Lassiter 2353 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2353 E-Book

Jack Slade

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Der Sandsturm verwandelte die Mesa in eine schemenhafte Hölle, von der untergehenden Sonne in ein schmutzig orangenes Licht getaucht. Lassiter stieg aus dem Sattel und stemmte sich gegen die Böen, die Augen zu Schlitzen verengt. "Donovan!", brüllte er. "Doo-noo-van!" Der Sturmwind riss die Worte mit sich fort, kaum dass sie seine Lippen verlassen hatten. Er zog sein Tuch über Mund und Nase und kämpfte sich mit gesenktem Kopf voran.

Geisterhaft tauchte eine Kutsche hinter dem Vorhang aus feinem Sand auf, und er nahm die toten Männer auf dem Bock wahr. Kurz darauf trabte ein schwarzes Pferd aus dem roten Nebel direkt auf ihn zu. "Don?", rief er erstickt und bemühte sich, etwas zu erkennen außer der mächtigen Silhouette des Tieres. Doch der Sattel des Rappen war leer. Von Marshal Donovan Minks fehlte jede Spur.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 153

Veröffentlichungsjahr: 2017

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Donovans Vermächtnis

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: TXUS/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5172-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Donovans Vermächtnis

Der Sandsturm verwandelte die Mesa in eine schemenhafte Hölle, von der untergehenden Sonne in ein schmutzig orangenes Licht getaucht. Lassiter stieg aus dem Sattel und stemmte sich gegen die Böen, die Augen zu Schlitzen verengt. »Donovan!«, brüllte er. »Doo–noo–van!« Der Sturmwind riss die Worte mit sich fort, kaum dass sie seine Lippen verlassen hatten. Er zog sein Tuch über Mund und Nase und kämpfte sich mit gesenktem Kopf voran.

Geisterhaft tauchte eine Kutsche hinter dem Vorhang aus feinem Sand auf, und er nahm die toten Männer auf dem Bock wahr. Kurz darauf trabte ein schwarzes Pferd aus dem roten Nebel direkt auf ihn zu. »Don?«, rief er erstickt und bemühte sich, etwas zu erkennen außer der mächtigen Silhouette des Tieres. Doch der Sattel des Rappen war leer. Von Marshal Donovan Minks fehlte jede Spur.

Er sah sich um, doch es war sinnlos. Die heftigen Böen, die ihm den Sand entgegen schleuderten wie Millionen winziger Geschosse, machten es unmöglich, weiter als ein paar Yards zu schauen.

»Lassiter«, drang die Stimme von einem der Deputies verwaschen durch den heulenden Sturm an seine Ohren.

Er drehte sich um. »Ich bin hier!«, rief er zurück und griff nach den Zügeln von Donovan Minks’ Rappen. Der Hengst schnaubte erregt, doch er ließ sich von Lassiter zu der Kutsche führen.

Er band die Zügel des Tieres an einem der Wagenräder fest, bevor er sein eigenes Pferd holen ging. Er klopfte dem Braunen beruhigend auf die Kuppe und bemerkte zwei schemenhafte Gestalten, die hinter dem Rücken des Wallachs auftauchten.

Die Deputies zügelten vor ihm ihre Pferde, und der Älteste von ihnen, Benjamin Harper, vierschrötig und muskulös, starrte ihn aus seinen hellbraunen Augen erwartungsvoll an. »Irgendeine Spur von Don?«

Lassiter furchte die Stirn. »Sein Pferd.«

»Sein Pferd?«, wiederholte Harper. »Wo steckt er?«

Lassiter zuckte ratlos die Achseln.

»Absitzen, Männer«, befahl Harper, und seine Begleiter stiegen aus den Sätteln. Jimmy Dornkart, ein breitschultriger Blondschopf mit dem bleichen Teint eines Einwanderers, der erst vor kurzem in die Neue Welt gekommen war, hustete und spuckte Staub aus, bevor er es Lassiter gleichtat und sich sein Halstuch über das Gesicht zog.

»Verfluchter Sturm«, brummte Oscar Jennings, der dritte im Bunde, knirschte mit den Zähnen und zog sich den Hut tiefer in die Stirn. »Man sieht die Hand vor Augen nicht.«

»Es müsste bald nachlassen«, bemerkte Harper und führte sein Pferd am Zügel, bis er Lassiter erreichte. »Konnten Sie sonst noch etwas entdecken?«

Lassiter nickte grimmig. »Folgen Sie mir.«

Die beiden Männer auf dem Kutschbock waren regelrecht hingerichtet worden. Löcher vom Umfang eines Silberdollars klafften in ihren Stirnen, und die aufgerissenen Augen waren von einer feinen Staubschicht überzogen, die ihnen das unheimliche Aussehen von Blinden verlieh. Einer der beiden hielt einen Smith & Wesson Schofield in der starren Faust, als hätte er das Unheil kommen sehen und zu spät zur Gegenwehr angesetzt.

Die Plane des Wagens hatte der Sturmwind mit sich fortgerissen, sodass die eisernen Halterungen über der Ladefläche nun nackt in den Himmel ragten wie riesige, zu dünn geratene Steigbügel. Doch auf den Planken hinter dem Kutschbock befanden sich nur Kleiderbündel, ein paar Bierfässer und zwei zerschlissene Seesäcke.

An der Gabel des Fuhrwerks hing noch das Geschirr für die Pferde, doch die Zugtiere waren verschwunden.

»Meinen Sie, wir sind hier richtig?«, brüllte Harper gegen den Sturm an, und Lassiter warf ihm einen kurzen Blick zu, bevor er nickte.

Die Toten ließen kaum einen Zweifel darüber zu, dass sie den Rückzugsort einer Räuberbande gefunden hatten, die seit über zwei Jahren hier im Norden von Nevada ihr Unwesen trieb.

Die Gazetten hatten den Outlaws den Namen Silberlinge verpasst, weil sie es auf Kutschen und Züge abgesehen hatten, die das weiße Gold aus den Minen in die Hauptstadt Carson City oder weiter nach Reno an die Staatsgrenze zu Kalifornien transportierten.

Und davon gab es hier mehr als genug. Wegen der reichen Vorkommen hatte Nevada mittlerweile den Beinamen »Silver State« erhalten, und allerorten entstanden in der Region neue Boomtowns, die tausende von Tagelöhnern aus dem ganzen Land anlockten. Das ansonsten karge Territorium war binnen weniger Jahre zu einem aufstrebenden Staat geworden, und die ersten Bahnlinien zogen sich bereits nach Norden, Westen und Osten durch die Prärie.

Es war so etwas wie ein Naturgesetz, dass mit wachsendem Wohlstand auch die Anzahl derer wuchs, die sich den Anteil daran ergattern wollten, ohne dabei die Mühsal redlicher Arbeit auf sich zu nehmen. Und der noch junge Bundesstaat Nevada, der erst kurz nach dem Bürgerkrieg Teil der Vereinigten Staaten geworden war, konnte mit der wachsenden Anzahl an Outlaws nicht fertig werden.

Die Steuergelder flossen zu spärlich, um ausreichende Kapazitäten an Sheriffs und Marshals bezahlen zu können, weil viele Silberbarone sich rundheraus weigerten, ihren Obolus an den Fiskus zu entrichten, und lieber selbst für die Verteidigung ihrer Minen sorgten.

Deshalb gingen Fortschritt und Kriminalität in Nevada mit ausgreifenden Schritten voran, während die ordnende Hand des Gesetzes mühsam und schwachbrüstig hinter ihnen her stolperte.

Männer wie Donovan Minks, der vor ein paar Jahren seinen Dienst in Carson City angetreten hatte und eigentlich aus Tennessee stammte, waren Einzelkämpfer, die mit wenig Unterstützung aus Washington versuchten, das Recht durchzusetzen gegen die entfesselte Gier der Siedler, Glücksritter und Spekulanten. Minks hatte es zwar geschafft, aus der Hauptstadt von Nevada einen Ort zu machen, an dem Gesetze ihre Gültigkeit hatten, doch auch für ihn glich der Kampf gegen das Verbrechen oft dem sprichwörtlichen Anrennen gegen Windmühlen.

Der Sturm ließ tatsächlich so plötzlich nach, wie er begonnen hatte. Es war, als hätte Gott ein letztes Mal den mächtigen Atem ausgestoßen, bevor er sich abwandte, um einen anderen Ort mit seinem Zorn heimzusuchen.

Als sich die Staubschwaden träge auf dem Boden niederließen und am Horizont allmählich die untergehende Sonne sichtbar wurde, zogen die Männer sich die Tücher von den Gesichtern und rieben ihre Augen.

Erst jetzt erkannten sie die stattlichen Ausmaße der Mesa. Sie zog sich über fast eine Drittel Meile gen Westen und war gut und gern eine viertel Meile breit. Das saftige, kniehohe Gras war nun von einem bräunlichen Schleier aus feinem Sand bedeckt.

Links von ihnen befanden sich nur einen Steinwurf entfernt zwei windschiefe Hütten und ein Stall, dem das halbe Dach fehlte. Neben dem offenen Tor lagen weitere Tote; Lassiter zählte fünf leblose Körper, auch sie waren erschossen worden. Offenbar hatte hier jemand vor nicht allzu langer Zeit Tabula Rasa gemacht.

Sie durchsuchten zunächst den Stall, doch außer ein paar leeren Fässern, muffigen Maissäcken und einer rostigen Mistforke gab es nichts zu sehen. Die Ausdünstungen verdorbener Lebensmittel mischten sich mit dem metallischen Geruch von frischem Blut.

Dann gingen sie zu den Baracken hinüber.

Lassiter stand bereits im Eingang der ersten Hütte, als er ein verräterisches Knacken inmitten der dunklen Schatten vernahm. Etwas glänzte metallisch nur drei Schritte vor ihm; er ließ sich geistesgegenwärtig zur Seite fallen und riss den Remington aus dem Holster.

Einen Sekundenbruchteil später bleckte ihm eine Feuerlanze entgegen, und das Krachen des Schusses war in der engen Hütte ohrenbetäubend. Heißes Blei zischte nur eine Handbreit an seiner Schläfe vorbei, und er zog ohne zu zögern den Abzug des Revolvers durch.

Der Unbekannte schrie auf vor Schmerzen, und Lassiter sprang aus der Hocke nach vorn. Er holte aus und hämmerte der dunklen Gestalt am Boden den Lauf seiner Pistole an den Schädel. Der Mann stieß einen dumpfen Laut aus und sackte zusammen.

»Was zur Hölle …?«, rief Harper hinter ihm und sprang in die Hütte. Der Deputy riss einen fadenscheinigen Vorhang von der Stange über dem einzigen Fenster herunter, und das Licht der tiefstehenden Sonne flutete in den Raum.

Der Mann, der vor Lassiter am Boden lag, trug einen ungepflegten Vollbart und seine Kleider starrten vor Schmutz. Blut lief ihm aus der Platzwunde über die Stirn, die Lassiters Hieb hinterlassen hatte, und seine Augen flackerten unruhig, als er ihn hasserfüllt anstarrte.

»Du dreckiger Bastard«, zischte der Outlaw, dabei versprühte er rosafarbenen Speichel. »Hast … mich … voll erwischt …«

Lassiter registrierte, wie sich das löchrige Hemd des Banditen unter der Brust dunkel verfärbte. Ein Bauchschuss.

Der Kerl hatte höchstens noch ein paar Minuten.

»Wo ist Marshal Minks, du Schwein?«, knurrte Harper. »Was habt ihr mit ihm gemacht?«

Der Bandit lachte meckernd und spuckte Blut.

»Was … wir mit ihm … gemacht haben?«

»Du hast mich gut verstanden, Bursche!« Harper trat dem am Boden Liegenden in die Seite. »Jetzt red’ schon!«

»Fahrt … zur Hölle!«, stöhnte der Bandit, dann sank sein Kopf auf die Schulter und sein Blick brach.

»Verdammt nochmal, Ben«, knurrte Lassiter und sah vorwurfsvoll zu dem Deputy hoch. »War das nötig? Vielleicht hätten wir noch etwas aus ihm rausbekommen.«

Harper presste die fleischigen Lippen zu einem Strich zusammen und wandte sich ab. »Der Mistkerl hätte uns eh nichts verraten.«

»Das werden wir jetzt nicht mehr erfahren.« Lassiter erhob sich und sah sich in der Baracke um.

In der Ecke stapelte sich schmutziges Kochgeschirr auf einem Tisch, darüber waren Zeitungsausschnitte an die Bretterwand geheftet, in denen über die Überfälle der Silberlinge berichtet wurde. Nachdenklich ließ Lassiter seinen Blick über die vergilbten Papiere wandern, während Harper Schränke öffnete und Schubladen aufzog.

Dornkart und Jennings, die in der anderen Hütte gewesen waren, als die Schüsse fielen, kamen nun mit eiligen Schritten hereingestürmt. Als sie den Toten am Boden bemerkten, machte sich Erleichterung in ihren Gesichtern breit.

»Heilige Mutter Gottes!«, stöhnte Dornkart. »Ich hätte nie damit gerechnet, noch einen der Hurensöhne lebendig anzutreffen.«

»Es ist oft nicht so, wie es den Anschein hat«, entgegnete Lassiter mit leiser Stimme, immer noch in die Zeitungsausschnitte vertieft. Irgendetwas daran machte ihm zu schaffen, doch er konnte nicht erkennen, was es war.

»Habt ihr etwas gefunden?«, fragte Harper die beiden Männer, doch die schüttelten nur die Köpfe.

»Das kann doch nicht angehen!« Harper runzelte ungläubig die Stirn. »Die ganze Beute aus über einem Dutzend Überfällen ist weg?«

»Das müssen doch mindestens zwei Wagenladungen Silber sein. Wie haben die das angestellt?«, fragte Jennings.

»Möglicherweise haben sie die Beute irgendwo hier auf der Mesa vergraben«, überlegte Dornkart. »Oder das Silber steckt ganz woanders, irgendwo in einer Höhle in der Umgebung.«

»Ich finde im Moment eine andere Frage viel entscheidender«, brummte Lassiter und drehte sich langsam zu den Sternträgern um. »Was genau ist hier passiert?«

Harper starrte ihn an. »Ich schätze, Marshal Minks hat die Brüder aufgeschreckt. Es kam zum Schusswechsel, und die Überlebenden haben ihn überwältigt. Da sie damit rechnen mussten, dass Donovan ihnen nicht allein auf den Fersen ist, haben sie ihren Schlupfwinkel auf schnellstem Wege verlassen und ihn mitgenommen, damit er ihnen vielleicht später als Geisel dienen kann, wenn wir sie stellen.«

Er deutete auf den Toten, der einen schmutzigen Verband um den Oberschenkel trug. »Den Burschen haben sie zurückgelassen, weil er verletzt war und sie auf der Flucht behindert hätte. Soviel zum Thema Ganovenehre!« Er spuckte verächtlich zu Boden.

Lassiters Miene wirkte nicht überzeugt. Dennoch nickte er langsam. »Gut kombiniert, Ben. So könnte es sich in der Tat abgespielt haben. Was mich aber an Ihrer Geschichte stört, ist der Zeitfaktor.«

»Was meinen Sie damit?«, fragte Dornkart und schob sich den verbeulten Stetson in den Nacken, den Blick auf Lassiter gerichtet.

»Als der Sturm losbrach und wir voneinander getrennt wurden, hatten wir bereits den Pass erreicht«, antwortete Lassiter. »Es ist kaum eine Stunde verstrichen. Verdammt wenig Zeit, um sich ein Gefecht mit Minks zu liefern, ihn gefangen zu nehmen, die Sachen zu packen und auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden.«

»Nun ja, das mag schon sein, Sir«, entgegnete Harper, rieb sich die fliehende Stirn und musterte Lassiter, während er über dessen Worte nachdachte. »Dann wussten sie vielleicht, dass wir kommen würden. Schließlich haben die Burschen uns auf dem Pass einen heißen Empfang bereitet. Sie waren auf uns vorbereitet, verdammt! Also war alles für die Flucht vorbereitet, und sie sind über den alten Indianerpfad abgehauen, der südwestlich von hier durch den Manson Creek führt. Gut möglich, dass sie nur einen kleinen Vorsprung haben. Wenn sie mit dem Silber unterwegs sind und mitten im Sturm aufbrachen, können wir sie vielleicht noch einholen.«

Wieder nickte Lassiter, obwohl sein Gesicht eine andere Sprache sprach. Er warf einen letzten Blick auf die Zeitungsausschnitte, bevor er die Achseln hob.

»Dann sollten wir keine Zeit mehr verlieren, Gentlemen.«

***

Drei Tage zuvor. Wichita Falls, ein kleines Nest fünfzehn Meilen westlich von Carson City.

Vera Cruz starrte aus dem Fenster hinunter auf den gegenüberliegenden Bahnsteig, nachdem sie einen kurzen Blick auf die Uhr des kleinen Kirchturms geworfen hatte. Es war acht Uhr am Morgen, und auf der Straße war kaum etwas los.

In dreißig Minuten würde der Zug die Stadt erreichen, und wenn der Spitzel in Carson City die Wahrheit gesagt hatte, würde dann unten im Bahnhof die Hölle los sein.

Zwei Hände tauchten an ihren Hüften auf und wanderten aufwärts, bevor sie beherzt nach ihren Brüsten griffen.

»Mihaly, das ist jetzt wirklich nicht der richtige Zeitpunkt …«, seufzte sie und spürte die Härte in den Lenden ihres Begleiters, als er sich an ihrem Hintern rieb.

»Ach komm schon, Honey«, brummte der Mann mit tiefer Stimme und streichelte ihren Busen. Der kehlige Akzent verriet seine osteuropäische Herkunft, und in Verbindung mit dem sonoren Timbre hatte Vera Cruz das von Anfang an äußerst sexy gefunden.

Obwohl Mihaly Kertesz eher klein gewachsen war und ihr nur knapp über die Nasenspitze reichte, besaß der Mann die virile Ausstrahlung eines Raubtiers. Er hatte in Europa als Offizier gedient und entstammte einem ungarischen Adelsgeschlecht, dessen Stammbaum bis in das fünfzehnte Jahrhundert zurückreichte. Deshalb umgab Kertesz nicht nur die Aura eines furchtlosen und brandgefährlichen Kämpfers, sondern er verfügte darüber hinaus auch über Bildung und Manieren.

Eine Mischung, die sie sofort in seinen Bann gezogen hatte, als sie sich vor etwas über einem Jahr in San Francisco zum ersten Mal begegnet waren.

»Wir haben noch mehr als genug Zeit für etwas Spaß, und etwas Entspannung kann uns nicht schaden«, flüsterte er ihr ins Ohr, als seine rechte Hand hinab wanderte, um ihr den Schlüpfer herunterzuziehen.

Sie seufzte – er war einfach unersättlich! Doch andererseits blieb ihnen noch eine halbe Stunde, also warum eigentlich nicht?

Vera atmete tief ein und schloss ihre Augen, als sie seine tastenden Finger in ihrem Schritt spürte. Sie legte den Kopf zurück auf seine Schulter, als er sie streichelte.

Sein Atem ging schneller und er küsste ihren Hals, während sie sich mit beiden Händen am Fensterbrett festhielt und den Rücken durchbog. Für einen kurzen Moment ließ er von ihr ab, um sich seiner Hose zu entledigen. Sie spreizte die Beine und hob ihm den Hintern entgegen.

Unten auf der Straße fuhr ein offener Zweispänner am Bahnsteig vorüber, und die Frau auf dem Kutschbock sah konsterniert zu ihnen herauf. Als sie Veras entblößte Brüste registrierte, wandte sie rasch den Blick ab und trieb ihre Pferde mit der Peitsche zur Eile an. Vera grinste und sog im nächsten Moment scharf die Luft ein, als Mihalys harter Pint in sie eindrang.

Sein bestes Stück stand in einer ganz und gar unverhältnismäßigen Relation zu seiner Körpergröße.

Er umfasste ihre Hüften mit seinen kräftigen Händen, während er in sie hineinstieß, ungestüm und entschlossen, so, wie sie es mochte.

Unten auf dem Bahnsteig standen ein paar Arbeiter herum, die auf den Zug warteten. Einer der Männer sah zu ihr herauf und sein Blick weitete sich, als er zu erkennen schien, was sie hier oben trieb. Ihre Erregung steigerte sich, denn es bereitete ihr durchaus Vergnügen, wenn Fremde sie beim Liebesspiel beobachteten.

Deshalb lösten sich ihre Hände nur widerwillig vom Fensterbrett, als Mihaly sie nach hinten in das Innere des Zimmers zog. Sie sank bäuchlings auf dem Bett nieder, und sofort war er wieder über und in ihr. Seine Bewegungen wurden schneller, und seine Hände schienen überall zu sein, ihren nun schweißbedeckten Körper liebkosend, erobernd, in Besitz nehmend.

Sie stieß spitze Schreie der Lust aus und versank in den brennenden Fluten der Ekstase. Die Welt um sie herum schien sich aufzulösen, war für einen Moment bedeutungslos geworden. Nur vage nahm sie das Pfeifen der Lok vor dem Fenster wahr, die viel zu früh den Bahnhof erreichte.

Mihalys Keuchen in ihrem Nacken und die pulsierende Hitze in ihrem Schoß raubten ihr schier die Sinne, das Feuer breitete sich aus wie ein Steppenbrand, löschte ihr bewusstes Denken aus, riss alles mit sich fort, bis der Höhepunkt über sie hereinbrach und sie mit flatternden Lidern den Kopf in den Nacken warf, ein lautloses Stöhnen auf den geöffneten Lippen.

Dann krachten die Schüsse und Vera Cruz riss entsetzt die Augen auf. »Madre de Dios!«, stieß sie entgeistert hervor.

Mihaly Kertesz war blitzschnell aus ihr herausgeglitten und zog sich hastig die Hose über die Hüften, wobei er mit stolpernden Schritten ans Fenster trat. »Gottverdammt«, fluchte er untypischerweise, während unten auf dem Bahnsteig weitere Schüsse die Luft zerrissen.

Vera Cruz fuhr hoch. »Der Zug ist zu früh dran!«, rief sie ungläubig und langte nach ihrem Slip, der vor dem Bett am Boden lag. »Was ist da unten los, Mick?«

Er warf ihr einen grimmigen Blick zu, bevor er nach der Rifle griff, die neben dem Fenster an einem Stuhl lehnte. »Sieht ganz so aus, als seien ein paar von ihnen bereits im Zug gewesen, Vera. Dieser verschlagene Mistkerl hat uns nur die halbe Wahrheit erzählt!«

Ohne ein weiteres Wort sprang er durch das offene Fenster auf das Vordach. Vera packte ihren Revolver und verschwendete keinen Gedanken daran, dass sie nur ein dunkelrotes Mieder und ihren Schlüpfer trug, als sie ihm mit der Waffe in der Hand folgte.

Mihaly war bereits auf die Straße gesprungen, und als sie über das Vordach kletterte, pfiffen ihr postwendend Kugeln um die Ohren.

Vera ließ sich auf die Schindeln fallen, während mehrere Projektile hinter ihr Löcher in die Paneele der Hotelfront stanzten. Jemand kreischte im Inneren des Gebäudes, und unter ihr rannten ein paar Passanten panisch davon.