Lassiter 2348 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2348 E-Book

Jack Slade

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Aus dem Hühnerstall der Circle H Ranch drang nervöses Gackern, als sich die beiden Bewaffneten mit einem Brecheisen Zutritt verschafften. Die Männer hebelten die Hintertür des Holzverschlags auf und rissen ein Zündholz an. "Verschwindet, ihr Biester!", knurrte der Ältere von beiden und trat nach den Hühnern. "Mir gefällt's nicht, dass wir Hoffman nirgendwo sehen."
"Er kommt immer um diese Zeit", flüsterte der andere und untersuchte die Futtertröge. "Nach seinen Marotten lässt sich die Uhr stellen."

Die Männer krochen hinter die beiden Holztröge, deren Ränder mit weißem Hühnerkot bedeckt waren. Sie zogen ihre Revolver und starrten zur Stalltür hinüber.
"Dann hat sein letztes Stündlein soeben geschlagen", zischte der Ältere und kniff ein Auge zusammen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2017

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Keine Chance für Dollar-Jane

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Boada/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5110-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Keine Chance für Dollar-Jane

Aus dem Hühnerstall der Circle-H-Ranch drang nervöses Gackern, als sich die beiden Bewaffneten mit einem Brecheisen Zutritt verschafften. Die Männer hebelten die Hintertür des Holzverschlags auf und rissen ein Zündholz an. Ein magerer Lichtschein erleuchtete ihre Gesichter.

»Verschwindet, ihr Biester!«, knurrte der Ältere von beiden und trat nach den Hühnern. »Mir gefällt’s nicht, dass wir Hoffman nirgendwo sehen.«

»Er kommt immer um diese Zeit«, flüsterte der andere und untersuchte die Futtertröge. »Nach seinen Marotten lässt sich die Uhr stellen.«

Die Männer krochen hinter die beiden Holztröge, deren Ränder mit weißem Hühnerkot bedeckt waren. Sie zogen ihre Revolver und starrten zur Stalltür hinüber.

»Dann hat sein letztes Stündlein soeben geschlagen«, zischte der Ältere und kniff ein Auge zusammen.

Der Wind trieb an diesem Abend den Geruch von trockenem Heu über die Circle-H-Ranch, deren wenige Gebäude sich wie die Dolden eines Holunderstrauchs um den mittig erbauten Rindercorral schmiegten. Es war jener würzige Duft, der Will Hoffman an bessere Zeiten erinnerte, in denen das erste Heu für einen guten Sommer gestanden hatte. Die sorglosen Tage waren jedoch schon seit dem letzten Winter vorüber.

Der alte Rancher fuhr sich mit der Hand durch die ergrauten Haare und schulterte den Futtersack, den er zum Hühnerstall hinübertragen wollte. Er hatte die fauligen Maiskörner aus dem Speicher geholt, die seit einigen Wochen vor sich hin rotteten und vor denen Emma ihn schon auf dem Markt von Paradise Valley gewarnt hatte. Seine Frau bewies oft das bessere Händchen, wenn es um die Ranch und deren Geschäfte ging.

»Hey-hey-hey!«, rief Hoffman und scheuchte die letzten Hühner hinein. Er schlug den Riegel an der Stalltür herum und ließ drinnen den Sack vor die Füße fallen. Er stöhnte und stützte sich an der Wand ab.

Trübsinnig starrte Hoffman ins Dunkel.

Vor etwas mehr als einem Jahrzehnt hatte das Geschäft mit den Rindern gebrummt. Er hatte vierzig Kälber im ersten Jahr, hundertzwanzig im zweiten und ganze zweihundert im dritten. Die Agenten in Winnemucca hatten sich um sein Vieh gerissen, so gut hatte es im Saft gestanden.

Danach waren die strengen Winter eingerückt.

Der verdammte Palmer von der Triple-Y-Ranch, ein Wichtigtuer und Schwätzer, hatte ganz recht gehabt, als er im Saloon verkündete, dass die meisten Rinder nicht das Schlachthaus, sondern der Frost bekäme. Manche Ranches in der Gegend waren bis über die Dachkante verweht gewesen. Die Kadaver des erfrorenen Viehs hatten wie Grabsteine auf den Weiden gestanden.

Palmer hatte auch als Erster vom Opium gesprochen.

Der Begriff geisterte wochenlang durch die Stadt und vernebelte jedem ehrbaren Mann im Paradise Valley den Kopf. Das Zeug werde durch die Chinesen verkauft, hatte es geheißen, und es bringe das Fünffache einer Herde. Es müsse bloß über die Santa Rosa Mountains geschmuggelt und einem Kerl in Winnemucca zugeschanzt werden.

Hoffman seufzte und schüttete den Mais in den Trog. Er sah den Hühnern zu, wie sie mit gespreizten Flügeln durch das Zwielicht hetzten.

Ganz Paradise Valley hatte sich in diesen Wochen wie ein Hühnerschwarm benommen, und irgendwann war auch Hoffman eingeknickt. Er hatte sich den Namen des Chinesen in Winnemucca geben lassen, hatte sich die Schmuggelrouten für das Opium zeigen und mit einigen Männern bekannt machen lassen. Er hätte die Schulden der Ranch an einem verdammten Nachmittag loswerden können.

Sheriff Murdock hatte ihnen allen einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Der Sternträger war auf jede einzelne Ranch hinausgeritten und hatte sich deren Besitzer vorgeknöpft. Ein halbes Dutzend Männer waren wegen Opiumhandels ins Zuchthaus gewandert.

»Hey-hey-hey!«, rief Hoffman erneut und blickte unter die kotbedeckten Sitzstangen der Hühner. »Kommt raus! Ich hab den Mais nicht umsonst herangewuchtet. – Hey-hey-hey!«

»Hey-hey-hey!«, tönte es aus dem finsteren Stall zurück.

Erschrocken fuhr Hoffman in die Höhe und stieß sich den Schädel an einem Dachbalken. Er fasste instinktiv nach dem rostigen Ranger-Colt in seinem Holster und umklammerte den Griff. »Wer ist da? Verdammt, Rib, treib keine Scherze mit mir! Ich hätt’ dich beinahe abgeknallt!«

Aus der Ecke kam nicht die Stimme von Hoffmanns Vormann Rib Fennmore. Sie klang tiefer und war von tiefem Hass erfüllt. »Rühr dich nicht vom Fleck, Will! Wir sind nicht zu Scherzen aufgelegt.«

Starr vor Angst betätigte Hoffman den Abzug und feuerte eine Kugel in die hintere Wand des Stalls. Die Hühner flatterten ihm durch die Beine und flohen in die Luke neben seinen Füßen.

Aus der Schwärze war nun das Klicken zweier Revolverspanner zu hören. Das Geräusch der knirschenden Mechanik ließ Hoffmans Nacken nass vor Schweiß werden. »Wer … seid ihr?«

Hinter den Futtertrögen erhoben sich zwei Schattengestalten und traten dem Rancher mit gezückten Waffen entgegen. Die einzigen Lichtschimmer kamen vom Weiß ihrer Augen und den geölten Läufen ihrer Revolver. Sie schwiegen und taten einige lange Atemzüge.

»Wer seid ihr?«, wiederholte Hoffman und schwenkte mit seinem ’51er zwischen den beiden Fremden hin und her. »Ich puste euch um. Ihr steht auf meinem Land.«

»Dein Land ist es schon lange nicht mehr«, brummte die tiefe Stimme. »Oder hattest du gehofft, wir würden vergessen, dass du uns Geld schuldest?«

Der Name des Nevada Banking Trust spukte Hoffman durch den Sinn, und er zählte im Geist die Schulden zusammen, die ihm der Trust hätte anlasten können. Er kam auf etwas mehr als viertausend Dollar; zu wenig, um das unvermittelte Erscheinen zweier Revolvermänner zu rechtfertigen.

»Wir wollen keinen Zaster von dir«, sagte der Fremde und hob den Revolver ein Stück. »Wir wollen nur, dass du die Geschäfte mit Dollar-Jane wieder aufnimmst.«

Einige Sekunden lang stockte Hoffman der Atem, und er fürchtete, dass ihm der Colt aus den Fingern glitt. Er war der Anführerin der Opiumschmuggler nie begegnet, und trotzdem schien es ihm, als hätte er sich ihr mit Leib und Seele verschrieben. Selbst Palmer hatte voller Anerkennung von der Banditin gesprochen, die sich irgendwo in den Santa Rosa Mountains herumtreiben sollte.

»Niemals«, sagte Hoffman und hob stolz den Kopf. »Ich feilsche nicht mit Schmugglern.«

Die Fremden wechselten einen Blick miteinander und feuerten dann ohne Vorankündigung ihre Revolver ab. Die Kugeln durchschlugen Hoffmans Magen und verursachten einen dumpfen Schmerz oberhalb seiner Leisten.

Draußen gackerten aufgeregt die Hühner.

***

Das leise Stöhnen aus dem Planwagen der Winnemucca Freight Company wäre leicht zu überhören gewesen, hätte Sally Neighfield nicht bei jedem Seufzer die Fersen gegen die Segeltuchplane des Gespanns geschlagen. Sie lag mit gespreizten Beinen und nur mit einer Korsage bekleidet auf den Postsäcken des U.S. Mail Service, die zuvor mit dem Fünf-Uhr-Zug aus Reno eingetroffen waren. Ein einzelner Passagier aus dem Fünf-Uhr-Zug hatte sich ebenfalls für den Wagenzug entschieden.

»O Lassiter!«, hauchte Sally und warf das lange rote Haar zurück. Sie krallte die Hände in den Rücken ihres Geliebten und spornte ihn mit einigen Schlägen an. »Nicht nachlassen! Du schaffst es auch ein viertes Mal!«

Der Mann zwischen Sallys Beinen hatte sandblondes Haar, war breitschultrig und trug nur noch seine Unterhose – mit offenem Latz. Er hielt die rothaarige Kutscherstochter mit beiden Armen fest und stieß fest zu. Als er die Anspannung in Sallys schlankem Porzellanleib fühlte, ließ er es für einige Sekunden ruhiger angehen.

»Was tust du?«, empörte sich Sally und riss den Kopf in die Höhe. Sie dämpfte mühsam die Stimme und versetzte Lassiter einen sanften Klaps gegen die Brust. »Ich schleiche mich nicht von meinem Vater weg, um Schmetterlinge zu zählen! Nun los! Uns bleibt kaum noch Zeit!«

Der Treck bestand aus drei gedeckten Wagen, die von einem Gespann aus vierzehn Pferden gezogen wurden. Die Peitsche des Kutschers knallte in regelmäßigen Abständen; ein wenig häufiger, seit Lassiter die Häuser von Winnemucca unter der Planenkante erspähen konnte. Sie würden in weniger als einer Viertelstunde am Ziel sein.

»Du musst verschwinden, bevor es einer mitbekommt!«, flüsterte Sally ihm zu, als sie den Blick des Mannes der Brigade Sieben bemerkte. »Mein Vater ist auf blinde Passagiere nicht gut zu sprechen! Er hat einmal zwei Landstreicher windelweich geprügelt und – oh!«

Die rothaarige junge Frau sank vor Wonne wieder in seine Arme, als Lassiter ihre Hüften packte und sich sanft nach vorn bewegte. Er spürte die feuchte Wärme ihrer Scham, die sich eng um seinen steifen Pint schmiegte. Er hatte Sally gewollt, seit sie im Zug über sein Gepäck gestolpert war und ihn angelächelt hatte.

»Mach schon!«, raunte Sally und klammerte sich an seinem Arm fest. Sie war schon zweimal gekommen, seit sie kurz hinter Reno in den Planwagen gestiegen und es sich auf der Fracht bequem gemacht hatte. Die ersten Berührungen waren sanft und behutsam gewesen, aber schon nach einer Meile hatte die Leidenschaft das Ruder übernommen.

»Noch ein bisschen … ein bisschen!«, stöhnte Sally und schloss die Augen. Sie legte beide Hände zwischen ihre zierlichen Schenkel und rieb ihre Scham. »Es ist so wundervoll … so gut …«

Plötzlich brachte ein schwerer Stoß den Planwagen zum Stehen.

Aus der Richtung des Gespanns scholl ein Fluch des Kutschers herüber, dem einige scharrende Geräusche folgten. Sally zog sich an Lassiter in die Höhe und griff nach ihrem Kleid. »Du musst los! Vater schreit nur herum, wenn etwas Schlimmes passiert ist! Vielleicht ist eine Achse gebrochen!«

Eilig warf sich Lassiter das Hemd und die Weste über, stieg in seine Denimhose und angelte nach seinem Holster. Als er den Gurt verschloss, presste ihm Sally einen Kuss auf die Lippen und schob ihn im Planwagen nach hinten. »Geh jetzt! Es ist höchste Zeit!« Sie küsste ihn erneut. »Ich vergesse dich nie! Oder deine Kniffe!«

Einige Augenblicke später schwang sich Lassiter über die Heckkante des Planwagens und duckte sich hinter eines der Speichenräder. Er sah den Kutscher – einen untersetzten Mann mit pechschwarzen Locken – am vorderen Wagen auf und ab gehen und mit den Armen fuchteln.

»Sag ihm ein freundliches Wort!«, flüsterte Sally durch die Plane. »Auf diese Weise wird er keinen Verdacht schöpfen.«

»Ist gut!«, erwiderte Lassiter, ebenfalls flüsternd. »Pass auf dich auf, Kleines!«

Keine zwei Sekunden darauf duckte er sich unter der Deichsel des zweiten Wagens hindurch und begutachtete mit versteinerter Miene den Schaden daran. Als der Kutscher Lassiter bemerkte, nickten sich die beiden Männer zum Gruß zu.

»Verdammte Zuckelkiste!«, schimpfte der Frachtkutscher, dem seine Tochter wie aus dem Gesicht geschnitten schien. Er rieb sich eine seiner buschigen Brauen und bohrte den Stiefelabsatz in den Dreck. »Wird wohl ’nen Schmied brauchen! Ist schon das zweite Mal, dass ’ne Achse vor Winnemucca in Stücke geht!« Er musterte Lassiter. »Wollen Sie in die Stadt? Hätte Sie gern mitgenommen!«

»Nicht nötig«, winkte Lassiter ab und dachte zugleich an Sally. »Aber ich schicke Ihnen den Schmied vorbei, sobald ich dort bin.«

»Sie schickt der Himmel«, brummte der Kutscher und machte sich an der Achse zu schaffen. »Das verfluchte Fett wird mir sieben Tagen lang schwarze Hände bescheren! Vergelt’s Ihnen Gott, wenn Sie mir den Schmied schicken!«

Der Mann der Brigade Sieben ließ den Frachtkutscher mit seinem Malheur allein zurück und steuerte auf die Mainstreet von Winnemucca zu. Er zog das Telegramm aus der Hemdtasche, das ihn in Reno erreicht hatte, und las es erneut. Die Brigade Sieben erteilte ihm darin die Anweisung, sich mit einem Mann namens Frank Leach zu treffen.

Nachdem Lassiter die Schmiede aufgesucht hatte, um sein Versprechen einzulösen, sah er sich nach Leachs Adresse um. Schon an der nächsten Kreuzung entdeckte er ein Blechschild mit dessen Namen darauf. Es verwies auf das Büro der Central Stenography Agency, das sich in der benachbarten Seitengasse befand. Die Niederlassung war in einem zweistöckigen Gebäude untergebracht, dessen viktorianische Galerie für den Wohlstand seines Besitzers sprach.

»Mr. Leach?«, rief Lassiter und klopfte zweimal. »Mr. Frank Leach?«

Hinter der Tür erklang eine freundliche Stimme mit texanischem Akzent. »Howdy! Einen Augenblick, Sir! Ich bin gleich bei Ihnen!«

Der Mann der Brigade Sieben blickte an dem Haus hinauf, das bis in den letzten Winkel gefegt zu sein schien. Auf der Galerie hatte jemand die Papprücken von Zeichenblöcken gesammelt.

Einige Zeit darauf öffnete ein schlanker Mann Mitte vierzig die Tür. Er trug eine schmale Nickelbrille und streckte Lassiter lebhaft die Hand entgegen. »Frank Leach, Stenograph vom Dienst.«

»Lassiter«, sagte sein Gegenüber. »Einfach nur Lassiter.«

***

Eine Viertelstunde darauf saßen Leach und Lassiter einander an Leachs Schreibtisch gegenüber, der vor stenografischen Notizen überquoll. Der Mittelsmann seufzte und schob die Dokumente zu einem Stapel zusammen, den er im Anschluss in eine Schublade räumte. Lassiter hoffte, dass sein Gegenüber bald zur Sache kam. Das Telegramm aus Washington hatte einen außerordentlich dringlichen Ton besessen. »Sie haben einen Auftrag für mich, Mr. Leach?«

»Wo sind nur meine Gedanken?«, erwiderte Leach und verschränkte die Hände über seinen Notizen. »Ihr Auftrag hängt er eng mit der Central Stenography Agency zusammen.«

»Wie meinen Sie das?«

Leach beugte sich nach vorn und fuhr mit ernstem Gesicht fort. »In den letzten Tagen waren vier Herren bei mir, die Briefe an oder über ihre Familie aufsetzen ließen. Sie beklagten sich alle über die gleiche Angelegenheit.«

Der Mann der Brigade Sieben furchte die Stirn. »Um welche Angelegenheit ging es?«

»Opium«, sagte Leach. »Die Stadt erstickt nahezu daran. Es wird in den Lasterhöhlen der Chinesen verkauft, die es inzwischen überall in Winnemucca gibt. Der Sheriff ist machtlos dagegen. Vor allem die Töchter aus gutem Hause finden Vergnügen am Rauchen.«

»Der Hafen von San Francisco ist nicht weit«, meinte Lassiter und schürzte die Lippen. »Das Opium kommt mit den chinesischen Einwanderern, die für die Eisenbahngesellschaften schuften. Von den Camps geht es in die Minenstädte.«

»Solange es nur um ein paar Minenarbeiter geht, stört sich niemand daran.« Leach langte in eine Schublade und zog ein Kuvert hervor. »Die Informantenberichte dazu sprechen Bände. Manche sind inzwischen derart verschuldet, dass sie die Hälfte ihrer Erträge an die Opiumhändler abgeben.«

»Sie sprachen allerdings von Töchtern aus gutem Hause«, entgegnete Lassiter und griff nach dem Kuvert. »Was hat es damit auf sich?«

»Die Sache gerät außer Kontrolle«, sagte Leach und wies mit der Hand auf das Kuvert. »Machen Sie’s auf und schauen Sie selbst nach. Inzwischen sitzen blutjunge Mädchen in den Opiumhöllen und rauchen. Sie kümmern sich um nichts mehr als ihre Sucht.« Er seufzte. »Einige sterben an einer Überdosis, andere geben sich wildfremden Männern hin.«

Der Mann der Brigade Sieben klappte das Kuvert auf und zog einen Stoß Dokumente daraus hervor. Zwischen den Papieren lag ein Steckbrief, der ein Kopfgeld auf einen Opiumhändler aussetzte. »Die Väter in Ihrem Büro sind demnach zurecht besorgt.«

»Sie sind nicht nur besorgt«, gab Leach zur Antwort. »Sie sind außer sich vor Zorn. Einige von ihnen verfügen über gute Verbindungen nach Washington.« Er verstummte kurz. »Ich vermute, darin liegt der Grund, weshalb man Sie eingeschaltet hat.«

»Geht es um diesen Opiumhändler?«, fragte Lassiter und hielt den Steckbrief in die Höhe. »Der Sheriff hätte vermutlich weniger Mühe damit.«

»Die Händler sind die kleinste Sorge«, winkte der Mittelsmann ab. »Die Brigade Sieben hat Kenntnis darüber, dass das Opium über einen ausgedehnten Schmugglerring nach Winnemucca gelangt.« Er schob weitere Stenografie-Notizen zur Seite und förderte eine Landkarte zutage. »Sie nennen sich selbst die ›Santa Rosa Smugglers‹.«

Auf der Karte zog sich ein längliches Bergmassiv vom Norden bis in den Süden, auf dem einige Orte mit Kreuzen markiert waren. Leachs Finger glitt von einem Kreuz zum anderen und sprang dann zu einem Ort namens Paradise Valley. »Sie schmuggeln das Opium mit Pferden von Tal zu Tal und überlassen es dann einigen verschuldeten Ranchern in Paradise Valley.«

»Sie meinten vorhin, dass die Chinesen das Opium beschaffen«, wandte Lassiter ein und studierte konzentriert die Karte. Die Lager der Schmugglerbande lagen teils nur wenige Meilen weiter auseinander. »Aus welchem Grund sollten sich Weiße damit befassen?«

»Der Opiumhandel ist ein verdammt profitables Geschäft«, sagte Leach und tippte mit dem Finger auf Winnemucca. »Die Chinesen betreiben die Opiumhöllen in der Stadt, aber sie bekommen den Nachschub von den ›Santa Rosa Smugglers‹. Der Boss der Bande soll eine Frau sein.«

»Eine Frau?«, zeigte sich Lassiter erstaunt. »Winnemucca scheint seine Besonderheiten zu haben.«