Lassiter 2314 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2314 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Noch eine halbe Wegstunde bis zum Fort. Das Flusstal zog sich hin. Nebel lag über dem schmalen Fluss und dem sumpfigen Boden. Die Hufe der schweren Armee-Wallache sanken tief ein. Colonel Terence Redford sah den roten Schimmer der Morgensonne auf den Fichtenwipfeln in der Bergschneise am Ende des Tales glänzen. Keine hundert Schritte breit war das Tal an dieser Stelle. Redford fluchte leise. "Ein Reiter", meldete sein Captain und deutete nach links in den Wald. "Einer von uns." Redford sah die blaue Uniform des Reiters und hatte sofort ein schlechtes Gefühl. Ein Bote aus dem Fort. Kaum in Rufweite, fing er auch schon an zu schreien: "Das Fort brennt! Die Sioux haben das Fort angegriffen!" Redford dachte an seine Frau Louise, und der Schrecken durchzuckte ihn wie eine Stichflamme.

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Seitenzahl: 134

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Inhalt

Cover

Impressum

Verraten und verkauft

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: TXUS/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4138-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Verraten und verkauft

Noch eine halbe Wegstunde bis zum Fort. Das Flusstal zog sich hin. Nebel lag über dem schmalen Fluss und dem sumpfigen Boden. Die Hufe der schweren Armee-Wallache sanken tief ein. Colonel Terence Redford sah den roten Schimmer der Morgensonne auf den Fichtenwipfeln in der Bergschneise am Ende des Tales glänzen. Keine hundert Schritte breit war das Tal an dieser Stelle. Redford fluchte leise.

»Ein Reiter«, meldete sein Captain und deutete nach links in den Wald. »Einer von uns.«

Redford sah die blaue Uniform des Reiters und hatte sofort ein schlechtes Gefühl. Ein Bote aus dem Fort.

Kaum in Rufweite, fing er auch schon an zu schreien: »Das Fort brennt! Die Sioux haben das Fort angegriffen!« Redford dachte an seine Frau Louise, und der Schrecken durchzuckte ihn wie eine Stichflamme.

»Black Oak und sein Sohn Red Hawk!« Der Reiter, ein Corporal, riss an den Zügeln seines Pferdes und stoppte es neben Redfords Tier. »Sie haben den Angriff selbst angeführt!« Leichenblass war der Mann. »Das Fort ist verloren!«

»Wie konnte das geschehen?« Redford erschrak vor seiner eigenen brüchigen Stimme.

»Sie haben im Morgengrauen angegriffen. Plötzlich flogen Brandpfeile und brennende Holzstapel loderten vor Tor und Palisade auf, Sir! Wir hatten von Anfang an keine Chance.«

Redfords Gedanken überschlugen sich – eine Kriegslist! Die Indianer hatten ihn mit vier Schwadronen vom Fort weggelockt. Nur eine halbe Schwadron war zurückgeblieben. »Verluste?« Die Angst um Louise schnürte ihm die Kehle zu.

»Tote und Verletzte, Sir. Wie viele, kann ich nicht sagen.« Der Corporal senkte den Blick. »Zu viele, fürchte ich. Und nicht wenige sind in Gefangenschaft geraten.«

»Der Fähnrich soll zum Sturm blasen«, wandte Redford sich an seinen Captain. Dann riss er den Säbel aus der Scheide, drehte sich um und schrie: »In gestrecktem Galopp durch das Tal und zurück zum Fort!«

Hufschlag erhob sich, der Klang des Horns hallte vom Waldhang wider. Knapp dreihundert Kavalleristen trieben ihre Pferde an und preschten das Flusstal hinauf. Terence Redford dachte an seine Frau Louise und an sonst gar nichts.

Sein Captain ritt neben ihm, sein Lieutenant, der Corporal und der Fähnrich mit der Regimentsstandarte vor ihm. Zwei Steinwürfe entfernt, am Eingang des Tals, lichtete sich der Nebel, die Morgensonne brach durch.

Redford beugte sich tiefer über die Mähne seines Wallachs. Neben sich sah er, wie der Captain sich bekreuzigte. Er stammte aus Boston, war katholisch, und seine Lippen bewegten sich stumm. Er betete.

»O Gott, Louise.« Redford betete nicht, murmelte nur den Namen seiner Frau. »Louise, Louise …«

Auf einmal sah er, wie vor ihm sich die Lanze mit dem Regimentswimpel nach hinten neigte und dem Fähnrich aus der Hand glitt. Er riss an den Zügeln, neben dem Tier des Fähnrichs bäumte sein Pferd sich auf.

Der Fähnrich machte ein ungläubiges Gesicht und starrte auf den gefiederten Pfeil in seiner Brust. Dann kippte er vom Pferd. »Die Sioux greifen an!« Wie ein Echo flog der Ruf durch die Schwadronen.

»Die Zweite Schwadron zu mir an die Spitze!«, brüllte Redford. »Dritte Schwadron Flanken sichern, Erste Schwadron Nachhut verstärken!«

Die Befehle flogen von Mund zu Mund. Wieder tönte das Horn. Hinter sich hörte Redford Metall über Metall scheuern. Die Kavalleristen zogen ihre Säbel. Er spähte nach vorn zum schmalen Eingang des Tales.

Umrisse von Reitern schälten sich aus dem grauen Morgenlicht. Indianer, dreißig oder mehr. Black Oaks Krieger. Auf zwei Linien von etwa hundert Schritten rückten sie vor. Vollkommen reglos saßen sie auf ihren Pferden. Wie Raubtiere kamen sie Redford vor, wie Wölfe, die ihrer Beute sicher waren.

Kein einziger Pfeil flog mehr. Gut eine Minute lang standen sich die Kavallerieschwadronen und die Indianerreihen stumm gegenüber. Um sich herum sah Redford lauter bleiche Gesichter. Er blickte hinter sich. Viel zu langsam formierten seine Männer die Kampfstellungen an den Flanken. »Die Flanken sichern!«, schrie der Captain. »Schneller!«

Jeden Moment würde Black Oak die Nachhut und die Flanken angreifen. Redford blieb keine Wahl außer dem Weg nach vorn: »Erste Schwadron zur Attacke!«

Mit ausgestrecktem Säbel setzte Redford sich an die Spitze seiner Kavalleristen. Der Captain und der Lieutenant hielten sich neben ihm. Die beiden Offiziere schrien Befehle nach hinten, organisierten den Feuerschutz für die Attacke.

Keine Zeit, nachzudenken, keine Zeit mehr für die Angst um Louise – Redford klemmte den Säbel zwischen die Zähne und zog seinen Colt. Der feuchte Boden spritzte unter den Hufen der Wallache auf. In gestrecktem Galopp hielten er und seine Kavalleristen auf die immer noch abwartenden Indianer zu.

»Hurra!«, brüllten die Soldaten rechts und links von Redford.

»Gewehr hoch und Feuer!«, brüllte sein Captain. Er selbst schoss aus seinem Armeecolt auf die indianischen Reiter.

In diesem Moment kam Bewegung in die Indianer. Ihre Kette teilte sich genau in der Mitte. Die eine Hälfte wich nach links aus, die andere nach rechts. Redford stieß einen Fluch aus – egal welche Gruppe er attackierte, die andere würde ihm in den Rücken fallen.

Er ließ anhalten und sah sich nach den anderen beiden Schwadronen um. Plötzlich erhob sich vielstimmiges Geheul. Schüsse peitschten durch das Tal. Der Waldrand am Fuß beider Berghänge schien in Bewegung zu geraten. Dutzende von Indianerrotten brachen aus dem Wald und griffen die Flanken der Kavalleriekolonne an.

Und gleichzeitig sah Redford hinter den Schwadronen eine Angriffswelle vom Ausgang des Tales heranpreschen. Es kam, wie er es befürchtet hatte: Von allen Seiten griffen Black Oaks Sioux an.

Die etwa sechzig Reiter, die sich vor ihnen geteilt hatten, hatten einen scharfen Bogen geschlagen und galoppierten nun in zwei Angriffskeilen auf Redfords Angriffsspitze zu.

Redford befahl der ersten Schwadron, sich zu teilen. Der Captain führte dreißig Kavalleristen der indianischen Reiterschar entgegen, die vom Eingang des Tales heran galoppierte. Redford und der Lieutenant führten etwas mehr als dreißig Soldaten gegen den zweiten Angriffskeil der Sioux. Die Indianer schossen nun ebenfalls aus Gewehren.

Eine weitere Rotte Black Oaks von mindestens vierzig Indianern preschte von aus dem Wald heran. Gewehrschüsse näherten sich, Kugeln zischten über Redford Kopf, rechts und links von ihm rissen seine Kavalleristen die Arme hoch und stürzten vom Pferd.

»Absitzen! Verteidigungsformation!« Sie sprangen vom Pferd. Acht Soldaten gingen in die Knie und rissen die Gewehrkolben an die Schultern. Neun stellten sich hinter ihnen auf und legten ihre Winchesterbüchsen an. Drei lagen bereits tot oder verwundet im feuchten Gras.

Redford biss die Zähne zusammen. »Ruhig bleiben, Männer!«, rief er. »Ganz ruhig. Wartet, bis sie nah genug heran sind, wartet auf meinen Feuerbefehl.«

Die Indianer preschten heran. Viele schossen aus Gewehren, einige schwangen Streitäxte, andere trugen Speere und Lederschilde. Die Silhouette roter Falken war auf den Schilden abgebildet – das Totemtier von Black Oaks Sohn.

Redford konnte ihre Gesichter erkennen – schwarzrot gefärbt. Er sah die Silhouette des Falken auf ihren nackten Brustkörben, er sah Adlerfeder und Skalps an ihrer gekrümmten Standarte. Und er erkannte die drahtige Gestalt des jungen Häuptlingssohnes Red Hawk.

Ein Eiszapfen bohrte durch seine Brust: Sie hatten keine Chance gegen die Sioux! Nun nahmen sie Rache für Redfords Überfall auf ihre Jagdlager einen Monat zuvor. Und er trug die Verantwortung, denn er hatte sich vom Fort weglocken lassen.

»Kämpft um eure Haut!«, schrie Colonel Terence Redford. »Feuer!« Die Gewehre krachten, und ein halbes Dutzend Indianer stürzen von den Pferden. Der dritte Feuerstoß dezimierte die Angriffswelle um fast die Hälfte. Aber auch weitere sieben von Redfords Männern lagen reglos oder stöhnend im Gras.

Und dann waren die Angreifer über ihnen. Sie kämpften mit brennendem Hass. Die Männer um Redford gingen einer nach dem anderen von Speeren und Äxten getroffen zu Boden. Zu viert mussten sie sich schließlich mit Gewehrkolben, Säbeln und Fäusten einer dreifachen Übermacht erwehren.

Vom Eingang des Tales und aus dem Waldhang wogten neue Angriffswellen heran. Nach allen Seiten flohen die Kavalleristen. Von einer organisierten Verteidigung konnte keine Rede mehr sein. Flussufer und Tal waren mit Leibern in blauen Uniformen übersät.

»Vorbei, Redford, verloren.« Redford zischte und murmelte. »Lieber Gott, beschütze Louise …« Etwas traf ihn hart im Nacken. Dunkelheit hüllte sein Hirn ein und zerrte sein Bewusstsein ins Nichts.

***

Die Louisiana Queen lief mit neun Stunden und zehn Minuten Verspätung in Kansas City ein. Der Mann von der Brigade Sieben stand unter zahllosen Menschen an der Reling, während der Schaufelraddampfer sich der Anlegestelle entgegen schob.

Die Leute winkten, riefen irgendwelche Namen oder kämpften um einen Platz möglichst nahe an der Landungsbrücke. Lassiter sah in fremde Gesichter ebenfalls winkender und irgendwelche Namen rufender Menschen am Missouri-Ufer.

Endlich flogen die ersten Taue von Bord, und dann krachte der Rumpf des Schaufelraddampfers gegen den Anlegesteg. Matrosen öffneten das Relinggatter und schoben die Landungsbrücke auf die Planken hinüber – die ersten Passagiere gingen von Bord. Lassiter kannte keinen unter den Dutzenden, die am Ufer warteten.

Am frühen Morgen war er in St. Louis an Bord der Louisiana Queen gegangen, jetzt dämmerte es bereits. Drei Schiffe hatten den Missouri blockiert – ein havarierter Schaufelraddampfer, der quer stand, weil ein alter Alligator ihm das Backbordschaufelrad zerstört hatte und zwei Frachtschiffe, die ihn ins Schlepptau neben wollten.

Seine Winchester auf dem Rücken, seine prall gepackte Mochilla über der Schulter, sein Decken- und Kleiderbündel unter dem Arm ließ Lassiter sich von der Menge von Bord und auf den Landungssteg treiben. Über die Köpfe der Wartenden hinweg spähte er zu den vielen Kutschen, die am Eingang des Hafengeländes warteten.

Einen offenen Zweispänner, braun, mit zwei Rappen hatte ihm das Telegramm aus Washington angekündigt; gestern Morgen hatte es ihm der Pferdejunge an den Frühstückstisch gebracht. Den Kutscher beschrieb es als »weiblich« und ebenfalls »schwarz«.

Lassiter tauchte in die Menge der Wartenden ein. Um ihn herum wurden Hände geschüttelt, Schultern geklopft, fielen Menschen sich in die Arme. Er drängte sich durch die Menge, bekam endlich einigermaßen freie Sicht auf Kutschen und Gespanne.

Und dann entdeckte er das Gefährt – braun, zwei Rappen, eine schwarze Frau auf dem Bock. In einen langen Wildledermantel gehüllt, stand sie breitbeinig auf dem Trittbrett und spähte herüber zur Menge am Kai.

Mit großen Schritten steuerte er die Kutsche an. »Lassiter.« Er tippte sich an die Hutkrempe. »Schätze, Sie warten auf mich.«

»Steig auf, schnell!« Die schwarze Frau wedelte mit der Rechten und setzte sich, griff nach den Zügeln. »Senator Grey wartet nicht gern! Schnell, schnell.«

Lassiter hievte sein Gepäck in den Fußraum und kletterte zu ihr auf den Kutschbock. »Dann wollen wir den guten Senator mal nicht länger warten lassen.« Auch der Name »Grey« hatte im Telegramm aus Washington gestanden.

Ihr erstaunter Blick traf Lassiter von der Seite, offenbar hätte sie ihn lieber hinter sich auf der Sitzbank gesehen. Ein schönes Gesicht, dachte Lassiter und blickte in ihre großen braunen Augen.

»Ho!« Sie trieb die Rappen an. Die Kutsche nahm Fahrt auf und rollte aus dem Hafengelände in die Stadt hinein.

»Lassiter«, sagte der Mann von der Brigade Sieben, »einfach nur Lassiter. Und mit wem habe ich das Vergnügen?«

»Jane«, sagte sie kühl, »einfach nur Jane.«

»Kommt nicht oft vor, dass ich eine Lady auf einem Kutschbock zu sehen kriege. Bist du das Mädchen für alles bei diesem … wie hieß er gleich? Senator Grey?«

»Soweit kommt’s noch! Ich bin Rosalynns Gouvernante.«

»O ja. Verstehe. Hätte ich eigentlich selbst drauf kommen können.« Lassiter musterte die energische Frau von der Seite. Sie gefiel ihm immer besser. »Und wer ist Rosalynn?«

»Das soll dir der Senator selbst erklären.«

Vielmehr redete sie nicht während der Kutschfahrt in den westlichen Außenbezirk der Stadt. Jedenfalls nicht mit Lassiter. Mit den Pferden schon. »Ho, ho!«, »Bewegt euch!«, »Schlafen könnt ihr im Stall«, und solches Zeug.

Die Peitsche knallte, die Kutsche schaukelte mächtig, die Hausfassaden der Mainstreet von Kansas City flogen vorbei. Steinhäuser lösten die Holzhäuser ab, und dann hielt die Kutsche vor einem zweistöckigen herrschaftlichen Haus, das ein großes, parkähnliches Grundstück umgab.

Der Mann von der Brigade sieben war vom Bock gesprungen, bevor die schwarze Jane Zügel und Peitsche abgelegt hatte. Jetzt stand er vor dem Wagen und streckte ihr die Hand entgegen. »Darf ich dir von der Kutsche helfen?«

Sie runzelte die Stirn. »Spinnst du?« Ihr Blick flog zwischen Lassiter und seiner Hand hin und her. »Sehe ich aus, als würde ich ohne deine Hilfe in den Dreck stürzen?«

»Ganz im Gegenteil, Jane. Doch ich bekomme selten die Gelegenheit, die Hand einer so schönen Frau zu halten.« Lassiter lächelte sein charmantestes Lächeln.

»Du bist ein verdammter Lügner, Lassiter.« Ihre mürrische Miene glättete sich zu einem weichen Lächeln. »Na gut, von mir aus.« Sie griff nach seiner Hand und ließ sich von ihm herunterhelfen.

Als sie dicht beieinander vor der Kutsche standen, sah sie ihm in die Augen. »Gefällst mir irgendwie, Lassiter. Aber jetzt haben wir keine Zeit für ein Schwätzchen – der Senator wartet.« Abrupt drehte sie sich um und lief ihm voraus zur Freitreppe.

Er ging hinter ihr her. »Und finden wir noch Zeit für ein Schwätzchen?« Trotz des weiten Mantels sah er die Konturen ihres schwingenden Hinterns unter der schmalen Taille.

»Liegt an dir.« Über die Schulter blickte sie zurück – und grinste irgendwie schelmisch. »Bring erst einmal das Schwätzchen mit dem Senator hinter dich. Danach kannst du mich ja noch mal fragen.«

Dann ging es zur Treppe hinauf und ins Obergeschoss des prächtigen Hauses. Senator Grey empfing ihn im Kaminzimmer. Die Begrüßung fiel knapp und kühl aus.

»Mein Dampfer legt in zwei Stunden ab, Mr. Lassiter, und Sie sind spät dran.« Er räusperte sich. »Ich muss mich also kurzfassen. Es geht um Senator Garfields Tochter. Um Rosalynn.«

»Senator Garfield?« Ungefragt nahm Lassiter am Kamin Platz. Obwohl es Spätsommer war, prasselte darin ein Feuer. Vergeblich hielt Lassiter nach Kaffee oder Whisky Ausschau.

»James A. Garfield, genau. Der Senator, der sich in den Kopf gesetzt hat, der nächste Präsident unseres Landes zu werden. Doch diese Dinge darf ich wohl als bekannt voraussetzen.« Er zog die Brauen hoch, musterte Lassiter mit einem arroganten Gesichtsausdruck.

»Selbstverständlich, Sir.« Lassiter hatte den Namen Garfield nie zuvor gehört. »Haben Sie zufällig etwas zu trinken im Haus? Ich habe eine lange Reise hinter mir.«

»Verzeihen Sie.« Er seufzte lauter als nötig. »Ich muss mal wieder an viel zu viele Dinge auf einmal denken. Ein Glas Wasser?«

»Gern, Sir. Aber nur, wenn es einen doppelten Whisky und einen Kaffee dazu gibt.« Lassiter grinste ihm ins Gesicht. »Falls es Ihnen nicht zu viel Mühe macht.«

Grey atmete tief durch und wandte sich dann an Jane. »Wären Sie so freundlich, Jane, und würden Sie den Koch bitten, einen Kaffee aufzubrühen. Und dem Diener sagen sie doch bitte, er möge Soda und Whisky heraufbringen, ja? Danke.«

Er sprach mit gezuckerter Stimme. Lassiter beschloss, ihn nicht zu mögen. Immerhin sah es ganz so aus, als hätte Jane ihn schon ein wenig erzogen, denn mit ihr sprach er geradezu höflich.

Sie wandte sich zur Tür, verließ das Kaminzimmer jedoch nicht, ohne Lassiter noch einen gut gelaunten Blick zuzuwerfen.

»Mister Garfields Tochter also.« Lassiter musterte den Senator. Der war hager, mittelgroß, trug Backen- und Schnurrbart und hatte kurze, graue Locken. »Ich bin ganz Ohr, Sir.«

»Die Brigade Sieben will, dass Sie Rosalynn Garfield nach Portland bringen.«

»Ist sie in Gefahr?«

»Sie ahnen es, nicht wahr, Mr. Lassiter?« Grey seufzte schon wieder ziemlich theatralisch. »Senator Garfield hat Morddrohungen erhalten. Seine Frau, seine Tochter, er selbst – die ganze Familie ist in Gefahr. Ein geplantes Attentat auf die Kutsche des Senators konnten wir gerade noch rechtzeitig verhindern.«

»Wer ist ’wir’?«, fragte Lassiter; dabei wusste er genau, wer gemeint war.

»Die Brigade Sieben.« Grey räusperte sich. »Es ging ja bereits durch die Presse, dass Miss Garfield in Portland heiraten wird. Den Sohn des Senators von Oregon.«

»Und ich soll sie zu ihrer Hochzeit eskortieren?« Lassiter lachte.

»Sparen Sie sich Ihre Witze, Mr. Lassiter.« Greys Gestalt straffte sich. »Die Sache ist ernst. Todernst gewissermaßen. Wir müssen davon ausgehen, dass gewisse Kreise Druck auf Senator Garfield ausüben. Tödlichen Druck, um es präzise zu formulieren. Ich sagte Ihnen doch, dass seine ganze Familie in Gefahr ist.«