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Über dem Black Falls Creek lag gleißendes Sonnenlicht, als die Navajo-Krieger um ihren Anführer Niyol die letzte Hügelkuppen überwanden. Sie sprangen von ihren Pferden und warfen sich hinter einem Erdwall zu Boden. Sie trugen eine Handvoll Gewehre und erbeutete Colts bei sich.
"Bewahrt Ruhe, Brüder", mahnte Niyol seine Leute zur Besonnenheit. Er war ein stattlicher Mann mit breitem Kreuz und einem jungenhaften Antlitz. "Unser Angriff kommt für die Feinde aus heiterem Himmel."
Die Nealey Ranch schimmerte in der Mittagsglut. Die Indianer hatten sich darauf verständigt, beim höchsten Stand der Sonne zuzuschlagen. Die Bleichgesichter auf der Ranch hatten keine Gnade verdient. Ihr Schicksal war besiegelt ...
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Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2016
Cover
Impressum
Auf verlorenem Posten
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: Aboy/Monica Filet
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-4140-9
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Auf verlorenem Posten
Über dem Black Falls Creek lag gleißendes Sonnenlicht, als die Navajo-Krieger um ihren Anführer Niyol die letzten Hügelkuppen überwanden. Sie sprangen von ihren Pferden und warfen sich hinter einem Erdwall zu Boden. Sie trugen eine Handvoll Gewehre und erbeutete Colts bei sich.
»Bewahrt Ruhe, Brüder«, mahnte Niyol seine Leute zur Besonnenheit. Er war ein stattlicher Mann mit breitem Kreuz und einem jungenhaften Antlitz. »Unser Angriff kommt für die Feinde aus heiterem Himmel.«
Die Nealey Ranch schimmerte in der Mittagsglut. Die Indianer hatten sich darauf verständigt, beim höchsten Stand der Sonne zuzuschlagen. Die Bleichgesichter auf der Ranch hatten keine Gnade verdient. Ihr Schicksal war besiegelt …
Die schönste Zeit des Vormittags bestand für Samantha Nealey in der kurzen Spanne zwischen dem Erwachen ihrer Tochter Esther und dem sich unmittelbar anschließenden gemeinsamen Frühstück. Die Rancherin mit den schulterlangen blonden Haaren und den leuchtend blauen Augen liebte die Verträumtheit ihres Kindes nach dem Aufstehen und die Tollpatschigkeit, mit der sich die Elfjährige von ihrer Kammer in die Küche der Ranch quälte. An manchen Tagen ließ Samantha sogar die Hausarbeit ruhen, um Esthers schlaftrunkenes Gebaren zu beobachten.
»Fisch oder Ei?«, fragte Samantha und setzte dem Mädchen einen Teller vor die Nase. »Vom Fisch ist noch ein Happen übrig. Ich habe ihn dir aufgehoben.«
Esther verzog angewidert das Gesicht und stützte sich mit der Hand auf ihre Gabel. Sie wirkte müde und zerschlagen, obgleich Samantha sie wie gewohnt gegen neun Uhr am Abend zu Bett geschickt hatte. »Fisch, Mom? Wer stopft sich um diese Zeit mit Fisch voll?«
Die Rancherin schnitt einige Scheiben vom Brotlaib und warf sie in eine Tonschale. Sie wandte sich mit strenger Miene zu Esther um, musste aber über den Unwillen des Mädchens sogleich wieder lächeln. »Ein Kind mit Anstand isst auch die Reste des Vortags. Ich gebe dir mein Wort, dass dir der Fisch schmecken wird.«
»Meinetwegen«, gab sich Esther seufzend geschlagen und lümmelte sich mit dem Kinn auf die Tischkante. Sie wischte sich den Schlaf aus den Augen und griff nach dem Brot, als Samantha die Schale brachte. »Wann kommt Dad zu uns zurück? Er ist schon über einen Monat fort.«
Über Samanthas scharf geschnittene Züge ging ein Schatten, als Esther auf ihren Vater zu sprechen kam. Sie hatten Johnson Nealey vor einigen Wochen verabschiedet, aber bis zum heutigen Tag noch keine Nachricht von ihm erhalten. Er war ein störrischer Mann mit eisernem Willen und hatte sich in den Kopf gesetzt, oben im Norden bei den großen Sandsteinfelsen im Navajo-Gebiet nach Silber zu suchen. Die meisten Männer auf der Ranch hatten Johnson davon abgeraten.
»Dad wird bald zurück sein«, sagte Samantha, ohne es selbst recht zu glauben. Sie trat an den Küchenschrank und nahm ein Messer heraus. Als sie es an den Fisch setzte, fiel ihr Blick auf das Silberarmband an ihrem Handgelenk. Sie hatte es von Johnson bekommen, ehe er in Richtung Norden geritten war. »Du musst dich um ihn nicht sorgen, Esther.«
Das Mädchen gähnte und kaute müde an seinem Brot. Sie hörten draußen den Hahn krähen, der sich offenbar soeben in der Stunde irrte.
»Mom, haben wir noch frisches Wasser?«, fragte Esther und schwenkte ihren Krug in der Hand. »Das hier schmeckt so abgestanden.«
Die Rancherin seufzte und fragte sich einmal mehr, aus welchem Grund sie Esther nicht selbst vor die Tür schickte, um den Schöpfeimer in den Brunnen zu lassen. Sie brachte es schlicht nicht übers Herz, wurde ihr bewusst. Esther war ein gutes Kind. Sie verdiente eine Mutter, die sie umsorgte und ihr selbst die einfachen Aufgaben abnahm. »Ich bin gleich zurück, Kleines. Nimm dir vom Fisch und iss ihn auf, ja?«
»Gut, Mom«, erwiderte Esther und stand vom Tisch auf. Sie tappte zur Anrichte, warf sich ein Stück Räucherfisch auf den Teller, doch zu dieser Zeit war Samantha bereits auf dem Weg vor die Tür.
Der Morgen empfing die Rancherin mit warmem Sonnenschein, viel zu warm für die Jahreszeit; sie würden es in einigen Wochen mit heftigen Unwettern bezahlen müssen. Die steinerne Einfassung des Brunnens leuchtete fast golden. Mit kundiger Hand ließ Samantha den Schöpfeimer in die Tiefe und lauschte auf das vertraute Geräusch, das der Eimer verursachte, sobald er ins Wasser schlug.
Hinter ihrem Rücken schrie erneut der Hahn.
Sie holte den Eimer wieder nach oben, hievte ihn auf die Brunnenmauer und umfasste mit beiden Händen den Henkel. Als sie sich wieder zum Haus wandte, starrten sie die schwarzen Augen von vier Navajo-Kriegern an.
Die Wilden waren aus dem Nichts gekommen.
Sie trugen schlichte Leinengewänder mit Pfeilköchern über der Brust und hielten Gewehre in den Händen. Die schwarzen Haare waren unter Federhauben verborgen. Einer von ihnen wies mit dem Kinn zum Haus.
»Was … wollt ihr?«, stieß Samantha tonlos hervor. Sie ließ den Wassereimer zu Boden sinken und hob abwehrend die Arme. »Ich habe eurem Volk nichts getan.«
Der Älteste der Navajo-Krieger deutete stumm auf Samanthas Handgelenk. Er streckte den Finger aus und berührte mit dem Nagel das Silberarmband daran. »Du hast es unseren Brüdern und Schwestern gestohlen. Der glänzende Stein kommt vom heiligen Land der Navajo.«
Hastig sprang Samanthas Blick zu den Bretterwänden des Bunkhouse in der Ferne. Sie hatten noch vier Männer auf der Soldliste, die sich um das wenige verbliebene Vieh kümmerten. Die restliche Herde hatten sie an den letzten Winter verloren. »Ich warne euch, edle Krieger! Unsere Männer werden euch den Garaus machen!«
»Deine Männer sind tot«, versetzte der älteste Krieger und riss etwas von seinem Gürtel. Es war der abgetrennte Skalp eines Mannes. »Du wirst das gleiche Schicksal erleiden, falls du uns nicht anhörst.«
Vom Haus her waren Schritte zu vernehmen, danach ein leises Schreien und Wimmern. Vor der Tür erschien ein fünfter Indianer, der Esther bei den Haaren gepackt hielt. Er setzte das Messer an die Kehle des Mädchens und blickte ebenfalls zu Samantha.
»Esther!«, schrie die Rancherin und lief gegen die Krieger vor ihr an. Die Männer stießen sie grob zurück. »Was wollt ihr von mir? Was wollt ihr von diesem Kind?«
Wieder schrie der Hahn in der Ferne.
***
Die lustvollen Schreie im Lesesaal der ehrwürdigen O’Connell Library von Flagstaff bildeten einen pikanten Kontrast zu den Regalreihen von Büchern, die reihum die Wände des von griechischen Säulen getragenen Raumes füllten. Sie durchbrachen die Stille der Bibliothek auf solch frivole Weise, dass sich selbst die Büsten von Plutarch und Tacitus in den beiden hinteren Ecken vor Scham abzuwenden schienen. Die staubgeschwängerte Luft erzitterte unter dem Stöhnen, wie es auch die beiden Leiber auf dem Tisch der Rezeptionistin taten.
»O Lassiter!«, hauchte Amanda Henderson und umklammerte den nackten Oberkörper ihres Geliebten. Sie war eine zierliche Frau von fünfundzwanzig Jahren und trug nicht mehr als ihr Mieder am Leib. »Wie konntest du nur …? Du bist ein Teufel, weißt du das?«
Der muskulöse Oberleib des Mannes der Brigade Sieben glänzte vor Schweiß. Sie trieben es seit einer halben Stunde miteinander, und allmählich konnte Lassiter die Kräfte der Natur nicht mehr bezähmen. Er betrachtete den schlanken Körper der Bibliothekarin, die rücklings vor ihm auf der Theke lag. Mit zwei festen Stößen brachte er Amanda erneut zum Stöhnen. »Teufel? Wie kommst du denn darauf?«
Amanda presste ein Ächzen hervor und spreizte die Schenkel noch weiter. »Was solltest du sonst sein, Liebster? Ein Mann mit solcher Ausdauer muss geradewegs aus der Hölle kommen.« Sie kniff misstrauisch die Augen zusammen. »Wie oft verführst du ein Mädchen auf diese Art?«
Für einige Sekunden war Lassiter versucht, sich mit der Wahrheit zu brüsten, entschied sich dann jedoch für eine charmante Erwiderung. »Du bist gerade die Einzige für mich, Amy. Dein Körper treibt mich in den Wahnsinn.«
Über die vollen Lippen der Bibliotheksangestellten kam ein tiefes Seufzen. Sie hatte Lassiter nicht aus den Augen gelassen, seit er die O’Connell Library betreten hatte. Der Mann der Brigade Sieben hatte kein Rendezvous im Sinn gehabt, wusste aber, dass es qualvollere Methoden gab, sich die Zeit bis zur Ankunft seines Mittelsmannes zu vertreiben. Im Telegramm aus Washington hatte der Name Edward O’Connell gestanden.
»Wie du lügen kannst!«, seufzte Amanda und rekelte sich genüsslich auf der Theke. Auf selbige Weise hatte sie bereits ein Glas voller Stifte zu Fall gebracht. »Aber mir soll’s gleich sein, solange du mich zum Gipfel der Lust trägst! Willst du das, mein Liebster?«
Anstelle einer Antwort legte Lassiter zwei Finger um das geschwollene Knöspchen in Amandas Scham und rieb es im Takt seiner Stöße. Durch die Bibliothekarin fegte ein Schauer der Lust nach dem anderen und mündete in heiseren Atemstößen. Die Finger der schönen Schwarzhaarigen krallten sich in Lassiters Rücken und kratzten ihm die Haut bis aufs Blut auf.
Nur einen Moment später kam Amanda. Sie warf den Kopf stöhnend zur Seite, biss sich auf die Unterlippe und konnte vor Wonne kaum noch atmen.
Gleich darauf kam es auch Lassiter. Er ergoss sich zwischen die schlanken Schenkel der Bibliothekarin, die noch vor einer Stunde über Ausleihdaten und Registriernummern gebrütet hatte. Die Hitze ihrer gemeinsamen Lust glühte zwischen ihren Körpern auf und ging in befriedigte Ermattung über.
»Huh!«, meinte Amanda glücklich und mit geröteten Wangen. »Selbst in den unanständigsten Büchern ist nichts von dem zu lesen, was du gerade mit mir angestellt hast.« Sie lachte ihn schelmisch an. »Du bist ein Teufel!«
Noch bevor Lassiter ein Wort entgegnen konnte, vernahmen sie plötzlich Geräusche an der Einlasstür. Die Bibliothekarin schrak empor und lauschte angestrengt. Sie schwang die nackten Beine vom Tisch und suchte nach ihrem Kleid unter der Theke. »Schnell, schnell, zieh dich an! Das ist Edward! Er ist schon zurück!«
»Edward?«, wiederholte Lassiter und runzelte die Stirn. Er griff nach seiner Hose und zog sie sich über. »Edward O’Connell?«
Unruhig flog Amandas Blick zu den beiden Holzarkaden, hinter denen sich die Einlasstüren der Bibliothek befanden. Die beiden hohen Bögen waren ebenfalls mit Büsten mehrerer Dichter verziert. »Du kennst Edward? Wolltest du zu ihm? Oder suchst du nach einem Buch?«
»Ich möchte zu Mr. O’Connell«, sagte Lassiter und warf sich auch das Hemd über. Er knöpfte es gerade noch rechtzeitig zu, bevor die Türen hinter den Arkaden aufschwangen. »Stellst du mich ihm vor?«
Mit einem nervösen Lachen schloss Amanda die Knopfleiste an ihrem Kleid. Sie eilte zwischen den Regalen hindurch und lief O’Connell entgegen. Der Bibliotheksgründer war ein weißhaariger Alter mit mürrischem Gesicht. Er wechselte einige Worte mit Amanda und sah dann zu Lassiter.
»Mr. O’Connell?«, ergriff der Mann der Brigade Sieben das Wort. »Ich möchte mit Ihnen sprechen.«
Der Alte stieg die beiden Stufen vor den Arkaden herunter und kam mit gemächlichen Schritten auf Lassiter zu. Sein Gesicht hatte eine aschgraue Farbe und zeigte keinerlei Regung. »Mr. Lassiter? Ich wurde über Ihre Ankunft in Kenntnis gesetzt.« Er ging grußlos an seinem Gast vorbei. »Folgen Sie mir in mein Arbeitszimmer!«
Verwundert tauschten Amanda und Lassiter einen Blick miteinander, ehe der Mann der Brigade Sieben dem alten O’Connell in dessen Zimmer folgte. Der greise Mittelsmann stand hinter seinem Schreibtisch, als sein Besucher über die Schwelle trat. Er geduldete sich einen Augenblick und wies stumm auf einen Stuhl in der Ecke. »Nehmen Sie Platz, Sir! Ich würde Ihnen gern einen Whiskey anbieten, aber der Doc … verflucht! … hat mir alles Hochprozentige verboten!«
Der Bibliotheksgründer rieb sich das Knie, mit dem er gegen die Schreibtischschublade gestoßen war. Er setzte sich und zog ein Kuvert aus der Schublade hervor.
»Wie lange sind Sie schon Mittelsmann der Brigade Sieben?«, fragte Lassiter. »Sie mögen mir die Unhöflichkeit verzeihen, aber ansonsten sitzen mir jüngere Semester gegenüber.«
»Sie müssen sich nicht entschuldigen«, winkte O’Connell ab und lachte blechern. »Ich bin ein gottverdammter Methusalem in Flagstaff. Ich habe mein halbes Leben im Westen verbracht und das hier …« Er hieb auf den Schreibtisch und erfasste mit einer Geste die ganze Bibliothek. »Das hier soll mein Vermächtnis werden. Die Leute in diesem gesetzlosen Landstrich sollen nicht dumm und ungebildet sterben. Ich bringe ihnen die Alte Welt, wenn Sie verstehen, was ich meine?«
Der Mann der Brigade Sieben nickte und wies auf den Umschlag unter O’Connells Hand. »Was haben Sie für mich? Das Telegramm wies mich an, Sie in Flagstaff zu treffen.«
»Mir scheint zunächst, dass Sie meine Bibliothekarin getroffen haben«, meinte O’Connell und deutete auf einen heraushängenden Hemdzipfel über Lassiters Hosenbund. Er verzog den Mund zu einem Grinsen. »Aber euch jungen Leuten will ich’s vergeben! Ich war auch kein Kind von Traurigkeit.« Er riss das Kuvert auf und nahm einige Schriftstücke daraus hervor. »Die Brigade Sieben soll einige seltsame Morde aufklären, die sich hundert Meilen weiter nördlich im Navajo-Gebiet ereignet haben.«
»Die Navajos?«, fragte Lassiter und legte die Stirn in Falten. »So weit ich gehört habe, ist es im Reservat der Navajos friedlich.«
»Von einigen Morden abgesehen«, bemerkte O’Connell und schob die Papiere über den Schreibtisch. »Sie finden alle Erkenntnisse der Brigade Sieben in diesen Dokumenten. Die meisten Opfer waren Silbersucher. Die Navajos wollen den Ute die Schuld in die Schuhe schieben, aber so weit wir wissen, tragen ihre Krieger die Schuld an den Toten.«
Mit unbewegter Miene nahm Lassiter die Unterlagen zur Hand und blätterte sie durch. Die Bögen enthielten Aussagen von Sheriffs und County Marshals aus der Gegend. »Ich gehe davon aus, dass man in Washington ein diskretes Vorgehen wünscht?«
»Vollkommen diskret«, pflichtete O’Connell ihm bei. »Man will hinsichtlich der Navajo kein neues Öl ins Feuer gießen, indem man sie einer Reihe von Morden bezichtigt, für die es keine Beweise gibt. Andererseits soll jeder Amerikaner das Recht haben, nach Silber zu suchen.« Er seufzte. »Wenn Sie mich fragen, sollte man die Rothäute einfach in Frieden lassen. Diese Stämme haben genug gelitten.«
»Ich verstehe.« Der Mann der Brigade Sieben steckte die Unterlagen in die Jacke und erhob sich. »In zwei Wochen erhalten Sie Nachricht von mir.«
»Einverstanden«, antwortete der Bibliotheksgründer. »Sagen Sie Ms. Henderson beim Hinausgehen, dass sie den Rest des Tages freinehmen kann.«
Ein dünnes Lächeln erhellte Lassiters Gesicht. »Mit Vergnügen, Sir.«
***
Der Black Falls Creek war tatsächlich jenes weitläufige Flusstal mit kargem Bewuchs, von dem in O’Connells Unterlagen die Rede gewesen war. Das Tal schnitt sich keine zwanzig Meilen nördlich von Flagstaff in die trostlose Ostflanke des Humphrey’s Peak und fiel gemächlich bis zu den Bauten der Nealey Ranch hin ab, deren verstreute Gebäude wahllos wie Felsbrocken aus der Landschaft ragten. Ein schmaler Karrenweg führte auf die Ranch zu, zeitweise gesäumt von verwitterten Rinderzäunen, hinter denen trockenes Gras und Salsolabüsche wucherten.
Eine Viertelstunde später langte Lassiter auf dem Hof der Nealey Ranch an.
Die Berichte der Brigade Sieben hatten von vier oder fünf Navajo-Kriegern gesprochen, die vor einigen Tagen in das Bunkhouse der Ranch eingebrochen und die schlafenden Cowboys erstochen hatten. Einige der Rindertreiber waren skalpiert und an ihre Betten gefesselt worden. Von einem guten Dutzend Cowboys hatten gerade zwei Männer überlebt.
Schweigend sattelte Lassiter ab und schaute sich um.
Eine schwache Brise wehte von den Hängen des Humphrey’s Peak hinunter und schuf wirbelnde Staubteufel vor dem verwaisten Bunkhouse. Das Wohnhaus der Ranch war ein niedriger Holzbau mit einer Veranda davor, auf der ein Lehnstuhl, einige Waschbottiche und ein Tisch standen. Über der Brüstung hing ein staubiger Teppich, den man offensichtlich zum Klopfen ins Freie gebracht hatte. Er hatte eine gleichförmige Musterung, die Lassiter an die Bodenkacheln des Salonwagens erinnerte, mit dem er nach Flagstaff gefahren war.
Ohne Hast führte der große Mann das Pferd über den Hof und band es am Hitchrack fest. Er hatte nicht erwartet, dass die