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Die Baptistenkirche von Palo Pinto war ein armseliger Holzbau mit abblätterndem Anstrich, aus der Ferne kaum zu unterscheiden von den Scheunen der umliegenden Ranches. Das Gotteshaus stand auf einer Anhöhe, und die beiden Männer, die darauf zuhielten, hieben ihren Pferden die Sporen in die Flanken.
Keine Viertelstunde darauf waren die Berittenen am Ziel. Sie zogen ihre Winchester-Karabiner aus den Futteralen, betätigten die blankgewetzten Ladehebel und schritten mit versteinerten Mienen auf die Kirche zu. Ihre Schatten glitten wie Schlangen über die festgestampfte Erde.
Die Gemeinde hatte gerade mit einem Choral begonnen. Doch die Gnade Gottes kümmerte die Männer so wenig wie das fünfte Gebot...
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Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Kainsmal der Sünde
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: Boada/Norma
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-5171-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Kainsmal der Sünde
Die Baptistenkirche von Palo Pinto war ein armseliger Holzbau mit abblätterndem Anstrich, der aus der Ferne rasch mit den Scheunen der umliegenden Ranches zu verwechseln war. Das Gotteshaus stand auf einer Anhöhe, und die beiden Männer, die darauf zuhielten, schlugen ihren Pferden die Sporen in die Flanken.
Keine Viertelstunde darauf waren die Berittenen am Ziel.
Sie zogen ihre Winchester-Karabiner aus den Futteralen, betätigten die blankgewetzten Ladehebel und schritten mit versteinerten Mienen auf die Kirche zu. Die Schatten der zwei Männer glitten wie Schlangen über die festgestampfte Erde.
Die Gemeinde hatte gerade mit einem Choral begonnen.
Doch die Gnade Gottes kümmerte die Männer so wenig wie das fünfte Gebot …
»Die Sünde ist ein listiges Geschöpf«, sprach Edward Doles in die Stille der Gemeinde hinein. Er ließ eine lange Pause. »Sie beschleicht uns in den schönen und guten Stunden, die der Herr uns schenkt, und verwandelt sie in etwas Böswilliges.«
Aus dem Dach der maroden Baptistenkirche, die Doles vor einem guten Jahr übernommen hatte, rieselte unterdessen der Staub auf die Gottesdienstbesucher herunter. Er fing sich in dem Bündel blassgelben Sonnenlichts, das durch die romanischen Seitenfenster hereinfiel, und die Gemeinde in eine schattige und eine hellerleuchtete Hälfte teilte.
»Kein Mensch allein«, fuhr Doles mit seiner Predigt fort, »ist ihr Herr oder kann sie ohne Gottes Hilfe bezwingen. Sie unterjocht und sie knechtet uns.« Er ließ den Blick über die Köpfe schweifen. »Umso bedeutsamer ist es, dass wir uns jeden Tag aufs Neue gegen ihre Umtriebe zur Wehr setzen, meine lieben Brüder und Schwestern.«
Den letzten Satz sprach Doles in Richtung des schwergewichtigen Mannes, der mit gesenktem Kopf in der vordersten Bankreihe saß. Er trug eine weinrote Brokatweste, darüber einen Gehrock aus grauem Jerseystoff, und hielt in den Händen einen eleganten Zylinder. Er hatte kein einziges Mal aufgesehen, seit Doles mit seiner Predigt begonnen hatte.
»Einige unter uns tragen schwere Schuld«, sprach Doles und wandte den Blick nicht von dem gutgekleideten Herren ab. »Sie folgen den Sirenenstimmen der Wollust und der Begierde, die uns zu den frevelhaftesten Taten bringen, zu denen wir als Menschen imstande sind.«
Durch das Gesicht des Schwergewichtigen ging ein Zucken, das Doles bewies, dass seine Worte ihren Zweck erfüllten. Er hatte mit Coker Morgan, wie der Mann in der ersten Reihe hieß, an diesem Tag noch nicht gesprochen, aber er wusste, dass der mächtige Rinderbaron ihm gerade die Pest an den Hals wünschte.
Der Sünder scheut die Wahrheit.
Keines der fünftausend Rinder, die auf Morgans Land standen und ihm jedes Jahr ein halbes Vermögen einbrachten, konnte an diesem Sonntag davon ablenken, dass ihr Besitzer zu den größten Lumpen im Palo Pinto County gehörte. Er hatte gelogen und abgestritten, er hatte geleugnet und geheuchelt, doch am Ende hatte alle Lügen nichts genutzt.
»Ehebruch«, sagte Doles und ließ das Wort genüsslich ausklingen. »Ein Ehebruch ist die grässlichste Sünde, die ein Mensch demjenigen zufügen kann, dem er versprochen ist. Er untergräbt das Vertrauen, die Hoffnung und die Liebe, die uns von Gott gegeben ist.«
Der Blick des Predigers glitt zu einer jungen Frau in den hinteren Bankreihen, die wie Morgan zu Boden starrte. Sie hatte langes braunes Haar, trug ein hochgeschlossenes Ranchkleid und hatte die Hände gefaltet. Neben ihr saß ihr Vater Jack Gillis und blätterte im Gesangbuch.
»Der Herr bewahrt uns vor Missetaten«, tönte Doles’ Stimme durch die vollbesetzte Kirche. »Aber er bewahrt uns nicht davor, uns für das Böse zu entscheiden. Die Versuchung lauert in den Straßen, und es ist unsere Pflicht, uns ihrer nach Kräften zu erwehren.«
Aus der vordersten Bankreihe drang plötzlich ein Raunen und Flüstern, das von Morgans Ehefrau verursacht wurde. Die Frau des Rinderbarons sprach auf ihren Gatten ein und zischte hin und wieder eine Beleidigung. Als Morgan genug davon hatte, sorgte er mit einer scharfen Geste für Ruhe. Er schaute zu Doles herauf und funkelte ihn aufgebracht an.
»Noch erwartet uns Vergebung«, predigte Doles mit Inbrunst weiter. Er hatte nicht die Absicht, sich einschüchtern zu lassen. »Doch ehe uns die sanfte Hand Gottes streicht, müssen wir bereuen. Wir müssen unsere Sünden bekennen und uns aus ehrlichem Herzen läutern.«
Die Gemeinde murmelte ein scheues Amen, an den sich der Choral anschloss, den Doles zuvor auf einer Tafel unter der Kanzel angeschlagen hatte. Singend stieg der Gottesmann von der Kanzel herunter.
Unten sah Doles die Männer.
Sie standen dicht beieinander an der Einlasspforte, die noch einen Spaltbreit geöffnet war und gleißenden Sonnenschein hereinließ. Die länglichen Silhouetten neben den Männern gehörten zu den beiden Gewehren, die sie bei sich hatten.
Der Choral der Gemeinde setzte zum ersten Crescendo an.
Unschlüssig verharrte Doles neben dem Kanzelaufgang und rollte seine handgeschriebene Predigt zusammen. Er legte die Blätter auf das Lesepult, tappte einige Schritte über den staubigen Kirchenboden und sah dann wieder zu den Männern.
Sie hielten die Gewehre auf ihn gerichtet.
Starr blieb Doles neben dem Pult stehen und starrte den Gang hinunter. Einige Frauen in den vorderen Reihen schauten von ihren Gesangbüchern auf und runzelten die Stirnen.
Als sie begriffen, was vor sich ging, war es bereits zu spät.
Die beiden Winchester-Gewehre in den Händen der Fremden spien zwei glutrote Feuersalven in den Choral, der jäh abebbte und in schrilles Geschrei überging. Die Kugeln durchschlugen Doles Brust einmal rechts und einmal links, wobei es links mehr schmerzte, weil sie das Herz zerfetzten und eine Rippe splittern ließen.
Dole murmelte »Vater unser!« und sah zu Morgan.
Der Rinderbaron lächelte ungerührt.
***
Der schaukelnde Zwischenboden der Postkutsche zwischen Mineral Wells und Palo Pinto schälte sich vor Lassiter nur langsam aus dem Dunkel. Der Mann der Brigade Sieben blinzelte, schüttelte die Benommenheit ab und griff sich an die schmerzende Stirn. Er musste eine reichliche Stunde geschlafen haben, nachdem das Gespann Mineral Wells verlassen hatte.
Die Saloonmädchen neben ihm schliefen noch.
Er hielt das ältere der beiden Girls noch im Arm, fast zärtlich, als hätte sich die brünette Schönheit bloß der Wärme wegen an ihn geschmiegt. Die schmalen Schultern waren von kastanienbraunen Haaren bedeckt. Er wusste noch, dass sie Vicky oder Liddy hieß und zu Dingen bereit gewesen war, die sich üblicherweise nicht einmal Freudenmädchen erlaubten.
Das Mädchen in seinem anderen Arm hatte seinen Namen nicht genannt.
Es war neunzehn oder zwanzig Jahre alt, hatte das Antlitz eines Engels und war doch wie eine Teufelin hinter ihm her gewesen. Er hatte sie am gleichen Abend wie Vicky oder Liddy kennengelernt, und ehe er sich versehen hatte, hatten beide Frauen nackt in seiner Kammer gestanden. Die Blicke der Mädchen hatten ihn wie Apachenpfeile durchbohrt.
»Lassiter …?«
Der blonde Haarschopf der Jüngeren bewegte sich neben ihm, wirbelte herum und gab das Engelsgesicht darunter frei. Aus den schön geschwungenen Augen des Saloongirls sprach die Verschlafenheit des Morgens.
»Still!«, flüsterte Lassiter und verschloss die Lippen des Mädchens mit dem Finger. »Liddy soll dich nicht hören, und der Kutscher oben auch nicht.«
Sie waren im Morgengrauen in der Postkutsche gelandet, als die beiden Mädchen Lassiter betrunken auf die Straße gezerrt und zu einer Dummheit nach der anderen überredet hatten. Zum Schluss hatten sie sich ins Gepäckfach der wartenden Kutsche fallen lassen, die zu Lassiters Glück nach Palo Pinto fuhr, wohin er ohnehin gewollt hatte.
»Vicky«, sagte die Blondine und küsste seinen Finger. »Ihr Name ist Vicky.«
»Hmm …?«
Nun schlug auch das andere Mädchen die Augen auf und wandte den Kopf herum. Die Strähnen ihres tiefbraunen Haares umrahmten sein Gesicht wie zwei kräftige Pinselstriche. »Sprecht ihr von mir? Wo sind wir?«
»Auf dem Weg nach Palo Pinto«, erwiderte Lassiter und machte den Girls ein wenig Platz. Als sich die Mädchen bewegten, stellte er fest, dass sie noch immer nackt waren. »Wir sitzen in der Kutsche fest.«
»Halb so wild«, meinte Vicky und gab Lassiter einen sanften Kuss auf die Wange. »Auf dem Bock sitzt bloß Bobby. Er nimmt uns wieder mit zurück nach Mineral Wells.« Sie hob den Kopf. »Oder, Cammy?«
Das Mädchen mit den maisblonden Haaren nickte und strich sich die Locken hinter die Ohren. Sie kroch auf Lassiter nackten Oberkörper und küsste ihn ebenfalls. »Er ist ein guter Freund von uns. Du musst dich um nichts sorgen.«
Auf den Gesichtern der beiden Frauen erschien fast gleichzeitig ein Lächeln. Nach einer Weile berührten Vickys Lippen Lassiters rechtes Ohr. »Du wolltest doch nach Palo Pinto? Wie es in deinem Telegramm steht?«
Der große Mann neigte das Haupt zu ihr und nickte. Er zog Vicky zu sich heran und küsste sie leidenschaftlich. »Aber noch bleiben uns ein paar Stunden. Ich muss nicht vor zwölf Uhr in der Stadt sein.«
Das Telegramm aus dem Washingtoner Justizministerium hatte Lassiter einen Mann namens Rick Baker als Mittelsmann genannt, den Besitzer eines großen Hotels in Palo Pinto. Offenkundig rechnete man mit einer Ankunft binnen weniger Tage, denn die gekabelte Nachricht hatte nicht – wie sonst üblich – zur Eile gedrängt.
»Schön für uns!«, sagte Vicky und schwang ein Bein über Lassiters Schenkel. Sie glitt mit dem Mund an seiner Brust hinunter und kreiste mit der Zunge um seinen Bauchnabel. »Ich wüsste schon etwas, mit dem wir uns die Zeit vertreiben.«
Von der anderen Seite schob sich der warme Leib von Cammy an ihn heran, die damit begonnen hatte, eine Hand zwischen Lassiters Beine zu bugsieren. Sie fasste nach seinem steifen Pint und glitt daran auf und ab. »Du kennst die Tricks nicht, die Vicky damit meint, Liebster!«
Einige der genannten Tricks hatte Lassiter bereits am Morgen genossen, aber seine Erinnerung daran war verschwommen und lückenhaft. Er wusste noch, dass ihn Vicky eine Stunde lang mit dem Mund liebkost und es ihn Mühe gekostet hatte, seine Lust zu bezähmen.
Nun fing das brünette Saloongirl von Neuem damit an.
Aus Lassiters Kehle drang ein tiefes Stöhnen, als sein Pint zwischen Vickys seidigen Lippen verschwand, während Cammy seinen Pint in Position hielt. Er legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und gab sich den Zärtlichkeiten der Mädchen gänzlich hin. Als sich sein Höhepunkt jedoch erneut vor der Zeit ankündigte, richtete er sich auf und zog sich Vicky zu sich.
»Was ist?«, fragte das Mädchen und errötete. »Mache ich es falsch? Willst du es anders, Liebster?«
»Nein«, wisperte Lassiter und schüttelte den Kopf. Er küsste Vicky und strich ihr das Haar aus der Stirn. »Aber jetzt verdient ihr das Vergnügen.« Er küsste sie erneut. »Willst du zuerst? Oder Cammy?«
Die Mädchen warfen sich einen bedeutungsvollen Blick zu, bevor Vicky die Beine spreizte und auf Lassiter stieg. Sie musste sich unter dem niedrigen Zwischenboden zusammenducken, schaffte es aber, den Pint des großen Mannes ganz in sich aufzunehmen. Kaum hatte sie sich einige Male darauf bewegt, begann sie leise zu stöhnen.
»O Lassiter!«, hauchte Cammy in der Zwischenzeit. Sie hatte den Kopf zwischen Vickys wippendem Busen und Lassiters Kinn und erhaschte mit den Lippen die Brustwarzen ihrer Freundin. »Kein Mann in Mineral Wells hat uns je zu solchen Sachen gebracht. Du solltest dich wirklich glücklich schätzen.«
Nichts anderes tat Lassiter in diesen Sekunden.
Er spürte die feuchte Wärme des anderen Saloongirls um seinen Pint, umfasste die schlanken Hüften des Mädchens und stieß mit Bestimmtheit zu. Auf Vickys erhitztem Gesicht bildeten sich winzige Schweißperlen, die zu ihrem Hals hinunter rannen und auf Lassiters Haut tropften. Ein Seufzen löste das nächste ab, ein Stöhnen folgte dem anderen, und bald darauf forderte die Natur unweigerlich ihren Tribut.
»Mir kommt es gleich!«, stieß Lassiter hervor und presste Vicky ganz an sich. Er musste sich der erregten Küsse von Cammy erwehren, die eine Hand unter seinen Nacken geschoben hatte und sich mit der anderen zwischen die Beine fasste.
»Halt nichts zurück!«, keuchte Vicky und ritt ihn mit aller Kraft. »Mir geht es genauso … Es kommt …«
Wenig später ergriff ihre Körper eine Welle der Ekstase.
***
Das Orion Inn von Palo Pinto erhob sich mit seinen zwei geräumigen Stockwerken wie ein Koloss über das Tipper General Store, das sich in unmittelbarer Nachbarschaft befand und in einer Art niedrigen Holzbaracke untergebracht war. Das Hotel verfügte über ein breites Hitchrack, an dem an diesem Nachmittag zwei Pferde angebunden waren, und einen eigenen Regenschauer für Einspänner. Das herrschaftliche Eingangsportal wurde von zwei geschnitzten Jungfrauen getragen, die Lassiter verschmitzt anzulächeln schienen.
»Ich möchte zu Mr. Baker, Miss«, sagte der Mann der Brigade Sieben an der Rezeption und verfolgte die Handgriffe der jungen Frau dahinter. Die Hotelangestellte blätterte in ihrem Gästeverzeichnis und fuhr mit dem Finger eine Spalte ab.
»Mr. Lassiter?«, fragte die Bedienstete und lächelte. »Sie werden bereits erwartet.«
Das Mädchen kam hinter der Rezeption hervor, lächelte ihn an und führte ihn über die breite Wendeltreppe im hinteren Teil des Foyers nach oben. Die grazile Gestalt der jungen Frau erinnerte Lassiter sogleich wieder an die beiden Saloongirls, die nackt mit ihm in der Kutsche gelegen hatten. Sie dürften längst auf dem Weg zurück nach Mineral Wells sein.
»Hatten Sie eine angenehme Fahrt?«, fragte die Bedienstete und wies den Gang hinunter. »Mr. Baker ist in seinem Büro.«
»Es gab nichts zu beanstanden«, erwiderte Lassiter und verabschiedete sich mit einem Nicken. »Das Orion verfügt über ausgezeichnetes Personal.«
Verlegen stieg die Angestellte die Treppe wieder hinunter und überließ Lassiter sich selbst. Der große Mann zog das Telegramm aus der Tasche und schritt dann auf die Tür von Bakers Büro zu.
Der Hotelbesitzer saß über zahlreiche Papiere gebeugt.
Er war ein fülliger Mann mittleren Alters, trug einen Hornkneifer auf der Nase und steckte in einer zu kleinen Weste. Er furchte die Stirn, als er Lassiter auf der Türschwelle erblickte.
»Mr. Baker? Mein Name ist Lassiter. Einfach nur Lassiter.«
Die finstere Miene des Hoteldirektors heiterte sich schlagartig auf. »Mr. Lassiter! Ich hoffe schon den ganzen Tag auf Ihre Ankunft. – Nehmen Sie Platz!«
Baker sprang auf, lief um den Schreibtisch herum und klirrte mit den Flaschen, die auf einem schmalen Bord an der Wand standen. »Bourbon? Scotch? Cognac?«
»Bourbon«, erwiderte Lassiter und schaute sich um. Das Mobiliar war gediegen und zeugte von sorgfältiger Auswahl. »Das Telegramm der Brigade Sieben erreichte mich vor einem Tag in Mineral Wells.«
»Man scheint es im Ministerium nicht eilig zu haben«, sagte Baker und reichte Lassiter ein Glas bernsteinfarbenen Bourbons. Er kehrte hinter den Schreibtisch zurück und zog eine Schublade auf. »Offenbar ist Ihr Auftrag ein bloßer Gefälligkeitsdienst für einen Senator.«
»Gefälligkeitsdienst?«, stutzte Lassiter und schwenkte den Bourbon. »Es ist keine ernsthafte Angelegenheit?«
»Ernsthaft ist die Sache dennoch«, entgegnete Baker und warf einen Umschlag auf den Tisch. »Aber der Urheber scheint einzig und allein Senator Graham Ellenfield zu sein. Er ist beim Justizministerium erschienen und hat den härtesten Mann verlangt.«
Der Umschlag auf Bakers Tisch war noch mit dem Siegel des Justizministeriums verschlossen, woraus Lassiter schlussfolgerte, dass auch der Hoteleigner nicht wusste, welche Dokumente sich darin verbargen. Offenbar war Baker – wie er selbst – nur telegraphisch unterrichtet worden. »Wissen Sie, worum es im Einzelnen geht?«
Ein ernster Ausdruck erschien auf Bakers Gesicht. »Vor zwei Wochen ist in Palo Pinto ein Prediger mitten im Gottesdienst erschossen worden. Es waren zwei Männer, die man nicht gefunden hat.« Er legte die Hand auf den Umschlag und schob ihn näher zu Lassiter. »Man munkelt, dass es gedungene Mörder von Coker Morgan waren. Der Prediger hatte Morgan in der Predigt gemaßregelt.«
»Coker Morgan? Der Rinderbaron Morgan?«
Ohne länger zu zögern, riss Lassiter den Umschlag auf und sah hinein. Er konnte die Tuschezeichnung einer jungen Frau erkennen, dahinter einige Informantenschriften und eine Handvoll Briefbögen aus dem Justizministerium.