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Der Priester erhob sich und wies Lassiter den Stuhl am Kopfende des Betts zu. "Er ist nun bereit", sagte der Geistliche und folgte den Familienangehörigen, die das Zimmer verließen. Das Schließgeräusch der Tür klang überlaut, als Lassiter mit dem Colonel allein war. Dessen Augen leuchteten ein letztes Mal auf, nachdem er unendlich lange gebraucht hatte, bis er den Mann der Brigade Sieben an seinem Bett erkannte.
"Mein Freund!", versuchte der Sterbende freudig auszurufen, doch seine Stimme war nur noch ein schwacher Hauch und sein Blick verlor sich im Nichts.
Lassiter beugte sich über das Gesicht des Colonels, das tief ins Kissen gesunken und erschreckend bleich war. "Ich bin hier", sagte er mit belegter Stimme.
"Höre meinen letzten Wunsch", wisperte der Todgeweihte. "Töte einen Mann für mich."
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Seitenzahl: 126
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Lassiter und der Bastard
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: TXUS/Norma
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-4312-0
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Lassiter und der Bastard
Der Priester erhob sich und wies Lassiter den Stuhl am Kopfende des Betts zu. »Er ist nun bereit«, sagte der Geistliche und folgte den Familienangehörigen, die das Zimmer verließen. Das Schließgeräusch der Tür klang überlaut, als Lassiter mit dem Colonel allein war. Dessen Augen leuchteten ein letztes Mal auf, nachdem er unendlich lange gebraucht hatte, bis er den Mann der Brigade Sieben an seinem Bett erkannte.
»Mein Freund!«, versuchte der Sterbende freudig auszurufen, doch seine Stimme war nur noch ein schwacher Hauch und sein Blick verlor sich im Nichts.
Lassiter beugte sich über das Gesicht des Colonels, das tief ins Kissen gesunken und erschreckend bleich war. »Ich bin hier«, sagte er mit belegter Stimme.
»Höre meinen letzten Wunsch«, wisperte der Todgeweihte. »Töte einen Mann für mich.«
Lassiter kannte Colonel Athering seit etlichen Jahren und nannte ihn bei seinem Vornamen, Randolph. Während der Zeit, in der Randolph Athering dem Generalstab angehört hatte, war Lassiter bei offiziellen Anlässen häufig für die Sicherheit verantwortlich gewesen.
Sie hatten sich gegenseitig schätzen gelernt, und so hatte der Colonel ihn, den Mann der Brigade Sieben, oftmals auch privat in seine Villa in Kansas City eingeladen. Es war ebendieser Ort, an dem nun erneut die Trauer Einzug hielt.
Lassiter unterdrückte den Unmut, der in seinem Inneren Platz zu greifen suchte. Er brachte es nicht übers Herz, dem alten Freund im Augenblick seines Todes mit einer Zurechtweisung zu antworten. Die Antworten lagen ihm auf der Zunge.
Wie kannst du so etwas von mir verlangen! Ich will das nicht gehört haben. Du weißt, ich bin kein bezahlter Mörder. Ich kann dir diesen Wunsch nicht erfüllen, beim besten Willen nicht.
Doch er sagte nichts dergleichen.
Stattdessen fragte er: »Von wem redest du? Wen meinst du?«
Noch einmal gelang es dem Colonel, seinen Augen jenen zwingenden Ausdruck zu verleihen, den er als befehlsgewohnter Mann zeitlebens kultiviert hatte.
»In der Kommode … oberste Schublade … findest du ein Kuvert …« Randolph Athertons Worte gingen in einen tiefen Seufzer über. Seine Augen brachen und behielten noch im Tod die Eindringlichkeit bei, mit der er Lassiter seinen letzten Willen aufzuzwingen versuchte.
Lassiter schüttelte verständnislos den Kopf, wohl wissend, dass der Colonel es nicht mehr sehen konnte. Hatte er den Verstand verloren? Was war nur in ihn gefahren, dass er in den letzten Stunden seines Lebens einen Mordauftrag erteilte und dafür auch noch einen schriftlichen Beweis hinterließ?
Sanft schloss der große Mann die Augen des Toten, indem er die Handfläche über sein Gesicht gleiten ließ.
Lassiter blickte über ihn hinweg. Auf dem Nachttisch, auf der anderen Seite des Betts, standen zwei gerahmte, kolorierte Fotografien. Eines der Bilder war mit einem Trauerflor versehen und zeigte seine Frau in der Blüte ihrer Jahre, als die Krankheit sie noch nicht gezeichnet hatte. Die gleiche Krankheit hatte nun auch ihn, sechsundfünfzigjährig, dahingerafft: Tuberkulose, die Geißel des Jahrhunderts.
Das andere Foto hatte den Colonel berühmt gemacht. Es war während seiner aktiven Dienstzeit aufgenommen worden und zeigte ihn in Galauniform, mit dem Indianerbaby auf dem Knie.
Von dem Bild waren Holzschnitte angefertigt worden, und es gab wohl keine Zeitung und keine Monatsschrift in den Vereinigten Staaten, die es nicht veröffentlicht hatten. Vergrößerungen des Fotos wurden außerdem noch heute in Ausstellungen gezeigt.
Die Menschen verehrten Randolph E. Athering als Helden, und als solcher würde er wahrscheinlich in die Geschichte eingehen.
Kurz nach dem Bürgerkrieg, als Captain der US Cavalry, hatte er an einem Massaker teilgenommen, das unter dem Kommando seines Vorgesetzten am Medicine Bow River in Wyoming stattgefunden hatte.
Mit seinem Fernrohr hatte Randolph den weinenden kleinen Jungen entdeckt, der im Eingang eines Tipis hockte, während Frauen, alte Leute und andere Kinder um ihn herum im Gewehrfeuer der Kavalleristen starben.
Gleichzeitig waren die Krieger des Dorfs der Lakota-Sioux mit Maschinenkanonen niedergemetzelt worden, als sie sich der Übermacht der Blaujacken todesmutig entgegenwarfen.
Im Kugelhagel seiner eigenen Kampfgefährten war der damalige Captain in das Dorf vorgedrungen. Er hatte das Kleinkind noch lebend vorgefunden, hatte es mit seinem eigenen Körper geschützt. Wie durch ein Wunder war es ihm gelungen, den Indianerjungen unbeschadet in Sicherheit zu bringen.
Randolph Atherton hatte das hilflose Kind selbst dann noch geschützt, als die Reitersoldaten mit gezogenen Säbeln in das Dorf vordrangen, um auch den letzten Rest von Leben mit blanker Klinge auszulöschen.
Ja, er nahm später für sich in Anspruch, den kleinen Jungen vor der Blutgier der eigenen Leute gerettet zu haben. Das brachte ihm anfangs schwere Anfeindungen ein. Offizierskollegen beschimpften ihn als Nestbeschmutzer, und in seinem Briefkasten lagen anonyme Morddrohungen.
Die Lage änderte sich erst, als Kriegsministerium und Armeeführung sich offiziell von dem Massaker am Medicine Bow River distanzierten. Im gleichen Atemzug nannten die Verantwortlichen in Washington den Cavalry-Captain einen Helden, und es vergingen nur noch Stunden, bis die ersten Reporter in Randolphs Haus in Kansas City auftauchten.
Lassiter erinnerte sich gut daran. Er hatte an den meisten dieser Anlässe teilgenommen. Das damalige Haus der Familie Athering war bescheidener gewesen als die jetzige Villa. Doch den Journalisten war es auf etwas anderes angekommen. Lassiter sah die Schlagzeilen von damals noch heute vor Augen.
***
Armee-Offizier adoptiert Indianerkind
Lakota-Junge wird Offizierssohn
Offiziers-Ehepaar nimmt Indianerwaisen zu sich
Zivilisiertes Leben für Sioux-Kind
Randolph Atherings Heldentat war zu einem symbolhaften Akt aufgewertet worden. Das Handeln eines Mannes, der eine Vision vom zukünftigen Amerika gehabt haben musste. Einer, der das friedliche Zusammenleben seiner Bewohner als uneingeschränktes Ziel ansah. So hatte es ein Kolumnist im »Kansas City Observer« ausgedrückt.
Der betreffende Kommentator war ein bekannter Autor namens Jeremy James, der sich inzwischen auch als Verfasser von Heftromanen – Dime Novels – einen Namen gemacht hatte. Lassiter war sich nicht sicher, aber er vermutete, dass Jeremy James ebenfalls über Randolph Athering einen Roman geschrieben hatte.
Der große Mann riss sich aus seinen Gedanken los. Er musste die Familie über den Tod des Colonels informieren. Aber vorher galt es, alles über sein Vermächtnis zu erfahren.
Er wandte sich vom Totenbett ab, ging hinüber zu der Kommode und öffnete die obere Schublade. Das Kuvert lag in der Mitte auf einem Heftroman und einem dickeren Buch, darunter zwei Stapel von Mappen, in denen sich vermutlich persönliche Papiere befanden.
Das Kuvert war auf der Vorderseite mit Lassiters Namen beschriftet und auf der Rückseite mit Siegellack verschlossen. Das eingeprägte Siegel zeigte das Familienwappen der Atherings.
Den Heftroman kannte Lassiter. Das Titelbild war eine schwarz-weiß gedruckte Lithografie und zeigte einen dunkelhaarigen Cavalry-Offizier, der sich in den Sattel seines auf die Hinterhand steigenden Rappen schwang, auf dem linken Arm einen Indianerjungen in zerfetztem, rußverschmiertem weißem Hemd.
Die Szene spielte sich vor einem Tipi ab. Ringsherum wölkte Pulverrauch auf und verdunkelte die Sonne. Grellweiße Mündungsblitze stachen aus der Düsternis hervor. Der Romantitel bestand nur aus einem einzigen Wort.
Fearless – Furchtlos
by Jeremy James
Die Handlung beschrieb Randolph Atherings Heldentat in dramatisierter Form. Das wahre Geschehen hatte sich kurz nach dem Bürgerkrieg, 1866, abgespielt. Der Roman war etwa ein Jahr später auf den Markt gekommen und gehörte noch heute, zwanzig Jahre danach, zu den meistverkauften Titeln seines Genres.
Weniger bekannt war das gebundene Buch. Es hatte einen schlichten hellbraunen Leineneinband, der dezent mit mattgolden ausgelegten Buchstaben beschriftet war.
Randolph E. Athering
My Adventurous Life – Mein abenteuerliches Leben
A biography by Alfred Dougherty
Die Biografie des Colonels war erst vor eineinhalb Jahren erschienen. Der Verfasser, Alfred Dougherty, war kein anderer als Jeremy James, der Bestsellerautor. Wie es aussah, hatte Randolph eine freundschaftliche Beziehung zu ihm entwickelt und ihn zu seinem Biografen gemacht.
Lassiter hatte die Biografie noch nicht gelesen, weil er nicht glaubte, dass er darin etwas finden würde, das er noch nicht wusste. Er hatte so viel Zeit mit dem Colonel verbracht, dass er sicher war, alle Einzelheiten aus dessen Leben zu kennen.
Lassiter legte das Buch und den Heftroman zurück an ihren Platz und öffnete das Kuvert, indem er das Siegel aufbrach. Nur ein einziges Blatt Papier befand sich in dem Umschlag. Der große Mann faltete es auseinander. Er erkannte Randolphs Handschrift sofort. Sie hatte deutlich weniger Schwung und wirkte dadurch weniger energisch als früher.
Verehrter Freund,
bitte verbrenne diesen Brief, wenn du ihn gelesen hast.
Der Mann, um den es geht, ist bekannt unter dem Pseudonym Jeremy James. Sein wirklicher Name lautet Alfred Dougherty.
Töte ihn. Er hat mir geschworen, niemandem mein Geheimnis zu verraten. Ich kann aber nicht sicher sein, dass er sich nach meinem Tod daran halten wird. Deshalb muss er es jetzt mit ins Grab nehmen. Erfülle mir diesen letzten Wunsch.
In ewiger Dankbarkeit,
Randolph
Lassiter las den Brief zwei, drei Mal. Er traute seinen Augen nicht, konnte einfach nicht glauben, was er da schwarz auf weiß vor sich sah. Seine Gedanken stürzten in einen Abgrund; so kam es ihm vor. Am schlimmsten war, dass er dem alten Freund nicht mehr sagen konnte, wie absurd sein letzter Wille war.
Er konnte ihm auch nicht mehr sagen, dass er dieses aberwitzige Vermächtnis niemals erfüllen würde. Geistesabwesend, mit mechanischen Bewegungen faltete er den Brief zusammen, steckte ihn ins Kuvert und ließ ihn in der Innentasche seines Jacketts verschwinden.
Was für ein Geheimnis war es, das nach Randolph auch sein Biograf mit ins Grab nehmen sollte? Das war zweifellos die entscheidende Frage.
Lassiter war fest entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. Er musste zumindest herausfinden, was es mit Jeremy James alias Alfred Dougherty auf sich hatte.
Nach der Beerdigung.
***
Schwaden von Tabakrauch verdunkelten den Schankraum der »Sparkle Bar«. Ein Übriges tat die vorbeiführende Hochbahn. Das mächtige Stahlgerüst, auf dem ihr Gleisbett ruhte, tauchte die Erdgeschosskneipe in tiefen Schatten. Doch die drei darüberliegenden Stockwerke des Eckhauses an der Kreuzung 5th Street und Delaware Street kamen noch in den Genuss der Spätnachmittagssonne – wie auch der größte Teil der Häuser von Kansas City.
Haley Gubbins hatte seinen Stammplatz an jenem Fenstertisch der Sparkle Bar eingenommen, der nur fünf Schritte von der Hintertür entfernt war. Hier fühlte er sich sicher, denn er konnte schnell verschwinden, wenn Verdruss drohte.
Sein Bierglas war noch fast randvoll. Er hatte es soeben von der Theke durch das Gedränge herübergetragen und einen ausgiebigen Schluck getrunken. Das kühle Getränk hatte seine Stimmung beflügelt.
Der Eiskeller der Sparkle Bar war auch jetzt, im Sommer, immer noch gut bestückt. Ein Vorteil, den man dem wenig eindrucksvollen Lokal nicht ansah. Vor allem Arbeiter vom nahen Rangierbahnhof und Bewohner der umliegenden Häuser bildeten die Kundschaft der dunklen Kneipe.
Haley Gubbins, ein glatzköpfiger Mann von untersetzter Statur, hatte seine Paddymütze abgenommen und neben sich auf die Sitzbank gelegt. Sein markantes Merkmal, ein buschiger schwarzer Schnauzbart, ließ vermuten, dass er früher einmal dunkles Haupthaar gehabt hatte.
Ein fernes Rumoren war zu vernehmen, und kurz darauf begann alles zu vibrieren. Vom Fußboden bis zu den Deckenlampen wurde der gesamte Raum von Schwingungen erfasst. Die Anwesenden beachteten es ebenso wenig wie das Rumoren, das rasch zu einem Grollen und einem deutlichen Rumpeln anwuchs. Sie waren es gewohnt.
Haley Gubbins hob sein Bierglas, trank einen weiteren Schluck und ließ seinen Blick über die dichtgedrängt stehenden Kneipengäste gleiten. Er konnte kein bekanntes Gesicht entdecken. Das war gut so, denn er wollte mit seiner Verabredung nicht beachtet werden. Er setzte das Bierglas ab und gab dabei einen wohligen Laut von sich.
Das Rumpeln steigerte sich zum Donnern, das Vibrieren des Gebäudes nahm zu, und durch die Fenster war der kurze Zug der ERR – »Electric Rail Road« – als dunkle Silhouette zu sehen, während er hoch oben vorüberratterte.
Funken sprühten vom Stromabnehmer herab, der an der stromführenden dritten Schiene entlangglitt. Wie ein Regen aus kleinen Glutkörnern schwebten die Funken herab. Sie verglühten jedoch, bevor sie die Straße und den Bürgersteig erreichten.
Nichtsdestoweniger waren es diese Funkenkaskaden, die der Sparkle Bar – Funkel Bar – ihren Namen gegeben hatten.
Die »Electric Line«, wie die moderne Konkurrenz der Kabelbahnen und der von Dampflokomotiven gezogenen Straßenbahnen auch genannt wurde, war der ganze Stolz der Stadtväter von Kansas City.
»Wir fahren in die Zukunft«, warb die ERR Company auf großen Plakaten über den Treppenaufgängen zu den Hochbahnstationen.
Haley Gubbins hatte nur einen Moment lang zum Fenster hinausgeschaut, in den Funkenregen. Als er sich wieder dem Innenraum zuwandte, saß der Mann ihm gegenüber.
»Hölle und Teufel«, fluchte Gubbins halblaut. »Ist das dein indianisches Erbe?«
Sein Gegenüber schüttelte den Kopf und grinste. »Du denkst, alle Rothäute können sich vollkommen lautlos bewegen, stimmt’s?«
»Ja«, antwortete Gubbins. »Ist es denn nicht so?«
»Nicht wirklich.« Der andere schüttelte abermals den Kopf. »Du hast nur nicht richtig aufgepasst, Haley. Das ist alles. So einen Moment muss man nutzen, wenn man jemanden verblüffen will.«
»Oder überrumpeln.«
»Das gilt nur für Feinde. Und du bist nicht mein Feind, sondern mein Auftraggeber.«
Gubbins konnte sich nicht beruhigen. »Aber ich habe doch nur mal eben rausgeschaut. Nur mit halbem Auge sozusagen. Menschenskind, Randy, ich hätte dich sehen müssen!«
Die Miene des anderen verfinsterte sich. »Wie oft habe ich es dir schon gesagt? Du sollst meinen Namen nicht nennen – wenigstens nicht in der Öffentlichkeit.«
»Tut mir leid. Ist mir so rausgerutscht. Soll nicht wieder vorkommen.« Gubbins machte ein beleidigtes Gesicht. »Aber die Leute hier können ihre eigenen Angelegenheiten von denen unterscheiden, die sie nichts angehen.«
»Du glaubst auch an Santa Claus, was?« Randy Athering grinste. Im nächsten Moment wurde er ernst. »Aber egal, ich will mich hier sowieso nicht lange aufhalten. Was hast du mir anzubieten?«
Statt zu antworten, sah Gubbins sein Gegenüber versonnen an. Randy trug eine dunkelgraue, abgetragene Jacke aus grobem dunkelgrauem Stoff, dazu ein einfaches Leinenhemd, dessen Farbe irgendwo zwischen Weiß und Grau einzustufen war.
Im Halbdunkel des Schankraums wirkte die bronzefarbene Gesichtshaut des jungen Athering fast wie die eine Afrikaners. Seine fast schwarzen Augen wirkten so unergründlich wie sein Gesicht, dessen ovale Form ebenso an einen Indianer wie an einen Weißen erinnerte.
Nach einer Weile murmelte Gubbins wie geistesabwesend: »Irgendwie siehst du dem Colonel ähnlich.«
Randy blies die Backen auf und ließ prustend die Luft heraus. »Spinnst du? Ich bin Amerikaner, und zwar Ur-Amerikaner. Der Colonel ist ein Einwanderer, ein gottverdammter Ausländer.«
»Aber er dürfte hier in den Staaten geboren sein.«
»Na und? Das macht ihn noch lange nicht zu einem echten Amerikaner. Außerdem sind wir nicht verwandt. Er war nur mein Adoptivvater.«
Gubbins ging nicht mehr darauf ein, fragte vielmehr: »Zur Stunde findet doch die Trauerfeier statt, oder? Warum bist du nicht dabei?«
Randys Lider verengten sich. »Meine Privatsache«, zischte er. »Das geht dich nichts an. Verstanden?« Er schob das Kinn vor, und weil der Zuträger nicht antwortete, fuhr er fort: »Also noch mal. Was hast du für mich? Wenn du mich nur hast herkommen lassen, um blöd herumzuquatschen …«
»Nein, nein, nein«, unterbrach ihn Gubbins hastig. »Ich habe eine wichtige Information für dich.« Er beugte sich vor und senkte die Stimme. »Es handelt sich um eine Geheimakte der Armee, genauer gesagt, der Sixth US Cavalry aus der Zeit, in der sie in Fort Halleck stationiert war. Klingeln da die Alarmglocken bei dir?«