Lassiter 2366 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2366 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Die tiefen Schatten auf den Gesichtern der Männer reichten bis zur Kinnlinie. Das knappe Dutzend Cowboys hatte sich im kniehohen Büffelgras auf die Lauer gelegt und behielt die verhasste Hillbilly-Hochzeit auf freiem Feld argwöhnisch im Auge.
Die Braut hatte sich soeben von ihrem Vater verabschiedet.
Außer den Brauteltern war Friedensrichter Richard L. Clark zugegen, der es sich als einziger Amtsträger in der Gegend herausnahm, einem verdammten Hillbilly die Hand zu schütteln. Die übrigen Hochzeitsgäste war zerlumpte Kerle aus den Wäldern, die sich nicht den Dreck unter den Nägeln hervorkratzen konnten.
"Noch ein paar Minuten", flüsterte einer der Cowboys und kniff die Augen zusammen. "Dann schlagen wir los."

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Seitenzahl: 124

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Fern liegt El Dorado

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Del Nido/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5560-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Fern liegt El Dorado

Die tiefen Schatten auf den Gesichtern der Männer reichten bis zur Kinnlinie. Das knappe Dutzend Cowboys hatte sich im kniehohen Büffelgras auf die Lauer gelegt und behielt die verhasste Hillbilly-Hochzeit auf freiem Feld argwöhnisch im Auge.

Die Braut hatte sich soeben von ihrem Vater verabschiedet.

Außer den Brauteltern war Friedensrichter Richard L. Clark zugegen, der es sich als einziger Amtsträger in der Gegend herausnahm, einem verdammten Hillbilly die Hand zu schütteln. Die übrigen Hochzeitsgäste waren zerlumpte Kerle aus den Wäldern, die sich nicht den Dreck unter den Nägeln hervorkratzen konnten.

»Noch ein paar Minuten«, flüsterte einer der Cowboys und kniff die Augen zusammen. »Dann schlagen wir los.«

Nicht ein Tag im Leben der zweiundzwanzigjährigen Anthonia Batterfield hatte glücklicher begonnen als dieser milde Sonntag im August, an dem sie mit Thomas Dorkman vermählt werden sollte. Die ganze Nacht schon hatte Anthonia wachgelegen und über die Worte nachgedacht, die ihr Friedensrichter Richard L. Clark mit auf den Weg gegeben hatte.

»Kein Ereignis in deinem Leben wird bedeutsamer sein«, hatte Clark ihr mit seiner sonoren Stimme versichert. Sie hatten vor der Bretterhütte der Batterfields gesessen. »Du wirst danach eine andere Frau sein.«

Denselben warmherzigen Blick wie bei dem Gespräch hatte Clark auch jetzt.

Der Richter trug einen eleganten Gehrock von der Art, wie ihn sich Anthonias oder Thomas’ Familie nie hätte leisten können. Sie waren Hillbillys und hausten in einer Ansammlung von Bretterverschlägen, die Anthonias Vater und einige andere mitten in die Wälder Idahos gezimmert hatten. Die meisten Leute aus den Städten dachten von ihnen schlechter als von Tagelöhnern oder Landstreichern.

»Hochverehrte Anwesende!«, sprach Clark nun würdevoll und faltete die Hände vor dem Bauch. »Wir haben uns an diesem Morgen versammelt, um zwei junge Menschen in den heiligen Stand der Ehe zu erheben, die einander seit Jahren kennen.«

Der Friedensrichter blickte Thomas an, der mit schwitzigen Händen neben Anthonia stand und trotz der Anspannung in seinem Gesicht geradezu hinreißend in seinem kohlrabenschwarzen Anzug aussah. Thomas hatte den Anzug am Vortag zusammen mit seiner Mutter geschrubbt und die gröbsten Löcher darin geflickt.

»Sie kennen einander seit zwölf Jahren«, fuhr Clark lächelnd fort und wandte sich halb zu Anthonia. »Sie werden Eheleute mit Anstand und guten Manieren, mit Gottesfurcht und hoffentlich zahlreicher Nachkommenschaft sein.«

Hinter Anthonia räusperte sich Thomas’ Vater, der mürrische Schmied Arthur Dorkman. Er hatte die Hochzeit zunächst für eine Schnapsidee gehalten und war in höchste Aufregung geraten, als ihm bewusst wurde, dass es seinem Sohn mit seinem Vorhaben ernst war. Er hatte auch die Canteloupe-Melone beschafft, die neben einer Wassermelone das einzige Hochzeitsgeschenk der Familien war.

Über die Hügel im Norden der Ebene ging ein sachter Windstoß. Er blähte den Schleier über Anthonias Gesicht auf, den sie mit ihrer Mutter genäht hatte. Thomas lächelte neben Anthonia und hielt ihre Hand fest.

»Wie steht es um euch?«, fragte Clark und klappte die Bibel zusammen, aus der er soeben einen Vers vorgetragen hatte. »Seid ihr bereit, den schweren Weg, der vor euch liegt, gemeinsam zu gehen? Seid ihr bereit für den Bund der Ehe?«

Obwohl sie durch den Schleier zu ihm hinüberblinzelte, wusste Anthonia, dass sie keine Bestätigung dafür brauchte, dass Thomas wie sie aus voller Überzeugung nickte. Er sprach stets in netten Worten zu ihr, und bei ihrem einzigen Streit vor der Hochzeit war es um die Kutsche gegangen, in der sie hinüber nach Peace fahren wollten.

Plötzlich jedoch fanden Anthonias Träume ein jähes Ende.

Sie hatte die beiden unscheinbaren Schatten jenseits der Hügel schon vor einer halben Stunde erblickt, sie jedoch entlaufene Rinder gehalten. Jetzt aber erkannte Anthonia zwei Reiter. Sie preschten in schnellem Galopp heran und hielten Gewehre in den Händen. Als sie den Hügel erklommen hatten, legte einer von ihnen auf Clark und Thomas an.

»Mr. Clark!«, schrie Anthonia und warf sich gegen den Friedensrichter.

In derselben Sekunde donnerten zwei Gewehrschüsse.

Aus dem Augenwinkel sah Anthonia, dass ein blutiger Faden zwei Yards weit aus dem Hinterkopf ihres Bräutigams sprühte. Sie starrte Thomas – ihren Thommy! – an und begriff, dass ihn soeben eine Kugel getroffen hatte. Von seiner Stirn lief ein dünner Blutstrom auf seine Wangen, der den blütenweißen Kragen seines geliehenen Hemdes beflecken würde.

Gleich darauf holte Clark Anthonia in die Wirklichkeit zurück. Er packte die junge Hillbilly-Frau bei den Schultern, riss sie herum und zerrte sie hinter die Sättel, die sie rings um die Hochzeitsgeschenke aufgestellt hatten. Der Friedensrichter hielt mit einem Mal einen Colt in der Hand, feuerte auf die Angreifer und rief den anderen Männern der Hochzeitsgesellschaft etwas zu.

»Es sind Cowboys von der Bridgestone Ranch!«, brüllte eine Männerstimme. Es war Thomas’ Vater. »Diese Bastarde! Sie lauern uns …«

Die restlichen Worte des alten Schmieds gingen in Clarks peitschenden Revolverschüssen unter. Die Züge des Friedensrichters waren hart und unversöhnlich.

»Thomas!«, flüsterte Anthonia und richtete den Blick auf ihren Beinahe-Ehemann, der sein Ja-Wort nicht mehr hatte geben können. Er hatte sich am Morgen noch gesorgt, ob sein Anzug in der Kutsche knittern würde. »Thomas! Mein Thomas!«

***

Der schwankende Kronleuchter in der Schiffskajüte schlug mit einem dumpfen Scheppern gegen den Wandschrank, als Lassiter sich mit der schlanken Rothaarigen in seinem Bett auf die andere Seite drehte. Er war schweißgebadet und konnte sich nicht einmal an den letzten Schluck Whiskey erinnern, den er und das Barmädchen miteinander getrunken hatten.

»Schon genug?«, flüsterte ihm Lorry aufmunternd zu. Sie strich sich ihre bronzerote Mähne hinter die Ohren und blickte Lassiter aus ihren funkelnden Smaragdaugen an. »Ich hatte gehofft, wir halten es länger aus als beim letzten Mal.«

Vom oberen Deck des Flussschiffes her klang das Dröhnen der Dampfpfeife. Sie waren seit gut hundertfünfzig Meilen auf dem Arkansas River unterwegs und hatten nun das langersehnte Great Bend erreicht.

»Verdammt, Lorry!«, keuchte Lassiter, wischte sich den Schweiß von der Stirn und lächelte zugleich. »Mich hat kein Mädchen mehr aus der Puste gebracht, seit ich vor zwei Wochen in diesem Puff in New Orleans war.« Er rang um Luft. »Du bist ein wildes Weibsbild, weißt du das?«

Das Schimmern in Lorrys Augen tat kund, dass die schöne Tänzerin Lassiters Bemerkung keineswegs als Beleidigung auffasste. Sie riss sich das letzte Stück Stoff – ein lose um ihre schmalen Hüften gebundenes Oberkleid – vom Leib und drückte den Mann der Brigade Sieben mit einem ihrer langen Beine ins Bett zurück.

»Du bist auch nicht gerade ein mittelprächtiger Liebhaber«, flüsterte Lorry und verschloss Lassiters Lippen mit einem Finger. »Wenn ich die Zeit mit dir nicht genieße, wer weiß, ob ich je wieder in eine solche Verlegenheit komme.«

Kaum hatte die Tänzerin zu Ende gesprochen, schwang sie das andere Bein über ihren Geliebten und strich ihm mit beiden Händen fest über die behaarte Brust. An ihren schmalen Schultern traten die Knochen hervor.

»Ich beschwere mich über gar nichts«, erwiderte Lassiter und betrachte das gleichmäßig geschnittene Gesicht der jungen Frau über ihm. Er hatte Lorry in einer Ecke des Schiffs aufgestöbert, die sonst dem Bordpersonal vorbehalten war. »Ich hätte Great Bend nicht vergnüglicher erreichen können.«

Abermals klang das Geräusch der Dampfpfeife über den Rumpf des flachen Flussschiffes hinweg, das dank seines kenntnisreichen Lotsen auf dem Arkansas River ebenso rasch vorangekommen war wie zuvor das Schiff auf dem Mississippi. Das Telegramm der Brigade Sieben hatte Lassiter in New Orleans erreicht, als er gerade von der Jagd auf einen korrupten Marshal an der texanisch-mexikanischen Grenze bei Pecos zurückgekehrt war.

»Du solltest ein wenig mehr bei der Sache sein«, riss Lorry ihn aus seinen Gedanken. »Oder willst du die ganze Zeit über dieses Revolverzeug nachgrübeln? Ich seh’ doch, wie es dir im Kopf kreist!«

Nach kurzem Nachdenken beschloss Lassiter, dem Rat der Salontänzerin zu folgen und die Brigade Sieben für die nächste Stunde zu vergessen. Er schob im Geiste die Namensliste zur Seite, die man ihm zusammen mit dem Telegramm überbracht hatte.

Kraftvoll umfing Lassiter die schöne Tänzerin mit beiden Armen, hob sie aus dem Bett und trug sie zum Tisch in der Ecke. »Jetzt bin ich ganz bei dir, Kleines. Du wirst es genießen.«

Die Tänzerin spreizte die Beine, seufzte leise und legte beide Arme um Lassiters Schultern. Sie zog den großen Mann an sich heran, reckte ihm die vollen Brüste entgegen und gab sich seinen harten Beckenstößen hin. »Fester, Lassiter … Jaaa …«

Unter diesen gehauchten und bald darauf geschrienen Worten verstrich die folgende Stunde, in der die Arkansas Warrior im Ufersteig von Great Bend festmachte und ihre Reisenden an Land entließ. Durch die beiden schmalen Bullaugen in Lassiters Kajüte drangen die Rufe der Lotsen, die sich um eine Heuer für die nächsten Meilen bewarben.

»Du musst aussteigen!«, sagte Lorry und zog Lassiter noch einmal an sich heran. »Du musst deinen Freund in Great Bend besuchen!«

Der Mann der Brigade Sieben kleidete sich in aller Seelenruhe an und legte das Holster mit dem.38er Remington um. Er wusste aus den Fahrplänen, dass die Arkansas Warrior gute zwei Stunden in Great Bend zubrachte, und hatte es aus diesem Grund nicht eilig.

»Es ist keine dringende Angelegenheit«, behauptete er und dachte zugleich daran, dass sein Mittelsmann Richard L. Clark schon auf ihn wartete.

Lorry war aufgestanden und kam mit wiegenden Hüften auf ihn zu. Sie hatte sich das Laken um die Hüften geschlungen, sodass es ihre Beine bis zu den Knien verbarg, an der Seite jedoch einen langen Schlitz bildete. Sie zupfte am Stoff und lächelte Lassiter an. »Wenn es so ist, kannst du ja noch bleiben.«

Aus dem Flur war die Stimme des Stewards zu vernehmen, der nach den Weiterreisenden für Kinsley und Dodge City rief. Er drosch mit der Faust gegen die Kajütentür und wartete einen Augenblick. »Kinsley? Jemand von Ihnen nach Kinsley?«

Rasch stand Lorry auf und eilte zur Tür. Sie lehnte sich mit dem Rücken daran und blickte Lassiter an, indes sie mit dem Steward sprach. »Ich möchte nach Kinsley, Mister. Eilt es?«

Der Steward klang nun freundlich und zuvorkommend. »Nur keine Aufregung, Ma’am. Die Abreise wird sich verspäten. Es soll eine Ladung Vieh kommen, auf die wir noch warten.«

Die Augen der Tänzerinnen blitzen erneut auf. Sie ging auf Lassiter zu und knöpfte ihm das Hemd auf, das er soeben wieder geschlossen hatte. »Da hörst du es – wir haben noch Zeit …«

***

Das Haus von Friedensrichter Richard L. Clark stand an der lang gezogenen Biegung einer Nebenstraße, der Lassiter seit einigen Minuten gefolgt war und die jenseits der Stadt in die Weiten der Plains abbog. Sie war von der staubigen Trostlosigkeit, wie sie die meisten Städte im rinderreichen Kansas ausstrahlten, und war lediglich von einem Lastenfuhrwerk und spielenden Kindern bevölkert.

An der Tür erwartete ihn bereits ein grauhaariger Mann mit breitem Kinn und wachen Augen.

»Sind Sie Mr. Lassiter?«, fragte er den Mann der Brigade Sieben und trat die Stufe vor dem Haus hinunter. »Der Bote hat mir bereits gesagt, dass Sie auf dem Weg sind. Ich habe dringende Angelegenheiten mit Ihnen zu besprechen.«

Die beiden Männer betraten das Haus durch den schmalen Seiteneingang, der geradewegs ins Büro des Richters führte. Der Raum wurde von einem breiten Schreibtisch bestimmt, auf dem zahllose Akten, Papiere und beurkundete Schriftstücke lagen. Clark bot seinem Gast einen der bequemen Lehnstühle an, die in der hinteren Ecke des Arbeitszimmers standen.

»Das Telegramm kam in New Orleans«, setzte Lassiter das vor der Tür begonnene Gespräch fort. Er stellte fest, dass Clark selbst für einen Mittelsmann ein gehobenes Alter hatte. »Man hat mir eine Namensliste überbracht, von deren Einträgen ich keinen einzigen kenne.«

Clark winkte ab und nahm seufzend hinter seinem Schreibtisch Platz. Er faltete die Hände und legte sie an die Stirn, um sich zu sammeln. »Diese Liste ist vollkommen bedeutungslos. Man hat in irgendeinem Büro in Washington darauf bestanden, dass sämtliche Ministerialbeamte aufgeschrieben werden, die an dieser Sache beteiligt sind.«

Er blickte auf und rieb sich die NasenwurzeL. »Sie können anhand dieser Namen ermessen, welche Räder ich in Gang setzen musste, damit ich jemanden wie Sie nach Great Bend bekomme.«

»Worum geht es im Einzelnen?«, fragte Lassiter und beugte sich im Stuhl nach vorn. »Das Telegramm hat mit keiner Silbe erwähnt, aus welchem Grund ich nach Great Bend sollte.«

»Richtig, richtig«, sagte Clark und suchte in seinen Papieren. »Seit fast einem Jahr verschwinden auf den Routen westlich der Stadt ganze Planwagen aus den Rindertrecks. Meist sind sie mit Vorräten aus dem Landwirtschaftsministerium beladen. Wir überlassen sie verarmten Rinderzüchtern.«

Lassiter hatte den Worten des Mittelsmannes wachsam gelauscht. »Die Wagen verschwinden? Aus den Trecks?«

Aus Clarks zaghaftem Nicken sprach die Verzweiflung, mit der sich der Friedensrichter der Sache annahm. »Uns ist es genauso rätselhaft. Die Männer hauen sich am Abend aufs Ohr und sehen am Morgen eine Lücke in der Wagenburg.« Er ächzte und schob ein Schreiben über den Tisch. »Fünf Wagen allein in den letzten beiden Wochen.«

Der Brief stammte aus dem Ministerium und listete säuberlich die Fracht der einzelnen Planwagen auf. Außer Proviant hatten einige Tonnen mit Pökelfleisch, süßes Brot aus Mexiko und Säcke voller Daunenfedern für die Matratzen der Cowboys geladen.

»Hat der örtliche Marshal niemandem im Verdacht?«, fragte Lassiter und schob das Papier zurück. Er beobachtete Clark eine Weile, der müde auf die Tischplatte starrte. »Diebstähle sind seine Arbeit.«

»Der Marshal ist ein Mann älter als ich«, antwortete Clark und packte das Papier wieder zu übrigen. »Er glaubt an die Sterne oder glückliche Fügung und bekommt dabei den Arsch nicht vom Stuhl.«

»Wen hat man im Verdacht?«, erkundigte sich Lassiter weiter. Er wurde es allmählich leid, Clark jedes Wort aus der Nase zu ziehen. »Sie müssen doch jemandem beschuldigen, wenn Sie das Ministerium einschalten.«

Dem Friedensrichter entfuhr ein weiteres Seufzen, das verdrossener war als die vorangegangenen. Er faltete wieder die Hände über dem Tisch. »Sie wissen nichts über diese Stadt und diese Gegend, und ich kann’s Ihnen nicht vorwerfen. Die Rinderzucht ist eine Geißel für Kansas. Einige werden reich, andere bettelarm.«

»Nicht anders als im restlichen Amerika«, versetzte Lassiter. »Es gibt keine Rechtfertigung für Raub.«

»Wem sagen Sie das!«, brummte Clark und sah nachdenklich auf seine Akten. »Allerdings hege ich einen Verdacht, der mir nicht gefällt. Er betrifft die Ärmsten in der Gegend.«

Geduldig wartete Lassiter ab, bis Clark seine Akten sortiert hatte. Er sah sich im Büro um, an dessen Wände Landkarten und gerahmte Besitzurkunden hingen. Er konnte nirgendwo ein Gewehr oder einen Revolver entdecken.

»Drüben in den Wäldern leben einige Hillbilly-Familien«, begann Clark plötzlich und hielt den Blick auf die Papiere vor ihm gerichtet. »Ich bin einige Male dort gewesen und kenne die Familien. Sie sind nicht die hellsten Köpfe und leben buchstäblich auf der nackten Erde.«

»Hillbillys?«, wiederholte Lassiter und zog die Stirn in Falten. »Einige Arbeiter in New Orleans nannten ihre Verwandten in Ohio so.«