Lass dich verführen: Große Gefühle bei Droemer Knaur #04 - Mhairi McFarlane - kostenlos E-Book

Lass dich verführen: Große Gefühle bei Droemer Knaur #04 E-Book

Mhairi McFarlane

0,0
0,00 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Lässt du dich gerne von romantischen Geschichten verführen? Magst du Romane mit modernen und starken Frauen? Fühlst du mit bei dramatischen Schicksalsschlägen? Dann ist dieser Leseproben-Mix genau das Richtige für dich! Lass dich in »Das Leben braucht mehr Schokoguss« von Mias Liebe zu Schokolade anstecken. Und vielleicht auch von ihrer Liebe zu Fabian? Verfolge in »Glück. Allein.« Lauras Plan, sich endlich ihren Wunsch nach einem Kind zu erfüllen – ohne Sex, ohne Liebe, ohne Stress. Aber kann das wirklich so problemlos funktionieren? Und wird Fynn seiner Kommilitonin Marie endlich sein Geheimnis und seine Liebe gestehen können? Oder wird er sie für immer verlieren, wenn er ihr anvertraut, dass er trans ist? Finde es heraus in »Not Your Type« von Alicia Zett! Diese und weitere Geschichten zum Mitfühlen und Verlieben von Autorinnen wie Mhairi McFarlane, Dani Atkins, Monika Maifeld mehr findest du in der Leseproben-Sammlung von Droemer Knaur. Große Gefühle garantiert! Dieses kostenlose eBook enthält Leseproben zu: - Mhairi McFarlane, »Aller guten Dinge sind zwei« - Ella Lindberg, »Das Leben braucht mehr Schokoguss« - Julia Zweig, »Glück. Allein.« - Julie Birkland, »Hoch wie der Himmel« - Alicia Zett, »Not Your Type« - Nina Bilinszki, »An Ocean Between Us« - Magne Hovden, »Die Kunst, einen Elefanten zum Tanzen zu bringen« - Monika Maifeld, »Tür an Tür mit der Liebe« - Dani Atkins, »Wohin der Himmel uns führt«

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI
PDF

Seitenzahl: 284

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Lass dich verführen: Große Gefühle bei Droemer Knaur

Ausgewählte Leseproben von Dani Atkins, Mhairi McFarlane, Monika Maifeld, Julie Birkland uvm.

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

VorwortMhairi McFarlane – Aller guten Dinge sind zweiElla Lindberg – Das Leben braucht mehr SchokogussJulia Zweig – Glück. Allein.Julie Birkland – Hoch wie der HimmelAlicia Zett – Not Your TypeNina Bilinszki – An Ocean Between UsMagne Hovden – Die Kunst, einen Elefanten zum Tanzen zu bringenMonika Maifeld – Tür an Tür mit der LiebeDani Atkins – Wohin der Himmel uns führt
[home]

 

 

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

schon mal einen Korb bekommen? Wir hätten da einen Vorschlag: Füll ihn mit Büchern!

 

… und diese hier sind perfekt.

Bei Droemer Knaur erscheinen im Herbst 2020 wieder einige Bücher, die dein Herz höherschlagen lassen, dich zum Träumen bringen oder dich auch einfach über den letzten Korb hinwegtrösten und dir die Zeit verkürzen, bis du deine große Liebe triffst – falls du sie nicht schon gefunden hast. :)

 

Obwohl uns die Männer manchmal natürlich auch ganz schön in den Wahnsinn treiben können. Wie zum Beispiel Dan in Mhairi McFarlanes neuem Roman Aller guten Dinge sind zwei: Immer wieder hat er Lauries Wunsch, eine Familie zu gründen, ignoriert – nur um dann abzuhauen und mit seiner Neuen genau das zu tun. Aber zum Glück gibt es Jamie, mit dem Laurie einen super Plan schmiedet, um sich an Dan zu rächen.

 

Oder wie wäre es mit Fabian in Ella Lindbergs romantisch-witzigem Roman Das Leben braucht mehr Schokoguss? Immerhin ist er Geschäftsführer einer Schweizer Schokoladenmanufaktur, und wer würde da nicht schwach werden? Mia ist jedenfalls nicht abgeneigt, wenn da nicht die Ex(?)-Verlobte Isabella wäre …

 

Aber brauchen wir die Männer wirklich, um glücklich zu sein? Nein! Findet jedenfalls Laura in Julia Zweigs Debüt Glück. Allein., denn ein Kind kann frau heutzutage schließlich auch ohne festen Partner bekommen.

 

Annik dagegen hatte den perfekten Mann in Julie Birklands Roman Hoch wie der Himmel schon gefunden. Doch er wurde ihr durch einen tragischen Unfall wieder entrissen. Im malerischen Lillehamn in Norwegen will sie einen Neuanfang wagen – und verliebt sich dabei nicht nur in die Landschaft …

 

Dass am Ende alle vermeintlichen Schwierigkeiten und Vorurteile unwichtig sind, Hauptsache, man kann zusammen glücklich werden, zeigt uns Alicia Zett in ihrer New-Adult-Geschichte Not Your Type. Marie ist unheimlich verliebt in ihren Kommilitonen Fynn. Doch Fynn hat ein Geheimnis, das er vor seinen Freunden – und vor allem vor Marie – sorgsam verbirgt: Er ist trans. Na und? Marie liebt ihn, und das ist das Wichtigste.

 

Ganz so einfach ist es bei Avery in An Ocean Between Us von Nina Bilinszki nicht. Denn an ihrer neuen Uni trifft sie als Erstes auf den arroganten Starschwimmer Theo. Wobei der erste Eindruck schließlich auch täuschen kann, oder meint ihr nicht?

 

Und apropos erster Eindruck … Lise in Magne Hovdens Die Kunst, einen Elefanten zum Tanzen zu bringen ist auf den ersten Eindruck auch nur eine kalte Geschäftsfrau, die den von ihr geerbten, aber bankrotten Zirkus Fandango so schnell wie möglich verkaufen möchte. Aber wer kann sich dem Zauber eines alten Zirkus, dem Kampfgeist der altgedienten Artisten und dem Schmerz einer depressiven Elefantendame entziehen? Vielleicht schlummert ja sogar in Lise am Ende ein weiches Herz …

 

Ach ja, und noch ein oft gehörter Tipp von wegen Liebe: Fange niemals etwas mit deinem Mitbewohner an, das kann einfach nicht gut gehen! … Außer vielleicht bei Lena und Jonas in Tür an Tür mit der Liebe von Monika Maifeld. Oder hätten sie den Ratschlag nicht doch besser befolgt?

 

Doch ehrlich gesagt ist die größte Liebe doch die der Eltern zu ihrem Kind. Aber was passiert, wenn diese Liebe plötzlich infrage gestellt wird? Diesem Umstand müssen sich nämlich Izzy und Beth in Wohin der Himmel uns führt von Dani Atkins stellen, und mit Sicherheit bleibt da kein Auge trocken …

 

Liebe Leserin, lieber Leser, das sind nur ein paar unserer Bücher im Herbst. Also: Lass dich verführen, himmel unsere Stars an – ähm, die Männer und Frauen in den Geschichten unserer Autorinnen und Autoren –, und träum dich ein paar Stunden weg. Denn am Ende gilt: Egal, ob du mit deiner großen Liebe schon glücklich bist oder sie noch auf dich wartet, in ein gutes Buch kann man sich immer verlieben. ;)

 

Und wir wünschen dir viel Spaß dabei! Viel Spaß beim Lesen! Viel Spaß beim Mitfiebern und Mitfühlen! Viel Spaß beim Verlieben!

 

Euer

Droemer Knaur-Team

[home]

Mhairi McFarlane

Aller guten Dinge sind zwei

Aus dem Englischen von Maria Hochsieder.

Über dieses Buch

Von heute auf morgen steht die 36-jährige Laurie vor den Scherben ihres ganzen Glücks: Ihre große Liebe Dan trennt sich von ihr. Um sich selbst neu zu finden, wie er sagt – eine Neue hat er allerdings auch schon gefunden. Und die ist bald darauf auch noch schwanger, obwohl Dan Lauries Kinderwunsch jahrelang abgeschmettert hat … Eines Abends bleibt Laurie im Fahrstuhl stecken, und das ausgerechnet mit ihrem als Weiberheld verrufenen Kollegen Jamie. Gezwungenermaßen kommen die beiden ins Gespräch – und stellen fest, dass sie einander nützlich sein könnten. Es geht ja nur um ein bisschen Schauspielerei. Oder?

[home]
1

Dan

Wann kommst du nach Hause? Ungefähr?

 

Laurie

Weiß nicht. HOFFENTLICHBALD.

 

Dan

Hoffentlich?

 

Laurie

Die trinken den Prosecco hier mit Himbeeren ☺

 

Dan

Ich dachte, du magst Prosecco. Und Himbeeren

 

Laurie

Tu ich auch! Ich habe selber einen. ☺ Aber das steht für eine ganz bestimmte Art von »Mädelsabend«, die einfach nicht zu mir passt. Sie nennen es »Prickelbrause« 😐

 

Dan

Dein Problem ist, dass das Zeug anderen Leuten auch schmeckt? Ich glaube ja nicht, dass ich mich im Pub jemals darüber beschweren würde, wenn die anderen dasselbe bestellen wie ich. ☺

 

Laurie

… Abgesehen von dem Mal, wo du gesagt hast, dass du Junggesellenabschiede hasst, die damit losgehen, sich um 7 Uhr morgens bei Spoons in Gatwick zehn Gläser Stella Artois reinzuschütten.

 

Dan

Du kannst es wohl nicht eine Minute bleiben lassen, Juristin zu sein?

 

Laurie

HA. Vertippt. Eigentlich wolltest du schreiben: Hast mich in flagranti ertappt, Champ. ☺

 

Dan schreibt …

 

Dan schreibt …

 

Zuletzt online heute 21:18

Dan schien es sich anders überlegt zu haben. Laurie klickte das Display aus und steckte ihr Handy zurück in die Tasche.

Eigentlich hatte sie gar nichts gegen das Klischee, Hauptsache Alkohol – der Versuch, sarkastisch zu sein, war eher Maulheldentum. Es war ein Hilferuf. Laurie fühlte sich verloren, und das Handy war die Verbindung zum sicheren Hafen. Der heutige Abend war ein unfreiwilliger Flashback der Gefühlszustände, die sie in den Mittagspausen in der Schule erlebt hatte, ausgelöst von der Tatsache, eine alleinerziehende Mutter zu haben und weder Geld noch Coolness zu besitzen.

Bislang hatten die »Mädels« die Vorteile von Augenbrauen-Mikroblading diskutiert (»Diese Ashley, die bei Stag Communications arbeitet, sieht aus wie Eddie Munster«)und ob Marcus Fairbright-Page bei KPMG ein fieses Arschloch war, das reihenweise Herzen und Bettgestelle brach (nach allem, was Laurie gehört hatte, würde sie klar und deutlich Ja sagen, aber sie hatte auch verstanden, dass ein Urteil nicht wirklich erwünscht war). Und darüber, wie viele Strecksprünge aus der Liegestütze man beim HIIT-Workout im Virgin-Active-Fitnessclub schaffte (keine Ahnung, vermutlich keinen).

Sie alle waren so glamourös und feminin, sorgfältig herausgeputzt, zur öffentlichen Darbietung geschaffen. Laurie fühlte sich wie eine Taube mit spülwassergrauem Gefieder in einem Gehege voller zwitschernder Tropenvögel.

Emily war ihr wirklich was schuldig. Ungefähr alle drei Monate flehte ihre beste Freundin Emily, Inhaberin einer PR-Agentur, Laurie an, beim Mitarbeiterabend dabei zu sein, damit er »nicht so öde« würde, weil sie andernfalls über nichts anderes als die neuen Kunden redeten, und der heutige Abend war mal wieder das Resultat. Als Geschäftsführerin und Gastgeberin saß Emily am Kopfende des Tisches, ließ alles auf die Firmenkreditkarte setzen und reichte Nocellara-Oliven und Salzmandeln herum. Laurie, die verspätet eingetroffen war, saß am entgegengesetzten Ende.

»Und, wer war das?«, fragte Suzanne rechts von ihr. Suzanne hatte wunderschönes, schulterlanges, dichtes, vanillepuddingblondes Haar und den strengen Blick eines Zollbeamten.

Laurie drehte sich zu Suzanne und verbarg ihre Gereiztheit hinter der Attrappe eines Bauchrednerlächelns. »Wer war was?«

»Am Handy! Du warst ja ganz vertieft.« Suzanne verdrehte ihre Rehaugen und imitierte einen schimpansenartigen Trancezustand, während sie mit den Händen über ein imaginäres Display wischte. Vom Alkohol angeregt, juchzte sie mädchenhaft, jene Art Lachen, das grausam wirken konnte.

»Mein Freund«, erwiderte Laurie.

Das Wort »Freund« fing zwar langsam an, ein bisschen dämlich zu klingen, dachte Laurie, aber »Partner« wirkte so dröge und steif. Sie ahnte, dass die Gesellschaft, in der sie sich gegenwärtig befand, sie bereits als genau das abgestempelt hatte.

»Ach … Ihr kennt euch wohl noch nicht lange?« Mit gespreizten Fingern strich sich Suzanne das Märchenprinzessinnenhaar hinter die Ohren und spitzte die Lippen.

»Haha! Kann man nicht gerade sagen. Wir sind zusammen, seit wir achtzehn waren. Wir haben uns an der Uni kennengelernt.«

»O mein GOTT«, sagte Suzanne. »Und du bist wie alt?«

Laurie spannte die Bauchmuskeln an und antwortete: »Sechsunddreißig.«

»Oh, mein GOTT!«, kreischte Suzanne noch einmal, laut genug, um die Aufmerksamkeit von ein paar der anderen auf sich zu ziehen. »Und ihr wart die ganze Zeit zusammen? Keine Seitensprünge oder Trennungen? Er ist tatsächlich dein erster Freund?«

»Ja.«

»Das hätte ich niemals fertiggebracht. O mein Gott. Wow. War er dein …«, sie senkte die Stimme, »allererster …?«

Laurie krümmte sich innerlich.

»Bisschen sehr persönlich nach gerade mal zwei Drinks, oder?«

Suzanne ließ sich nicht beirren.

»Ach, du liebes bisschen. Meine Güte, nein!«, sagte sie fröhlich, als mache sie nette Witze, statt voreingenommen, obszön und überhaupt grauenhaft zu sein. »Aber ihr seid nicht verheiratet?«

»Nein.«

»Möchtest du denn?«

»Nicht unbedingt«, sagte Laurie und zuckte die Schultern. »Ich bin weder besonders für noch gegen das Heiraten.«

»Vielleicht, wenn ihr mal Kinder habt?«, schlug Suzanne vor. Ach, wie subtil. Hau doch einfach ab, du blöde Kuh.

»Bist du verheiratet?«, fragte Laurie.

»Nein!« Suzanne schüttelte den Kopf, und ihr wunderschönes Haar wogte. »Aber mit dreißig möchte ich es auf jeden Fall sein. Ich habe noch vier Jahre, um den Richtigen zu finden.«

»Warum mit dreißig?«

»Ich denke einfach, ich will nicht als alte Jungfer enden.« Sie hielt kurz inne. »Ist nicht persönlich gemeint.«

»Klar.«

Laurie erwog kurz, ob sie sagen sollte: Du weißt genau, wie grob das ist. Du weißt doch, dass man nicht einfach nicht persönlich gemeint ans Ende setzt, und damit ist alles gut? Dann wog sie in üblicher britischer Manier das Für und Wider von zehn Sekunden Triumph ab, die die peinlichen und feindseligen Stunden, die darauf folgen würden, nicht wert waren.

»Wer macht deinen Teint? Der ist ja ganz schön satt«, sagte Carly, die im Glitzertop auf der anderen Seite von Suzanne saß. Fassungslos prustete Laurie beinahe los. Was kommt als Nächstes? Wer macht deine Dauerwelle?

Eigentlich wusste sie nicht, warum sie so fassungslos war. Bekäme sie für jedes Mal, dass jemand ihre Hautfarbe kommentierte, ein Pfund, bräuchte sie sich keine Sorgen um die Hypothek für die Doppelhaushälfte in Chorlton machen. Menschen, die sich als Durchschnittsweiße mit normaler Körpergröße und sämtlichen Gliedmaßen in der Gesellschaft bewegten, hatten keine Ahnung, wie schockierend unverblümt die Leute sein konnten, wenn es um offensichtliche körperliche Unterschiede ging, dachte sie.

»Meine Mum kommt aus Martinique«, erklärte Laurie und erwartete, dass sich auf Carlys Gesicht ein Hinweis auf peinliche Berührtheit abzeichnete.

Doch das Warten war vergebens, wie sich zeigte.

»Deine was?«

»Martinique! Meine Mum kommt aus Martinique!«, schrie Laurie mit schriller Stimme gegen die Musik an und deutete auf ihr Gesicht. War es tatsächlich derart schwer, einen farbigen Menschen im Kerzenlicht zu erkennen?

»Deine Mum heißt Martine Ik?«

Scheiß drauf.

»Ich hole mir einen Old Fashioned«, sagte Laurie und erhob sich abrupt. Denkt euch doch über den Namen, was immer ihr wollt.

Da entdeckte sie die beiden, rein zufällig, als eine Lücke im Gedränge entstand. Unwillkürlich grinste Laurie, denn auch wenn es ein niederer Instinkt war, versetzte es ihr einen Nervenkitzel, jemanden bei etwas zu ertappen, das sie ganz bestimmt nicht zu Gesicht kriegen sollte – in einer Sitznische keine sieben Meter entfernt.

Ihr Kollege Jamie Carter verbrachte den Abend mit einer traumhaft schönen, jungen Frau. So weit, so absehbar. Doch es war nicht etwa eine unbekannte Schönheit, vielmehr war sich Laurie zu neunundneunzig Prozent sicher, dass die Frau, an die er sich schmiegte, Eve, die Nichte des Chefs war. Am Tag bevor sie in der Kanzlei angefangen hatte, hatte man Jamie ausdrücklich davor gewarnt, sich ihr zu nähern. Das hier war Zündstoff für die Gerüchteküche im Büro. Womöglich sogar arbeitsvertragsbeendender Zündstoff, je nachdem, wie ernst Mr. Salter seine Verantwortung nahm.

Die Warnung hatte im Büro für eine Menge Belustigung gesorgt: Jamie war tatsächlich eine Bedrohung für die Unschuld sittsamer Töchter.

»Man könnte Carter mit einer GoPro versehen, nach allem, was ich weiß«, hatte Laurie gejohlt. »Das geheime Leben des Vorstadtcasanovas.«

Laurie war gerade dabei gewesen, dunkelrote kernlose Trauben aus einer Tüte zu zupfen, als die Wangen von Büroassistentin Jasmine dieselbe Farbe wie das Obst annahmen, womit sie sich unfreiwillig als ein weiteres Opfer von Jamies Reizen geoutet hatte.

Nun, was auch immer seine Vorgesetzten gesagt hatten, ganz offensichtlich hatte es einen verheerenden Effekt gehabt. Jamie hatte die vierundzwanzigjährige Jurastudentin innerhalb von einer Woche dazu gebracht, nach Feierabend beim Tête-à-Tête mit ihm kubanischen Rum zu schlürfen.

Laurie musste ihn für seinen Mumm bewundern. Und ohne Zweifel wäre sie nicht die Einzige.

Mal ganz abgesehen von der riskanten Wahl der Begleitung war The Refuge exakt die Art Etablissement, in dem sie Jamie Carter an einem Freitagabend vermutet hätte. Aus den Lautsprechern dröhnte Good Times von Chic, und direkt über ihren Köpfen verkündete ein Kunstwerk aus schwarz-weißen Kacheln mit einer Skyline aus Fabrikschornsteinen den GLAMOURVONMANCHESTER. Jamie und Eve passten zum Motto.

Die Bar in dem Hotel aus dem neunzehnten Jahrhundert glich einer funkelnden Kathedrale und war nur etwa eine Viertelstunde Fußweg von der Kanzlei an der Deansgate entfernt. Jamie war also nicht wirklich inkognito unterwegs. Warum ging er ein solches Risiko ein?

Vielleicht spekulierte er einfach darauf, dass ihn schon keiner der alten Käuze oder Vorstadtschnepfen unter den Kollegen erwischen würde. Ja, so war es wahrscheinlich. Soweit Laurie Jamie einschätzen konnte, gefiel ihm das gewagte Spiel. Aus mehr als einem Grund war es unwahrscheinlich, dass er sie bemerken würde, dort, zwischen den schnatternden Frauen am anderen Ende des Raums.

Es war nicht zu übersehen, dass Jamie ganz in seinem Element war. Sein hübsches Gesicht war beim Erzählen voller Leben, und an einer Stelle schlug er sich theatralisch mit der Handfläche an die Stirn, um Entsetzen oder Scham zu betonen. Mit jeder Minute verfiel ihm Eve sichtlich mehr, ihre Augen waren mittlerweile praktisch sternförmig wie bei einem Emoji. (Und trug er sonst nicht eine Brille? Ha, Eitelkeit.)

Jamie war zweifelsohne ein Profi auf diesem Gebiet, ein ganz und gar geübter Jäger in seinem natürlichen Lebensraum. Ob Eve allerdings wusste, dass sie die Antilope dieses Wochenendes war, war eine andere Frage.

Er hatte kurzes, dunkles, leicht gelocktes Haar und ausgeprägte Wangenknochen. Sie kamen direkt aus dem Büro, er trug noch sein weißes Hemd. Und Eve … na ja, Eve hatte gewusst, was sie vorhatten, denn sie trug einen dunkelblauen Hosenanzug mit Nadelstreifen, die Kostümjacke hatte sie abgelegt, mit einem roten Seidentop, schaukelnden Ohrringen und dazu passenden hochhackigen Ketchup-roten Pumps. Sicher hatte sie die praktischen Ballerinas für den Achtstundentag irgendwo in der geräumigen Handtasche verstaut (war das eine Birkin Bag? ach, wie schön musste es sein, einen reichen Onkel zu haben).

Laurie verspürte einen Hauch Ehrfurcht darüber, wie perfekt Jamie und Eve sich einfügten im Lärm und Gedränge zwischen all den glitzernden jungen Dingern, den Paarungsritualen, straffen Bäuchen und dem kecken Selbstvertrauen.

Man stelle sich nur vor, Single zu sein, dachte sie. Die Vorstellung, dass von dir erwartet wurde, nach Hause zu gehen und sich vor jemandem auszuziehen, den du nie zuvor gesehen hattest. Was für ein Horror. Daraus ein Hobby zu machen, so wie Jamie Carter es tat, war ihr völlig fremd. Gott sei Dank hatte sie Dan. Gott sei Dank konnte sie zu jemandem nach Hause gehen, der tatsächlich ihr Zuhause war.

Während Laurie in der vierreihigen Menschentraube an der Bar wartete, sann sie über das Jamie-Carter-Phänomen nach.

Jamie hatte schon in der ersten Woche seines Einstiegs in der Anwaltskanzlei Aufsehen erregt, so wie auffallend gutaussehende Männer es im Allgemeinen taten, insbesondere in Büros, in denen die Leute viele Stunden wie in Zookäfigen eingesperrt zubrachten und sich von Zerstreuung ernährten. Die Zigarettenpause, die in modernen Zeiten ihr Leben ausgehaucht hatte, war davon abgelöst worden, sich in den sozialen Medien durch Profile zu schnüffeln und sie zur allgemeinen Diskussion zu stellen. Laurie war ausgesprochen dankbar, dass ihr Leben zu langweilig war, um einen Schauplatz abzugeben.

Anfangs herrschte in der Kanzlei Salter & Rowson aufgeregtes Geflüster am Wasserspender, dass jemand, der so hübsch war wie Jamie, alleinstehend war, und es wurden, ganz wie in einem Jane-Austen-Roman, Überlegungen angestellt, ob er wohl ein begehrter Junggeselle war. Noch dazu, wie Diana es formulierte, war er »ohne Altlasten«, was Laurie schon immer als eine grobe Umschreibung für Ex-Frauen und Kinder empfunden hatte.

Nach einer Weile drehte sich das aufgeregte Geflüster darum, dass er offensichtlich nicht daran interessiert war, mit jemand Bestimmtem auszugehen, sondern mal mit X, mal mit Y in den Abend entschwand (X oder Y waren üblicherweise wunderschöne Praktikantinnen wie Eve oder die Bekannte irgendeines Kollegen). Laurie überraschte das nicht. Jeder, der schon einmal einem Mann begegnet war, der scheinbar alle Möglichkeiten hatte und für den nichts auf dem Spiel stand, kannte das.

Wie alt er wohl war? Dreißig? Und offenbar gelüstete es ihn nicht nur nach Myriaden von Dates, sondern – sofern man dem weiterführenden Geflüster trauen konnte – auch nach beruflichem Fortkommen.

Nur eines passte nicht zu Jamies Ruf als geschmeidiger Womanizer, der sich durch die Betten schlief: Er suchte sich seine Beute sehr geschickt aus. Die Praktikantinnen hatten das Praktikum immer beendet, die Freundin des Freundes war nie eine enge Freundin, und das, was die Russen Kompromat nannten, blieb dürftig. Insofern galt er zwar als jemand, der die Damen liebte, wurde aber nie beschuldigt, ein Herzensbrecher zu sein, und es gab auch keine verschmähten Frauen, die seinen sexuellen Kunstfertigkeiten ein schlechtes Zeugnis ausstellten. Jamie Carter geriet nie in Schwierigkeiten. Bis jetzt jedenfalls.

2

»Hallo?«, sagte eine Männerstimme an ihrem Ellbogen.

»Hi!«, erwiderte Laurie, als der Gegenstand ihrer Überlegungen plötzlich auftauchte, als habe sie ihn herbeigeträumt. Absurderweise empfand sie leise Schuldgefühle, weil sie über Jamie nachgedacht und ihn heimlich beobachtet hatte.

»Hey, du bist auch hier«, sagte Jamie. Obwohl er es gut verbarg, bemerkte Laurie doch, dass ihm nicht wohl zumute war. Im Büro hatten sie nie miteinander geredet, sie kannten einander nur vom Sehen. Er wusste nicht, wie er sie einzuschätzen hatte, und er konnte sich nicht auf ihr Wohlwollen verlassen.

Sie waren beide Anwälte: Der Gedankengang, der ihn dazu gebracht hatte, sie anzusprechen, war deutlich nachzuvollziehen. Er hatte sie gesehen, insofern war nicht unwahrscheinlich, dass sie ihn ebenfalls bemerkt hatte – gemeinsam mit Eve. Da war es besser, die Sache freiheraus anzusprechen und so zu tun, als wäre nichts dabei, statt Laurie zu ignorieren und ihr die Schilderung der Ereignisse zu überlassen.

»Ja. Mit den Kollegen einer Freundin. Und du?«

»Nur auf einen Feierabend-Drink.«

Ha, ha, ganz sicher. Sie spielte mit dem Gedanken zu fragen, mit wem, war aber ein winziges bisschen angetrunken und konnte nicht einschätzen, ob die Absicht allzu offensichtlich wäre.

»Was willst du bestellen? Für den Fall, dass ich zuerst drankomme«, fragte er.

Aha, jetzt kam die Bestechung.

»Einen Old Fashioned.«

»Mehr nicht? Du stellst dich extra für einen Drink an? Wo sitzt du denn?«

Laurie deutete auf den Essbereich.

»Dort drüben wird man bedient, das weißt du, oder?«

»Mir war nach Tapetenwechsel«, erklärte Laurie. »Und wo sitzt du?«

Ja, auch sie war in der Lage zu manipulieren. Turm gegen Springer!

»Geht mir genauso«, sagte Jamie. »Beim letzten Mal hat die Bedienung ewig gebraucht. Hier herrscht das reinste Hauen und Stechen.«

Hm. Er hatte sie entdeckt, war in Panik geraten und hatte sich eine Ausrede überlegt, um ihr zu folgen.

Während er redete, fiel Laurie auf, dass seine Schneidezähne leicht nach innen standen wie bei einem unambitionierten Vampir. Vermutlich war genau dies das wahre Geheimnis seiner besonderen Anziehungskraft, der vorsätzliche Webfehler im Navajo-Teppich. Davon abgesehen, war er einen Tick zu attraktiv, auf eine unumwundene, propere Art. Die Zähne aber weckten irgendwie fleischliche Lüste.

Sie unterbrachen das Gespräch, um sich an die Theke durchzuboxen und den Blick des Barkeepers auf sich zu ziehen. Laurie wurde zuerst bedient und bot an, Jamies Getränke mitzubestellen, aber er lehnte ab.

Sie ahnte, dass das nicht aus Höflichkeit geschah, sondern dass sie nicht mitbekommen sollte, wie er ein helles Bier und einen Prosecco mit einer darin dümpelnden Himbeere orderte – womit klar war, dass er ein Date hatte. Sie hörte ihn dennoch die Bestellung aufgeben. Ihr Cocktail beanspruchte so viel Zeit, dass sie gleichzeitig an ihre Tische zurückkehrten, nachdem sie sich ein wenig unbeholfen Bemerkungen darüber zugeschrien hatte, wie brechend voll es hier drinnen war. Als sie sich Lauries Ziel näherten, blieb er stehen und beugte sich zu ihr, um ihr über die dezibelstarken Motown-Klänge etwas zu sagen.

»Darf ich dich um einen Gefallen bitten?«

Ein leichter Hauch aus Männerschweiß und teurem Aftershave zog Laurie in die Nase. Sie bemühte sich um einen ahnungslosen Gesichtsausdruck, als sei ihr nicht völlig klar, was nun kommen würde.

»Worum geht es?«

»Könntest du in der Arbeit – hierüber – nichts sagen? Mit wem ich hier bin?« Er deutete auf seinen Tisch, wo Eve sich gerade im Spiegel einer Puderdose musterte. Ihre Schönheit hatte etwas Katzenartiges, das Haar war straff zu einem langen, hoch sitzenden Pferdeschwanz zurückgebunden. Wie bei einer sexy Auftragskillerin. Laurie spähte blinzelnd hinüber und gab vor, ihr dämmere erst jetzt, um wen es sich handelte.

»Oh, warum nicht?«, tat sie ganz unschuldig.

»Statler und Waldorf würden das nicht goutieren.«

Schon vor Jahren hatten die Herren Salter und Rowson die Spitznamen der beiden Alten aus der Muppet Show erhalten. Laurie war völlig klar, warum Jamie den kollegialen Wir-sitzen-im-selben-Boot-Ton anschlug.

»Warum?«

»Ich glaube nicht, dass es Salter recht ist, wenn seine Nichte mit einem von uns verkehrt.«

Laurie lächelte. Hätte sie nicht so wenig Lust auf die Gesellschaft am Tisch gehabt und die Rückkehr zu Suzanne noch weiter hinausschieben wollen, vorzugsweise mit ein paar Drinks im Plus, hätte sie Jamie vielleicht nicht auf den Arm genommen. So aber …

»Mit verkehren meinst du wohl vögeln, und mit einem von uns meinst du dich?«

»Na ja.« Jamie zuckte etwas überrascht die Achseln. Zweifellos war er einen Augenblick lang ratlos. »Wer weiß schon, was sich der alte Ziegenbock so denkt. Man müsste ihn fragen.«

»Okay«, sagte Laurie.

»Danke.« Jamie atmete aus.

»… Ich werde ihn fragen.«

Sie wartete ab, bis bei Jamie die Pointe durchgesickert war, und freute sich, als sich Entsetzen auf seiner Miene abzeichnete.

»Ha, ha!«

»Verfl…« Jamie tat verlegen und beunruhigt. Er wollte sie für sich einnehmen und gab sich verletzlich, weil sie ihm Schaden zufügen konnte, so viel war klar.

»Ich halte nichts von Bürotratsch«, meinte Laurie. »Ich sage nichts. Aber verarsch sie halt nicht, okay?«

»Darum geht es gar nicht, ehrlich«, sagte Jamie. »Wir reden über die Arbeit.«

»So, so«, erwiderte Laurie und warf noch einen Blick hinüber zu Eve, die das Kinn reckte und ihren Schmollmund im Spiegel betrachtete.

 

Schweren Herzens kehrte Laurie zurück an den Tisch, wo sie erfreut feststellte, dass Emily ihren Sitzplatz eingenommen hatte und alle anderen sich am entgegengesetzten Tischende versammelt hatten, um sich kreischend etwas auf einem Handy anzusehen. Was für eine Erlösung. Angesichts der Lautstärke der Musik, saßen sie gefühlt am anderen Ende der Welt.

»Ich bin auf humanitärer Mission hier. Hat Suzanne ihre Nummer mit dir abgezogen?«, fragte Emily, als Laurie sich auf Suzannes vormaligem Stuhl niederließ.

»Ja.«

»Sie ist der allerletzte Volltrottel.«

Vor Überraschung verschluckte sich Laurie an ihrem Old Fashioned, und Emily klopfte ihr kräftig auf den Rücken.

Als Laurie die Stimme wiedergefunden hatte, sagte sie: »Sie hat mir erklärt, dass ich aufgrund meiner ereignislosen Beziehungshistorie eine alte Jungfer und verschrobene Klosterschwester bin.«

»Blöde Kuh! Die neueste Nachricht ist, dass sie auf Marcus von KPMG herumgehopst ist, und dessen Schwanz ist Allgemeingut, also sollte sich wirklich niemand ihren Rat zu Herzen nehmen.«

Wieder verschluckte sich Laurie an ihrem Drink. »Der Schwanz ist was?«

»Du weißt schon, er wird allgemein genutzt. Frei zugänglich. Öffentliches Gut.«

Laurie gelang es, ihren Lachanfall zu unterbrechen, um hinzuzufügen: »Und Carly hat mich gefragt, von wem ich mein Selbstbräunungsspray habe.« Mit der Hand fuhr sie sich über den Arm und fächelte sich das Gesicht.

»Wie bitte? Ist die blind oder Rassistin? Oder eine blinde Rassistin? O Mann, Loz, das tut mir leid. Unsere Kunden lieben Carly, also bin ich verratzt. Warum sind Menschen mit schlechtem Charakter so oft gut im Job?«

Laurie lachte und wusste wieder, warum sie Emilys Bitten so oft nachgab. Es steckte eine Menge Wahrheit in der Theorie, dass die engsten Freundschaften aus nicht gelebten Liebesbeziehungen entstanden. Emily war eine extrem erfolgreiche Managerin, Tinder-Abenteurerin und Meisterin des Gelegenheitssex. Laurie hingegen war ernst, in festen Händen und beständig, doch gerade weil sie beide so unterschiedlich waren, ließ die Faszination für den anderen nie nach.

Und immerhin hatten sie den gleichen Humor, die gleichen Maßstäbe für Bullshit und gemeinsame Prioritäten.

»Sie hat mich gefragt, wer mein Chirurg ist«, erzählte Emily.

»Chirurg?«

»Ja, Chirurg.« Emily unterbrach das Drehen der Zigarette, um die Wangen mit beiden Händen nach oben zu ziehen und die Lippen zu einem Fischmund zu schürzen.

»Was zum …? Du siehst doch nicht so aus, als hättest du irgendwas machen lassen!«

Das stimmte, auch wenn Emilys Äußeres für Laurie immer ein Mysterium gewesen war. Sie war winzig, hatte goldfarbene Glieder (in diesem Fall tatsächlich Resultat eines professionellen Anstrichs) und das Gesicht einer Blythe-Puppe oder Manga-Figur: ein kilometerweiter Augenabstand, ein winziges Näschen, ein breiter Mund mit vollen Lippen. Das alles war irreführend, weil man nicht damit rechnete, dass sie daherredete wie ein Hafenarbeiter und den Appetit eines Piraten besaß. In beinahe wöchentlichen Rhythmen entbrannten die Männer in zum Scheitern verurteilter Leidenschaft.

»Hm, doch. Das war keine vier Wochen, nachdem ich sie eingestellt hatte. Ich war drauf und dran, sie an Ort und Stelle zu feuern. Nur hätte Carly dann in den anderen Agenturen herumposaunt, ich hätte sie rausgeworfen, weil sie mich auf meine gesichtschirurgischen Maßnahmen angesprochen hatte. Und dann hätte es so ausgesehen, als ob es stimmt – für diese Art Spott bin ich verflucht noch mal zu eitel.«

»Was für ein mieses Biest!«

»Ganz genau. Sie sagt noch: O nein, ich finde es sehr gelungen und diskret. Zuerst habe ich es einfach für schlechtes Benehmen gehalten, aber mittlerweile habe ich den Eindruck, dass die Sache bei ihr ernsthaft pathologisch ist.«

»Ja, die Soziopathen sind überall«, bestätigte Laurie nickend, während sie an ihrem Handy herumspielte. Dan hatte nicht geantwortet.

»In deinem Job weißt du das besser als jeder andere.«

»Na ja, vielleicht hat Suzanne ja recht, und ich habe da einfach was verpasst. Woher soll ich das wissen? Genau das bedeutet es ja, wenn man etwas verpasst«, sagte Laurie und fühlte sich ziemlich philosophisch, so wie man es nach fünf Drinks manchmal tat.

»Glaub mir, das hast du nicht. Ich nehme mir übrigens eine Auszeit von den Dating-Apps«, verkündete Emily und zupfte am Saum ihres Rocks, der ihr die Oberschenkel einschnürte. »Zu viele ungedeckte Kredite. Meine letzte Verabredung sah auf den Fotos aus wie Jason Statham in einem Action-Thriller, und als er mir dann gegenübersteht, wirkt er eher wie aus einem angestaubten Historienfilm.«

Laurie lachte schallend. »Läufst du dort draußen immer noch unter Tilda? Hat niemand herausgekriegt, wer du bist? Sagst du ihnen wirklich nie, wie du eigentlich heißt?«

»Nein, nie. Ich gehe immer auf Nummer sicher, dass keine Rechnungen herumliegen, wenn wir zu mir nach Hause gehen. Du willst ganz bestimmt nicht, dass Clive, siebenunddreißig, Personal Trainer aus Loughborough, der eine Affinität für ausgefallene Butt-Plug-Spiele hat, dich auf LinkedIn aufstöbert.«

»Iiih!«

»Mach dir keinen Kopf wegen Suzanne. Jeder Einzelne in diesem Raum«, Emily machte eine weitschweifende Armbewegung über die Tische«, »wünscht sich das, was du hast. Jeder Einzelne.«

Ha, dachte Laurie. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie hier mindestens eine Person kannte, die sich nichts dergleichen wünschte, aber sie wusste Emilys Absicht zu würdigen.

»Du nicht!«, erwiderte Laurie.

Emilys zweckorientierte Haltung zum Sex verblüffte Laurie immer wieder aufs Neue. Vielleicht sollte sie Emily mit Jamie Carter bekannt machen – wahrscheinlich würden die beiden auf Anhieb zünden.

»Doch, tu ich. Ich bin nur realistisch genug zu wissen, dass es das für mich dort draußen nicht gibt, also versuche ich, in der Zwischenzeit das Beste draus zu machen. Das, was du hast, gibt es nicht oft. Nicht jede Laurie findet ihren Dan und umgekehrt«, meinte Emily. »Ihr zwei wurdet damals in der Bar CaVa vom Blitz getroffen.«

»Und ich dachte immer, es waren die Tequilas mit dem Baked-Bean-Geschmack.«

 

Beim Weggehen registrierte Laurie den unbesetzten Tisch, an dem Jamie und Eve gesessen hatten. Zweifellos hatte er sich unauffällig davongemacht, als sie ins Gespräch mit Emily vertieft gewesen war, darauf bedacht, dass sie nicht mitbekam, wie die beiden gemeinsam aufbrachen.

Ganz sicher hatten sie über die Arbeit geredet, na klar. Als ob er eine Kündigung riskieren würde, um Eve von seinem postgradualen Aufbaustudium in Chester zu erzählen. Als ob er eine Kündigung riskieren würde, wenn dabei weniger heraussprang als eine gemeinsame Nacht.

Er musste Laurie schon für ziemlich naiv oder doof halten. Das Problem von Lügnern, das hatte Laurie bei ausgiebigen berufsbedingten Feldforschungen gelernt, war, dass sie immer davon ausgingen, alle anderen seien weniger schlau als sie selbst.

3

Laurie kletterte aus dem schwarzen Wagen in die schwere spätsommerliche Nachtluft und die Stille der Vorstadt. Sie war sich bewusst, dass ihre eigenen Sinne zwar vom Alkohol gedämpft waren, die Nachbarn mit Kindern hingegen in ihren Betten lagen und den Lärm verfluchten, wenn jemand aus dem Taxi stieg.

Der tuckernde Motor, das Gemurmel, das Zuschlagen der schweren Tür, das Klackern der hochhackigen Schuhe auf dem Gehsteig.

Zwei Wochen zuvor hatten die Schwestern von nebenan eine derart angeregte Diskussion darüber geführt, um wessen Kotze es sich im Taxi handelte, dass Laurie nah dran gewesen war, im Schlafanzug hinauszumarschieren und den Aufpreis für die Verschmutzung selbst zu begleichen.

Ach, sie wurde alt. Wobei, wem wollte sie was vormachen? Dan nannte sie die brave »Mrs. Tiggywinkle«. Sie war schon im Studentenwohnheim diejenige gewesen, die sich ums Überleben einer Reihe von Basilikumtöpfchen in der Gemeinschaftsküche gekümmert hatte.

Laut flüsternd sagte sie dem Fahrer, er solle das Wechselgeld behalten, duckte sich unter das dichte Blätterdach der Clematis über der gefliesten Veranda, kramte in den Tiefen ihrer Handtasche blind nach den Schlüsseln und dachte mal wieder: Wir brauchen hier draußen eine Lampe.

Unter den Jalousien leuchtete honiggelbes Licht hervor. Entweder hatte Dan die Lampe für sie brennen lassen, oder aber er litt wieder einmal unter Schlafstörungen und döste mit zuckenden Füßen auf dem Sofa vor dem leise gestellten BBC-Nachrichtenkanal.

Liebe für Dan überschwemmte Laurie, und sie hoffte, dass er noch wach war. Das Gefühl war echt, gleichzeitig war ihr klar, dass es auch der Tatsache geschuldet war, dass sie einen anstrengenden Abend im Kreis fremder Menschen zugebracht hatte, an dem sie sich fehl am Platz gefühlt und nach Hause gesehnt hatte. Ein Abend, an dem sie nicht dazugehört hatte.

Als Person mit Migrationshintergrund, die in der Kleinstadt Hebden Bridge aufgewachsen war, war sie nicht scharf darauf, dieses Gefühl allzu oft wiederzuerleben. Selbst in einer weltoffenen Großstadt wie Manchester wurde sie mit Witzen über ihren Akzent konfrontiert. »Man hört nicht oft ein schwarzes Mädchen mit Yorkshire-Dialekt, außer die eine von den Spice Girls«, hatte ein Klient ganz unverblümt zu ihr gesagt.

Sie dachte, Dan sei wach geblieben, um auf sie zu warten, aber schon im ersten Moment, als sie ihn sah, war klar, dass irgendwas nicht in Ordnung war. Er war noch angezogen, saß breitbeinig und mit gesenktem Kopf auf dem Sofa und hatte die Hände gefaltet. Der Fernsehbildschirm war schwarz, es lief keine Musik, und es lagen auch keinerlei Essensreste vom Take-away herum.

»Hi«, sagte er, als Laurie hereinkam, und seine Stimme klang gepresst.

Laurie war ein empathischer Mensch. Als sie klein war, hatte sie ihrer Mum gegenüber einmal die Vermutung geäußert, sie besäße telepathische Fähigkeiten, und ihre belustigte Mutter hatte erklärt, dass sie einfach nur sehr einfühlsam war, wenn es um andere Menschen ging. Ihr Vater behauptete, Laurie wäre vierzigjährig zur Welt gekommen. Sie verkniff sich die Antwort, dass es immer noch besser sei, als nie über das Teenageralter hinauszukommen.

Die Luft war schwer von der unausgesprochenen schlechten Nachricht, das spürte sie auf Anhieb, und ihr wurde flau vor Angst.

Laurie presste den Schlüsselbund mit der dämlichen rosa-weiß gestreiften Stoffkatze an die Brust und sagte: »O Gott. Was ist es? Wer von unseren Eltern? Sag’s mir bitte. Schnell.«

»Was?«

»Ich weiß doch, dass etwas passiert ist. Bitte lass die Einleitung weg und rück raus mit der Sprache.«

Auch wenn Laurie sechs oder sieben Drinks intus hatte, war sie innerhalb einer Millisekunde vom Adrenalin vollkommen klar und nüchtern.

Dan wirkte verstört. »Gar nichts ist passiert, niemandem.«

»Oh? Oh! Verdammt, du hast mir einen Schrecken eingejagt.«

Erleichtert ließ sich Laurie aufs Sofa fallen, die Arme links und rechts ausgestreckt wie ein Kind.

Sie blickte Dan an, während sich ihr Herzschlag allmählich beruhigte. Er betrachtete sie mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck.

Nicht zum ersten Mal empfand sie Dankbarkeit und Stolz darüber, dass er zu ihr gehörte, und bewunderte, wie gut ihm das Älterwerden stand. In ihrer Jugend war er ein fröhlicher, pummeliger Junge gewesen, süß wie ein Welpe, wenn schon nicht hübsch, wie ihre Großmutter freundlicherweise kommentiert hatte. Mit einem leichten Lispeln, das er hasste, das die Frauen jedoch merkwürdigerweise in Verzückung versetzte. Laurie hatte es immer geliebt, schon als er sie das erste Mal angesprochen hatte. Mittlerweile hatte er ein paar Falten, sein hellbraunes Haar einige silberne Strähnen, und die Gesichtsknochen waren markanter geworden. Er war in seine Persönlichkeit hineingewachsen. Er war, was die Frauen im Büro einen Hot Dad nannten. Oder würde es in ein paar Jahren sein.

»Konntest du mal wieder nicht schlafen?«, fragte sie. Seine Schlaflosigkeit war eine neuere Entwicklung, seit man ihn zum Abteilungsleiter ernannt hatte. Nachtschweißattacken um drei Uhr morgens.