Lassiter 2392 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2392 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Die gräuliche Tat, die einige Monate darauf als Robertson-Mord in den Gazetten zu lesen sein würde, war bis in die letzte Einzelheit geplant. Sie schloss die kaltblütige Überlegung ein, dass Earnest D. Robertson das Haus stets gegen neun Uhr abends betrat, sich in seinen Lehnstuhl gegenüber dem Bett setzte und mit seiner Gattin den Tag besprach.
Die britische Purdey mit ihren verzierten Beschlägen lag ruhig in den Händen von Robertsons Mörder. Sie war an diesem Tag erst einmal abgefeuert worden, weit jenseits der Stadtgrenze. Der Schuss hatte einen Kalbsschädel durchschlagen und ein daumennagelgroßes Loch in einen Weidepfosten gerissen.
Nun warteten die Purdey und ihr Besitzer geduldig auf den Augenblick, in dem der alte Farmer den Mantel abnahm, sich ächzend die Stiefel auszog und auf seinem Stuhl Platz nahm ...

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EPUB

Seitenzahl: 132

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Prärie der Schande

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Boada/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 9783-7325-6440-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Prärie der Schande

Die gräuliche Tat, die einige Monate darauf als Robertson-Mord in den Gazetten zu lesen sein würde, war bis in die letzte Einzelheit geplant. Sie schloss die kaltblütige Überlegung ein, dass Earnest D. Robertson das Haus stets gegen neun Uhr abends betrat, sich in seinen Lehnstuhl gegenüber dem Bett setzte und mit seiner Gattin den Tag besprach.

Die britische Purdey mit ihren verzierten Beschlägen lag ruhig in den Händen von Robertsons Mörder. Sie war an diesem Tag erst einmal abgefeuert worden, weit jenseits der Stadtgrenze. Der Schuss hatte einen Kalbsschädel durchschlagen und ein daumennagelgroßes Loch in einen Weidepfosten gerissen.

Nun warteten die Purdey und ihr Besitzer geduldig auf den Augenblick, in dem der alte Farmer den Mantel ablegte, sich ächzend die Stiefel auszog und auf seinem Stuhl Platz nahm …

Der Einspänner hatte keine seiner üblichen Macken gezeigt, als Earnest D. Robertson an diesem Nachmittag hinüber nach Stokes gefahren und die alte Melberry-Witwe behandelt hatte. Die Achse hatte nicht geklappert, das Verdeck war an den Streben geblieben, und nicht eine einzige der vier Muffen, über die Wagenmeister Hank Boroughsfield eine Woche zuvor geschimpft hatte, war aus ihrer Nut gesprungen.

Das Coupé hatte seine Pflicht erfüllt.

Jedenfalls war Robertson davon ausgegangen, als er den Gaul ausgespannt und in den Stall hinter dem Haus gebracht hatte. Er war sogar ein wenig stolz auf den Kauf der Tilbury Model 1878 gewesen, der ihn knapp fünfhundert Dollar gekostet hatte, eingeschlossen die Verschiffung aus Großbritannien.

Nun jedoch bemerkte Robertson den fehlenden Stift.

Der Keilstift hätte im dazugehörigen Befestigungsloch an der Achse stecken und das Rad davor bewahren müssen, in voller Fahrt abzuspringen. Er war jedoch irgendwo in der Prärie zwischen Stokes und der Robertson-Farm herausgesprungen und hatte den Doc damit erheblichen Gefahren ausgesetzt.

»Verdammte Briten«, murmelte Robertson und trat mit dem Fuß gegen die Radspeichen. Er wollte weitere Flüche gegen die Erbauer der Tilbury ausstoßen, begnügte sich jedoch mit einem Knurren.

Wenig später stieg Robertson die Stufen zum Haus hinauf.

Er hatte seiner Frau Virgie und seinen beiden Söhnen Don und Burrell ein gutes Stück Land ausgesucht, das im Westen von einem Fluss und im Osten von einer sachten Hügelkette begrenzt wurde. Weiter im Norden lagen saftige Weiden, der Süden gehörte einem kleinen Hain aus Ahornbäumen, in dem sie nach Herzenslaune Holz schlagen konnten. Der Robertson-Clan hätte es schlechter treffen können.

»Virgie?«

Seit seinen Tagen an der Pennsylvania University klapperte Robertson jedes Mal mit dem Schlüsselbund, ehe er aufschloss, um seine Gattin nicht zu erschrecken. Er hatte Virgie in seinen frühesten Studententagen kennengelernt, und obwohl inzwischen viel Wasser den Ohio River hinuntergeflossen war, änderten sich die Rituale des Doktors nur wenig.

»Komm doch herein, Earnest!«, hörte Robertson seine Frau aus der Schlafkammer rufen, in der sie oft ihre Modemagazine las, weil die Kammer über die hellste Petroleumlampe im Haus verfügte. »Don ist auch schon gekommen.«

Robertsons Miene hellte sich auf, als er den Namen seines Ältesten vernahm, und er stapfte mit langsamen Schritten den Flur hinunter. Vor dem Spiegel blieb der Arzt kurz stehen und betrachtete sein bärtiges Antlitz, in dem noch die Aschereste der Zigarre hingen, die er im Hof der alten Melberry geraucht hatte.

»Vater, wie schön.«

Sein ältester Sohn saß auf dem klapprigen Stuhl beim Fenster, den er immer für sich beanspruchte, sobald sie sich am Abend in der Schlafkammer trafen und über den Tag sprachen. Sie hätten sich ebenso gut in die Wohnstube oder in die Küche setzen können, aber weder seine Söhne noch Robertson wollten Virgie zu so später Stunde noch aufscheuchen.

»Zäune gemacht?«, brummte Robertson und nickte seiner Frau zu Begrüßung zu. »Wir müssen morgen die Kälber rübertreiben.«

»Ist erledigt«, erwiderte Don mit einem Nicken. Er war ein kräftiger Junge mit rosigen Wangen und einem Schneid, der Robertson immer wieder Respekt abnötigte. »Ich hab’s mit Burry erledigt. Ich hab’ ihm gesagt, dass er Nägel mitnehmen soll, und er hat’s trotzdem nicht getan.«

»Wo steckt der Faulpelz?«, erkundigte sich Robertson und streifte die Stiefel von den Füßen. Er massierte sich die Knöchel, die von der langen Fahrt aus Stokes herüber angeschwollen waren. »Ich werd’ ihm noch die Leviten lesen.«

Das schmächtige Gesicht seiner Frau nahm einen betrübten Ausdruck an. Sie richtet sich im Bett auf und warf den Kindville Coroner zur Seite, den sie vor sich auf dem Deckbett ausgebreitet hatte. »Du bist zu streng mit ihm, Earnest. Er ist schwächlicher als Don, aber er hat ein gutes Herz, so wie wir’s brauchen auf der Farm.« Sie schürzte die Lippen. »Wie war’s bei der Mulberry?«

»Grässlich war’s!«, behauptete Robertson und schämte sich für die gute Zigarre, die er nach der Behandlung geraucht hatte. »Ich sag’s euch von ganzem Herzen, ich lass den Arztberuf sein und werd’ Farmer. Es gibt genug zu tun auf der –«

Ein Donnerschlag und splitterndes Glas verschlangen den Rest von Robertsons Satz, der Virgie und Don ohnehin so vertraut war, dass sie ihn auch selbst hätten vollenden können. Der Arzt spürte einen stechenden Schmerz in der Brust und wandte den Kopf zu Don.

Fassungslos starrte der Junge seinen Vater an.

»Was ist los?«, knurrte Robertson und spürte einen leichten Schwindel. Er sah an sich herunter und machte einen roten Fleck auf seiner Weste aus, der sich sekündlich vergrößerte. »Zur Hölle, was war das?«

Erst nach und nach setzte sich in Robertsons Bewusstsein die Einsicht durch, dass er soeben von einer Kugel durchlöchert worden war, die jemand vor dem Fenster abgefeuert hatte. Der Angriff war so plötzlich erfolgt, dass Virgie und Don wie vom Schlag gerührt waren.

»Vater!«, schrie Don auf, als Robertson kraftlos von seinem Lehnstuhl rutschte. »Vater, was …«

»Wo ist … Burry?«, keuchte Robertson und hielt sich an der Sessellehne fest. Aus seiner Brustwunde quoll Stoß um Stoß frisches Blut. »Du musst ihn holen. Ich sterbe … Don, ich gehe drauf!«

Als Arzt war Robertson stolz auf seine Diagnose, denn er hatte mit den Fingern von der untersten Rippe an gezählt und war zum Schluss gekommen, dass die Kugel sein Herz gestreift haben musste. Er schaute zu Virgie, die mit weit aufgerissenen Augen im Bett saß und sich nicht rührte.

»Don!«, flüsterte Robertson. »Hol Burry … schnell!«

»Bei Gott!«, schrie Don und eilte seinem Vater zu Hilfe. »Burry ist noch in Whitefield! Weißt du nicht mehr? Whitefield, Vater!«

Die Bezeichnung des südtexanischen Ortes war das letzte Wort, das Robertson bei klarem Sinn zu fassen imstande war.

Die Finsternis des Todes erwartete ihn bereits.

Der letzte Schluck Mohongahela Whiskey in Lassiters Glas schmeckte so bitter wie der ganze verdammte Tag. Der Mann der Brigade Sieben stürzte ihn in die Kehle und wischte sich mit dem Handrücken die Lippen ab. Er starrte auf die Wandregale des Southfork Saloon, die mit leeren Brandy- und Ginflaschen gefüllt waren.

»Noch einen?«, raunte ihm das brünette Barmädchen und wienerte ein Glas trocken. Es hatte blassblaue Augen und ein schmal geschnittenes Gesicht. »Oder hast du genug, Mister?«

»Genug«, brummte Lassiter und drehte den Glasboden, unter dem sich die Maserung der Thekenplatte wölbte. »Ich hab’ wirklich genug, Abby. Ist kein guter Tag, weißt du.«

»Kein Tag in Stokes ist gut«, gab das Mädchen zurück und lächelte tapfer. Es stellte das Glas aus der Hand und griff nach einem anderen. »Bei mir waren es Harvey und seine verfluchten Brüder. Ich werd’ ihnen die verdammten Griffel abhacken, wenn sie mir noch einmal unter den Rock greifen.«

»Recht so!«, pflichtete ihr Lassiter bei und starrte sie aus glasigen Augen an. Er hätte eine oder zwei Stunden länger im Bett bleiben sollen. »Kein Kerl hat das Recht, einer Frau unter den Rock zu gehen. Kein verfluchter Kerl, Abby.«

Sie wechselten einen langen Blick miteinander, der in einer flüchtigen Berührung seitens Abby mündete. Sie stützte sich mit beiden Ellbogen auf die Theke und fuhr Lassiter durchs Haar. Außer ihnen war lediglich der Pianospieler im Saloon, der sich nicht darum scherte, ob sich jemand mochte oder nicht.

»Was ist los?«, raunte Abby und wischte ihm den Schweiß von der Schläfe. »Du bist erst seit einer Woche hier und versinkst in Schwermut. Ich kenne dich anders.«

Nur allzu gern hätte Lassiter Abby vom Tod seines guten Freundes Bramstock erzählt, der vor gut zwei Monaten auf dem Amazonas umgekommen war. Sie hatten einander in Punto Negro getroffen und sich Bramstocks Sammlung von über hundert Regenwaldpflanzen angesehen. Einen Tag darauf hatte Bramstock tot im trüben Amazonaswasser gehangen.

Er war von einer Horde Diamantenräuber erschossen worden, die Lassiter von Texas aus über dreitausend Meilen weit in den Süden verfolgt hatte.

»Nichts«, log der große Mann und schob Abby stumm das Glas hin. Er sah ihrer zierlichen Hand dabei zu, wie sie die Mohongahela-Flasche ansetzte. »Es ist nichts. Es sind bloße miese Geschäfte derzeit.«

»Miese Geschäfte«, wiederholte Abby und lächelte. Sie zog seinen Kopf zu sich heran und küsste Lassiter. »Du sollst dich aber nicht grämen.«

Sie vernahmen einen schrillen Pianoton, mit dem der Klavierspieler seinen Platz verließ und durch die Tür im hinteren Teil des Schankraums trottete. Der Southfork Saloon gehörte Abby und Lassiter jetzt allein.

»Gleich hier?«, wisperte das Barmädchen und streckte sich verführerisch. »Ich hänge das Closed-Schild vor und bring’ dich auf andere Gedanken.«

Für einen Moment vergaß Lassiter das Telegramm in seiner Westentasche, das erst vor einer Stunde gekommen war und von ihm forderte, dass er sich ins Büro von Gemeindeschreiber John Kenley begeben sollte. Er vergaß die freundlichen Züge von Bramstock, der ihm den Amazonas hatte zeigen wollen und seinetwegen auf dem Fluss gestorben war. Er vergaß seine ganze verdammte Pflicht, seine Abgebrühtheit, die ihn immer wieder dazu zwang, gerade jene Menschen in Gefahr zu bringen, die er mochte.

»Gleich hier!«, erwiderte Lassiter und schwang sich zu Abby über die Theke. Er rutschte fast in ihre Arme und betrachtete eine Weile das ausladend geschnittene Kleid, in dem sie steckte. »Oder willst du es woanders?«

»Keine Sekunde lang«, hauchte Abby und knöpfte ihm ungeduldig das Hemd auf. Sie stöhnte vor Verlangen auf, als Lassiter die Arme um ihre Taille schwang und die Schnürung des Kleides löste. »Ich hab’ doch nur darauf gewartet.«

Sie hatten es in all den Nächten getan, die Lassiter bisher in Stokes verbracht hatte, und keiner von beiden hatte je etwas davon bereut. Sie hatten vorsichtig sein müssen, wegen Harvey vor allem, und wegen des Rufes, den eine Frau in Stokes rascher weghatte als eine Dirne in den New Yorker Docks.

»Zieh dich aus!«, flehte Abby und schlüpfte aus ihrem Kleid. Sie hatte makellos glatte Schenkel, zwischen denen ein dunkelblonder Busch hervorlugte. »Oder willst du mich warten lassen?«

Sie räumte eine Reihe Flaschen mit dem Arm beiseite und ließ sich von Lassiter auf die staubigen Dielen hinunterdrückten. Der Mann der Brigade Sieben drang fordernd und hart in sie ein und hielt ihre Handgelenke fest umfasst.

Abby stöhnte vor Lust auf.

Sie wand sich unter Lassiters Händen wie ein Fisch, der zu früh ins Netz gegangen war und sich seinem Schicksal dennoch ergab. Nach einigen Minuten erlahmte ihr gespielter Widerstand und sie genoss mit geschlossenen Augen die festen Stöße ihres Liebhabers.

»Noch härter!«, seufzte Abby und wagte die Worte doch kaum auszusprechen. Sie biss sich verschämt auf die Lippen, warf den Kopf zur Seite und drückte Lassiter mit beiden Händen an sich. »Du musst mich nicht schonen … Nicht einen Augenblick lang, hörst du?«

Die zarten Glieder des Barmädchens rekelten sich unter Lassiters Armen, als würde jeder Lendenstoß sie in neue Ekstase stürzen, als gäbe es nur das Diktat ihrer Körper, die sich einander preisgaben. Er starrte auf Abbys Brüste, die voll und prächtig vor ihm lagen und unter seinen Bewegungen erbebten.

»Willst du es noch härter?«, fragte Lassiter und schloss eine Zeitlang ebenfalls die Augen. Er genoss die zärtlichen Berührungen von Abbys Händen, die ihn bald in diese, bald in jene Richtung dirigierten. »Oder hast du genug?«

»Nie!«, hörte er Abby unter sich seufzen. »Ich will dich ganz, Lassiter! Ich will dich … spüren.« Sie umschlang seinen Hals und zog ihn zu sich herunter. »Man findet in Stokes keinen Mann wie dich.«

Auf der Mainstreet ratterte ein Planwagen durch den verkrusteten Schlamm, einer der zahllosen Siedlerwagen, die Lassiter unten am Depot gesehen hatte. Abby spreizte die Schenkel, so weit sie es vermochte, und schrie schrill auf, als sie gemeinsam mit ihrem Liebhaber kam.

»Oh, Lassiter!«, stieß Abby keuchend hervor. »Du darfst Stokes nie … nie mehr verlassen.«

Aus dem Büro des Gemeindeschreibers schlug Lassiter der erkaltete Qualm Dutzender Zigarillos entgegen, die ihr kurzes Erdendasein in einem Aschekrug auf dem Schreibtisch von John Kenley beendet hatten. Der groß gewachsene Mann mit dem sauber gestutzten Bart erhob sich bei der Ankunft seines Gastes und bat ihn mit einer freundlichen Geste herein. Er befand sich in Gesellschaft einer rothaarigen Frau.

»Mr. Lassiter«, sagte Kenley höflich zur Begrüßung und wies auf die Frau im Stuhl. »Ich darf Ihnen sogleich Miss Jackson vorstellen.«

Die Fremde mit den kupferroten Haaren wandte sich zu Lassiter um und musterte ihn für längere Zeit. Sie hatte ein rundes Gesicht mit kindlichen Grübchen und hellwachen Augen.

»Miss«, grüßte Lassiter und wandte sich zurück an Kenley. »Ich fürchte, dass ich ein Gespräch unter vier Augen mit Ihnen führen muss.«

Der Mittelsmann griff nach seinem Brieföffner, der die Form einer Feder hatte, und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Er drehte den Öffner zwischen den Fingern und lächelte. »Sie denken bereits an Ihren Auftrag, was ich für löblich und angemessen halte. Miss Jackson ist jedoch aus eben diesem Grund bei uns.«

Erstaunt glitt Lassiters Blick zu der Rothaarigen, die ihn noch immer ansah. Er zog sich den Stuhl heran, auf den Kenley beiläufig gedeutet hatte. »Gewöhnlich erledige ich meine Pflichten allein.«

»Gewöhnlich«, pflichtete ihm Kenley mit einem Kopfnicken bei. »Bei diesem Auftrag werden Sie jedoch mit Miss Jackson zusammenarbeiten. Sie haben kürzlich einen guten Freund verloren.«

Grimmige Wut stieg in Lassiter auf und legte sich wie ein Panzer um seine Brust. »Was am Amazonas geschehen ist, geht lediglich mich allein etwas an. Ich brauche keine Amme.«

Betretenes Schweigen füllte den Raum und veranlasste Kenley zu einem langen Atemzug. Er beugte sich nach vorn und zog ein dunkelbraunes Kuvert unter dem Schreibtisch hervor. Das Wachssiegel des Justizministeriums darauf war noch nicht gebrochen. »Es liegt nicht in Ihrer Hand, Mr. Lassiter. Die Anweisung bezüglich Miss Jackson ist an oberster Stelle getroffen worden.«

Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte Lassiter, dass die junge Frau neben ihm unbehaglich hin und her rutschte. Sie schien etwas sagen zu wollen, wartete jedoch Kenleys Vortrag ab.

»Sie ist keine Amme«, stellte der Mittelsmann klar. »Sie ist eine erfahrene Kopfgeldjägerin und wird Sie hinsichtlich eines feigen Mordes unterstützen, der sich vor einigen Tagen auf der Robertson-Farm zugetragen hat.«

Scheu richtete die Rothaarige die Augen auf Lassiter, der seinerseits auf Kenleys Schreibtisch starrte. Er hätte eine Frau üblicherweise höflicher behandelt, wäre sie nicht gerade wegen Bramstocks Tod zu ihm geschickt worden.

»Earnest D. Robertson«, meinte Miss Jackson unvermittelt. Sie besaß eine schneidend scharfe Stimme. »Er ist vor vier Tagen in seinem Haus erschossen worden, als er gerade mit seiner Frau und seinem Sohn sprach. Die Kugel durchschlug das Fenster und hat Robertson eine Ader am Herzen zerfetzt. Er starb nach einer guten Stunde.«

Langsam hebelte Kenley mit dem Brieföffner das Siegel des Ministeriums auf. Er zog die Kordel darunter hervor, klappte die Lasche am Kuvert auf und schob die Sendung über den Schreibtisch. »Sie finden darin alles zu Robertson und seiner Farm. Er ist ein wichtiger Mann in Texas und zugleich der erfahrenste Arzt in der Gegend rings um Stokes.«

Stumm nahm Lassiter das Kuvert und warf einen Blick hinein. Es war mit den üblichen Informantenberichten gefüllt, denen man Zeichnung von Robertson beigelegt hatte. Ein weiteres Blatt listete das Vermögen von Robertson auf.