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Captain Bing Marvin horchte auf. In der Diele hinter seiner Zimmertür waren Schritte laut geworden. Marvin griff nach seinem Revolver, der auf dem Tisch lag. Die Schritte verklangen. Jemand war vor der Tür stehen geblieben.
Marvins Herz schlug schneller. Wilde Gedanken jagten ihm durch den Kopf. Hatten sie ihn ausfindig gemacht - hier in der unscheinbaren Boomstadt, meilenweit von der nächsten Bahnstation entfernt? Er hob den Colt, hielt ihn im Hüftanschlag. Die Mündung des Laufs zeigte auf das Plakat an der Tür. Eine Blondine im Strapsgürtel posierte dort mit einem Henkelglas Bier.
Es war still wie auf einem Totenacker. Die Zeit schien still zu stehen. Nichts rührte sich. In dem Moment, als Marvin die Waffe senkte, gab es einen lauten Knall. Die Tür flog aus den Angeln und krachte zu Boden. Entsetzt starrte Marvin auf die Gestalt in der Wandöffnung.
"Der Schwarze Wolf!" Es waren seine letzten Worte.
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Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cover
Impressum
Lassiter jagt den Schwarzen Wolf
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: Timo Wuerz
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-5873-5
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Lassiter jagt den Schwarzen Wolf
Captain Bing Marvin horchte auf. In der Diele hinter seiner Zimmertür waren Schritte laut geworden. Marvin griff nach seinem Revolver, der auf dem Tisch lag. Die Schritte verklangen. Jemand war vor der Tür stehen geblieben.
Marvins Herz schlug schneller. Wilde Gedanken jagten ihm durch den Kopf. Hatten sie ihn ausfindig gemacht – hier in der unscheinbaren Boomstadt, meilenweit von der nächsten Bahnstation entfernt? Er hob den Colt, hielt ihn im Hüftanschlag. Die Mündung des Laufs zeigte auf das Plakat an der Tür. Eine Blondine im Strapsgürtel posierte dort mit einem Henkelglas Bier.
Es war still wie auf einem Totenacker. Die Zeit schien still zu stehen. Nichts rührte sich. In dem Moment, als Marvin die Waffe senkte, gab es einen lauten Knall. Die Tür flog aus den Angeln und krachte zu Boden. Entsetzt starrte Marvin auf die Gestalt in der Wandöffnung.
»Der Schwarze Wolf!« Es waren seine letzten Worte.
Der Mann, der aus Ollie’s Saloon trat, blieb vor der Schwingtür stehen und zündete sich umständlich eine Zigarette an.
Im Gastraum hinter ihm herrschte munterer Trubel. Gelbes Lampenlicht fiel durch die Fensterscheiben und malte verzerrte Vierecke auf die Planken des Bohlensteigs der Mainstreet. Irgendwo im Dunkel der Straße kreischte eine Frau. Neben dem Zügelholm, an dem einige gesattelte Pferde träge vor sich hindösten, stand ein großer Mann und klopfte den verbrannten Tabak aus dem Kopf seiner Pfeife.
Jetzt hob er den Kopf. »Schon gehen, Merritt?«, fragte er.
Bill Merritt nahm einen Zug von der Zigarette. »Es ist spät, Buck. Meine Matratze ruft. Ich brauche meinen Schönheitsschlaf.«
»Wolltest du nicht mit Chessie Bridges einen draufmachen?«
»Wollte ich. Wir waren verabredet. Schon vor zwei Stunden. Aber das Luder hat sich wohl einen anderen Macker geschnappt. Jetzt langt’s mir. Ich geh nach Hause.«
»Zwei Stunden lauerst du schon?« Buck Stealer, der Mann mit der erloschenen Pfeife, grinste schief. »So lange hätte ich’s nicht ausgehalten. Auch andere Mütter haben hübsche Töchter.«
»Im Nachhinein ist man immer schlauer.« Merritt verzog sein Gesicht zur Grimasse. Ausgerechnet der Trickser Buck Stealer erteilte ihm einen Rat. Er mochte den stiernackigen Hufschmiedegesellen mit den Schweinsäuglein nicht. Letzte Woche waren sie im Silver Star-Casino heftig aneinandergeraten. Stealer hatte ihm beim Pokern zwei ganze Wochenlöhne abgeknöpft. Merritt vermutete, dass der Kerl betrog, doch er hatte keine Beweise. Den übrigen Mitspielern war nichts aufgefallen. Sie hatten zu schnell und zu viel getrunken.
»Tod und Teufel!«, rief die Frau, die vorhin gekreischt hatte.
Merritt ging in ihre Richtung. Die Planken knarrten unter seinen Füßen.
Schon nach wenigen Schritten schälten sich die Gestalten eines Pärchens aus dem Dunkel. Die jungen Leute hatten sich in die Nische eines Hauseingangs gedrückt. Der Mann küsste der Sidewalkdohle den Hals und die Ansätze ihrer Wonneproppen.
Die Frau hatte den Kopf weit nach hinten gebogen. Ein Busen quoll ihr aus dem Ausschnitt. Ihr Freier wölbte eine Hand darum.
Aus verglasten Augen musterte das Mädchen den vorbei schlendernden Merritt. Ihre rot geschminkten Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln. »He, Bill«, sagte sie.
Er nickte ihr zu, schaute aber schnell von der Frau weg.
Bei dem Girl handelte es sich um Lara Bones, die im gleichen Freudenhaus wie Chessie Bridges arbeitete. Bevor Merritt mit Chessie angebandelt hatte, war er zwei- oder dreimal zu Lara aufs Zimmer in Sweet Rosy’s Funhouse gegangen. Lara erwies sich zwar als erfahrene Liebhaberin, doch für seinen Geschmack trank sie entschieden zu viel. Beim letzten Stelldichein war sie mitten beim Liebesspiel eingeschlafen.
Merritt bog um die Ecke am Ende des Häuserblocks. Die Quergasse, die nach Westen ging, lag im Dunkeln. Nirgendwo ein Licht, abgesehen von den blinkenden Sternen hoch oben am düsteren Himmel.
Nach ein paar Schritten ging Merritt langsamer. Er nahm noch einen letzten Zug von seinem Glimmstängel, dann ließ er die Kippe fallen und trat die Glut aus.
Bis zu dem Haus, in dem er wohnte, waren es noch schätzungsweise drei- bis vierhundert Yards. Das Laub in den Sträuchern am Rand der ungepflasterten Straße raschelte im Nachtwind.
Plötzlich kam es Merritt vor, als hörte er seine Schritte doppelt.
Er horchte auf. Ein Echo? Oder war jemand hinter ihm her?
Auf Verdacht warf er einen Blick über die eine Schulter. Mit angehaltenem Atem kniff er die Augen zusammen.
Am Ende der Gasse wurde ein schmaler Ausschnitt der Mainstreet sichtbar. Ein Mann mit einer Flasche in der Hand taumelte von einer Seite auf die andere. Er stolperte über das Bordholz, strauchelte und ließ die Flasche fallen. Schnaps gluckerte heraus und versiegte im Sand.
Fluchend hob der Mann die Flasche auf. Er trank einen Schluck und setzte torkelnd seinen Weg fort.
Im nächsten Augenblick war er verschwunden.
Stille.
Merritt verspürte einen jähen Druck im Magen. Sein untrüglicher Instinkt verriet ihm, dass er nicht allein in der Gasse war. Vor Jahren hatte er an den Indianerkriegen bei den Apachenkriegen im Arizona-Territorium teilgenommen. Dabei hatte er eine Menge einschlägige Erfahrungen gesammelt. Bis zum Lieutenant hatte er es gebracht. Bei einem Kampf gegen Victorios Krieger bei Ojo Caliente hatte eine Schussverletzung seine Karriere als Offizier beendet. Zwei Pfeile hatten ihn in Brust und Schulter getroffen. Lange musste er im Lazarett von Fort Apache das Bett hüten. Schließlich wurde er ausgemustert. Merritt zog sich ins Privatleben zurück.
Er lockerte den Colt im Holster.
Aus der Ferne erklang das affektierte Lachen von Lara Bones. Wahrscheinlich ging der Liebhaber des Mädchens ihr gerade an die Wäsche.
Prüfend ließ Merritt seine Augen über die Büsche an der Straße wandern.
Nichts, worüber man sich Sorgen machen musste.
Er geriet ins Grübeln. Ob er sich doch getäuscht hatte? Vielleicht hatte Ollies gepanschter Whiskey, den er sich einverleibt hatte, seine Sinne getrübt.
»Hol’s der Teufel!« Er ging weiter, bis die spröde Fassade seines Hauses in Sicht kam. Weit und breit keine Menschenseele. Das Gebiet ringsum war unbebaut. Nur Sand, Kaktusbäume, wilde Baumwollbüsche und die Trümmer von halb verfallenen Hütten.
Merritt war angekommen.
Als er an die Vordertür trat, blickte er sich noch einmal nach allen Richtungen um.
Nichts.
Blinder Alarm. Die Luft war rein. Er atmete erleichtert auf. Der Druck in seiner Magengegend war kaum noch zu spüren.
Ich werde alt, dachte der ehemalige Lieutenant.
Er schloss auf und trat über die Schwelle ins Haus. Der Geruch von altem Rauch schlug ihm entgegen. Nachdem er die Tür hinter sich zugezogen hatte, verriegelte er sie. Er zündete die kleine Öllampe an, die auf der Konsole neben dem Eingang stand.
Geisterhaftes Licht zeichnete sich an den Bretterwänden ab.
Merritt verharrte einen Moment. Er ließ seine Augen über die karge Einrichtung in dem einzigen Raum seines Hauses huschen.
Auf dem Strohsack der Bettstelle lagen die Kissenrolle und die nachlässig zusammengelegte Wolldecke, die aus den Beständen der Indianeragentur in White Mountain stammte. Den grob gehobelten Einbeintisch in der Mitte des Zimmers hatte er selbst angefertigt. Auf der runden Platte standen ein klobiger Aschenbecher aus billigem Bleikristall, eine halb volle Flasche Apfelsaft und ein leeres Glas mit einem Sprung am Rand. Der Fußboden bestand aus dicken Dielenbrettern, auf denen stellenweise Sägemehl gestreut war. Vor dem Bett lag das präparierte Fell eines Coyoten. Auf der hinteren Seite des Raumes gab es ein Fenster, vor dem ein Vorhang aus hellbrauner Baumwolle hing.
Merritt hielt die Lampe höher.
Im Lichtschein der Funzel erkannte er einen Fußabdruck auf den verstreuten Holzspänen, und der Abdruck gehörte nicht zu ihm.
Unverzüglich machte er eine Probe aufs Exempel und stellte seinen rechten Fuß neben die fremde Fußspur.
Der andere Abdruck war größer und stammte von einem Mokassin.
Merritt schlug das Herz bis zum Hals. Er dachte scharf nach. Wie es aussah, war in seiner Abwesenheit ein Fremder in seinem Haus gewesen. Ein Fremder, der indianisches Schuhwerk trug.
Rasch trat er an das Kopfende seiner Pritsche. Mit einem Ruck hob er das Keilkissen auf dem Strohsack, unter dem die beiden Strümpfe mit seinen ersparten Dollars deponiert waren.
Beide lagen an gewohnter Stelle.
Er atmete tief durch.
Seltsam.
Merritt hob schnuppernd die Nase. Neben dem kalten Tabakrauch, der in der Luft lag, glaubte er, noch einen weiteren Geruch wahrzunehmen: den Geruch von feuchtem Hundefell.
Er stellte die Ölfunzel auf den Tisch, nahm seinen Sechsschüsser in die Hand und spannte den Schlaghahn.
Prompt stellte sich der Druck in seinem Bauch wieder ein, stärker als vorhin, als er glaubte, auf der Straße Schritte zu hören.
Merritt lauschte angespannt.
Es war still wie im Death Valley. Sein Herz schlug immer schneller. Fast schien es, als wolle es seine Brust sprengen.
Er spürte, dass eine unbekannte Gefahr auf ihn lauerte, doch er hatte keine Ahnung, welche.
Nach einer Weile bewegte er sich leise auf das verhangene Fenster zu. Unter den Sohlen seiner Stiefel knirschten die Sägespäne. Das Geräusch klang unnatürlich laut in seinen Ohren.
Das lag wohl an seinen Nerven. Sie waren bis zum Zerreißen gespannt.
Er blieb vor dem Fenster stehen. Mit der linken Hand raffte er das Stück Baumwolle davor beiseite.
Sein Blick fiel durch die ungeputzte Scheibe nach draußen. Im fahlen Mondschein erkannte er den Haufen Bretter, den er kürzlich aus dem Sägewerk herangekarrt hatte. Er wollte das Zeug zu Brennholz hacken.
Doch bisher war er nicht dazu gekommen. Er hatte einfach keine Lust dazu. Im Übrigen war noch ausreichend gehacktes Brennholz vorhanden.
Sekundenlang blieb sein Blick auf dem Hauklotz hängen, an dem die Axt mit dem langen Stiel lehnte.
Merritt ließ seine Gedanken kreisen. Am Nachmittag hatte er die Axt am Wetzstein geschärft. Er hätte wetten mögen, dass er das Teil anschließend in den Schuppen zurückgebracht hatte.
Jetzt lehnte die Axt am Hauklotz.
Was zum Henker hat das zu bedeuten? Er schob seinen Hut höher und langte nach dem Fenstergriff.
Ruckweise schob er das Fenster hoch.
Kühle Nachtluft wehte in die Stube und drang in seine Lungen. Ein weiteres Mal hatte er das Empfinden, dass es nach Hund roch.
Die Zeit tröpfelte träge dahin.
Merritt war gespannt wie eine Banjosaite. Vorhin, in Ollie’s Saloon, war er noch ziemlich müde gewesen. Jetzt war seine Müdigkeit verflogen. Irgendetwas ging hier vor. Etwas, das ihm wachsendes Unbehagen bereitete.
Er zog das Fenster wieder zu und raffte den Baumwolllappen davor. Dann wandte er sich um, nahm die blakende Ölfunzel vom Tisch und ging zur Vordertür. Wenn hier jemand auf seinem Gehöft herumspukte, würde er den Spitzbuben finden. So groß war das Anwesen nicht. Der Kerl konnte sich frischmachen.
Merritt pirschte um das Haus. An der Ecke zum hinteren Hof blieb er stehen.
Der Lauf seines Peacemakers zeigte auf den Hauklotz, an dem die Axt lehnte.
»Wer ist da?«, rief er rauhalsig.
Es kam keine Antwort. Merritt wiederholte seinen Anruf ein zweites und drittes Mal.
Stille. Nur das Rauschen des Nachtwindes war zu vernehmen. Ganz weit entfernt ertönte ganz leise das abgehackte Spiel des Klaviers in einer der Tanzdielen.
Plötzlich kam ihm ein Gedanke.
Vielleicht spielte ihm jemand einen Streich? Ob Chessie Bridges dahintersteckte? Das Girl hatte einen Hang zum Makabren. Sie las dicke Bücher über Hexenkünste, Magie und all solchen Humbug. Möglicherweise wollte sie ihn zum Narren halten, um ihn später auszulachen.
»Chessie?« Er hielt den Atem an und horchte angestrengt. »Bist du’s, Chessie?«
Nichts passierte.
Lautlos, wie eine Raubkatze, bewegte sich Merritt auf den Hauklotz zu. Inzwischen war er felsenfest davon überzeugt, dass er nicht allein war. »Chessie! Wenn du’s bist, dann zeige dich! Du weißt: Ich mag solchen Unsinn nicht! He, Chessie!«
Auf halbem Weg hörte er ein Geräusch, das aus Richtung des Schuppens kam.
Er fuhr herum, wie von der Tarantel gestochen. Die Hand, in der seine Waffe lag, zitterte vor Anspannung.
Nein, das ist nicht Chessie, dachte er. Chessie hätte spätestens jetzt losgeprustet.
»Wer bist du?«, raunte er halblaut. »Zeig dich, du Schurke!«
Niemand meldete sich. Nur der Wind flüsterte in den Zweigen der umstehenden Cottonwoods. Das Klavierspiel in der Diele war verklungen.
Mit klopfendem Herzen stapfte Merritt auf den Schuppen zu. Links hielt er die Lampe, rechts den schussbereiten Revolver.
Die Tür hing lose und schief in den Angeln. Merritt hatte sie selbst eingehängt und dabei nicht sonderlich genau gearbeitet. Handwerk lag ihm nicht. Möglicherweise war er zu lange bei der Army gewesen. Mit Colt und Karabiner konnte er besser umgehen als mit Hammer, Schraubstock und Zange. Man musste die Tür kräftig anheben, um sie auf- und zumachen zu können.
Als Merritt die Lampe auf den Boden stellte, damit er eine freie Hand zum Öffnen hatte, spürte er jäh ein Vibrieren unter seinen Sohlen.
Kein Zweifel, jemand schlich sich an!
Er fuhr herum und schoss, ohne zu überlegen.
In der nächtlichen Stille hörte sich der Schussknall wie die Explosion einer Granate an.
Im Mündungsblitz erkannte Merritt eine große Gestalt, die in Wolfsfelle gehüllt war. Sie war hinter der Hausecke hervorgekommen. Jetzt verharrte sie, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde.
Merritt zielte und feuerte einen zweiten Schuss ab.
Doch er hatte gezittert, und die Kugel ging daneben. Es klickte laut, als sie in den Haufen Bretter einschlug, der zum Hacken bereitlag.
Als Merritt den Hahn spannte, um erneut zu schießen, geschah das Unglaubliche.
Er hatte kein Ziel mehr.
Die Wolfsgestalt schien sich vor seinen Augen in Luft aufgelöst zu haben!
Das war doch nicht möglich! Merritt rannte zur Hausecke.
Er spähte sich nach allen Seiten um. Doch so sehr er auch seinen Hals verrenkte – von dem hünenhaften Kerl in den Wolfspelzen war nichts mehr zu sehen.
Einen Tag später fand man Bill Merritt tot auf seinem Hinterhof. Jemand hatte ihm einen Schlag mit der Axt verpasst …
***
»Na, gefalle ich dir?« Jane Malloy drehte sich kokett um die eigene Achse.
Der Geschäftsmann Jeff Glenn glotzte auf die Frau in dem schwarzseidenen Nachthemd. »Und ob du mir gefällst, Baby Doll«, grunzte er. »Aber du würdest mir noch viel besser gefallen, wenn du den Fummel endlich ablegen würdest.«
Der Mann und das Freudenmädchen befanden sich im Salon von Glenns zweistöckigem Adobehaus, das auf einem der südlichen Hügel vor der Stadt Albuquerque lag. Das ganze Haus war mit exquisiten Möbeln eingerichtet. Auf den Fußböden lagen dicke Perserteppiche. An der Decke des Salons hing ein imposanter Kronleuchter, dessen unzählige Lichter den Raum in taghelles Licht tauchten. Die Wände ringsum waren mit glitzernden Seidentapeten aus Übersee bedeckt. Hier und da hing ein goldgerahmtes Ölgemälde, auf dem ein würdig dreinschauender Gentleman zu sehen war. Neben dem pompösen Kamin aus beigefarbenen Kacheln hingen zwei gekreuzte Indianerspeere, ein Tomahawk und eine Navajo-Tabakpfeife mit Federschmuck an der Wand.
Glenn, ein fülliger Geselle von knapp fünfzig Jahren, wippte auf der Kante eines eleganten Ohrensessels und beobachtete jede Bewegung des anmutigen, jungen Liebesengels.
Jane Malloy kam jede Woche zu ihm, immer am Dienstag, für ungefähr zwei bis drei Stunden. Dann schickte Glenn seine Angestellten außer Haus. Wenn Jane bei ihm war, brauchte er weder einen Revolvermann noch eine Köchin oder einen Lakaien, der auf Zuruf Whiskey, Bier oder Kaffee servierte.
Jane Malloy war eine schlanke, überaus attraktive Frau von Mitte zwanzig. Glenn hatte sie bei einer Kneipentour in einem Lokal im Amüsierbezirk von Albuquerque aufgegabelt. Dort trällerte sie melancholische Liedchen, wobei sie einen großen Revolver schwenkte.
Die dunkelhaarige Evastochter hatte ihm auf Anhieb gefallen.
Ohne Umschweife hatte er ihr einen geknifften Geldschein zugesteckt und sie dabei gefragt, ob sie ihm von Zeit zu Zeit eine Privatvorstellung liefern wolle.
Am Anfang hielt sich ihre Begeisterung in Grenzen.
Doch als er einige grüne Scheinchen zugelegt hatte, kamen sie ins Geschäft.