Lassiter 2345 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2345 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Das Frühjahr lockte mit milden Temperaturen am Tag und kaum mehr Frost in der Nacht. Dennoch brachte der Transport der Golddollars schwerste Strapazen für die Soldaten des Kavalleriezuges aus Fort Stevenson mit sich. Gut dreihundertfünfzig Meilen musste der Tross bis zum Department-Hauptquartier Omaha hinter sich bringen und dabei Wind und Wetter trotzen. Gewitterstürme und Hagelschauer waren keine Seltenheit. Hin und wieder bauten sich Tornados auf, die mit ihrer vernichtenden Gewalt die weiten Ebenen Dakotas heimsuchten.


Lieutenant Dan Wallace warf einen skeptischen Blick hinauf zum Himmel. Aus vereinzelten Wolkenschleiern waren dunkel dräuende Gebilde entstanden, die sich wie Vorboten kommenden Unheils zusammengezogen hatten. Doch der Offizier wusste, dass die eigentliche Gefahr aus einer völlig anderen Richtung kam...

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EPUB

Seitenzahl: 141

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Nur ein Sheriff aus Dakota

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Aboy/Monica Filet

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4921-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Nur ein Sheriff aus Dakota

Das Frühjahr lockte mit milden Temperaturen am Tag und kaum mehr Frost in der Nacht. Dennoch brachte der Transport der Golddollars schwerste Strapazen für die Soldaten des Kavalleriezuges aus Fort Stevenson mit sich. Gut dreihundertfünfzig Meilen musste der Tross bis zum Department-Hauptquartier Omaha hinter sich bringen und dabei Wind und Wetter trotzen. Gewitterstürme und Hagelschauer waren keine Seltenheit. Hin und wieder bauten sich Tornados auf, die mit ihrer vernichtenden Gewalt die weiten Ebenen Dakotas heimsuchten.

Lieutenant Dan Wallace warf einen skeptischen Blick hinauf zum Himmel. Aus vereinzelten Wolkenschleiern waren dunkel dräuende Gebilde entstanden, die sich wie Vorboten kommenden Unheils zusammengezogen hatten. Doch der Offizier wusste, dass die eigentliche Gefahr aus einer völlig anderen Richtung kam.

Unwillkürlich wurden seine Handflächen feucht. Über seine Schulter hinweg sah er hinüber zu der Kutsche, in der die Kiste mit den Golddollars befördert wurde. Das Gefährt war eine Spezialanfertigung, die anstelle von Fenstern lediglich handspannenbreite Schießscharten besaß. Vier Uniformierte mit Springfield-Karabinern saßen im Innern und würden den Regierungsschatz mit ihrem Leben verteidigen. Zur weiteren Abschreckung war eine zehnläufige Gatling-Kanone an die Kutsche gekoppelt, doch Wallace war klar, dass sich kaum jemand von ihr beeindrucken lassen würde. Bevor sie geladen und ausgerichtet war, mochten die Soldaten der 1st Cavalry bei einem Überfall bereits tot im Staub liegen.

Mit leichtem Schenkeldruck trieb Lieutenant Wallace seinen Hengst voran zur Zugspitze und schloss zu Major Westingrave auf. Kurz streifte sein Blick Sergeant Hanratty, der unmerklich nickte und sich daraufhin zurückfallen ließ.

»Die halbe Strecke liegt bereits hinter uns«, sagte der Major wie im Selbstgespräch und sah den Offizier an seiner Seite nicht einmal an. »Kann mir einer erklären, warum das verdammte Oberkommando uns durch die Prärie schickt, statt den Transport mit der Northern Pacific durchzuführen?«

»Es gibt keine direkte Eisenbahnlinie nach Iowa«, meinte Dan Wallace. »Die Northern Pacific hätte uns bis zur Grenze nach Wisconsin gebracht und im weiten Bogen bis nach Omaha. Das wäre ein Umweg von knapp zweihundert Meilen gewesen.«

»Aber trotzdem schneller«, beharrte Westingrave und verzog griesgrämig seine Mundwinkel. »Wenn die hohen Herren bei Kaffee und Kuchen zusammensitzen, scheint ihnen das jeglichen Blick für die Realität zu vernebeln.«

Trotz seiner Anspannung zeigte sich ein eigentümliches Lächeln auf Lieutenant Dan Wallaces Miene. »Ich fürchte, Sir«, sagte er, »es ist reine Zeitverschwendung, sich darüber Gedanken zu machen. Vertane Lebenszeit, wenn Sie so wollen. Denn manchmal ist sie kürzer, als man denkt …« Ohne Vorwarnung zog Wallace seinen Fünfundvierziger und feuerte ihn aus nächster Nähe auf den Major ab.

Der donnernde Schuss war der Auftakt zu einem kurzen, aber heftigen Gefecht.

Während Westingrave aus dem Sattel kippte, nach seinem Colt langte und von einer zweiten Kugel des Lieutenants in die Brust getroffen wurde, mischten Hanratty und zwei Kavalleristen die Nachhut auf. Abzüglich der vier Männer, die sich in der Kutsche verschanzt hatten, bestand der Trupp lediglich aus zehn Berittenen. Drei von ihnen standen auf Wallaces Seite; der Rest reagierte viel zu langsam, um sich effektiv zur Wehr setzen zu können.

Ein junger Rekrut wurde in den Rücken getroffen; zwei weitere starben, noch ehe sie ihre Revolver ziehen konnten. Hanratty leistete ganze Arbeit, doch Dan Wallace nahm es nur nebenher wahr. Er ließ seinen Colt tödliches Blei spucken und erledigte die beiden Adjutanten des Majors, die auf dem Kutschbock saßen. Mit seiner Linken griff er ins Geschirr des Führungshengstes, brachte das Gespann zum Stehen und richtete die Mündung seiner Waffe auf den letzten Mann. Der riss entsetzt die Arme in die Höhe. Seine jugendlichen Züge waren zu einer Maske des Schreckens erstarrt. Man sah ihm seine Unerfahrenheit an. Falls Wallace sich recht erinnerte, war der Bursche kaum siebzehn.

»Bitte, Sir«, stammelte der Rekrut. »Ich weiß nicht, was zwischen Ihnen und Major Westingrave vorgefallen ist, aber ich habe nichts damit zu tun …«

Wallace nickte knapp. »Ich weiß, Junge …« Dann schoss er.

»Major!«, schrie eine Stimme aus der Kutsche. »Was ist da los bei Ihnen? Wir können nichts sehen!«

Natürlich nicht!, dachte Lieutenant Wallace. Die Schießscharten des Gefährts waren lediglich zur linken und rechten Seite angebracht. Was vor und hinter der Kutsche geschah, konnten die Eingeschlossenen nicht überblicken.

»Der Major ist tot!«, rief Wallace und nannte seinen Rang sowie seinen Namen. »Ich übernehme das Kommando!« Mit wenigen Gesten verständigte er sich mit seinem Sergeant, der sich unverzüglich daranmachte, die Gatling Gun abzukoppeln. Seine beiden Helfer leisteten tatkräftige Unterstützung und hatten die Maschinenkanone in kürzester Zeit geladen und auf das Heck der Kutsche ausgerichtet.

»Wir können keine Angreifer ausmachen!«, schallte es dumpf heran. In den schmalen Öffnungen der Kutsche ruckten die Gewehrläufe von einer Seite zur anderen.

Eine Antwort hatte Lieutenant Dan Wallace natürlich parat. Innerlich genoss er die Ankündigung, die er zu machen hatte. »Lassen Sie es gut sein! Sie haben getan, was Sie tun konnten …«

Die Worte verhallten – und das Tor zur Hölle tat sich auf! Das Rattern der Gatling Gun fiel ein in die letzten Silben des Lieutenants, fegte sie hinweg wie ein Orkan trockenes Laub. Dutzende Geschosse schlugen bereits in den ersten Sekunden in die Kutsche ein, hackten in die rückwärtige Wand und rissen sie auf. Splitter wirbelten durch die Luft, als die rotierenden Läufe des Maschinengewehrs unablässig feuerten. Schreie gellten und erstarben. Pulverdampf schwängerte die Luft und verdichtete sich zu einem nahezu undurchdringlichen Nebel, in dem gleißendes Mündungsfeuer aufflammte.

Sergeant Hanratty gebärdete sich wie ein Besessener, betätigte kraftvoll die Handkurbel der Gatling Gun und stieß einen lang anhaltenden, grollenden Kampfschrei aus. Seine Züge hatten sich zu einer teuflischen Fratze verzerrt, in der sich der Wahnsinn eines zu allem entschlossenen Massenmörders widerspiegelte.

Er hörte erst auf, als sich eine Patrone verkantete und die kreisende Bewegung der zehn Stahlläufe blockierte. Fluchend trat er zurück und versetzte dem Gewehr einen Tritt. Herrisch rief er einen der Kavalleristen zu sich, um die Störung zu beseitigen, und wurde noch im selben Augenblick von den Füßen gerissen, als eine Kugel seinen Schädel durchschlug.

»Hanratty!«, stieß Lieutenant Wallace aus und sprang von seinem Pferd. Er warf sich in den Staub, kroch an der Kutsche entlang und schaute unter ihr hindurch zum Horizont. Sein Herz verkrampfte sich beim Anblick der Reiterschar, die sich als dunkle Schemen gegen die Sonnenscheibe abzeichnete. Wie viele Männer heranpreschten, konnte er nur schätzen. Was er aber genau wusste, war, dass sie zu dritt keine Chance gegen sie haben würden.

Die Echos von Gewehr- und Revolverschüssen rollten wie Donnersturm über das Land. Ein Windzug wehte Dan Wallace Sand in die Augen und nahm ihm kurzzeitig die Sicht. Verzweifelt blinzelte er, sah zwei verwaschene Schatten, die wie von der Axt gefällt zu Boden stürzten, und wusste, dass er schlagartig auf sich allein gestellt war.

Die Sandkörner bissen in seine Augäpfel und raubten dem Lieutenant jede Chance, auch nur einen gezielten Schuss abzugeben. Vermutlich wäre es sowieso bei diesem einen geblieben, denn der Übermacht der johlenden und um sich feuernden Meute hatte er nichts entgegenzusetzen.

In aufkeimender Panik sah Wallace nur eine Möglichkeit, sein Leben zu retten: Er musste sich tot stellen.

Er schob sich unter die Kutsche und legte sich in leicht verkrümmter Haltung auf den Bauch. Die Zeit bis zum Eintreffen der Banditen schien sich endlos zu dehnen. Und als der donnernde Hufschlag schließlich zum Erliegen kam und das Geräusch zahlloser stampfender Stiefel aufklang, da drohte ihm das Herz förmlich aus der Brust zu springen.

»Alle tot!«, hörte er eine raue Stimme rufen. »Kassieren wir die Golddollars ein!«

»Irgendwas stimmt nicht!«, dröhnte ein anderer. »Wir haben doch höchstens drei oder vier Kerle erledigt! Hier ist aber keiner mehr am Leben!«

»Interessiert mich nicht! Ich will die verdammte Kiste!«

Grollendes Lachen ertönte. »Dann machen wir in Rapid City mal richtig einen drauf, Jim!«

»Du kannst saufen und vögeln, wenn die Arbeit getan ist! Steh gefälligst nicht rum, sondern hilf den anderen!«

Irgendjemand versetzte Wallace einen Tritt vors Bein, der derart schmerzhaft war, dass er fast laut losgeschrien hätte. Doch er behielt die Kontrolle, gab keinen Laut von sich und bewegte sich auch nicht. Er hörte nur zu und betete, dass er sich nicht verriet.

»Diese Idioten haben ihre eigene Kutsche zerschossen, Jim! Schau dir das an! Der Tresor ist offen! Wir brauchen nur noch zuzugreifen!«

Erneutes Schlurfen und Trampeln. Tote Körper fielen wie Mehlsäcke in den Staub. Dann schabte ein schwerer Gegenstand über Holz und wurde ächzend hochgestemmt. »Brecht das Ding auf und verteilt die Dollars auf die Packtaschen!«

»Verflucht, Russell, wie sollen wir denn die Schlösser aufbekommen?«

»Mit deinem Colt, du hirnloser Depp!«

Russell!, pochte es in Dan Wallaces Gedanken. Zumindest hatte er nun den Namen des Anführers. Ob es ihm etwas nützte, würde sich noch herausstellen, aber er wollte auf jeden Fall das Gesicht des Mannes sehen, der ihn um seine Beute zu bringen gedachte.

Bis es dazu kam, verging noch eine Weile, in der Lieutenant Wallace nahezu jede Sekunde um sein Leben bangte. Doch als die Räuber und Mörder wieder aufsaßen, konnte er unter der Kutsche hindurch Russell erkennen. Die Züge des Mannes mit dem schmalen asketischen Gesicht und den schulterlangen hellbraunen Haaren brannten sich unauslöschlich in sein Gedächtnis ein.

Als der Staub der davonziehenden Meute verweht war, hatte Dan Wallace bereits einen Plan, wie er weiter vorgehen wollte. Rapid City war nicht weit entfernt, allenfalls einen Tagesmarsch. Er würde dem Department in Omaha den Vorfall telegrafieren, um jeden Verdacht von sich zu lenken. Denn wenn die Army einen Aufklärungstrupp schickte, würde er ohne jeden Zweifel herausfinden, dass nicht allein die Banditen das Massaker angerichtet hatten. Danach würde er sich auf die Suche nach dem Gold machen, es den Ganoven irgendwie abjagen und sich nach Süden absetzen. Sollte man schließlich doch noch seinen Verrat aufdecken, war er längst über alle Berge.

Er kroch unter der zerschossenen Kutsche hervor, schüttelte sich den Dreck ab und nahm zwei Wasserflaschen an sich. Hoch zum Himmel blinzelnd, wusste er, dass es tiefe Nacht sein würde, ehe er in der Stadt ankam.

***

Das erwartete Gewitter war ausgeblieben, die dunklen Wolken hatten sich verzogen. Rex Kendall nahm es mit derselben Gelassenheit hin, die er auch bei einem erdrutschartigen Niederschlag an den Tag gelegt hätte. Er war es gewohnt, den Widernissen der Natur zu trotzen, hielt sich nie lange an einem Ort auf und tingelte größtenteils unbeschwert durch die Lande. Arbeit hatte er bisher noch immer gefunden, aber nicht immer stand ihm der Sinn danach. Er träumte von einem Leben abseits jeder Verantwortung, fern von der Sorge, am nächsten Tag nicht zu wissen, wie er seinen Bauch füllen sollte.

Kendall blickte voraus in die Weite der Prärie. Ein bestimmtes Ziel hatte er nicht und wollte irgendwo am Fuß der Richland Heights sein Nachtlager aufschlagen. Die Bewegung, die er plötzlich sah, lenkte seine Gedanken in eine neue Richtung.

Irgendetwas kroch über den Boden. Kendall war zu weit entfernt, um Details auszumachen, spornte jedoch seinen braunen Morgan an und ritt der Stelle entgegen. Verblüfft stellte er fest, dass sich ein Mann am Ende seiner Kräfte über den Erdboden schleppte. Noch erstaunter war er beim Anblick der Armeeuniform.

Auf Höhe des Mannes zügelte Rex Kendall seinen Hengst, sprang aus dem Sattel und kniete sich neben ihn. Ein Stich ging ihm durchs Herz beim Anblick zweier Schusswunden, die blutverkrustete Krater im Rücken des Kavalleristen gebildet hatten. Man musste kein Arzt sein, um zu wissen, dass die Stunden des Verletzten gezählt waren.

»Kommen Sie aus Fort Sully?«, fragte Kendall. »Was ist geschehen?«

»Stevenson …«, röchelte der Mann. »Fort Stevenson …«

»Wo ist Ihre Einheit?« Rex Kendall schaute sich nach einem Truppenverband um und schalt sich noch im selben Moment einen Narren. Der Uniformierte wäre nicht meilenweit durch den Staub gekrochen, wenn seine Leute noch in der Nähe gewesen wären.

»Tot … alle tot …« Nach einigen Sekunden fügte er ächzend hinzu: »Überfall! Die … die wussten Bescheid!« Mühsam drehte sich der Soldat auf die Seite und starrte Kendall aus müden, leblosen Augen an.

»Von wem reden Sie? Wer wusste Bescheid?« Für einen Moment überlegte Rex Kendall, seine Wasserflasche zu holen und den Sterbenden trinken zu lassen, entschied sich jedoch dagegen. Zu groß war seine Sorge, der Mann könnte ihm unter der Hand hinwegsterben und sein Geheimnis mit ins Grab nehmen.

»Wallace … Russell …« Stöhnend krümmte sich der Kavallerist. Sein Gesicht grub sich in den sandigen Untergrund, der seine Lippen benetzte. Aus seinem Mundwinkel rann Speichel. »Sie wollten … das … das Gold …«

»Sie haben die Banditen erkannt?«, zeigte sich Kendall verblüfft und stellte sofort im Anschluss die entscheidende Frage: »Wohin haben sie das Gold gebracht?«

»Lieutenant Wallace«, keuchte der tödlich Verletzte. »Verdammter … Verräter!«

Die Gedanken überschlugen sich in Kendalls Kopf. Ein Angehöriger der Armee hatte seine eigenen Männer niedergemetzelt, um an die kostbare Fracht zu kommen. Vermutlich hatte er sich mit einigen Desperados verbündet, ihnen entscheidende Hinweise über den Goldtransport zugespielt und ihre Feuerkraft für sich arbeiten lassen.

»Wie lange liegt die Schießerei zurück?«, erkundigte sich Rex Kendall, der seine Aufregung kaum mehr verbergen konnte.

»Russell hat … Wallace aufs Kreuz gelegt«, überging der Sterbende auch diese Frage und schien zu ahnen, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb. »Der verfluchte Lieutenant … ist hinter ihm her …« Der Soldat wurde von einem Hustenanfall geschüttelt, der in ein krächzendes Lachen überging. »Das Gold … wird beiden den Tod bringen …«

»Wohin sind die Männer geritten?« Fieberhafte Erregung griff nach Rex Kendall. Im Geiste malte er sich bereits ein sorgenfreies Leben aus, falls es ihm gelingen würde, in den Besitz des Goldschatzes zu kommen. Ein überaus vorsichtiges, aber auch trickreiches Vorgehen waren dabei seine obersten Gebote.

»Rapid City …« Es waren die letzten beiden Worte, die der Kavallerist von sich gab. Sein Blick brach, sein Körper erschlaffte.

Langsam richtete sich Rex Kendall auf. Eine Weile noch betrachtete er den Leichnam, zimmerte sich in aller Eile einen Plan zurecht und schwang sich in den Sattel seines Pferdes. Es würde Tage, wenn nicht gar Wochen in Anspruch nehmen, die Banditen ausfindig zu machen und ihnen ihre Beute abzujagen, doch er besaß alle Zeit der Welt.

***

Kaum ein Auftrag, den Lassiter seit seiner Zugehörigkeit zur Brigade Sieben übertragen bekommen hatte, war derart schnell an ihn weitergeleitet worden. Offenbar war er nicht nur der einzige Agent, der sich in der Nähe Dakotas aufhielt, sondern auch einer der Wenigen, denen man zutraute, rasche Ergebnisse zu liefern. Wie dringlich seine neue Mission war, hatte der Kurierreiter bezeugt, der Lassiter noch vor der Vollzugsmeldung seines vorangegangenen Auftrags abgefangen hatte. Ausnahmen bestätigten zwar die Regel, doch erst nach Durchsicht seiner Dokumente war Lassiter klargeworden, weshalb die Brigade Sieben nicht den üblichen Weg der Kontaktaufnahme gegangen war.

Den Befehlshabern in Fort Stevenson war eine beträchtliche Menge an Golddollars bei einem Raubüberfall verlorengegangen. Einer der kommandierenden Offiziere des Transports, ein gewisser Lieutenant Dan Wallace, hatte eine telegrafische Mitteilung an das Department-Hauptquartier von Omaha geschickt, woraufhin dieses eine Untersuchungskommission und einen Suchtrupp gebildet hatte. Außer den Toten und einer geplünderten Kutsche hatte man allerdings nichts gefunden. Die Spur der Täter hatte sich verwischt; ebenso war Wallace wie vom Erdboden verschluckt. Zudem lag der Überfall keine drei Tage zurück, sodass Lassiter fast schon geneigt war, seine Meinung zu den langsam mahlenden Mühlen der Justiz zu revidieren.

Ausschlaggebend aber waren die Befürchtungen des Senats und der Brigade Sieben, das gestohlene Gold könnte rebellische Gruppierungen in Mexiko finanzieren. Niemand wollte eine Wiederholung des texanisch-mexikanischen Krieges. Und schon gar niemand wollte, dass die Vereinigten Staaten von Amerika die finanzielle Grundlage dazu lieferten. Das Gold musste schnell gefunden und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Das Schreckgespenst einer erneuten kriegerischen Eskalation an der texanischen Grenze hatte sämtliche Handlungsbevollmächtigten zu höchster Eile angetrieben.

Über die Rolle von Lieutenant Dan Wallace hatte Lassiter schon eine Weile gegrübelt, ohne zu einem schlüssigen Resultat gekommen zu sein. Dennoch empfand er es als außergewöhnlich, dass der Offizier ein Telegramm aus Rapid City geschickt hatte, anstatt zu seinem Kommandoposten zurückzukehren. Viele Möglichkeiten, die sein Verhalten erklärten, gab es nicht. Der Brigade-Agent hatte einige von ihnen durchgespielt und tendierte zu der Annahme, dass Wallace entweder in direktem Zusammenhang mit dem Überfall stand oder sich eine Medaille verdienen wollte, indem er das Verbrechen auf eigene Faust aufzuklären gedachte. Es gab noch eine Reihe von weiteren Überlegungen, die aber grundsätzlich nur wenig von diesen beiden Vermutungen abwichen.

Auf jeden Fall war Rapid City Lassiters erste Anlaufstelle. Die Geschehnisse waren noch frisch, die Schuldigen aller Wahrscheinlichkeit nach im Umfeld der Stadt zu finden. Dass einiges im Argen lag, bemerkte er schon wenige Minuten, nachdem er die Stadtgrenze überschritten hatte. Neben lautem Gebrüll war das Donnern schwerer Colts zu hören. Spitze Entsetzensschreie hallten ihm entgegen; kopflos rannten verängstigte Menschen über die Mainstreet.