Larsen und die Tote im Kniepsand - Thomas Meinen - E-Book

Larsen und die Tote im Kniepsand E-Book

Thomas Meinen

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Beschreibung

Oskar, der Rauhaardackel von Polizeihauptkommissar Hauke Larsen, gräbt im Kniepsand auf der sonst so idyllischen Insel Amrum einen Knochen aus. Als Larsen weitergräbt, entdeckt er ein komplettes Skelett. Das riecht förmlich nach einem Fall. Am Ende sind es schließlich sogar zwei Leichen. Polizeihauptkommissar Larsen und sein Kollege Abbo Nissen haben viel zu tun. Ein verzwickter Fall wieder mit viel Lokalkolorit.

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Seitenzahl: 143

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Larsen und die Tote im Kniepsand

 

 

 

 

 

Larsen und die Tote im Kniepsand

 

Thomas Meinen

 

 

 

 

Larsen

 

 

 

 

 

 

und die Tote im Kniepsand

 

 

 

 

 

Ein Amrum Krimi

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Thomas Meinen, 2025

 

Die Handlung ist frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder mit lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum:

 

Texte: Copyright by Thomas Meinen

Bilder: KI-generiert

Umschlaggestaltung: Copyright by Thomas Meinen

 

Verlag:

Thomas Meinen

Schwester-Macra-Straße 6

63457 Hanau

[email protected]

 

Vertrieb: epubli - ein Service der Neopubli GmbH, Berlin

Rüm hart - klaar kimming

 

Gewidmet all denen, die ein weites, menschenfreundliches Herz und einen weiten, vorurteilsfreien Blick haben.

Kapitel 1

 

Stürmisch war es, wie man es im späten Herbst auf Amrum erwarten konnte. Die Wellen schlugen gegen die Küste, und der Wind heulte durch die Straßen des kleinen Dorfes Nebel. Das Leben hier auf der Insel wurde begleitet von Ebbe und Flut und es gab Zeiten, in denen sie das Leben sogar bestimmten. Ein ständiges Kommen und Gehen des Wassers war dennoch etwas Verlässliches und gab den Menschen auch einen gewissen Halt. Jetzt zum Winter hin tickten die Uhren hier allerdings anders. Die hektische Zeit der Hochsaison war erst einmal vorbei und alle sehnten sich nach etwas Ruhe, bis es im nächsten Jahr wieder mit Volldampf von vorne losgehen sollte.

 

Polizeihauptkommissar Hauke Larsen nutzte jetzt jede Gelegenheit, draußen zu sein, und war nach seiner Frühschicht wieder einmal mit seinem Hund Oskar, den er sich vor zwei Jahren angeschafft hatte, an seinem Lieblingsstrand bei Norddorf spazieren. Zu dieser Jahreszeit war kaum noch jemand hier. Streckenweise war er sogar mit Oskar alleine am Strand. Das Wetter störte ihn nicht. Dann ließ er seinen Rauhaardackel auch schon einmal von der Leine. Der machte sich auf seinen kurzen Beinchen auch gleich in Richtung Wasser auf den Weg. Im Sand zu graben, machte ihm am meisten Spaß. Larsen schaute seinem Hund gerne dabei zu. Der entfernte sich jedoch immer weiter von ihm. Hinter einer Sanddüne war der Hund plötzlich verschwunden.

 

Larsen rief nach ihm, aber Oskar, so hieß der kleine Kerl, weil er ein sogenannter O-Wurf war, den er bei einer Züchterin in Hessen abgeholt hatte, reagierte nicht auf das Rufen. Eben ein Dackel, der ein Eigenleben führte. Dafür wurde er aber auch gezüchtet. Der Dackel ist ein Jagdhund, der zwar klein ist, dafür aber ein ausdauernder Alleinjäger, der selbstständig Entscheidungen treffen muss. Er hat einen starken Willen, Beharrlichkeit und beweist bei der Jagd auf Dachs oder Fuchs großen Mut.

 

Irgendwann wurde es Larsen dann aber doch zu bunt. Denn in die Dünen durfte der Hund auf keinen Fall, geschweige denn dort graben. Die Dünen waren die Lebensversicherung für die Insel und deshalb für alle tabu. Er lief in die Richtung, in der Oskar verschwunden war und fand ihn schließlich dabei, wie der im Kniepsand buddelte und der halbe Körper bereits im Sand verschwunden war. Larsen ging zu ihm, packte ihn und zog ihn aus dem Loch heraus. Er wunderte sich, dass der Hund hier gegraben hatte, und schaute nach, wonach Oskar denn dort gesucht hatte.

 

Larsen leinte seinen Hund zunächst wieder an und beugte sich dann hinunter, um in das Loch hinein zu schauen. Er war sich nicht sicher, ob das, was er sah, ein Knochen war. Larsen griff also hinein und zog an dem Gegenstand. Als er ihn endlich herausgezogen hatte, kam tatsächlich ein Knochen zum Vorschein. Larsen hatte von Anatomie nicht sehr viel Ahnung, aber für ihn sah das aus wie ein menschlicher Oberschenkel.

 

Wie kam ein menschlicher Oberschenkelknochen hierher in den Kniepsand? „Ein Knochen kommt selten allein“, dachte Larsen und buddelte jetzt selbst in dem Loch, das Oskar für ihn vorbereitet hatte. Er musste gar nicht viel Sand herausholen, als er einen weiteren Knochen freigelegt hatte. Jetzt wurde es langsam spannend. Er holte sein Handy aus der Tasche, rief kurzerhand in der Polizeistation an und bat die Kollegen, an den Strand in Höhe von Norddorf zu kommen. „Bringt ein paar Schaufeln mit und Absperrband“, sagte er noch und wartete auf seine Kollegen.

 

Währenddessen legte er weitere Knochen frei. Die formten sich allmählich zu einem menschlichen Skelett, so viel war schnell klar, und alles an diesem Fund schrie förmlich „alt“, von der bräunlichen Verfärbung bis zur Beschaffenheit der brüchigen Überreste. Mit geübtem Blick nahm Larsen die Lage in Augenschein. Alles deutete darauf hin, dass dieses Skelett seit Jahrzehnten – vielleicht Jahrhunderten – unter dem Sand verborgen gelegen hatte.

 

Und doch … da war etwas, das ihn innehalten ließ. Ein Instinkt, geformt durch unzählige Fälle und jahrzehntelange Erfahrung. Es war nicht greifbar, nicht konkret, und doch wusste Larsen, dass er diesen Fund nicht einfach dem Vergessen überlassen konnte. Vielleicht war es einfach sein kriminalistischer Spürsinn, der Alarm schlug.

 

„Oskar, wir haben Arbeit“, murmelte er, holte seinen Notizblock und begann, akribisch festzuhalten, was er sah: den Zustand der Knochen, die genaue Position, die Beschaffenheit des Sandes darum herum. Für ihn war es keine Frage – der Fund musste behandelt werden wie ein aktueller Fall, und nichts durfte dem Zufall überlassen werden.

 

Während die Schatten der sinkenden Sonne sich über den Strand legten, schienen die Knochen ihn anzusehen. Etwas war ungewöhnlich, das konnte er nicht leugnen. Doch die Natur dieses Fundes würde sich erst später offenbaren. Larsen war sich einer Sache sicher: Egal wie alt es aussah, der Fall war noch nicht abgeschlossen. Da war mehr. Ein Gefühl, ein instinktiver Drang, der Larsen dazu brachte, aufmerksam den Sand zu betrachten, der an Oskars Pfoten klebte. Ohne lange nachzudenken, griff er nach einer kleinen Beweismitteltüte aus seiner Jackentasche und sicherte eine Probe des feinen, feuchten Sandes. Er wusste selbst nicht genau, warum. Es war diese leise Stimme seines kriminalistischen Instinkts, die ihn antrieb. Und wie sich später herausstellen sollte, war das eine gute Entscheidung.

Kapitel 2

 

Seine Leute in der Polizeistation wunderten sich zunächst, packten dann aber die gewünschten Teile in den Kofferraum des Streifenwagens und fuhren nach Norddorf. Abbo Nissen war mal wieder nicht dabei. Der saß vermutlich auf einer Bank am Wasser und aß sein obligatorisches Fischbrötchen, mindestens das zweite an diesem Tag, wie immer mit einer extra Portion Zwiebeln.

 

Nachdem die Kollegen in Norddorf eingetroffen waren, gingen sie hinunter zum Strand. Schaufeln und Absperrband hatten sie mitgebracht. Larsen winkte sie herbei. „Also, Kollegen“, fing Larsen an. „Ich bin mir nicht ganz sicher, aber möglicherweise haben wir es hier mit einemVerbrechen zu tun“. Obwohl keine Menschenseele zu sehen war, steckten sie den Fundort zunächst einmal großzügig mit Flatterband ab. „Polizeiabsperrung stand darauf. Zutritt verboten“. Sollte es sich tatsächlich um einen Leichenfund handeln, müsste mal wieder jemand aus Flensburg vorbeikommen und die Spurensicherung gleich mit. Da gehörte es sich so, dass der Fundort, möglicherweise sogar ein Tatort, gesichert wurde. Schließlich waren auch sie Profis.

 

Anschließend machten sie sich an die Arbeit und begannen, weiter zu graben. Ganz vorsichtig, Schicht für Schicht trugen sie den Sand ab. Jetzt kamen immer mehr Knochen zum Vorschein. Etwa nach einer halben Stunde hatten sie ein vollständiges Skelett freigelegt. „Ist das echt?“, fragte einer der Kollegen. „Glaub schon“, meinte Larsen, war sich aber auch nicht sicher.

 

Hier am Strand konnte man schon manchmal merkwürdige Dinge finden, die angespült wurden. Seehunde und Heuler selbstverständlich, aber auch Muscheln und Austern, Quallen, Seesterne, sogar Wrackteile und verlorene Schiffsladungen. Auf der unbewohnten Wattenmeerinsel Minsener Oog südöstlich der Insel Wangerooge wurde unlängst sogar ein Buckelwal gefunden. Aber ein vollständiges, dazu noch echtes menschliches Skelett hatten sie hier auch noch nicht gefunden.

 

Jetzt war es wohl an der Zeit, die Kollegen in Flensburg zu informieren. Sollte es sich hierbei nämlich um ein Kapitalverbrechen handeln, musste die übergeordnete Dienststelle darüber informiert werden. Also nahm Larsen sein Handy aus der Tasche und rief in Flensburg an, um die Kollegen dort über den Fund und Fundort eines vermutlich menschlichen Skeletts zu informieren. „Was meinen Sie mit vermutlich menschlich? Ob Mensch oder Tier werden Sie doch unterscheiden können oder?“, meinte jemand am anderen Ende der Leitung. „Sie werden es nicht glauben, Herr Kollege. Das kann ich. Gemeint habe ich damit, dass es sich wohl um ein echtes Skelett handelt, also von einem echten Menschen“, erwiderte Larsen etwas gereizt. „Verstanden. Wir machen uns auf den Weg“, meinte der freundliche Mensch und legte auf.

 

Mit dem Feierabend war es nun wohl vorbei. Aber seinen Hund konnte er hier gerade nicht gebrauchen. Bis jetzt war der zwar erstaunlich ruhig geblieben, für einen Dackel eher untypisch. Trotzdem störte er jetzt mehr, als er nützlich sein konnte. Er rief Bente an, die Bedienung aus dem Restaurant Dörnsk. Hauke Larsen und Bente Broders waren inzwischen auch offiziell ein Paar und wohnten in einer gemeinsamen Wohnung in Norddorf. Da das Lokal nicht geöffnet war, hatte Bente Zeit und kam, so schnell sie konnte, vorbei und holte Oskar ab. „Was ist passiert?“, wollte sie wissen. „Wir haben da was im Sand gefunden und müssen das jetzt untersuchen“, erwiderte Larsen und bedankte sich bei Bente. Oskar ging ohne Zögern mit ihr zum Auto und sie fuhren zurück zu ihrer Wohnung.

 

Larsen legte den Knochen, den sein Hund ausgegraben hatte, wieder an seinen Platz und machte mit seinem Handy jede Menge Fotos von dem Skelett. Sie ließen es aber so liegen, wie sie es gefunden und ausgegraben hatten, bis die Spurensicherung hier eintraf. Das Flensburger Team der Spurensicherung kam dann tatsächlich einige Zeit später mit dem Hubschrauber am Hubschrauberlandeplatz in Nebel an. Ganz in der Nähe der Fachklinik Satteldüne, einer Einrichtung für Atemwegserkrankungen. Larsen staunte, als sich ihm zunächst eine Kollegin vorstellte.

 

„Guten Tag. Mein Name ist Meyerhofer. Hannah Meyerhofer von der Kripo Flensburg.“ „Und wo ist Kommissarin Petersen?“, wollte Larsen direkt wissen. „Entschuldigung. Moin, sollte ich wohl erst einmal sagen.“ „Kein Problem“, erwiderte Kriminalkommissarin Meyerhofer. „Oh, sie ist die Karriereleiter hinaufgefallen und arbeitet nun in Kiel beim Landeskriminalamt.“ „Donnerwetter“, staunte Larsen, konnte sich das bei dem Ehrgeiz der jungen Kollegin aber gut vorstellen. „Sie haben wenigstens keine Angst vorm Fliegen, so wie Ihre Vorgängerin“, fügte er noch hinzu. „Das geht dann auch etwas schneller als mit der Fähre.“ Kommissarin Meyerhofer wusste im Moment nicht so genau, was Larsen ihr damit sagen wollte.

Kapitel 3

 

Die Spurensicherung begann sofort mit ihrer Arbeit. Die Kriminaltechniker zogen weiße Schutzanzüge an, streiften sich Handschuhe über und holten das mitgebrachte Equipment aus den mitgebrachten Koffern. Sie fotografierten das Skelett zunächst von allen Seiten und suchten nach Spuren. Da das Skelett wohl schon längere Zeit im Sand gelegen hatte, fand die Spurensicherung allerdings zunächst nichts Verwertbares. Überraschend war allerdings, dass weder Reste von Kleidung noch Schmuck oder ähnliches gefunden wurden.

 

Die Kollegen von der Spurensicherung stellten dennoch einen Faltpavillon auf, um einerseits den Fundort vor neugierigen Blicken zu schützen, aber auch aus Gründen des Wetterschutzes und um doch eventuelle Spuren zu schützen. Auch der Kriminaltechniker Jensen war ausnahmsweise wieder dabei. „Hallo, wie geht es dir, Jens“, fragte Larsen den Kollegen. „Lange nicht gesehen.“ „Hallo Hauke. Ja stimmt. Das letzte Mal war es ein toter Wikinger und jetzt ein Skelett. Hier auf Amrum scheinen mysteriöse Dinge vor sich zu gehen“, antwortete Jensen, allerdings mit einem Augenzwinkern. „Scheint so“, meinte Larsen. „Ich bin gespannt auf euren Bericht.“ „Ich auch, Hauke“, meinte der Kriminaltechniker und ging zurück an seinen `Arbeitsplatz´.

 

Mit Pinseln befreiten die Kriminaltechniker die Knochen von den Sandkörnern und einer hob den Kopf des Ske-

letts ganz vorsichtig an und betrachtete ihn von allen Seiten. Kurze Zeit später kam Jensen noch einmal auf Larsen zu. „Die Frau weist Spuren von stumpfer Gewalt am Hinterkopf auf. So viel können wir schon einmal sagen“, meinte Jensen. „Wieso Frau?“, wollte Larsen wissen. „Eigentlich ganz einfach, wenn man sich mit Anatomie auskennt. Man erkennt das am Körperbau. So wie es aussieht, ist das Skelett das von einer Frau“, meinte Jensen. „Form und Breite des Beckens entsprechen denen einer Frau.“ „Ach ja“, meinte Larsen. „Ja“, erwiderte Jensen. „Frauen haben zum Beispiel längere und scharfkantigere Schambeine und ein gerades Kreuzbein, die einen deutlich breiteren Beckenkanal bilden“, fuhr Jensen fort.

 

„Also, wenn du mich fragst, ist das eindeutig eine Frau gewesen.“ Habt ihr schon eine Idee, wie lange das Skelett hier schon liegt und wie alt die Frau gewesen ist?“, wollte Larsen wissen. Jensen schaute ihn an. „So viel ist schon mal sicher, die Frau hatte zuletzt Labskaus gegessen, Hauke. Anschließend genehmigte sie sich noch eins, zwei Gläser Öömrang Gin.“ „Das kannst du jetzt schon sagen? Donnerwetter“, meinte der. „Natürlich nicht. Das war ein Scherz. Genauso wenig können wir im Moment etwas über das Alter sagen, noch, wie lange die Tote hier schon gelegen hat“, erwiderte Jensen. „Da musst du dich leider noch etwas gedulden.“

 

Kriminalkommissarin Meyerhofer, die jetzt die Ermittlungen leitete, stand die ganze Zeit daneben und musste etwas schmunzeln, als Jensen versuchte, Larsen auf die Schippe zu nehmen, mischte sich aber nicht ein. Ihre ehemalige Kollegin hatte sie schon vorgewarnt, dass Larsen es nicht gern hatte, wenn man ihm jemanden vor die Nase setzte. Er löste die Fälle lieber selbst. Kommissarin Meyerhofer hatte kein Problem damit und ließ ihn einfach machen. „Eine Frage habe ich noch. Was ist Labskaus und was soll die Frau getrunken haben? Öhmrank?“, fragte Kommissarin Meyerhofer. „Öömrang. Das ist ein Dialekt der nordfriesischen Sprache, der nur hier auf Amrum gesprochen wird. Leider gibt es nicht mehr viele, die Öömrang sprechen, geschweige denn verstehen können“, erklärte Larsen. „Ok. Gin habe ich verstanden. Was war das andere noch mal?“ „Labskaus“, antwortete Larsen. „Das würde jetzt dauern, Ihnen das zu erklären. Wir können ja nach Feierabend ins Restaurant Dörnsk gehen. Dann könnten Sie Labskaus essen und anschließend einen Öömrang Gin probieren.“ „Mal sehen. So und jetzt aber weiter mit unserem Fall“, meinte Meyerhofer.

Kapitel 4

 

„Lassen Sie die Kriminaltechniker hier ihre Arbeit machen. Können wir derweil in die Polizeistation fahren?“, fragte Kommissarin Meyerhofer nach einer Weile. „Selbstverständlich“, antwortete Larsen und die beiden gingen zu seinem Auto. Auf der Fahrt nach Nebel fing Larsen an, über seine Heimat zu sprechen.

 

„Sie müssen wissen“, begann er. „In Steenodde, ganz im Süden der Insel, steht mein Geburtshaus. Steenodde ist ein Friesendörfchen wie aus dem Bilderbuch. Klein, eigen, idyllisch. Auf dem Deich grasen Schafe, an der Mole treiben Segelboote und Jachten, Sandbuchten laden zum Buddeln, Picknicken und Kitesurfen ein.“ „Das klingt ja wie aus einem Reiseprospekt“, meinte Kommissarin Hannah Meyerhofer, war aber insgeheim beeindruckt, beinahe neidisch auf Larsen, der so viel für seine Heimat empfand.

 

„In Flensburg gibt es bestimmt auch die eine oder andere Attraktion. In meinem Geburtsort Steenodde gibt es dagegen viele Hinweise auf eine prähistorische Besiedlung. Dazu zählen zum Beispiel das Hünengrab Dolmen und der fast fünf Meter hohe Esenhugh, ein Grabhügel aus der Bronzezeit. In direkter Nähe befindet sich darüber hinaus ein Gräberfeld aus der Zeit der Wikinger, von dem zahlreiche niedrige Kuppen zu sehen sind“, fuhr Larsen fort und Kommissarin Meyerhofer hörte gespannt zu. Sie verstand langsam, was die Insel für Larsen und eigentlich alle anderen Menschen, die hier lebten, bedeutete. Wikinger, Mythos und Verklärung waren allgegenwärtig.

 

Auch aus der Zeit der Wikinger stammte der fast zwei Kilometer lange Krümwal, ein knapp zwei Meter hoher Erdwall, der von Süddorf bis Steenodde reichte. Wahrscheinlich könnte Meyerhofer ihm stunden-, wenn nicht tagelang zuhören. Nicht nur, weil er so viel über die Geschichte Amrums wusste. Sie spürte auch, dass er tief verwurzelt mit der Insel und seiner Geschichte war. Das vermisste sie ein bisschen und war darüber etwas traurig. Ihre Lebensgeschichte war eine andere, die leider nicht so ganz einfach war.

 

„Kollege Larsen“, unterbrach sie ihn. „Sie können mir die Geschichte der Insel und ihrer Familie gerne ein anderes Mal erzählen, aber lassen Sie uns auf unseren Fall zurückkommen.“ „Sie haben recht. Entschuldigen Sie“, erwiderte Larsen. Wenn er einmal anfing, über die Insel und seine Familie zu reden, dann fand er einfach kein Ende.

 

In Nebel im Sanghughwai angekommen, stiegen sie aus dem Fahrzeug aus. Die Polizeistation befand sich in einem Backsteingebäude, ziemlich unspektakulär. Nur ein kleines Schild links neben der Eingangstür ließ erkennen, dass es sich um eine Polizeistation handelte. „Willkommen in der Polizeistation Wyk auf Föhr“, knirschte Larsen und schob noch ein leises „Zweigstelle Nebel, treten Sie näher“, hinterher. Larsen setzte sich gleich an seinen Schreibtisch, seine Stirn in Falten gelegt, während er die Tatortfotos betrachtete. Kommissarin Meyerhofer stand neben ihm, ihre Haltung offen, aber bestimmt.

 

„Ein Mord auf Amrum. Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas hier noch einmal erleben würde. Bisher ging es meistens um Fahrraddiebstähle und streitende Strandkorbvermieter“, sagte Larsen und atmete dabei tief ein. Kommissarin Meyerhofer nickte langsam. „Das ist eine außergewöhnliche Situation, Kollege. Aber ich weiß, dass Sie Ihr Bestes tun. Sie haben die Insel und ihre Menschen im Griff wie kaum jemand anderes.“ Larsen schüttelte den Kopf. „Und trotzdem wird mir ein Mord nicht allein zugetraut. Nach all den Jahren ... Ich weiß, dass ich meine Arbeit ernst nehme, Frau Kommissarin. Es ist nur ... schwer für mich, müssen Sie wissen, jemand anderen dabei zu haben.“