Lassiter 2332 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2332 E-Book

Jack Slade

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

"Ich bin Ihre neue Lieferantin, Madame Pompadoux", sagte Georgina Moore herrisch. Sie war blond, jung und schön, ihr Lächeln auf herablassende Weise freundlich. Gnädig fügte sie hinzu: "Aber machen Sie sich keine Sorgen. Sie erhalten Ihre Opium-Lieferungen so pünktlich wie bisher. Die Kunden Ihres geschätzten Hauses werden nichts vermissen."

Einen Moment lang schien die Bordellchefin verdutzt. Dann brach sie in schallendes Gelächter aus.

"Darf ich an Ihrer Heiterkeit teilhaben?", fragte Georgina scharf.

"Aber ja, mein Kind!", prustete Lynelle Pompadoux. "Allerdings ich bin nicht mehr Ihre Ansprechpartnerin. Ich habe mein Haus einem neuen Geschäftsführer übergeben, und Sie können ihn gleich kennenlernen." Sie betätigte einen bunt bestickten Klingelzug an der Wand. "Sein Name ist Lassiter."

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 123

Veröffentlichungsjahr: 2017

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Lassiter und die Durchtriebene

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Aboy

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4542-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Lassiter und die Durchtriebene

»Ich bin Ihre neue Lieferantin, Madame Pompadoux«, sagte Georgina Moore herrisch. Sie war blond, jung und schön, ihr Lächeln auf herablassende Weise freundlich. Gnädig fügte sie hinzu: »Aber machen Sie sich keine Sorgen. Sie erhalten Ihre Opium-Lieferungen so pünktlich wie bisher. Die Kunden Ihres geschätzten Hauses werden nichts vermissen.«

Einen Moment lang schien die Bordellchefin verdutzt. Dann brach sie in schallendes Gelächter aus.

»Darf ich an Ihrer Heiterkeit teilhaben?«, fragte Georgina scharf.

»Aber ja, mein Kind!«, prustete Lynelle Pompadoux. »Ich bin nicht mehr Ihre Ansprechpartnerin. Ich habe mein Haus einem neuen Geschäftsführer übergeben, und Sie können ihn gleich kennenlernen.« Sie betätigte einen bunt bestickten Klingelzug an der Wand. »Sein Name ist Lassiter.«

Georgina quittierte die Mitteilung mit einem Achselzucken; gleichzeitig behielt sie ihre überhebliche, geradezu blasierte Miene bei. Beeindruckt war sie nicht, denn der Name Lassiter sagte ihr nichts, überhaupt nichts.

»Sie wollen sich also zur Ruhe setzen«, folgerte die blonde Schöne vielmehr. Und ohne mit der Wimper zu zucken, schoss sie einen verbalen Giftpfeil ab: »Nun, dafür habe ich volles Verständnis. In Ihrem Beruf altert man schnell. Da zählt jedes Jahr doppelt, habe ich recht?«

»Mhm …« Lynelle überspielte die Beleidigung ohne erkennbare Reaktion. »Sie haben sehr viel Lebenserfahrung für eine …«

»Achtzehnjährige«, sprang Georgina ihr bei. »In der Tat, so ist es, Madame. Ich war die meiste Zeit meines Erwachsenwerdens mit meinem Vater und anderen alten Kerlen zusammen.«

»Du liebe Güte, Ihr Dad ist gerade mal zweiundvierzig.«

»Ich wusste doch, dass Sie gut informiert sind.« Georgina grinste. »Und als Mom mit dem Mann ihrer Träume ans Ende der Welt durchbrannte, war Dad sogar nur sechsunddreißig – aber da schon uralt für die Zwölfjährige, die ich damals war.«

»Ans Ende der Welt?«, wiederholte Lynelle erstaunt.

»Patagonien«, erläuterte Georgina mit Besserwissermiene. Sie hob die Augenbrauen. »Sagen Sie bloß, das wissen Sie nicht.«

Die Bordellchefin zuckte mit den Schultern. »Das Skandalöseste an der Geschichte war ja, wie Sie zugeben werden, die Tatsache, dass ausgerechnet die Frau eines Reverends die Ehe bricht. Und dann noch mit einem Musiker!«

»Einem hochbegabten Künstler«, verbesserte die Tochter des Reverends. »Morten Ivarsson stammt von norwegischen Einwanderern ab. Er hat in New York studiert, und zwar Trompete, Klavier und Gesang. Auf Empfehlung von keinem Geringeren als John Philip Sousa wurde er noch zu Lebzeiten Custers in die 7th US Cavalry Band aufgenommen.«

»Das klingt, als würden Sie für den Geliebten Ihrer Mutter regelrecht schwärmen.« Lynelle schlug die Handflächen zusammen, stützte das Kinn auf die Fingerspitzen und sah ihr Gegenüber mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Faszination an.

»Ich bewundere meine Mutter für ihre Entscheidung«, stellte Georgina richtig. »Sie ist ihrem Herzen gefolgt. Und nicht nur das. Sie fand die Kraft, aus der Enge ihres bisherigen Lebens auszubrechen.«

Lynelle verzog das Gesicht. »Und sie war – hm – kaltschnäuzig genug, ihre zwölfjährige Tochter im Stich zu lassen.«

Georginas Augen verengten sich. »Darüber steht Ihnen kein Urteil zu, Madame.« Ihre Stimme sank zur Eiseskälte. »Vor dem Hintergrund unserer zukünftigen Geschäftsbeziehung sollten Sie daran denken, wo Ihr Platz ist.«

»Selbstverständlich«, gab Lynelle klein bei. Eine spitze Gegenbemerkung konnte sie sich indes nicht verkneifen: »Darf ich im Übrigen auf ein gutes Betriebsklima hoffen – angesichts Ihres Verständnisses für alte Leute wie mich?«

»Aber ja, das dürfen Sie«, antwortete Georgina und täuschte ein gütiges Schmunzeln vor. »Sie Ärmste! Sie sind ja schon gefühlte zweiundfünfzig Jahre alt – wenn ich Ihr wirkliches Alter verdoppele.«

Diesmal fiel es Lynelle schwer, ihren hochkochenden Ärger zu unterdrücken. Dieses kleine Luder auf der anderen Seite des Schreibtischs hatte aus der Welt der Erwachsenen viel zu früh viel zu viel mitgekriegt.

Die Bordellchefin atmete auf, als sie einer Antwort enthoben wurde.

Schritte näherten sich draußen im Korridor.

Harte Stiefelschritte eines Mannes.

***

»Ah, das ist er!«, rief Lynelle und sprang von ihrem Drehsessel auf.

»Wer?«, fragte Georgina und gab vor, schon vergessen zu haben, von wem die Bordellchefin gerade gesprochen hatte.

»Ihr Gesprächspartner. Mein Nachfolger.«

»Gehen Sie weg?«

»Natürlich nicht. Ich werde ihm die beste Assistentin sein, die er sich wünschen kann. Im Übrigen ist er ein Mann, dem jede Frau sich mit Kusshand unterordnet.«

»Ich bestimmt nicht.« Georgina stieß ein verächtliches Schnauben aus.

Lynelle öffnete die Tür rechts vom Schreibtisch und zwinkerte der Tochter des Reverends herausfordernd zu. »Sie würde ich noch nicht unbedingt als Frau bezeichnen.«

Georgina erhielt keine Gelegenheit, ihrer Empörung Luft zu machen, denn Lynelle öffnete die Tür nun vollends. Den Knauf in der Hand, sah sie aus, als wollte sie einen Hofknicks vollführen. Doch sie beließ es bei einer respektvollen Verbeugung, als der große Mann eintrat.

Georgina musste sich beherrschen, um nicht Mund und Augen aufzusperren. Bei aller Anstrengung, ihre aufgesetzte Gleichgültigkeit nicht zu verlieren, schaffte sie es gerade mal, in eine Art Schockstarre zu verfallen. Innerlich schickte sie ein Stoßgebet zum Himmel, dass dieses Prachtexemplar von einem Kerl ihr nicht ansah, wie hingerissen sie war.

Nach einem Schritt über die Türschwelle blieb er stehen und blickte erstaunt auf Georgina herab. Die blauen Augen in seinem von Wind und Sonne gegerbten Gesicht wirkten erstaunt, amüsiert, prüfend, spöttisch, beeindruckt – alles auf einmal.

»Eine Besucherin«, stellte er fest. Er nickte Georgina zu. »Haben Sie sich verirrt? Meinen Sie nicht, dass Sie etwas zu jung sind für dieses Haus? Oder sind Sie eine persönliche Bekannte von Madame Pompadoux?«

Georgina konnte nur zu ihm aufblicken. Noch immer hatte sie das Gefühl, dass ihr Gesicht und ihr ganzer Körper schockartig erstarrt waren. Gleichzeitig erzeugte seine sonore Stimme völlig neue Auswirkungen in ihr.

Über ihren Rücken lief ein wohliges Erschauern. Viel eindrucksvoller aber war dieses Kribbeln, das in ihren Haarwurzeln begann und hinablief bis zu den Fußspitzen. So ähnlich musste es sein, wenn man einen Schlag von diesem elektrischen Strom erhielt, der neuerdings Straßenlampen erstrahlen ließ wie taghelle kleine Sonnen.

Ja, Georgina musste sich eingestehen, dass Madame Pompadoux mit ihrer Ankündigung dieses Mannes nicht ganz Unrecht gehabt hatte. Du lieber Himmel, er war nicht nur ein Bild von einem Mann, er hatte auch eine überwältigende Persönlichkeit, die alle Männer in den Schatten stellte, die sie jemals erlebt hatte. Einschließlich ihres Vaters.

Es schien ihn nicht zu überraschen, dass es ihr die Sprache verschlagen hatte.

In seinem Blick überwog nun das Spöttische, als er sich auf Lynelles Drehsessel sinken ließ. Es hatte etwas Selbstverständliches, wie er dort Platz nahm. Und die ganze Zeit hörte er nicht auf, die blonde Besucherin anzusehen.

Alle Selbstsicherheit war von ihr abgefallen. Dieser – wie war noch sein Name? – hätte ihr befehlen können, seine Stiefel zu küssen, und sie hätte es getan. Tiefste Unterwürfigkeit erfüllte sie plötzlich, und sie sehnte sich geradezu danach, einen Befehl für ihn ausführen zu dürfen. O Gott, sie war so sehr durcheinander, dass sie sogar seinen Namen vergessen hatte.

Etwas wie ein Blitz zuckte jäh durch das Chaos.

Es war Lynelle, die das bewirkte.

Höhnisch grinsend setzte sie sich auf den Schoß des großen Fremden, und besitzergreifend legte sie den Arm um seinen Nacken. Mit den schlanken Fingern ihrer manikürten Hand kraulte sie seine Halsbeuge, sein Ohr und seinen Haaransatz.

Unverwandt sahen sie beide Georgina an – Lynelle eindeutig triumphierend, Lassiter als gelassener Herr der Lage.

Es überraschte Georgina nicht einmal, dass sie sich plötzlich wieder an seinen Namen erinnerte. Denn da war unvermittelt Lynelles rechter Arm, der ihre ganze Aufmerksamkeit fesselte. Sie warf den Arm lässig über die Gegend seiner Gürtelschließen und ließ ihre Handfläche auf seinem Oberschenkel landen. Wie es aussah, handelte es sich um den angestammten Platz, von dem aus sie mit lüstern forschenden Fingern ihre Erkundungen begann.

Nein, verdammt noch mal, ließ Georgina sich von ihrer inneren Stimme befehlen, das kannst du nicht zulassen. Du bist hier, um deine Forderungen durchzusetzen. Da kannst du deinen Verstand nicht von einem Mannsbild umnebeln lassen. Mein Gott, wenn du das Geschäft durchziehen willst, wie du es dir vorgenommen hast, musst du einen klaren Kopf bewahren.

»Sie heißt Georgina Moore«, sprach Lynelle mit gedämpfter Stimme ins Ohr des großen Mannes. »Sie sucht keinen Job bei uns. Sie ist die Tochter des Reverends der Baptistengemeinde, und sie möchte mit uns Geschäfte machen.«

»Falsch«, sagte Georgina, krampfhaft bemüht, ihre Selbstsicherheit zurückzugewinnen und dies auch gleich zu demonstrieren. »Es geht hier nicht um das, was ich möchte. Es geht um das, was ich anordne.«

Lassiter glaubte nicht, was er hörte. Es war ihm anzusehen.

»Lynelle«, sagte er und sah die dunkelhaarige Frau auf seinem Schoß fragend an. »Was haben wir denn hier? Eine kleine Größenwahnsinnige?« Er legte seinen Arm um die Taille der Bordellchefin. Seine kraftvollen, nervigen Hände kräuselten die dunkelrote Seide ihres tief ausgeschnittenen Kleids.

»Nun, so hört es sich zumindest an«, erwiderte Lynelle diplomatisch. »Wenn ich die Kleine richtig verstanden habe …«

»Ich bin nicht Ihre Kleine«, fauchte die Blondine. »Und keiner von Ihnen beiden hat auch nur den geringsten Grund, sich über mich lustig zu machen.«

»Hört, hört«, sagte Lassiter und zog anerkennend die Mundwinkel nach unten. »Wir haben es hier also mit einer ernsten Angelegenheit zu tun.« Er musterte Georgina eindringlich.

Sie erschauerte abermals, und wieder spürte sie diesen Stromstoß, der sie von Kopf bis Fuß durchschoss. Damit nicht genug, wünschte sie sich auf einmal, von diesem hinreißenden Mann mit Blicken ausgezogen zu werden.

Im Grund hatte er es leicht damit. Ihr hellgrauer Hosenanzug, der neuesten Suffragettenmode aus Chicago entsprechend, lag eng an und modellierte ausgesprochen deutlich ihre prallen Oberschenkel. Wäre sie aufgestanden und hätte sich umgedreht, wären ihm auch ihre wohlgeformten Hinterbacken ins Auge gestochen.

All right, so deutlich wollte sie es nicht treiben. In einem unbeobachteten Moment konnte sie allerdings einen weiteren Knopf ihrer weißen Bluse öffnen – obwohl das Dekolletee jetzt schon den größten Teil ihrer vollen, sich prächtig wölbenden Brüste offenbarte.

Ja, sie wusste, wie man Männer beeindruckte. Mit ihrem Busen und Hinterteil konnte sie punkten, auch wenn beide von Kleidung bedeckt und nur zu ahnen waren. Natürlich spielte auch die Schönheit ihres Gesichts, ihrer Augen und ihrer Haare eine wichtige Rolle, aber wenn es zur Sache ging, zählte für die Kerle immer nur der Körper einer Frau.

Das hatte Georgina längst begriffen.

Denn sie hatte Erfahrungen gesammelt, die manche prüde Ehefrau in ihrem ganzen Leben nicht machte. Okay, einer Frau wie Lynelle konnte sie bestimmt nicht das Wasser reichen. Georgina atmete tief durch, während Lassiter noch damit beschäftigt war, sie zu betrachten.

Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, tief in ihrem Inneren, dann musste sie zugeben, dass sie auf Lynelle eifersüchtig war. Allein dafür, wie sie Lassiter befingerte, hätte sie ihr die Augen auskratzen können. Dieses aufdringliche Zur-Schau-Stellen der Tatsache, dass sie es wohl schon miteinander getrieben hatte, ging Georgina mächtig gegen den Strich.

Es war dieser Moment, in dem ihr Entschluss reifte.

Während sie noch darüber nachdachte, musste sie sich selbst bewundern. Himmel, was für eine Aufgabe stellte sie sich da! Aber sie würde es schaffen. Alles, was sie sich fest vornahm, hatte sie noch immer geschafft. Deshalb zweifelte sie keine Sekunde an sich selbst.

Sie würde es schaffen, Lassiter zu verführen.

***

Sie fühlte sich wie in einem goldenen Käfig. Es fehlte ihr an nichts. Die Wohnung war komfortabel eingerichtet, mit Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche und Bad. Lediglich die Fenster waren vergittert, die Eingangstür abgeschlossen und zusätzlich mit Außenriegeln gesichert.

Ja, es war eine unglaublich komfortable Art von Gefängnis, in das die Entführer Monique Devereux gesperrt hatten. Durch eines der Fenster an der Westseite fiel ihr Blick auf die sanft ansteigenden, bewaldeten Hänge der Sangre de Cristo Mountains. An der Ostseite, im grünen Hügelland, glitzerte das kristallklare Wasser des Cimarron River im Sonnenlicht wie ein breites, sich dahinschlängelndes Band.

Monique war schlank und mittelgroß. Sie trug das kurze dunkle Haar als Männerfrisur, wie so viele Frauenrechtlerinnen. Nichtsdestoweniger modellierte ihr eng anliegender Hosenanzug aber äußerst weibliche Formen. Ihre ausgeprägt großen Brüste stemmten sich wölbend gegen das Innenfutter des Jacketts. Am Kinn, rechts unten, war eine Narbe zu erkennen; dort hatte sie einmal eine Messerspitze gestreift. Ihre Augen waren dunkelbraun, und um ihre Nase herum gruppierten sich Sommersprossen wie bei einem kleinen Mädchen.

Die Entführer waren ganz und gar nicht unfreundlich gewesen. Sie hatten fast alle Fragen beantwortet und ihr nicht einmal verschwiegen, um was für eine Behausung es sich handelte. Es war eine der Offizierswohnungen des ehemaligen Fort Jackson, zwanzig Meilen nordwestlich von Cimarron gelegen.

Die US Cavalry hatte das Fort aufgegeben und das gesamte, von Palisaden umsäumte Areal unmittelbar darauf auf dem freien Immobilienmarkt zum Verkauf angeboten. Ein Anwalt aus San Francisco hatte die Preise im Bieterverfahren in die Höhe getrieben, bis die übrigen Kaufinteressenten – wohlhabende Rancher aus dem Colfax County – das Interesse verloren hatten.

Der Anwalt von der Westküste war wieder verschwunden, nachdem er die Kaufverträge im Gerichtsgebäude der Stadt Springer, die zugleich Countysitz war, unterschrieben hatte. Der zuständige Richter dort war vom Kriegsministerium und der Armeeführung beauftragt worden, die Verkaufsformalitäten abzuwickeln.

Monique verbrachte die meiste Zeit damit, Rundgänge durch die Zimmer zu unternehmen. Vom Wohnzimmer ins Schlafzimmer und von dort über Bad und Küche zurück in den Living-room. Zwischendurch blieb sie immer wieder einmal an einem der Fenster stehen, um den Ausblick zu genießen.

Die Wohnungen befanden sich in zwei Viererblocks an der Westseite des Forts. Dort waren die Holzgebäude auf erhöhten Pfahlgründungen gebaut worden, sodass die Bewohner aus den Fenstern über die Palisaden hinwegblicken konnten.

Das hatte zu Zeiten der Indianerkriege den Sinn gehabt, dass sich hinter den Wohnungsfenstern bei einem Angriff zusätzliche Verteidiger zur Unterstützung der Soldaten auf den Palisadengängen verschanzen konnten.

Manchmal verfiel Monique während ihrer Rundgänge in den Laufschritt. Die Bewegung half ihr, ihre körperliche Spannkraft zu erhalten. Ob sie jemals wieder darauf angewiesen sein würde, stand allerdings in den Sternen.

Einen klaren Kopf zu bewahren, erschien ihr indessen nicht weniger wichtig. Auf eine unvorhergesehene Situation richtig reagieren zu können – das war es, worauf es ankam. Wohl hundert Mal hatte sie darüber nachgedacht, hatte immer wieder neue, mögliche Zwischenfälle ersonnen.

Unvermittelt erblickte sie eine Bewegung – weit draußen im Sonnenlicht.

Reflexartig schlug ihr Herz schneller. So manches Mal träumte sie davon, dort draußen ihre Retter zu erspähen – tapfere Männer, die sich in Cimarron auf den Weg gemacht hatten, um das Fort anzugreifen und sie, Monique, zu befreien.

Aber auch diesmal war es wie schon so oft zuvor. Ihr Herzschlag beruhigte sich rasch, als sie feststellte, dass die Bewegung zwischen dem Buschwerk und den Bäumen des Hügellands von einem wilden Tier verursacht worden war.