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Ein unscheinbarer Koffer, der am Fährhafen von Amrum gefunden wird, wird Polizeihauptkommissar Hauke Larsen beinahe zum Verhängnis. In dem Koffer befinden sich Unterlagen und Schmiergeld, die Larsen in Verbindung mit einem Immobilienskandal bringen sollen. Ein zwielichtiges Konsortium, an dessen Spitze die Frau eines Ministers steht, steckt dahinter und zieht im Hintergrund die Strippen. Mit Intrigen und Korruption versuchen sie, ihr Bauvorhaben auf der idyllischen Insel durchzusetzen. Und dabei soll es nicht bleiben.
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Seitenzahl: 98
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Larsen und der Koffer am Fährhafen
Larsen und der Koffer am Fährhafen
Thomas Meinen 2025
Brück din rocht, man saner bocht
(Brauche dein Recht, aber ohne Umwege)
- Gehe aufrecht durchs Leben -
Gewidmet all denen, die an sich und die gute Sache glauben.
Sämtliche Handlungen sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder mit lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.
Impressum:
Texte: Copyright by Thomas Meinen
Bilder: KI-generiert
Umschlaggestaltung: Copyright by Thomas Meinen
Verlag:
Thomas Meinen
Schwester-Macra-Straße 6
63457 Hanau
Vertrieb: epubli - ein Service der Neopubli GmbH, Berlin
Kapitel 1
Die Polizeistation Wyk auf Föhr, Zweigstelle Nebel auf Amrum erhielt einen Anruf von einem vermeintlichen Urlauber, der seinen Koffer am Fährhafen angeblich nicht finden konnte. Es wirkte wie ein klassischer Bagatellfall, etwas Verlorenes, das sich in den meisten Fällen schnell klären ließ.
„Ein verlorener Koffer? Hört sich nicht nach etwas Großem an. Ich übernehme den Fall“, meinte Polizeioberkommissar Abbo Nissen. „Kann mir schon denken, warum. So kommst du wieder zu deinem obligatorischen Fischbrötchen. Stimmt`s?“, rief Polizeihauptkommissar Hauke Larsen ihm noch hinterher. „Klar, Chef“, erwiderte Abbo Nissen und ging zu seinem Auto.
Am Fährhafen angekommen, sah Nissen den Koffer dort unweit des Aufgangs zur Fähre stehen. „Merkwürdig“, dachte er noch. Denn der Koffer war ziemlich auffällig platziert, eigentlich nicht zu übersehen, allerdings nicht sonderlich groß. Abbo Nissen nahm den Koffer hoch, legte ihn auf die Motorhaube und sah ihn sich genauer an. Nachdem er den Koffer vorsichtig geöffnet hatte, entdeckte er darin nicht etwa Kleidung und Urlaubsutensilien, sondern ein Bündel an Bargeld und einige Unterlagen. „Hauke, ich glaube, ich brauche Unterstützung. Der vermisste Koffer enthält verdächtige Gegenstände, Papiere und eine größere Menge Bargeld. Könnte ein Fall von Dokumentenfälschung oder Geldwäsche sein“, gab Abbo Nissen seinem Kollegen über Funk durch. „Ich bin unterwegs. Sicherstellen, dass niemand den Koffer berührt.“ „Ich pass auf“, erwiderte Nissen und ärgerte sich in dem Moment, dass er so unvorsichtig war und den Koffer einfach so geöffnet hatte. Und das auch noch ohne Handschuhe. Außerdem hätte sich in dem Koffer weitaus Gefährlicheres befinden können. Neugierig geworden, blätterte er die Unterlagen durch, während er auf Larsen wartete. Immer wieder tauchte darin der Name seines Kollegen auf. „Wie kommt ein Koffer mit Papieren und Geld hierher, der offensichtlich etwas mit Larsen zu tun hatte?“, dachte Nissen.
Es dauerte nicht lange und Larsen erreichte den Fährhafen. Abbo Nissen schloss den Koffer schnell wieder und stellte ihn neben sich ab. Er wirkte nachdenklich, als Larsen vorsichtig auf seinen Kollegen zuging. „Da du noch lebst, gehe ich davon aus, dass es keine Kofferbombe ist“, meinte Larsen und lud den Koffer in den Kofferraum, um ihn mit zur Wache zu nehmen. Nissen sagte nichts, hatte den Blick von Larsen aber verstanden.
Zwei Wochen zuvor stand Minister Doggerland am Kamin im luxuriösen Wohnzimmer seines Hauses, ein Glas Rotwein in der Hand. Seine Frau Tanja saß auf einem eleganten Sessel, ihre Haltung entspannt, aber distanziert. Nils Doggerland drehte sich zu ihr um, seine Augen leuchteten. „Ich versuche, zuerst die Presse auf unsere Seite zu ziehen. Die Artikel über die wirtschaftlichen Chancen für die Insel werden überall erscheinen. Und die Mitglieder der Initiative? Die bringe ich auch noch zum Wanken.“
Seine Frau hob eine Augenbraue und nahm einen Schluck Champagner „Nett.“ Doggerland runzelte die Stirn, seine Stimme wurde fester. „Nett? Das ist mehr als nett. Ich werde die öffentliche Meinung drehen, die Opposition schwächen. Du wirst sehen.“ Seine Frau stellte ihr Glas ab, ihre Stimme kühl: „Wir sind noch lange nicht am Ziel. Ein paar wankende Idealisten und ein paar Schlagzeilen reichen nicht. Ich will Ergebnisse. Du hast außerdem immer gesagt, du willst etwas bewirken. Nun, hier ist deine Chance. Amrum wird unser Vermächtnis.“ Doggerland schaute sie an, seine Stimme leise: „Unser? Oder deins?“
Seine Frau lachte leise, fast spöttisch. „Oh, Liebling. Deine Karriere, dein Name, dein Einfluss. Sie sind nur so wertvoll, wie ich sie mache. Ohne mich wärst du immer noch ein kleiner Lokalpolitiker, der um Aufmerksamkeit bettelt.“ Der Minister atmete tief ein, seine Begeisterung schwand. „Ich arbeite daran. Aber das braucht Zeit. Die Leute hängen an Amrum. Sie glauben an Ruhe, Natur, Tradition. Das wird nicht einfach.“ Seine Frau lächelte schmal. „Die Leute hängen an Illusionen. Und was tun wir mit Illusionen? Wir ersetzen sie durch eine bessere. Eine, bei der sie sich wohlfühlen und vergessen, dass sie jemals etwas anderes wollten.“
Tanja Doggerland lehnte sich vor, ihre Augen fixierten ihn. „Zeit ist ein Luxus, den wir uns nicht leisten können. Du hast angefangen, jetzt bring es zu Ende. Ich will keine Ausreden, ich will Amrum.“ Ein Moment der Stille. Sie lachte leise, stellte das Glas auf den Tisch. „Du hast schon größere Probleme aus dem Weg geräumt. Ein paar Zweifler, ein paar Idealisten, sie brauchen nur die richtige ... Überzeugung.“ Doggerland sah sie an, seine Stirn leicht gerunzelt. „Ich muss mit den richtigen Leuten sprechen. Und es darf keine offenen Spuren geben. Ich habe da schon ein paar Ideen.“
Die Frau des Ministers stand auf und ging langsam zu ihm. „Gut so. Aber dafür bist du schließlich da. Wir machen Amrum groß, Sylt war gestern.“ Der Politiker sah sie an, dann nickte er langsam. Sie setzte sich wieder und lehnte sich zurück, ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen.
Gleich am nächsten Abend traf sich Minister Doggerland in einem exklusiven Medienclub in Hamburg mit dem Chefredakteur einer großen Zeitung. Er wollte zügig seine Pläne in Angriff nehmen, um seiner Frau zu beweisen, dass er nicht nur Sprüche klopfen konnte, wie sie gerne sagte, sondern sie auch tatsächlich umsetzte. In einer Atmosphäre der Vertraulichkeit saßen die beiden zusammen. Nils Doggerland nippte an seinem Whiskey, ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen und sagte dann: „Die öffentliche Meinung ist ... formbar. Menschen lesen, glauben, vergessen. Ich denke, Sie wissen das besser als jeder andere.“ Chefredakteur Lugner lehnte sich zurück, musterte ihn abwägend. „Mein Blatt berichtet, was relevant ist. Die Leute wollen die Wahrheit.“
Doggerland schmunzelte und legte eine Mappe auf den Tisch. „Wahrheit ist eine Frage der Perspektive. Was, wenn Amrum keine romantische Insel ist, sondern eine Region im Niedergang? Was, wenn wir der Zukunft eine Chance geben und die Gegner nur Fortschrittsverweigerer sind?“ Lugner klopfte nachdenklich auf die Mappe. „Also PR in journalistischem Gewand?“ Doggerland hob eine Braue. „PR? Nein. Wir liefern Fakten, Expertenmeinungen, Statistiken über wirtschaftliche Chancen. Sie müssen sie nur geschickt verpacken. Eine Serie über `Zukunftsperspektiven für Nordseeinseln´ vielleicht? Ein Hintergrundbericht über das wirtschaftliche Potenzial?“
Lugner nickte langsam. „Solche Themen kommen gut an. Aber was ist mit der Gegenbewegung? Die Bürgerinitiative, wie heißt sie noch gleich, ist laut.“ Minister Doggerland winkte gelassen ab. „Sie meinen ILA. Initiative für ein lebenswertes Amrum, soll das, glaube ich, heißen. Laut, ja, aber unorganisiert. Sobald die öffentliche Meinung kippt, werden sie als nostalgische Träumer dastehen. Niemand kämpft gern gegen den Wind.“ Chefredakteur Lugner überlegte, dann musterte er den Minister genau. „Und wenn wir nicht mitspielen?“ Das Lächeln Doggerlands verblasste augenblicklich. „Dann finden andere die passenden Schlagzeilen. Neue Werbepartner, neue Investoren, eine Redaktion, die sich fragt, ob sie sich eine harte Position leisten kann.“ Ein Moment der Stille. Der Chefredakteur nahm die Mappe, blätterte langsam durch die Dokumente. Der Politiker lehnte sich zurück. Er wusste, dass die richtigen Worte oft mächtiger waren als Geld.
Nils Doggerland wuchs in einer kleinen Gemeinde auf, in der Zusammenhalt und Ehrlichkeit die Grundlagen des Lebens bildeten. Schon in jungen Jahren entwickelte er ein tiefes Verantwortungsgefühl für seine Mitmenschen und erkannte, dass wahre Größe oft in der Demut begründet lag. Bereits als Jugendlicher engagierte sich Nils in lokalen Initiativen und lernte, wie man sich für das Gemeinwohl starkmacht. Sein Gefühl für Gerechtigkeit brachte ihn unweigerlich in die Welt der Politik, in der er sich schon früh als authentisch und verlässlich erwies.
Alles änderte sich, als Nils eine Frau kennenlernte, die ihn bald unwiderruflich prägen sollte. Von altem Adel und gehobener Erziehung stammend, verkörperte sie eine Welt des Luxus und unermesslichen Ehrgeizes. Mit scharfem Blick und unermüdlicher Forderung nach mehr stellte sie kontinuierlich infrage, ob Nils genügend leistete. Ihre stete Kritik und der unablässige Drang, über das Erreichte hinauszugehen, ließen ihn an sich und seinen Möglichkeiten zweifeln – und zugleich nach Höherem streben. In vielen Augenblicken wurde er zum Sündenbock, denn für ihre Misserfolge übernahm er gerne die Schuld, obwohl sie oft die wahren Entscheidungen traf. Diese Ambivalenz zwischen persönlicher Zuneigung und unermüdlichem Druck sollte seinen weiteren Lebensweg entscheidend prägen.
Durch den beharrlichen Einfluss und die ständige Antriebskraft seiner Frau fand Nils den Mut, größere politische Verantwortung zu übernehmen. Als Bürgermeister einer Kleinstadt bewies er, dass sein Herz für die Bürger schlug – und dass Güte und Integrität ihn auch in elitären Kreisen durchscheinen ließen. Doch während er unter seinem authentischen Auftreten Anerkennung erntete, blieb der andauernde innere Konflikt bestehen: der Wunsch, seiner Frau zu gefallen und zugleich den Ansprüchen des Gewissens gerecht zu werden.
Nils Doggerlands politischer Aufstieg erreichte seinen Höhepunkt, als er zum Minister in der Regierung von Schleswig-Holstein ernannt wurde. Diese Position brachte ihm nationalen Respekt ein, aber auch den Preis, ständig in ein Spannungsfeld zwischen moralischem Anspruch und den unerbittlichen Forderungen seiner Ehe zu geraten. Trotz des Erfolgs blieb er stets der Mann, der aus einfachen Verhältnissen kam und in unzähligen Momenten an der Last der Schuld litt, die ihm zugeschrieben wurde – allein wegen des unnachgiebigen Ehrgeizes seiner Frau.
Gemeinsam mit seiner Frau lebte Nils Doggerland mittlerweile in Kiel. Die maritime Stadt spiegelte den Kontrast zwischen Tradition und modernem Fortschritt wider – ein Spiegelbild seines eigenen Lebens. Während Nils weiterhin als verlässlicher und gutherziger Minister agierte, begleitete ihn tagtäglich die Ambivalenz zwischen Liebe und Schuld, zwischen öffentlicher Anerkennung und privatem Schmerz. Sein Lebenslauf erzählte eindrucksvoll von einem Mann, der sich durch den ständigen Druck und die hohen Erwartungen emporarbeitete, dabei aber immer wieder den Preis zahlte, den manches Mal nur wenige verstehen konnten.
Nachdem Larsen den geheimnisvollen Koffer vom Fährhafen von Amrum zur Polizeistation gebracht hatte, legte er ihn auf seinen Schreibtisch, dann zog er sicherheitshalber Einmalhandschuhe an, die er aus der Schublade kramte. Er öffnete den Koffer vorsichtig und sah sich den Inhalt genauer an. Zunächst zählte er grob das Geld, das zu einem Bündel zusammengebunden war. Schätzungsweise 1000 Euro mögen das wohl gewesen sein. Anschließend blätterte Larsen in den Unterlagen. Plötzlich fiel ihm sein Name auf. Er blätterte weiter und fand seinen Namen immer wieder. Auf einem Blatt stieß er auf eine Notiz, dass das Geld offensichtlich für ihn bestimmt war.
Alles, die Dokumente im Koffer, die Unterlagen und sogar gewisse Fingerabdrücke schienen sich gegen ihn zu richten und darauf hinzudeuten, dass er etwas mit einer augenscheinlich krummen Sache zu tun haben könnte. Doch Larsen wusste tief in seinem Innern, dass er nichts mit irgendeinem Verbrechen zu tun hatte. Dennoch hatten sich der Fund und seine „Beweise“ gegen Larsen schnell unter den Kollegen herumgesprochen.
In den ersten Tagen der Ermittlungen hatte Larsen das Gefühl, dass seine Kollegen ihn skeptisch anblickten. Vielleicht bildete er sich das aber auch nur ein. Vor lauter belastenden Hinweisen schien es, als würde jemand versuchen, Larsen in einen Strudel aus Schuld und Verbrechen hineinzuziehen. Selbst langjährige Freunde und Kollegen konnten kaum glauben, dass der stets gewissenhafte Polizeihauptkommissar in einen solch perfiden Fall von Geldwäsche oder Ähnlichem verstrickt sein könnte.
Während die Ermittlungen voranschritten, wuchs jedoch der Druck auf Larsen. Mit zäher Entschlossenheit begann er, sich durch eigene Recherchen den Hintergründen der Indizien zu widmen. Doch die Beweislage war so konstruiert, dass sie kaum Raum für Zweifel ließ. Auf dem Papier schien alles gegen ihn zu sprechen. Seine Kollegen, die durch die Fülle vermeintlicher Beweise verunsichert waren, blieben skeptisch und der öffentliche Druck ließ ihn an fast jedem Schritt zweifeln.