Lassiter 2278 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2278 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Sean Bane steckte sich gerade eine frisch gedrehte Zigarette zwischen die Lippen, als er ein unterdrücktes Wimmern vernahm. Seine Hand erstarrte auf halbem Wege zu den Zündhölzern in der Westentasche. Ohne den kleinsten Muskel zu bewegen, lauschte er in die nächtliche Stille hinein. Aber da war nichts mehr zu hören.

Hatten ihm seine Nerven etwa einen Streich gespielt? Erneut drang etwas an seine Ohren. Eine leise Stimme, die draußen in der Gasse schluchzte: "Erbarmen, Sir! Ich bin doch noch Jungfrau!"

Seans Hand zuckte unwillkürlich zu dem Eisen an seiner Hüfte. Da war eindeutig eine Frau in Not, aber er durfte ihr nicht helfen. Unter gar keinen Umständen ...

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Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Whisky-Verschwörung

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Boada/Norma

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-2788-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Die Whisky-Verschwörung

Sean Bane steckte sich gerade eine frisch gedrehte Zigarette zwischen die Lippen, als er ein unterdrücktes Wimmern vernahm. Seine Hand erstarrte auf halbem Wege zu den Zündhölzern in der Westentasche. Ohne den kleinsten Muskel zu bewegen, lauschte er in die nächtliche Stille hinein. Aber da war nichts mehr zu hören.

Hatten ihm seine Nerven etwa einen Streich gespielt? Erneut drang etwas an seine Ohren. Eine leise Stimme, die draußen in der Gasse schluchzte: »Erbarmen, Sir! Ich bin doch noch Jungfrau!«

Seans Hand zuckte unwillkürlich zu dem Eisen an seiner Hüfte. Da war eindeutig eine Frau in Not, aber er durfte ihr nicht helfen. Unter gar keinen Umständen …

In diesem Punkt waren ihre Befehle ganz eindeutig, da verstand der Boss keinen Spaß. »Auf keinen Fall das Tor öffnen!«, hatte Greg Fulton ihnen bei seiner Ansprache vor versammelter Mannschaft immer wieder eingeschärft. »Ganz egal, ob da draußen Schüsse fallen, ein Haus abbrennt oder ein kleines Kind unter die Hufe eines Pferdes gerät. Bis die Yankees wieder abgezogen sind, bleibt dieses Lagerhaus von innen verriegelt und verrammelt! Nur wenn ich oder eine Wachablösung an die Tür klopfen, wird geöffnet. Jeden, der sich nicht daran hält, werfe ich persönlich den Alligatoren zum Fraß vor. Ich hoffe, wir haben uns verstanden?«

Allein die Erinnerung an diese Drohung jagte Sean Bane einen kalten Schauer über den Rücken. Schließlich war Fulton in ganz Louisiana dafür bekannt, dass er zu seinem Wort stand, insbesondere wenn es darum ging, Ungehorsam zu bestrafen.

Trotzdem hielt es Bane nicht länger an seinem Platz aus. Von Neugier getrieben, eilte er zu den mit zwei schweren Querbalken gesicherten Torflügeln, um sein Gesicht gegen einen breiten Spalt zu pressen, der zwischen zwei Brettern klaffte. Es war schon früh am Morgen. Abseits der Amüsierviertel lagen die Straßen von Baton Rouge überall im Dunkeln. Doch selbst im fahlen Mondschein erkannte er die beiden eng ineinander verschlungenen Gestalten, die nur wenige Schritte vom Tor entfernt miteinander rangen.

Eine zierliche Frau wand sich in dem harten Griff eines großes Mannes, der sie gegen die Fassade eines weiteren Hafendepots drängte. Mit seiner Rechten umklammerte er ihre Handgelenke, während seine Linke an dem Ausschnitt des hochgeschlossenen Kleides zerrte. Obwohl Bane das Herz bis in die Ohren hämmerte, hörte er deutlich das Reißen des Stoffes.

Sekunden später blitzte milchigweiße Haut im Mondlicht auf.

Nur noch mit ihrem weißen Mieder bekleidet, bettelte die Frau laut und deutlich um Schonung, bis ihr der große Mann den Mund zuhielt. Gleichzeitig beugte er sich vor, um ihre nackte Halsbeuge mit Küssen zu bedecken.

Angewidert wandte sich Bane ab.

Sicher, er war ein kleiner Gauner, der sich seit seiner Jugend mit Betrügereien, der blanken Faust und dem Revolver durchs Leben schlug. Aber das einer hilflosen Frau Gewalt angetan wurde, ging ihm gewaltig gegen den Strich. Nervös an seiner Unterlippe kauend, sah er nach Nigel Parker, der mit ihm zur Nachtwache eingeteilt war. Der kleine Hurensohn hatte es sich mit ein paar Pferdedecken auf einigen Whiskyfässern bequem gemacht. Parker besaß das beneidenswerte Talent, überall problemlos schlafen zu können. Bane tat schon der Rücken weh, wenn er seinen Kumpanen nur auf den Fässern liegen sah. Seine bereits in die Jahre gekommenen Knochen machten so etwas schon lange nicht mehr mit.

Parker drehte sich auf den Rücken und begann laut zu schnarchen, während sich die Gasse vor dem Lagerhaus erneut mit Wehklagen füllte. Bane überlegte kurz, ob er den Jüngeren wecken sollte, verwarf diesen Gedanken aber sofort wieder. Parker neigte zu blindem Gehorsam. Den konnte nichts und niemand dazu bewegen, sich einem Befehl des Bosses zu widersetzen.

Wäre da draußen ein Mann verdroschen oder gar totgeschlagen worden, Bane hätte sich ebenso wenig von seinem ihm zugewiesenen Platz bewegt. Aber es war eine junge Lady, die dort im Begriff stand, das Schlimmste aller Verbrechen zu erleiden, das einer Frau widerfahren konnte.

Gegen dieses Schwein, das sie in seine Gewalt gebracht hatte, nahmen sich Banes Sündenregister geradezu klein aus. Spielen mit gezinkten Karten, säumige Schuldner verprügeln oder unversteuerten Whisky schmuggeln – was war schon groß dabei? Ab und zu mussten Revolverschwinger wie er natürlich auch einen Schnüffler oder gegnerische Bandenmitglieder umlegen, aber meistens waren andere schneller mit dem Colt als er. Dann galt es nur noch, die zu Schnauze halten, und das hatte er in all den Jahren perfekt hinbekommen.

Banes Entschluss stand damit fest.

Rasch umrundete er einen der hohen Kistenstapel, die überall im Lagerhaus aufragten. Außer ein paar Laufgängen gab es keine freien Flächen mehr. Die unverzollten Spirituosen türmten sich stellenweise bis zur Decke auf. Und das alles nur, weil der Steuerbeamte aus Washington, der in Greg Fultons Sold stand, dieses Mal von einer Abteilung Kavalleristen aus dem Kriegsministerium begleitet wurde.

Sean Bane erreichte die Seitentür, die ebenfalls nach draußen führe. Das große Doppeltor zu öffnen hätte einen Heidenkrach verursacht, davon wäre sogar sein schnarchender Kumpan erwacht. Aber durch die kleine Tür konnte er ins Freie gelangen, ohne dass irgendjemand Wind davon bekam. Dazu musste er nur so leise wie möglich vorgehen.

Kalter Schweiß perlte auf Banes Stirn auf, als er den Querbalken lautlos aus seinen Halterungen hob und zur Seite stellte. Danach braucht er nur noch den steckenden Schlüssel umzudrehen. Die Türangeln waren frisch geschmiert, sodass er beim Verlassen des Gebäudes nicht das kleinste Geräusch verursachte.

Draußen erwartete ihn die Kälte des beginnenden Morgens.

Mit gezogenem Revolver eilte er zur Vorderseite des gemauerten Lagerhauses. Die bedrängte Frau hatte inzwischen jeden Widerstand eingestellt. Ihr Kleid war bereits bis über die Oberschenkel gerafft und der große Mann stand kurz davor, zur ruchlosen Tat zu schreiten.

Doch Sean Bane war schneller.

Den Stetson tief ins Gesicht gezogen, um sich so unkenntlich wie möglich zu machen, trat er hinter den elenden Bastard und spannt den Hahn seines Peacemakers mit dem Daumen. Das mechanische Klicken hallte laut und deutlich durch die Gasse. Der große Mann erstarrte augenblicklich und hob beide Hände in die Höhe.

»Keine falsche Bewegung!«, warnte Bane trotzdem.

Die Frau mit den langen, rabenschwarzen Haaren nutzte augenblicklich die Gelegenheit, hinter ihrem Peiniger hervor zu schlüpfen.

»Danke, Mister!«, rief sie mit halb erstickter Stimme, während sie mit gerafftem Kleid an Bane vorbei rannte, um sich hinter seinem Rücken in Sicherheit zu bringen. »Sie sind mein Schutzengel.«

Cleveres Girl.

So stand sie nicht in der Schussbahn oder behinderte ihn gar, indem sie sich ihm an den Hals warf. Doch der kurze Moment, in dem Bane ihren Abgang verfolgte, reichte dem großen Mann aus, um sich unbemerkt umzudrehen. Banes Augen weiteten sich vor Schreck, obwohl der andere weiterhin die Hände hoch über den Kopf erhob.

Bane erkannte das Gesicht, in das er plötzlich starrte. Es gehörte einem Revolverschwinger, der sich zwei Wochen lang vergeblich bemüht hatte, in die Fulton-Bande aufgenommen zu werden. Einem harten Buschen, der nur daran gescheitert war, dass der Boss ausschließlich Männer beschäftigte, die er schon seit Jahren kannte.

»Lassiter!«, entfuhr es Bane, als ihm der Name des Fremden wieder einfiel.

»Genau der!«, antwortete der große Mann, den die auf ihn gerichtete Mündung offensichtlich kalt ließ.

Bane sah seine Chancen schwinden, dem Möchtegernvergewaltiger einen so großen Schrecken einzujagen, dass er schleunigst die Flucht ergriff. Dieser Lassiter war ein harter Hund, das spürte er genau.

»Dreckskerl!«, schimpfte er trotzdem. »Ich weiß gar nicht, was mich davon abhält, dir eine Kugel zwischen die Augen zu jagen!«

»Die Angst davor, unnötiges Aufsehen zu erregen, nehme ich an?«, fragte Lassiter umgehend zurück. »Wenn du mich hier erschießt, könnte das der Town-Marshal zum Anlass nehmen, sich das mit unversteuertem Whisky vollgestopfte Lagerhaus näher anzusehen.«

Bane sackte vor Überraschung die Kinnlade herunter.

Woher wusste der große Mann nur so gut Bescheid? Ehe er eine entsprechende Frage formulieren konnte, spürte Bane einen metallischen Druck im Nacken.

»Sorry, Darling«, hauchte die Schwarzhaarige, die er sekundenlang völlig vergessen hatte. »Schutzengel tragen keine Waffen. Also lass deinen Revolver bitte sofort fallen.«

In ihrer Stimme schwang nicht die geringste Spur von durchlittenem Schrecken mit. Trotzdem begriff er erst, was vor sich ging, als er seinen Kopf leicht zur Seite drehte. Da feixte ihn das Weib doch tatsächlich an, als wäre er der größte Idiot unter der amerikanischen Sonne.

Miststück!

Lassiter nutzte den Moment der Ablenkung, um Bane den Colt aus der Hand zu reißen und ihm die rechte Faust tief in die Magengrube zu schlagen.

Keuchend klappte Bane zusammen. Brennende Schmerzwellen jagten durch seinen Körper. So heftig, dass ihm schwindelig im Kopf wurde. Als er wieder klar denken konnte, starrte er in den Lauf der eigenen Waffe.

»Auf geht’s!«, forderte Lassiter. »Jetzt sehen wir uns euer Versteck genauer an.«

»Dazu hat die Steuerbehörde kein Recht!«, heulte Bane, der sich schon im Maul eines Mississippi-Alligatoren enden sah.

»Wirke ich auf dich, als würde ich für das US-Schatzamt arbeiten?« Bei diesen Worten drückte ihm der große Mann den Revolver fest an die Stirn.

Inzwischen war das Morgengrauen soweit fortgeschritten, dass Bane deutlich die Bleispitzen in den Patronenkammern der Colttrommel sehen konnte. Er wagte weder zu sprechen noch den Kopf zu schütteln.

Sein Widerstand war gebrochen.

***

Gehorsam ließ sich Bane von Betty zum Lagerhaus dirigieren. Lassiter deckte der Detektivin der Pinkerton-Agentur, die ihn für einen Army-Scout mit Sonderrechten hielt, indem er sie nach allen Seiten hin absicherte. Dank seiner sorgfältigen Beobachtungen wusste er, dass sich immer zwei Wachposten in dem Lagerhaus aufhielten, das seit der Ankunft des Steuerbeamten hermetisch abgeriegelt war. Da es sich um ein Backsteinhaus mit massiven Türen und Fenstern handelte, hatte er nicht unauffällig einbrechen können, um seinen Verdacht zu erhärten, dass dort der unversteuerte Whisky lagerte, der immer wieder im ganzen Land auftauchte.

Lassiter hatte persönlich nichts gegen kleine Schwarzbrenner einzuwenden, die für sich und ihre Gemeinde ein wenig am Schatzamt vorbei arbeiteten. Doch was hier in Baton Rouge und diversen anderen Städten der USA vor sich ging, besaß ganz andere Dimensionen. Bei dieser Whisky-Verschwörung ging es um Millionen von Dollar, die den Vereinigten Staaten jährlich für ihre gesetzestreuen Bürger fehlten.

Wie groß das ganze Ausmaß des Betruges war, zeigte sich schon daran, dass mehrere US-Marshals, die sich im Laufe der Zeit mit der Sache befasst hatten, spurlos verschwunden waren …

Schon als sie durch den Nebeneingang traten, sah sich Lassiter in seinem Verdacht bestätigt. Übereinandergestapelte Fässer und Kisten voller in Stroh gepackter Flaschen bildeten ein turmhohes Labyrinth, in dem man sich glatt verlaufen konnte. Alles unversteuerte Waren, deren Wert in die Zehntausende ging.

Während Betty den immer noch völlig verdatterten Bane vor sich herschob, zog Lassiter die Tür ins Schloss und setzte sich durch einen schmalen Spalt zwischen zwei Kistenreihen zur Seite hin ab.

Seine Vorsichtsmaßnahme zahlte sich Sekunden später aus.

»Du Idiot!«, hörte er Nigel Parker rufen. »Wie kommst du dazu, ein Weib mit anzuschleppen?«

»Selber Idiot!«, fluchte Bane zurück. »Siehst du nicht, dass sie mich in ihrer Gewalt hat?«

Lassiter beeilte sich, die Gruppe zu umrunden. Kein leichtes Unterfangen. Während draußen gerade die Sonne am Horizont aufging, herrschte im Gebäude weiterhin tiefste Dunkelheit. Nur ein paar Öllampen mit heruntergedrehten Dochten sorgten für schummriges Licht.

»Waffe weg«, forderte Betty gerade, als Lassiter wieder den Hauptgang erreichte. »Oder ihr Freund muss daran glauben.«

»Der Fettwanst ist nicht mein Freund!«, erwiderte Parker kalt. »Außerdem hat er seine Befehle missachtet. Der Boss zahlt mir sicher einen Extra-Bonus, wenn ich ihn zusammen mit dir wegblase.«

Nigel Parkers Oberarm spannte sich bei diesen Worten an. Der Kerl machte tatsächlich Anstalten, durch seinen Kumpan hindurch zu schießen. Gleich zwei Menschen mit einer Kugel zu erledigen erschien ihm eine ausgesprochen gute Idee zu sein. Parker lachte triumphierend, bevor er den Abzugsfinger krümmte.

Lassiter nutzte die kurze Verzögerung, um mit einem langen Satz hinter den Kisten hervor zu springen. Schießen war ihm zu gefährlich, eine Kugel hätte auch Betty oder ihren hilflosen Gefangenen treffen können. Deshalb ließ der Mann der Brigade Sieben den Colt in seiner Hand mit aller Kraft nach unten sausen.

Lassiters Hieb hätte einen Baum fällen können. Seufzend ging Parker zu Boden, ohne mit dem kleinsten Muskel zu zucken. Auch beim Aufschlag löste sich kein Schuss aus seinem Revolver.

Glück gehabt.

Lassiter verstaute das herrenlos gewordene Eisen hinter der Schnalle seines Waffengurts und drehte eine in der Nähe hängende Öllampe höher. Im Schein des aufflackernden Dochtes wurde noch deutlicher, was für einen Riesenfang sie gemacht hatten. Sobald die breite Öffentlichkeit erfuhr, welche Mengen an illegalem Whisky in diesem Gebäude lagerten, würde das Kartenhaus aus Korruption und Schmiergeldzahlungen in sich zusammenbrechen.

»Vorsicht!«, warnte Sean Bane. »Wenn hier ein Feuer ausbricht, fliegt uns das ganze Haus um die Ohren.«

»Du fürchtest wohl, dass ich einen Brand legen will?« Lassiter lächelte milde. »Keine Sorge. Denk lieber darüber nach, ob du nicht ein umfassendes Geständnis ablegen möchtest? Wenn du Fulton ans Messer lieferst …«

»Lieber sitze ich in Yuma ein!«, unterbrach ihn der Bandit mit weinerlicher Stimme. »Das ist immer noch besser, als von Alligatoren gefressen zu werden.«

Alligatoren! Waren die verschwundenen US-Marshals etwa in den Sümpfen Louisianas ums Leben gekommen?

»Du kannst es dir ja noch überlegen«, bot der große Mann an, bevor er Bane sorgfältig fesselte und knebelte.

Immerhin besaß dieser Bandit noch einen so guten Kern, dass er Betty zur Hilfe geeilt war. Wie hätte Bane auch ahnen können, dass es sich bei ihr um eine mit allen Wassern des Mississippis gewaschene Pinkerton-Detektivin handelte?

Lassiter hatte den Trick mit der vermeintlich bedrängten Lady nicht gerne angewandt, doch ihm war keine andere Möglichkeit geblieben, um sich Gewissheit zu verschaffen. Einen Einbruch hatten die starken Mauern und Fensterläden verhindert.

Nachdem er auch Nigel Parker sicher verpackt hatte, holte Lassiter das Fuhrwerk herbei, das zwei Straßen entfernt auf sie wartete. Nachdem sie die beiden Gefangenen auf die Ladefläche gelegt hatten, luden sie noch einige Kisten und Fässer auf, als Beweis dafür, was in Fultons Geheimversteck vor sich ging.

Nachdem die Nebentür von außen verriegelt war, setzte sich Lassiter neben Betty auf den Kutschbock. Inzwischen war es so hell geworden, dass die Stadt langsam zum Leben erwachte. Verdammt, ihr kleiner Überfall hatte länger gedauert als geplant! Nun mussten sie sich beeilen, wollten sie die Whisky-Bande noch vor dem Wachwechsel auffliegen lassen.

So schnell es ging, fuhr Lassiter zu der Pension, in der die Kavalleristen aus dem Kriegsministerium wohnten, die den Steuerbeamten Jack Wilson eskortierten. General Bravo, der die Brigade Sieben befehligte, hatte dieses Geleit angeordnet, da er Wilson schon lange der Korruption verdächtigte. Leider war Lassiter nicht der Einzige, der sich für die unbestechlichen Blauröcke interessierte.

Vor der Pension lungerte ein Mann mit feuerrotem Haar herum, der einen taubenblauen Anzug trug. Lassiter erkannte in der auffälligen Erscheinung Nate Heller wieder, ein Mitglied der Whisky-Bande. Offensichtlich hatte ihn Fulton, der Destillenbesitzer, dort postiert, um die Soldaten zu überwachen.

Neugierig fixierte der Rotschopf die einsame Kutsche, die die menschenleere Straße entlang fuhr.

»Übernimm die Zügel«, verlangte Lassiter von seiner Begleiterin, deren üppige Brüste nur von einem weißen Mieder gebändigt wurden. »Sobald wir auf gleicher Höhe sind, springe ich ihn an. Er darf unter keinen Umständen Alarm schlagen oder einen Schuss abfeuern, sonst ist unser Überraschungsmoment dahin.«

Obwohl er mit gedämpfter Stimme gesprochen hatte, musste ihn Sean Bane auf der Ladefläche gehört haben. Ruckartig bäumte sich der Bandit mit dem Oberkörper auf und versuchte – trotz des Knebels – eine Warnung auszustoßen.

Sobald Lassiter die Bewegung in seinem Rücken spürte, schlug er mit dem angewinkelten Arm nach hinten aus. Der rechte Ellenbogen krachte Bane genau auf den Nasenrücken. Röchelnd kippte der Getroffene zurück auf die Ladefläche.

Zu spät.

Heller hatte seinen geknebelten Kumpan bemerkt. Sofort zog er seinen Colt aus dem Holster, um das Fuhrwerk unter Feuer zu nehmen. Dazu sprang er in dem Wissen auf die Straße, dass die Pferde vor Schreck scheuen würden.

Verzweifelt zerrte Betty an den Zügeln, um die Tiere unter Kontrolle zu halten. Ehe Lassiter mit ihr auf dem Kutschbock durchgeschüttelt werden konnte, sprang er schon auf und hechtete nach vorne. Seinen Remington zu ziehen wäre sinnlos gewesen. Angesichts der durchgehenden Zossen hätte er ohnehin nicht zielen können. Außerdem wollte er vermeiden, dass ein verräterischer Schuss fiel.