Lassiter 2393 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2393 E-Book

Jack Slade

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ausdruckslos schaute Henry Duvray in sein Blatt, sah danach seinen gefährlichsten Gegner am Pokertisch an und suchte sich einen Punkt an der Wand hinter ihm, auf dem sein Blick ruhen blieb.
Nacheinander schoben die Spieler ihren Einsatz in die Tischmitte, dann hob der Dealer den Flop, die ersten drei Gemeinschaftskarten, ab: Pik acht, Kreuz neun und Karo zehn.
Duvray blieb gelassen. Mit seinem Pik Buben und der Herz Dame hatte er einen Straight. Ein Grund zur Freude war dies allerdings nicht, denn er wusste, dass sein schärfster Konkurrent, Lester Purnell, es hasste zu verlieren, einen schnellen Colt besaß und sich nicht scheute, ihn einzusetzen.
Offenbar konnte es für diese Partie nur einen Ausgang geben: Einen Verlierer, der arm, aber lebendig war, und einen Gewinner, der den Pot kassierte, jedoch mit einem Loch in der Brust endete.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 132

Veröffentlichungsjahr: 2018

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Des Teufels bester Spieler

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Boada/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6441-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Des Teufels bester Spieler

Ausdruckslos schaute Henry Duvray in sein Blatt, sah danach seinen gefährlichsten Gegner am Pokertisch an und suchte sich einen Punkt an der Wand hinter ihm, auf dem sein Blick ruhen blieb.

Nacheinander schoben die Spieler ihren Einsatz in die Tischmitte, dann hob der Dealer den Flop, die ersten drei Gemeinschaftskarten, ab: Pik acht, Kreuz neun und Karo zehn.

Duvray blieb gelassen. Mit seinem Pik Buben und der Herz Dame hatte er einen Straight. Ein Grund zur Freude war dies allerdings nicht, denn er wusste, dass sein schärfster Konkurrent, Lester Purnell, es hasste zu verlieren, einen schnellen Colt besaß und sich nicht scheute, ihn einzusetzen. Henry Duvray hingegen würde sich seinen sicheren Gewinn nicht nehmen lassen.

Offenbar konnte es für die Partie nur einen Ausgang geben: einen Verlierer, der arm aber lebendig war, und einen Gewinner, der den Pot kassierte, jedoch mit einem Loch in der Brust endete.

Der Dealer passte. Der Mann neben ihm setzte zweihundert Dollar und warf drei Mitspieler aus dem Rennen. Die Namen hatte sich Duvray nicht gemerkt. Wozu auch! Einer war durch ungeschicktes Bluffen aufgefallen, die anderen beiden spielten auf Sicherheit. Es steckte keine große Kunst dahinter, sich ihren Small oder Big Blind zu ergattern. Diese Zwangseinsätze wanderten im Uhrzeigersinn herum; niemand konnte sich drücken, seine Dollars in den Pot zu werfen.

»Ich gehe mit«, sagte Lester Purnell, »und erhöhe um weitere zweihundert.« Sein Lächeln war siegesgewiss, und es schien allein Henry Duvray zu gelten.

Die Chancen, dass er ebenfalls einen Straight hatte, überlegte Duvray, waren denkbar gering. In diesem Fall hätte er sich mit seinem Gegner den Pot geteilt. Doch es schien, als würde Purnell auf ein höheres Ergebnis aus sein. Möglicherweise einen höheren Straight, zu dem ihm dann aber noch zwei passende Karten fehlen würden. Oder er besaß zwei Pärchen und spekulierte auf ein Full House, aber auch da fehlte ihm eine Karte.

»Vierhundert also«, meinte Duvray kühl, zählte die Scheine von seinem Stapel ab und schob sie zur Tischmitte.

»Keine Erhöhung?«, fragte Lester Purnell spöttisch. »Sie haben doch garantiert ein Bombenblatt auf der Hand.«

Für einen Moment war Henry Duvray verunsichert. Hatte er sich durch Mimik oder Gestik verraten? Purnell war ein ausgezeichneter Beobachter. Er wusste die kleinste Regung seines Gegenübers zu deuten. Bei mehreren Showdowns hatte er dieses Können bereits unter Beweis gestellt und sogar mit einem Ace High gewonnen. Das Ass als höchste Karte beim Offenlegen seines Blatts zu präsentieren – dazu gehörte nicht nur Abgebrühtheit, sondern auch das Wissen, dass die anderen Mitspieler nichts auf der Hand hatten.

»Keine Erhöhung«, versetzte Duvray tonlos. »Warten wir doch mal ab, wie sich das Spiel entwickelt.«

Die vierte Karte, der Turn, wurde gelegt. Es war eine Herz neun. Somit lagen eine Sieben, eine Acht und zwei Neunen auf dem Tisch. Die Konstellation war denkbar ungünstig, fand Duvray. Unter Umständen besaß Lester Purnell nun ein Pärchen und einen Drilling, also ein Full House. Damit würde er den Showdown problemlos für sich entscheiden.

Der Spieler, der zuvor um zweihundert Dollar erhöht hatte, schob. Purnell hingegen schien sich bereits als Gewinner zu sehen. »Ich erhöhe um tausend«, teilte er mit. Seelenruhig zählte er zehn Hundert-Dollar-Noten ab und legte sie in den Pot.

Der Turn!, schoss es Henry Duvray durch den Kopf. Nicht umsonst wurde die vierte Karte so genannt. Sie markierte für gewöhnlich den Wendepunkt des Spiels. Ab hier wurde gesetzt, was das Zeug hielt. Wer die Nerven behielt, machte weiter. Wer ein gutes Blatt besaß, sowieso. Nun aber war der Flop tückisch. Die Kombination der vier Gemeinschaftskarten mit dem jeweiligen Spielerblatt konnte mit einer unerfreulichen Überraschung enden.

Der Kerl zu Duvrays Linker faltete gefrustet seine Karten zusammen und warf sie zur Seite. Duvray selbst zögerte mitzugehen. Im schlimmsten Fall würde er mehr als ein Viertel des Geldes, das er an diesem Abend gewonnen hatte, verlieren. Die Frage war demnach, ob Purnell bluffte und die fünfte Karte, den River, noch benötigte. Oder ob er sich aus gutem Grund selbstsicher gab, weil er das beste Blatt hielt.

»Ihre tausend«, raunte Henry Duvray, »und weitere tausend von mir.«

Falls Lester Purnell schockiert war, zeigte er es nicht. Falls er berechtigten Triumph verspürte, hielt er auch ihn zurück. Wortlos ging er mit.

Der River wurde aufgedeckt, eine Karo drei. Die Karte war nutzlos und brachte in Verbindung mit den zuvor aufgedeckten keinen Vorteil.

»All in!«, versetzte Purnell und schob seine gesamte Barschaft in die Mitte des Spieltischs. Entspannt lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und legte seine Handflächen auf die Tischkante. »Sie sind am Zug, Mister Duvray. Ich hoffe, ich habe Sie nicht in Verlegenheit gebracht …«

Purnells Einsatz war höher als das, was Henry Duvray noch vor sich liegen hatte. Bei dieser Poker-Variante aber war es nicht möglich, sich den Pot zu kaufen. Jeder, der noch über einen Dollar verfügte, konnte am Showdown teilnehmen.

»All in«, sagte auch Duvray und vermeinte erstmals, im Gesicht seines Gegenspielers eine Regung zu erkennen. Deuten konnte er sie nur schwer, aber Begeisterung sah anders aus.

Mit der Aufforderung des Dealers deckte Purnell als Erstes eine Karo neun auf, die Henry Duvray unwillkürlich den Schweiß auf die Stirn trieb.

Er hat das Full House!, peitschte der Gedanke durch seinen Verstand.

Dass seine Sorge unbegründet war, zeigte sich bereits in der nächsten Sekunde. Purnells Blatt hatte nichts mehr zu bieten. Es blieb bei einem Drilling.

Unter dem Anflug eines Lächelns drehte Duvray seine Karten herum.

»Ein Straight!«, sagte der Dealer. »Mister Duvray gewinnt.«

Wutschnaubend fegte Lester Purnell seine Karten vom Tisch, sprang in die Höhe und versetzte seinem Stuhl einen Tritt, der ihn gegen die Wand schleuderte. Er keuchte und lief rot an. Seine Hände wischten über sein Gesicht, dann schien er sich beruhigt zu haben. »Glückwunsch«, meinte er trocken und blickte Henry Duvray grinsend an. Seine freundliche Miene war nur aufgesetzt, das Lodern in seinen Augen verräterisch. »Ich hätte gewettet, dass Sie kneifen.«

Duvray erwiderte das Grinsen. »Sie müssten mich besser kennen.«

»Ja, das müsste ich wohl …« Irgendetwas in Purnells Stimme alarmierte Duvray. Und dann sah er das Aufblitzen in den Augen seines Widersachers. Noch im selben Moment zog Purnell seinen Revolver.

Drei Schüsse krachten. Die Kugeln sirrten unter dem Spieltisch hindurch und bohrten sich in Purnells Beine. Aufbrüllend zuckte der Mann zurück und presste seine linke Hand auf die blutenden Wunden. »Du Dreckschwein!«, schrie er auf und legte erneut seinen Revolver an.

Ein vierter Schuss aus Duvrays Waffe stach in seine Brust. Kraftlos sank Purnell auf die Knie, japste und kippte zur Seite. Lange Augenblicke noch wand er sich röchelnd auf dem Boden, bis seine Bewegungen erstarben.

»Das war Notwehr!«, rief einer aus der Menge, die den Tisch umstanden. »Dieser Purnell hat angefangen!«

Der Dealer schaute Duvray mit bleicher Miene an. »Sie sind geschickt mit dem Schießeisen«, meinte er, »und verflucht schnell.«

»Jahrelanges Training«, entgegnete Duvray heiter und musste innerlich schmunzeln, weil nur er die versteckte Pointe in seiner Aussage kannte. Er strich seinen Gewinn ein und verstaute ihn in einer kleinen Reisetasche.

»Bleiben Sie noch länger in Little Rock?«, wollte einer der Spieler wissen. »Ich frage nur, weil ich mich nämlich solange beim Pokern zurückhalten werde.«

»Spätestens übermorgen reise ich ab«, erklärte Henry Duvray. »In Pine Bluff erwarten mich eine Menge Spieler mit großen Brieftaschen zu einem Turnier.« Gut aufgelegt und selbstzufrieden verließ er den Spielsaal des Gemeindehauses. An diesem Abend hatte er einen guten Schnitt gemacht, doch das ganz große Geld würde er in Pine Bluff abschöpfen.

Im Westen ragten die Ouachita Mountains in einen Himmel, der sich grau in grau zeigte. Die Sonne war lediglich ein verwaschener Tupfen ohne Strahlkraft, und der leichte Nordostwind trug das Versprechen baldigen Regens in sich.

Unwillkürlich zog Lassiter seine Langjacke zu und ritt in gemäßigtem Trab über die Stadtgrenze von Jacksonville. Es war die erste Station auf einer Route, von der der Brigade-Agent nicht wusste, wohin sie ihn führen würde. Genauso gut hätte er weiter westlich oder östlich mit seiner Suche beginnen können, denn die Unterlagen aus Washington, die er von einem Mittelsmann der Brigade Sieben in Conway erhalten hatte, waren dürftig.

Josh Wasco, ein steckbrieflich gesuchter Räuber und Mörder, war ein Phantom, ein Geist, der nach einer Serie von Banküberfällen spurlos verschwunden schien. Man vermutete, dass er sich noch im Süden von Arkansas aufhielt, aber schnellstens die Grenze nach Texas zu überqueren gedachte, um von dort irgendwo in Mexiko unterzutauchen.

Lassiter suchte also nicht nur die berüchtigte Stecknadel im Heuhaufen, sondern hatte ebenfalls noch einen Gegenspieler, der vollkommen unberechenbar war: die Zeit. Wascos Vorsprung war kaum einzuschätzen. Unter Umständen hatte er Texas bereits durchquert und befand sich kurz vor der mexikanischen Grenze. In diesem Fall war Lassiters Auftrag, den Banditen zu stellen, bereits im Vorfeld gescheitert. Einen Grenzübertritt zu wagen, wäre einem Himmelfahrtskommando gleichgekommen. In Mexiko galten andere Regeln als in den Vereinigten Staaten. Regeln, die heute so und morgen schon ganz anders sein konnten. Und sie wurden von denjenigen bestimmt, die die meisten Pesos in den Taschen hatten. Das Gesetz war auf der Seite des Geldes, jeder Ordnungshüter käuflich.

In Gedanken versunken ritt Lassiter über die Mainstreet. An diesem kühlen Vormittag waren nur wenige Leute unterwegs, sodass ihm eine Gruppe aus vier Personen auffiel, die in der Nähe eines Barber Shops stand. Es waren abgerissene Gestalten in langen fleckigen Staubmänteln. Sie diskutierten angeregt, dämpften jedoch ihre Stimmen. Worüber sie sich unterhielten, war nicht zu verstehen. Doch Lassiter spürte die Unruhe, die in der Luft lag, wie ein Magenkranker das Stechen in seinen Eingeweiden.

Ruckartig setzten sich die Männer in Bewegung. Ihr schneller Schritt ging über in einen Lauf. Vor dem Barber Shop zogen sie ihre Revolver, traten die Tür auf und eröffneten auf der Stelle das Feuer.

Lassiter trieb seinen Grauschimmel an und schwang sich während des Galopps aus dem Sattel. Mit ausgreifenden Schritten hielt er das Tempo, ohne zu stürzen, riss seinen Remington aus dem Holster und musste nur noch wenige Yards bis zu dem Geschäft zurücklegen.

Schüsse donnerten; Scheiben barsten. Dumpfe Aufschreie erklangen und verebbten sofort wieder. Noch ehe Lassiter den Eingang erreichte, flog ihm ein Körper entgegen, durchbrach das Fensterkreuz und krachte auf den Boardwalk. An dem knöchellangen Mantel erkannte der Brigade-Agent, dass es sich um einen der Angreifer handelte.

Kaum war er bei der Tür, setzte schlagartig Stille ein. Aus den Augenwinkeln sah Lassiter einen weißen Frisierumhang zu Boden fallen. Gleich darauf hörte er das dumpfe Poltern von Stiefeln.

Den Remington im Anschlag stürmte er vor. In seinem Blickfeld erschien ein alter Mann, der schlotternd am Boden saß und die Arme schützend über seinen Kopf erhoben hatte. Neben ihm beim Frisierstuhl stand ein leicht untersetzter Kerl, der sich mit einem Handtuch Rasierschaum aus dem Gesicht wischte. Als er auf Lassiter aufmerksam wurde, drehte er sich ihm zu und warf das Handtuch achtlos fort.

»Es ist nicht die beste Rasur«, meinte er unaufgeregt, »aber zumindest bin ich das Gestrüpp in meiner Visage los.« Er deutete auf die drei Toten, unter denen sich Blutlachen ausbreiteten. »Ich bin froh, dass die Hundesöhne mich nicht auf dem Donnerbalken erwischt haben. Beim Ziehen wäre ich wahrscheinlich rücklings in meinen eigenen Haufen gefallen.«

»Wer sind die Kerle?«, fragte Lassiter, hielt seinen Revolver aber immer noch im Anschlag. »Warum waren sie hinter Ihnen her?«

Der Fremde zuckte die Schultern, strich sich durch sein dunkles Kraushaar und rückte seine Augenklappe zurecht. »Wer weiß schon, was diesen Verrückten durch die Rübe gegangen ist«, meinte er. »Jacksonville ist ein stinklangweiliges Kaff. Vielleicht wollten sie ein wenig für Stimmung sorgen.«

Unter Lassiters lauerndem Blick nahm der Mann seinen Revolver vom Frisierstuhl, entlud die Patronenkammern und füllte sie nach. Dann steckte er die Waffe in sein Holster.

»Eine dürftige Erklärung«, ließ Lassiter sein Gegenüber wissen. »Kann es nicht eher sein, dass die vier Ihr Gesicht auf einem Steckbrief wiedererkannt haben?«

Der Einäugige grinste und bleckte zwei Reihen strahlend weißer Zähne. »Eins kann ich Ihnen versichern, Mister: Noah Pecks Konterfei finden Sie auf keinem Steckbrief im ganzen Land. Ob Sie’s mir nun glauben oder nicht, sollten Sie es nicht drauf ankommen lassen. Ich weiß mich meiner Haut zu wehren …«

»Wie unschwer zu erkennen ist.« Lassiter nickte und steckte seinen Remington ein. Er ging hinüber zu dem Barbier und half ihm auf die Füße. »Es ist vorbei«, sagte er zu ihm. »Sie haben es überstanden.« Vorsichtig geleitete er den Mann hinter den Tresen, wo er sich seufzend in einen Stuhl fallen ließ.

»Mit wem habe ich überhaupt das Vergnügen?«, wollte Noah Peck wissen. »Leute, die halbwegs bei Sinnen sind, stürzen sich nicht blindlings in eine Schießerei.«

»Ich habe meine Gründe«, antwortete Lassiter ausweichend. »Sie brauchen sich aber keine Sorgen zu machen: Ich bin nicht hinter Ihnen her.«

Peck trottete zur Theke und stützte sich mit beiden Armen darauf ab. Sein stechender Blick war starr auf Lassiter gerichtet. »Also sind Sie auf der Jagd, Mister …«

»Mein Name ist Lassiter.«

Rau lachte Noah Peck auf. »Namen sind Schall und Rauch. Ich will nicht wissen, wie die Leute in meinem Umfeld heißen, sondern was sie tun. Ich schätze mal, Sie sind ein Bounty Hunter, einer von diesen eisenharten Einzelgängern, die ihrer Trophäe lieber eine Kugel in den Rücken verpassen, statt sie kreuz und quer durch die Prärie zu schleifen. Aber bei mir rechnen Sie sich besser keine Chancen aus. Ich bin ein unbescholtenes Blatt. Jemanden wie mich zu töten, macht aus einem Kopfgeldjäger schnell einen Outlaw.«

»Wie ich schon sagte: Sie interessieren mich nicht.« Lassiter umrundete den Tresen und marschierte der Tür entgegen, doch Peck ließ nicht locker.

»Hinter welchem Bastard sind Sie her? Helfen Sie mir auf die Sprünge.«

Unwillig drehte sich Lassiter um und meinte: »Ich dachte, Namen sind Ihnen gleichgültig.«

»Es gibt Namen«, erwiderte der Einäugige kehlig, »die verraten so einiges über ihren Träger. Die klingen im Ohr, weil man sie an jeder Straßenecke hört.«

Einige Momente lang überlegte Lassiter, dann sagte er: »Josh Wasco. Haben Sie schon mal von ihm gehört?«

Wieder grinste Peck. »Sehen Sie! Das meinte ich. Ein Name, hinter dem sich ein eiskaltes Herz und ein geschäftiger Colt verbergen. Ich bin ihm nie begegnet, aber ich wüsste, was zu tun wäre, sollte ich ihm über den Weg laufen.«

Nun war es an Lassiter, Neugierde zu zeigen. Er wurde aus Peck nicht recht schlau und wollte zumindest wissen, mit wem er es zu tun hatte. »Gehören die Toten etwa zu Wasco? Haben Sie sich selbst an seine Fersen geheftet und ein wenig im Dreck gewühlt?«

Trocken auflachend, winkte Noah Peck ab. »Ich bin Spieler! Deswegen habe ich auch ein lockeres Händchen, was mein Schießeisen angeht. In Pine Bluff geht’s um einen ganzen Batzen Dollars. Und den will ich mir holen.«

Diese Information war Lassiter neu, aber sie war vermutlich die wichtigste, die Noah Peck ihm bisher gegeben hatte. Dennoch musste er mehr wissen, um ganz sicher zu gehen, dass seine Gedanken sich in die rechte Richtung bewegten. »Es findet ein Turnier statt?«, erkundigte er sich.

»Der halbe Landstrich weiß davon!«, gab Peck bereitwillig Auskunft. »Ein High-Stake-Pokerspiel in einer seltenen Variante. Daher muss ich flott ein Bündel Scheine auftreiben, um mich einkaufen zu können.«

»Wann findet es statt?«

»Bereits in zwei Tagen.« Mit versonnenem Blick strich der Einäugige über seine Bartstoppeln. »Das kratzt noch ordentlich. Aber ich habe jetzt wichtigere Dinge zu erledigen.« Er bezahlte den Bartscherer und machte sich davon. Lassiter blieb zurück und ordnete seine Gedanken.