegte und einen Laptop, Block und Stifte sowie ein Diktiergerät herausholte. Auch er hatte sein Jackett an die Garderobe gehängt.
„Du meinst vom Detective?“
Taylor nickte.
„Nein.“
„Setzen wir uns …“ Taylor zeigte in einen großzügigen Nebenraum, in dem eine bequeme Sitzgruppe stand.
„Was haltet ihr von Kaffee?“, fragte Jason.
„Frühstück wär auch nicht schlecht“, entgegnete Taylor. „Hast du schon was gegessen?“
Jason schnaubte.
„Aha. Dann bestell uns mal schön was hier hoch. Mit leerem Magen denkt es sich nämlich gar nicht gut.“
Jason ging zum Haustelefon und bestellte Kaffee sowie dreimal Frühstück.
„Hast du überhaupt geschlafen?“, fragte Daniel, als er sich setzte.
„Nein. Ich war nur am Telefon. Aber ich hätte eh kein Auge zu bekommen.“
„Was ist eigentlich mit seiner Pfote passiert?“ Daniel zeigte auf den Verband.
„Gute Frage …“, brummte Jason. „Es könnte sein, dass das alles irgendwie zusammenhängt.“ Dann erzählte er ihnen von dem Vorfall mit den Scherben.
„Ich denke, die Polizei wird das Grundstück absuchen, sobald es hell wird“, warf Taylor ein, als er geendet hatte. „Vielleicht finden sie mehr davon. Abgesehen davon ist das eigentlich eine eher unsichere Sache. Woher wollen die Täter wissen, ob sich der Hund wirklich zufällig daran verletzt?“
Jason zuckte mit den Achseln. „Wenn der eine Kerl nicht was von ich dachte, der wäre außer Gefecht gesagt hätte, würde ich darüber auch gar nicht nachdenken.“
„Lass uns nochmal über den Angriff reden, bis das Frühstück kommt“, bat Taylor. „Ich will wissen, auf was wir uns gefasst machen müssen.“
Jason seufzte. „Okay.“
„Wie hast du dich gewehrt? Ich geh davon aus, du hast nicht einfach nur blind zugeschlagen, oder?“
Jason bemerkte Taylors Blick auf seine Hände, die keinerlei Abschürfungen aufwiesen. Er schüttelte den Kopf.
„Ich hab meine Karatefähigkeiten noch nie im Leben so einsetzen müssen … Auch wenn es immer schon eine Lehre der Verteidigung war.“
„Es war eine Notwehr-Situation“, warf Daniel ein.
„Eben. Erzähl“, forderte ihn Taylor auf.
„Dem einen bin ich mit einem gezielten Karatekick in den Rücken gesprungen. Jamie hatte ihn abgelenkt und sie haben sich im Kreis gedreht. Er ging sofort k.o. Dann noch einen Handkantenschlag, nur um sicherzugehen.“
„Wohin?“
„Hals.“
„Sowohl das eine als auch das andere könnte töten, korrekt?“, fragte Taylor sachlich.
„Wenn man es mit voller Wucht ausführt, ja.“
„Hast du es mit voller Wucht ausgeführt?“
„Ja, hab ich“, gab Jason zu.
„Es war Notwehr, Jason!“, betonte Taylor. „Aber: Wir wissen nicht, ob das derjenige ist, der tot ist, korrekt?“
„Korrekt.“
„Und der andere? Wie hast du den ausgeschaltet?“, nahm Taylor die Befragung wieder auf.
Jason versuchte sich zu erinnern.
Alles war so schnell gegangen.
„Er war von Jamie abgelenkt und dann fielen die Schüsse. Im nächsten Moment bin ich an ihn rangekommen und hab ihn ebenfalls niedergeschlagen. Viel hat es nicht gebraucht.“
„Auch der könnte der Tote sein?“
Jason zuckte mit den Achseln. „Vielleicht.“
„Und Kyle?“, fragte Daniel.
„Der lag schon längst am Boden. Ich hab das Licht angemacht und den Notruf gewählt. Erst da hab ich gesehen, dass sie Kyle einen Sack über den Kopf gezogen hatten. Aber an eine Entführung hab ich da immer noch nicht gedacht.“
„Waren die eigentlich vermummt?“, fragte Taylor, der sich Notizen machte.
„Ja. Beide trugen Skimasken.“
Es klopfte.
„Ich geh schon“, sagte Daniel und stand auf.
Jason hörte Stimmengemurmel und kurz darauf kam Daniel mit einem beladenen Servierwagen zurück.
„Ich hol noch den zweiten“, sagte er und tat dann genau das.
Jason nickte. „Danke.“
„Was stand nochmal auf der Erpresser-Notiz?“, fragte Taylor als Nächstes.
Jason wiederholte es zähneknirschend.
„Hast du irgendeinen Verdacht?“, fragte Daniel und verteilte die Kaffeetassen.
„Nein … Null … Nada …“
Taylor sah ihn nachdenklich an. „Gab es in letzter Zeit irgendwelche seltsamen Vorfälle?“
„Nicht, dass ich wüsste. Der letzte, war diese Erpressung im Fit-to-Fight Studio, aber das ist aufgeklärt und hat ja nicht nur unsere, sondern auch andere Fitnessstudios in der Stadt betroffen. Ich denke nicht, dass das hier was damit zu tun hat.“
„Glaub ich auch nicht“, stimmte ihm Daniel zu. „Aber vielleicht kam da jemand erst auf diese beknackte Idee …? Könnte ja sein …“
Jason schnaubte genervt.
„Machen wir erstmal ’ne Pause. Iss was Jason. Bitte!“, sagte Taylor und half Daniel, das reichhaltige Frühstück auf dem Tisch zu verteilen.
Die nächste Viertelstunde verlief einigermaßen schweigend, als alle zugriffen. Auch Jason, da sich sein Magen nun doch unangenehm meldete.
„Was is’?“, fragte Taylor, als Jason plötzlich aufstand.
„Tabletten“, brummte er. „Bevor ich es vergesse.“
„Oh …“ Taylor nickte.
Jason kramte in seiner Tasche und schluckte wenig später zwei mit Wasser.
„Die Tabletten?“, fragte Daniel und Jason wusste, dass er auf seinen Herzstillstand anspielte.
„Mhmm. Ich hätte sie beinahe vergessen mitzunehmen. Der Detective hat sie im Schlafzimmer liegen sehen, als ich mich umgezogen hab. Die Klamotten waren ja blutverschmiert. Außerdem haben sie die einkassiert. Dass eine Platzwunde so massiv bluten kann …“ Er schüttelte betroffen den Kopf und setzte sich wieder.
„Ja, aber meist sieht es wesentlich übler aus, als es ist“, warf Daniel ein, was dennoch nicht gerade zu seiner Beruhigung beitrug.
Auch in der nächsten Stunde setzte Taylor seine sachliche Befragung fort, bis schließlich sein Handy klingelte.
„Ja? … Alles klar … ich klär das gleich und ruf dich zurück.“
Jason sah ihn fragend an.
„Reena und Jaidon sind bald da.“
„Okay …“
„Wir können uns in einem Motel drei Blocks von hier einquartieren, oder …“
„Hier ist nichts mehr frei?“, unterbrach ihn Jason mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Doch, aber es ist achtmal so teuer …“
Jason schnaubte. „Hier! Ich will euch hier vor Ort haben und nicht drei Blocks entfernt.“
„Alles klar. Hier gibt es auch Konferenzräume, was praktisch wäre zum Arbeiten.“
„Klär das, bitte“, bat Jason.
„Reena hat schon in beiden reserviert. Ich ruf sie zurück.“ Taylor wählte wieder und gab die Information an seine Kollegin weiter.
„War der schon draußen?“, wollte Daniel wissen, als sich Jamie aufrappelte und anfing herumzuschnüffeln.
„Nein. Kannst du das bitte erledigen?“, erwiderte Jason.
„Mach ich.“ Daniel leerte seine Tasse und stand auf.
Taylor sah zu Jason. „Ich fass nochmal zusammen: Ich schau jetzt erstmal nach meinem Team, und wenn in der Zwischenzeit dieser Detective auftaucht, sagst du kein Wort und rufst mich an, Jason! Verstanden?“
„Verstanden.“
„Und ich warte, wie besprochen, erstmal ab, bis es von Kyle was Neues gibt“, fügte Daniel hinzu, der die Leine vom Bett nahm und sie an Jamies Geschirr befestigte.
Jason stand auf und wählte übers Haustelefon. „Ich brauche noch ein Zimmer … Ja, danke. Mr. Peters kommt eh gerade runter und kann Ihnen alles Weitere selbst sagen.“ Er legte auf. „Gut, dass gerade Nebensaison ist.“
„Wie wahr“, stimmte ihm Taylor zu. „Seid mal kurz still …“
Jetzt war Stimmengewirr vor der Tür zu hören. „Was zum Henker?“, murmelte Jason.
„Du bleibst hier! Ich gehe!“, sagte Taylor sofort, zog sein Jackett an und ging dann zur Tür.
Jasons Augen wurden groß, als niemand anderes als David Hanks – sein bester Freund und enger Geschäftspartner – dort stand und anscheinend heftig mit den Polizisten diskutierte, um eingelassen zu werden, was man ihm offenbar versuchte zu verwehren.
Sein Herz begann augenblicklich schneller zu schlagen.
Oh, fuck, Dave, ich liebe dich einfach!
„… das, meine Herren, ist Mr. Montgomerys persönlicher Berater, David Hanks. Sie lassen ihn besser durch!“, hörte er Taylor gerade sagen.
So kann man das auch betiteln, stimmte Jason ihm im Geiste zu.
Mit einem genervten Gesichtsausdruck schob sich Dave durch die Tür und klopfte Taylor auf die Schulter.
„Jamie muss dringend raus“, sagte Daniel nach einer kurzen Umarmung. „Wir sehen uns gleich.“
„In Ordnung …“
„Ich lass euch mal.“ Auch Taylor wandte sich zum Gehen.
Dann fiel die Tür ins Schloss und Dave war mit wenigen Schritten bei ihm.
Jason schluckte und wusste nicht, was er sagen sollte.
„Wie zum …“, begann er.
„Klappe“, brummte Dave und umarmten ihn fest. Lange Zeit standen sie nur regungslos da und Jason versuchte zu kapieren, dass er wirklich hier war.
„Danke …“, murmelte er schließlich unendlich erleichtert.
Dave küsste ihn auf die Stirn. „Das is’ selbstverständlich!“ Er nahm sein Gesicht in beide Hände. „Du hast nicht geschlafen, was?“
Jason schüttelte den Kopf.
„Nicht gut.“
„Taylor hat mich immerhin zu einem Frühstück überredet. Möchtest du noch einen Kaffee? Es is’ noch was da.“
„Sag ich nicht Nein. Gibt’s was Neues?“, fragte Dave, während sie in den Nebenraum gingen.
„Nein. Ich bin so froh, dass Taylor sofort gekommen ist.“
„Ist er alleine?“
„Nein, Reena und Jaidon sind wohl auch gerade eingetroffen.“
„Gut.“
„Und dass Daniel sich um Jamie kümmern kann. Der Gedanke, ich lande im Knast und der Hund im Tierheim, wenn auch nur für einen Tag, ist unerträglich. Und Kyle ganz alleine im Krankenhaus bricht mir das Herz.“ Jason schluckte. „Und mit dir … hab ich überhaupt nicht gerechnet …“
„Schön, dass ich dich nach all den Jahren anscheinend immer noch überraschen kann …“, sagte Dave und zwinkerte ihm zu.
Zehn Minuten später kamen Taylor und Daniel zusammen mit Jamie zurück.
„Hey, Kumpel …“ Dave kraulte ihn, als er von ihm schwanzwedelnd begrüßt wurde. „Ich hab gehört, du warst mal wieder ein kleiner Held …“
„Daniel, mir is’ noch was eingefallen …“, sagte Jason.
„Schieß los.“
„Der Tierarzt meinte gestern, dass der Verband heute gewechselt und die Wunde überprüft werden sollte. Kannst du hier in Carmel einen Tierarzt ausfindig machen und das bitte erledigen?“
„Kann ich machen.“
„Ich zieh mich erstmal mit Reena und Jaidon zurück. Wir haben einen der Konferenzräume bekommen. Und dich, Dave, schickt der Himmel! Jason hat gar nichts davon erzählt, dass du auch kommst.“
„Ich hab es ihm auch nicht gesagt, aber ich musste mich einfach sofort ins Auto setzen“, erwiderte Dave.
„Vielleicht kannst du ihn ja dazu bringen, ein, zwei Stunden zu schlafen. Wenn das einer schafft, dann du.“
„Mal sehen …“
„Ich gehe nicht davon aus, dass sich in den nächsten Stunden was tun wird. Jason hat gesagt, diese verdammte Betäubung bei Kyle kann vierundzwanzig Stunden oder mehr andauern. Es ist grad mal halb zehn Uhr morgens. Der Detective wird auch mal schlafen müssen oder er informiert sich gerade darüber, wer eigentlich dieser Jason Montgomery ist.“
„Denkst du eigentlich da is’ was dran, dass sich das FBI einschalten könnte?“, fragte Jason, da ihm plötzlich Fraziers Gemurmel wieder einfiel.
„Wie kommst du denn da drauf?“, fragte Taylor stirnrunzelnd.
Jason erzählte es ihm.
„Hm … möglich.“
„Dachte, die schalten sich nur bei Entführungen ein, nicht bei vereitelten …“
„Der Fall ist offen und wer weiß, ob sie es nicht nochmal versuchen werden … Uns muss klar sein, dass die, die euch überfallen haben, nur die Drecksarbeit machen sollten ...“
Jason spürte Übelkeit aufsteigen.
„Jetzt mal doch den Teufel nicht an die Wand!“, fauchte ihn Dave an. „Willst du jetzt, dass er Schlaf findet, oder nicht?“
Taylor seufzte. „Reden wir später weiter … und wenn was ist: Ruf mich sofort an!“ Mit diesen Worten verließ er die Suite wieder.
Daniel rief Jamie zu sich und leinte ihn erneut an. „Ich erkundige mich mal nach einem guten Tierarzt und schlage vor, ihn danach erstmal mit zu mir aufs Zimmer zu nehmen, damit er etwas zur Ruhe kommt. Hier ist zu viel Trubel … Hat er gefressen?“
Jason schüttelte den Kopf. „Ich hab’s gar nicht versucht. Näpfe stehen da vorne.“
„Mal sehen, ob ich ihn später dazu bringen kann.“
Jason holte eine Hundefutterdose aus seiner Tasche.
„Lass die Näpfe mal hier, ich lass mir vom Hotel zwei weitere bringen.“
Jason nickte dankbar. „In Ordnung.“
„Wollen wir uns in ein paar Stunden wieder hier treffen, zum Mittagessen?“, fragte Dave.
Jetzt stöhnte Jason genervt.
„Sorry, aber du wirst verstehen, dass wir alle was zwischen die Kiemen brauchen. Da du die Suite nicht verlassen darfst, bietet es sich an, hier Party zu machen.“
Jason wusste natürlich, dass Dave absichtlich so flapsig sprach, um ihn auf andere Gedanken zu bringen, und irgendwie war er ihm auch dankbar dafür.
„Du hast auch was zum Frühstück runterbekommen, Jason“, erinnerte ihn Daniel. „Der Vorschlag hört sich gut an. Ruft durch, wenn ich rüber kommen soll. Zimmer 312.“
„Sag draußen Bescheid, dass sich Mr. Montgomeryjetzt endlich etwas ausruhen möchte“, bat Dave Daniel.
„Mach ich. Bis nachher. Komm, Jamie.“
Jason fing Jamies Blick auf, der ihn noch einmal unsicher ansah. „Schon gut, Kumpel. Geh zu …“, sagte er leise und doch fiel es ihm schwer, auch noch Jamie gehen zu lassen.
Jason seufzte tief, als die Tür hinter den beiden ins Schloss fiel.
„Es ist besser für ihn“, sagte Dave, drehte sein Gesicht zu sich und tätschelte seine Wangen.
Nach einem langen Blickkontakt glitten Daves Finger tiefer und öffneten seine obersten Hemdknöpfe, doch Jason hielt seine Hände fest.
„Was zum Henker wird das?“
„Wie viele Hemden hast du in der Eile eingepackt?“, konterte Dave, befreite seine Hand und machte weiter.
„Eins …“
Dave nickte, öffnete weitere, bis er zum letzten Knopf kam. Dann streifte er es ihm über die Schultern und hängte es auf einen Bügel an der Garderobe.
„Wie viele Anzughosen?“, hakte Dave nach.
Ohne zu antworten, streifte Jason seine Schuhe und Socken ab, die er immer noch trug, und zog dann seine Hose aus. Somit trug er nur noch enganliegende Boxershorts.
Dave hängte auch die Anzughose ordentlich auf. Danach zog er erst seine eigenen Schuhe und dann sein Hemd aus, unter dem er ein T-Shirt trug. Anschließend trat er an die hohen Fenster und schloss nacheinander die Vorhänge.
„Ich schick Jessie nur noch schnell eine Nachricht, dann mach ich mein Handy auf lautlos. Deines lässt du logischerweise an.“
Dave zeigte aufs Bett, doch statt sich sofort zu fügen, zeigte Jason wortlos aufs Bad.
