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Auf der alten Crimsley Ranch nahe Nacogdoches tobt ein Kampf auf Leben und Tod, den der Viehzüchter Noel Bennet und seine Frau Maud allmählich zu verlieren drohen. Als letztes Rancherpaar in der Gegend stemmen sie sich gegen den mächtigen Erdölmagnaten Oliver Stockton, der es mit seiner Kerosine Goods Co. auf Bennets Land abgesehen hat. Um den blutigen Streit zu schlichten, entsendet die Brigade Sieben ihren besten Mann nach Texas. Doch zur gleichen Zeit greift Stockton zu einer perfiden List - er bietet Bennet eine Landgarantie an, falls sich dessen junge Tochter Rose auf eine Nacht mit dem Industriellen einlässt. Schon bald steht für Lassiter mehr auf dem Spiel als nur sein Auftrag ...
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Seitenzahl: 131
Veröffentlichungsjahr: 2015
Cover
Impressum
Der Preis der Ehre
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: Boada/Norma
E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-1294-2
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Der Preis der Ehre
Der Ladestock verschwand mit einem dumpfen Geräusch in der doppelläufigen Flinte, die Noel Bennet zwischen den Knien hielt. Der Rancher verdichtete das Pulver und befüllte beide Läufe mit Schrot. Er hatte sich auf den Abend vorbereitet.
»Siehst du sie?«, fragte Bennet seine Frau Maud, die mit leichenblassem Gesicht am Fenster hockte. Die Rancherin schüttelte den Kopf und starrte ihren Gatten an.
»Sie haben das Licht gelöscht«, sagte Maud und schaute wieder in die Nacht hinaus. »Sie haben Petroleumlampen dabei.«
Bennet stellte den Ladestock zur Seite. »Wundert mich nicht«, brummte der Rancher und kniete sich auf den Schemel unter dem Fenster. »Sie wollen an das verdammte Öl.«
Maud drückte den Klemmhebel am Fenster auf. »Schick sie zur Hölle, Noel«, flüsterte sie. »Schick sie zur Hölle.«
Crimsley Ranch, eine halbe Stunde zuvor
An diesem Aprilabend hatte es für Lester und Willis Durst nichts Angenehmeres gegeben, als im FairyInn an der Bar zu sitzen und zwei oder drei Bourbon zu kippen. Sie hatten sich in einem lautstarken Disput darüber zerstritten, ob Polk ein guter oder ein schlechter Präsident gewesen war und ob man mit dem Friedensvertrag von Guadalupe Hidalgo den Karren nicht erst gottverdammt tief in den Dreck gefahren hatte.
Die beiden Brüder waren so vertieft in ihren Streit gewesen, dass sie nicht bemerkt hatten, wie der Besitzer des FairyInn ihre Namen auf einen Zettel geschrieben, diesen in die Hand seines jüngsten Sohnes gedrückt und ihn zu County Sheriff Randman geschickt hatte.
»Sind wir den verdammten Sternträger los?«, knurrte Willis Durst und schnallte die Petroleumlampe vom Sattel. Er schwenkte die Lampe nach beiden Seiten und betrachtete die Hufabdrücke im Boden. »Möchte ihm nicht über den Weg laufen, sobald wir erst auf Bennets Land sind.«
Sein Bruder Lester Durst verkrampfte am ganzen Leib, wie es ihm immer widerfuhr, wenn er nervös wurde. Er setzte ein naives Grinsen auf und richtete den Blick in die Nacht. »Wär’ ein ziemlicher Dummkopf, würde er uns noch nachreiten. An seiner Stelle hätt’ ich mir einen hinter die Binde gekippt und den Herrgott ’nen guten Mann sein lassen.«
»Zu unseren Pech ist Randman ein verflucht ehrgeiziger Schnüffler«, brummte Willis und knotete die Lampe wieder am Sattel fest. »Letztes Jahr ist er ’nem Viehdieb vierzig Tage lang nachgeritten. Hat ihn erst unten in Galveston erwischt, als der Knabe auf ’nem Dampfer anheuern wollte. Hätten wir ihn nicht abgehängt, wär’ mir angst und bange wegen Randman.«
Sie ritten die Böschung hinauf und hielten sich nördlich, bis die Parzelle IV vor ihnen auftauchte. Auf dieser Scholle Land hatte man vor knapp zehn Jahren Öl gefunden, als der Rancher Noel Bennet nach Wasser hatte graben lassen. Glaubte man den Gerichtsakten, hatte Bennet vor Zorn getobt und den Brunnenbauer auf der Stelle entlassen. Das Bohrloch war binnen eines Monats versandet und für unbrauchbar erklärt worden.
»Zünd die Laterne an und lass uns an die Arbeit gehen!«, knurrte Willis und starrte zu Bennets Haus in der Ferne. Die Fenster waren schwarz wie Pech. »Ich will Öl auf den Fingern haben, ehe der Alte aufwacht.«
Die Brüder hatten sich nicht darum gerissen, den Auftrag von Budd Musgraves anzunehmen. Der windige Bodenspekulant hatte ihnen vierhundert Dollar geboten, sollten sie es schaffen, binnen fünf Nächten auf Bennets Land Öl zu finden. Die Sache hatte mit den Förderrechten zu tun, die Musgraves von einem Landagenten in Liberty erworben hatte. Sie räumten ihrem Besitzer das alleinige Bohrrecht auf Bennets Land ein, sofern der Nachweis erbracht war, dass sich wenigsten zehn Barrel Öl am Tag aus dem Boden holen ließen. Bennet selbst hatte auf die Rechte verzichtet und sie an die Texas Southern Land Corporation verkauft.
»Glaub’ nicht, dass wir das schwarze Teufelszeug finden«, sagte Lester und warf seinem Bruder eine der Schaufeln zu. »Drüben in Oil Springs haben sie auf ’nem Feld fast fünfzig Fuß tief graben müssen. Glaub’ nicht, dass es uns in den Schoß fällt.«
»Wir werden sehen«, zischte Willis und stieß die Schaufel in die Erde. Sie hatten das Bohrloch auf den alten Karten von der Melrose Petroleum Oil Company aufgespürt. Die Gesellschaft war von einem Händler namens L. T. Barret gegründet worden, der sich nach dem Bürgerkrieg glänzende Geschäfte vom Öl erhofft hatte. Die Company hatte ein paar Jahre nach ihrer Gründung wieder dichtgemacht. Einzig die Karten waren geblieben und hatten zwanzig Jahre in einem Safe in Woodville gelegen.
»Grab schneller, Les!«, schnaufte Willis. »Mir ist der Alte nicht geheuer!«
Die Gestalten der zwei Männer warfen im Schein der Petroleumlampen gespenstische Schatten, die sich im Takt ihrer Schaufelwürfe hin und her bewegten. Musgraves hatte den Durst-Brüdern einen Bohrer verschaffen wollen, doch Willis hatte sich stur gestellt und darauf beharrt, dass sie das Öl ein paar Fuß unter der Oberfläche finden würden. Willis wusste von einem Stamm Rothäute, der Öl als Heilsalbe für seine Pferde benutzte. Die Federköpfe hätten gewiss keine hundert Fuß tief gegraben, um an die schwarze Paste zu kommen.
Willis setzte einen Augenblick ab und sah zur Ranch hinüber. Er wusste, dass Bennet nur auf eine Gelegenheit wartete, mit Ölgräbern wie ihnen kurzen Prozess zu machen.
»Deckung!«, brüllte Willis plötzlich und riss seinen Bruder zu Boden. Sie vernahmen den Donner zweier Gewehrschüsse, die wie gewaltige Peitschenhiebe über die Prärie hallten.
Dann herrschte Stille.
Willis robbte zur Petroleumlaterne hinüber und drehte den Docht herunter. Die Flamme flackerte und verlosch. Von der Ranch tönte das dumpfe Schlagen einer Tür.
»Er … er sucht nach uns!«, wisperte Lester und war starr vor Entsetzen. »Der Mistkerl wird uns kaltmachen!«
»Nicht wenn wir uns vorher verdrücken!«, flüsterte Willis und starrte auf die Pferde im Mondlicht. Sie würde sich südlich halten müssen, um die Grenze von Bennets Land möglichst rasch zu passieren. Willis verfluchte Musgraves, der sie erst in diese Lage gebracht hatte. »Für vierhundert Dollar will ich nicht draufgehen! Komm jetzt!«
Die Durst-Brüder ließen ihre Schaufeln los, die sie noch immer umklammert hielten, und rannten geduckten Hauptes durch die Dunkelheit. Als sie bei den Pferden waren, zog Willis den Colt und schwenkte ihn in der Dunkelheit umher. Er war fest entschlossen, dem Rancher eine Kugel in den Schädel zu jagen, sollte er ihnen nachstellen.
»Siehst du ihn?«, fragte Lester und schob sich den Hut aus der Stirn. Er sattelte auf und griff die Zügel nach. »Ich möchte ihm lieber nicht begegnen.«
Die Blicke der Brüder wanderten durch die Nacht, konnten jedoch nichts außer den Umrissen zweier Amberbäume ausmachen. Willis sattelte ebenfalls auf und ritt um das Pferd seines Bruders herum.
»Verschwinden wir, Lester.«
***
Mit einem dünnen Pinselstrich setzte die Porträtmalerin Liz Heydenhaimer einen letzten Akzent in Lassiters tiefblaue Augen, ehe sie einen Schritt von der Staffelei zurücktrat und das Ölgemälde vor sich betrachtete. Sie hatte den Fremden gut getroffen, der am Vorabend aus Madison gekommen war und ihren Vater Benjamin Heydenhaimer um ein Nachtquartier ersucht hatte. Die markanten Züge seines Gesichts und die stattliche Brust waren der Malerin gleich zu Beginn aufgefallen, als Lassiter in der Tür gelehnt und sie angelächelt hatte.
»Nicht mein schlechtestes Werk!«, resümierte Liz und strahlte den großen Mann auf dem Stuhl gegenüber an. »Sie sollten sich öfter malen lassen, Mr. Lassiter.«
Der Fremde erwiderte das Lächeln und reckte sich eine Zeitlang. Er hatte zwei Stunden auf dem Holzschemel verbracht, auf dem sonst höchstens Rancherinnen oder alte Jungfern aus Nacogdoches Platz nahmen. Die Haupteinnahme in diesem Jahr hatten die eitlen Besitzer der Nacogdoches Freight und Drug Sale Company gebracht, die sich gemeinsam für das Stiftergemälde der jüngst eingeweihten Bibliothek von Nacogdoches hatten malen lassen.
»Mir ist nicht allzu oft nach Kunst, Miss Heydenhaimer«, entgegnete Lassiter und schnallte den Holstergurt mit dem silberglänzenden Remington darin um. Der Revolver hatte – so viel hatte Liz mitbekommen – stets in Griffweite gelegen. »Der Westen hat nicht viel übrig für die schönen Dinge.«
Die Malerin legte den Pinsel aus der Hand und wischte mit einem Lappen die Holzpalette sauber. Sie trocknete sich ab und nahm die Leinwand von der Staffelei. »Ich hoffe doch aus ganzem Herzen, dass Sie lediglich die Kunst damit meinen. Als Frau könnte ich von Ihren Worten beleidigt sein.«
»Auf Sie als Frau trafen die Worte nicht zu«, gab der große Mann zur Antwort und stand auf. Er betrachtete das Porträt für einige Zeit und nickte anerkennend. »Sie verfügen über ein außergewöhnliches Talent, Ma’am.«
»Ma’am?«, kicherte Liz und stellte das Bild auf die Staffelei zurück. Sie verdrehte die Augen und schritt auf Lassiter zu. »Sie haben mich eben Ma’am genannt? Wie man mit einer alten Dame redet?«
Lassiter zog den Mund schief und lächelte zugleich. »Was gibt es daran auszusetzen? Sie sind jung und schön. Sie verdienen es, mit Respekt behandelt zu werden.«
Ein schelmisches Grinsen trat auf Liz’ zartes Gesicht. Sie errötete und stützte sich rücklings auf ihrem Arbeitstisch ab. »Wäre ich alt und verblüht, würden Sie mich nicht mehr mit Anstand behandeln? Sie enttäuschen mich, Mr. Lassiter. Ich hätte Sie nicht für einen solch seichten Charakter gehalten.«
Der Mann aus Liberty zögerte nicht mit einer Erwiderung. »Sie müssen den Anstand vor dem Alter und den Anstand vor der Schönheit auseinanderhalten, Liz. Ich wollte Ihnen keineswegs zu nahe treten.« Er machte einige Schritte auf Liz zu und blickte ihr in die Augen. »Es sei denn, Sie bestehen darauf.«
Ein Zittern ging durch Liz’ Leib, das erst nachließ, als sie sich dem Blick ihres Gegenübers stellte. Sie hob den rechten Arm und berührte Lassiter an der Brust. »Ich bestehe ausdrücklich darauf, Sir. Sie dürfen mir so nahe treten, wie Sie nur können.«
Die Lippen des großen Mannes aus Liberty und der Malerin näherten sich einander und verharrten, als wagten sie nicht, sich zu berühren. In Liz’ Brust pochte das Herz so stark wie lange nicht. Sie wollte den sehnigen Körper dieses Fremden an ihrem spüren, ohne dass sie zu erklären vermochte, woher dieses Bedürfnis kam. Sie fühlte die animalische Lust des Begehrens in sich, die jede Überlegung, jeden vernünftigen Gedanken und jeden Skrupel verlöschen ließ, als wäre er die Flamme eines heruntergebrannten Zündholzes. Sie hätte Lassiter in dieser Sekunde sogar begehrt, wenn sie verlobt oder verheiratet gewesen wäre.
Glücklicherweise war Liz weder das eine noch das andere.
Sie warf sich an Lassiters Brust, krallte ihm die Finger in den Rücken und küsste ihn voller Lust. Das Paar sank auf den Boden, rollte sich um die eigene Achse und stieß die Staffelei um. Das Ölgemälde krachte neben Lassiter auf die Dielen und kippte zur Seite. Er fing es auf und legte es mit dem Rahmen zuunterst ab.
»Rasche Finger hast du auch noch«, freute sich Liz und küsste Lassiter erneut. »Zwischen meinen Beinen wären sie besser aufgehoben.«
Die Porträtmalerin raffte das Kleid und rutschte ein Stück nach oben. Sie rieb das feuchte Miederhöschen an Lassiters Hand und stöhnte auf. »Fass … fass fester zu! Es ist zu lange her, dass ein Mann -«
Im gleichen Augenblick hörte Liz Schritte vor der Tür. Sie fuhr zusammen und hielt Lassiter am Handgelenk fest.
»Liz? Bist du da drinnen?«
Wie von der Tarantel gestochen sprang Liz auf und griff nach ihrem Gemälde. Sie ordnete ihr Kleid und bedeutete Lassiter stumm, sich ebenfalls zu erheben. Als der Fremde ihrer Aufforderung nicht rasch genug nachkam, sprang sie zu ihm. »Du … du wirst gehörigen Ärger bekommen, wenn mein Vater dich erwischt! Er kann ziemlich ungehalten sein, sobald es um seine Tochter geht!«
Sie half Lassiter auf und wischte an seiner Hose herum, auf der ihr feuchtes Mieder einen dunklen Fleck hinterlassen hatte. Sowie sie alle verdächtigen Spuren beseitigt hatte, sprang Liz zur Tür und schloss auf.
»Liz!«, rief Benjamin Heydenhaimer erstaunt aus. Er war ein hünenhafter Mann mit dem kantigen Gesicht eines Frachtkutschers. Nichts an ihm verriet, dass er noch vor fünf Jahren dem Obersten Gericht von Texas vorgestanden hatte. »Wie ich sehe, hast du dich bereits mit Mr. Lassiter bekannt gemacht?«
Der große Mann nickte mit zusammengekniffenen Lippen und trat auf Heydenhaimer zu. »Ich freue mich, Sie ebenfalls kennenzulernen, Mr. Heydenhaimer.«
Der frühere Staatsanwalt senkte mürrisch den Kopf. Er wies auf die Tür hinter sich und schwieg einen Augenblick.
»Lass uns bitte allein, Liz.«
***
»Wie konnten Sie nur!«
Benjamin Heydenhaimer schritt durch die Kammer und konnte sich nicht beruhigen. Er schnaubte entrüstet und fuhr zu dem Mann der Brigade Sieben herum. Seine Nüstern blähten sich vor Zorn.
»Dieses Mädchen … dieses Mädchen«, schäumte der frühere Staatsanwalt. »Dieses Mädchen ist meine Tochter! Ihr Ruf eilt Ihnen voraus, Lassiter! Sie nehmen sich jedes weibliche Geschöpf, wie es Ihnen gerade passt!«
»Liz und ich haben nichts getan, was die Ehre Ihrer Tochter beschmutzt«, sagte Lassiter in ruhigem Ton. Er saß auf einem Stuhl in der Ecke und starrte vor sich hin. »Sie wollte ein Porträt von mir malen.«
»Porträt!«, wiederholte der Ältere spöttisch. »Sie wird nie einen respektablen Mann finden, solange sie sich von Schürzenjägern wie Ihnen verführen lässt.« Er atmete tief durch. »Aber sei’s drum! Die Brigade Sieben hat einen Auftrag für Sie.«
Das Telegramm aus Washington hatte Heydenhaimer als verlässlichen Mittelsmann benannt, der Lassiter in sämtliche Einzelheiten der anstehenden Operation einweihen würde. Die Befehle für den Auftrag waren offenbar aus höchsten Regierungskreisen gekommen.
»Verzeihen Sie mir, Ben«, sagte der Mann der Brigade Sieben und senkte den Kopf. »Ich wollte Ihnen keinen Ärger machen.« Er nickte versöhnlich. »Worum geht es in dem Auftrag?«
Der einstige Staatsanwalt musterte Lassiter mit ausdrucksloser Miene und zog ein Kuvert aus der Westentasche. Der Umschlag trug das Siegel des Justizministeriums.
»Die Sendung kam vor zwei Tagen per Eilkurier aus Marion«, sagte Heydenhaimer und zog vier gefaltete Papierblätter aus dem Kuvert. Die Papiere waren mit schwarzer Tinte beschriftet. »Das Amt für Erdölangelegenheiten hat sich an die Brigade Sieben gewandt und um Hilfe gebeten. Man fürchtet, dass Washingtoner Industrielle versuchen, das Ölgeschäft in Texas an sich zu reißen.«
»Öl?«, fragte Lassiter und hob eine Braue. »Man sollte glauben, dass sich die Regierung mit wichtigeren Angelegenheiten beschäftigt. Mit Öl lassen sich keine Geschäfte machen.«
»Nicht in Texas«, pflichtete Heydenhaimer ihm bei. »Die meisten Bohrlöcher sind versandet, ehe jemand auch nur einen Cent Gewinn aus ihnen herausgeholt hat. Aber die Märkte sind im Wandel. Die Manufakturen stellen Öllampen in großen Mengen her. Man wird künftig viele Fässer Öl brauchen, um den Bedarf zu decken.« Er wedelte mit den Blättern in der Hand. »In Pennsylvania gibt es inzwischen eine ganze Handvoll Öl-Companys. Doch die schwankenden Preise machen ihnen das Geschäft zunichte. Man muss das Öl abfüllen, wie es aus dem Boden kommt. Stockt die Abnahme, sitzen die Herren Ölbarone rasch auf gefüllten Lagern.«
»In Texas gibt’s keine Ölbarone«, erwiderte Lassiter und entsann sich eines Berichts aus dem Dallas Herald, in dem von Aufstieg und Fall des Texaners L. T. Barret die Rede gewesen war. Vor dem Krieg gegen die Südstaaten hatte Barret knapp dreihundert Morgen Land erworben, die nach Kriegsende keinen müden Cent mehr wert gewesen waren. Der Preis für ein Barrel Öl war binnen weniger Jahre von zwanzig Dollar auf zweiundfünfzig Cent gefallen. »Man muss schon ein glückliches Händchen haben.«
»Oliver Stockton verwandelt alles zu Gold, was er anfasst«, meinte Heydenhaimer und blätterte durch die Papiere. Er zog einen Zeitungsausriss zwischen den Blättern hervor und reichte ihn Lassiter. »Stockton ist Eigentümer der Kerosine Goods Company in Washington. Die Gesellschaft liefert Lampenöl in alle Teile des Landes. Seit zwei Jahren hat Stockton Schwierigkeiten, den Wünschen seiner Kunden nachzukommen. Es gibt zu wenig Öl in den Handelsbörsen, als dass er jedes Lämpchen in Amerika auffüllen könnte.«