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Das Gefühl, beobachtet zu werden, verstärkte sich und wurde zu einem beständigen Kribbeln, unter dem sich Commissioner Gerald Clarks Nackenhaare aufrichteten. Erst vor einer knappen halben Stunde war er in der Bahnstation der Baltimore & Potomac Railroad in Washington D.C. angekommen, doch schon nach kürzester Zeit hatte sich ihm der Eindruck aufgedrängt, verfolgt zu werden.
Eine Weile noch hielt Clark nach seiner Frau Ausschau, die ihm mit der Chesapeake-Linie nachgereist war und eigentlich schon hätte eintreffen müssen, dann trat er aus dem Bahnhofsgebäude auf den Vorplatz. Judy würde den Weg zum Ebbitt House auch allein finden.
Die Unruhe des Commissioners blieb. Er beschleunigte seinen Schritt, ahnte aber instinktiv, dass es ihm nichts nützen würde.
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Seitenzahl: 128
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cover
Impressum
Du sollst nicht töten
Vorschau
Karte Washington D.C.
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: Boada/Norma
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-6822-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Du sollst nicht töten
Das Gefühl, beobachtet zu werden, verstärkte sich und wurde zu einem beständigen Kribbeln, unter dem sich Commissioner Gerald Clarks Nackenhaare aufrichteten. Erst vor einer knappen halben Stunde war er in der Bahnstation der Baltimore & Potomac Railroad in Washington D.C. angekommen, doch schon nach kürzester Zeit hatte sich ihm der Eindruck aufgedrängt, verfolgt zu werden.
Eine Weile noch hielt Clark nach seiner Frau Ausschau, die ihm mit der Chesapeake-Linie nachgereist war und eigentlich schon hätte eintreffen müssen, dann trat er aus dem Bahnhofsgebäude auf den Vorplatz. Judy würde den Weg zum Ebbitt House auch allein finden.
Die Unruhe des Commissioners blieb. Er beschleunigte seinen Schritt, ahnte aber instinktiv, dass es ihm nichts nützen würde.
Jeder klare Gedanke fiel seinem inneren Aufruhr zum Opfer. Problemlos hätte er eine Droschke oder ein Street Car nehmen können, doch er lief die halbe Meile bis zu seinem Hotel und gab einen Stoßseufzer von sich, als er die Eingangspforte durchquerte. Erst jetzt wagte er einen Blick über die Schulter zu werfen. Zu seiner Erleichterung konnte er nichts Auffälliges entdecken.
Vielleicht, so dachte er, hatten ihm seine Sinne lediglich einen Streich gespielt. Ein Wunder war es nicht. Der Auftrag, der ihn ins Herz der Regierungsmetropole geführt hatte, war äußerst brisant. Und wäre Gerald Clark nicht persönlich von Präsident Benjamin Harrison auf den Fall angesetzt worden, hätte der Commissioner ihm keine sonderliche Bedeutung beigemessen. Nun aber rechnete er damit, dass kriminelle Elemente eine Aufklärung mit allen Mitteln zu verhindern suchten.
Nachdem er vom Concierge seinen Zimmerschlüssel in Empfang genommen und dankend auf einen Kofferträger verzichtet hatte, fühlte sich Clark wieder entspannt. Sobald seine Frau Judy eintraf, die es sich nicht hatte nehmen lassen, ihm zur Seite zu stehen, würde er sie zum Essen ausführen und den strapaziösen Tag in harmonischer Zweisamkeit ausklingen lassen. Am morgigen Tag wollte er seine Ermittlungen aufnehmen.
Clarks Zimmer lag auf der dritten Etage des fünfstöckigen Hotels, etwa in der Mitte des Flurs. Der Commissioner schloss die Tür auf, trat in den Raum und stellte seinen Koffer ab. Zufrieden registrierte er, dass auf einem Beistelltisch ein Tablett mit einer Flasche Brandy stand. Ein Gläschen des edlen Tropfens als Trostpflaster für die Aufregungen der letzten Stunde konnte sicher nicht schaden.
Kaum hatte er den Kristallglasverschluss der Flasche abgezogen, erstarrte Gerald Clark unter dem Klang einer fremden Stimme. »Ich habe mir ebenfalls einen Schluck gegönnt. Vielleicht wischen Sie kurz mit Ihrem Ärmel über den Flaschenhals.«
Mit hochrotem Kopf wirbelte Clark um seine Achse und erkannte im hintersten Winkel des Zimmers einen tadellos gekleideten Mann, der in einem Polstersessel saß, freundlich lächelte und zur Begrüßung höflich seinen Filzhut lüftete.
»Was … was tun Sie hier?«, keuchte der Commissioner. »Wer hat Sie hereingelassen?«
Der Unbekannte schlug die Beine übereinander und legte seinen Hut auf der Brust ab. »Erlauben Sie mir als Erstes, dass ich mich vorstelle. Mein Name ist Floyd Lester. Das wird Ihnen vermutlich nichts sagen, aber der Hotelportier und ich kennen uns schon eine Weile. Nicht, dass wir befreundet wären, doch sind wir immerhin so gut miteinander bekannt, dass wir untereinander zu Gefälligkeiten neigen.« Immer noch strahlte Lester über beide Wangen und drehte heiter seinen Filzhut zwischen den Fingern.
Für Gerald Clark gab es keinen Grund, sich zu freuen. Auch wenn dieser Lester einen sympathischen Eindruck machte, hatte er sich doch ungefragt Zugang zu seinem Zimmer verschafft. Und falls er nicht eine überzeugende Erklärung für sein Eindringen parat hatte, würde der Commissioner ihn notfalls mit Gewalt entfernen lassen. »Sie haben meine erste Frage noch nicht beantwortet«, sagte er daher und versteifte sich. »Weshalb sind Sie hier?«
Floyd Lester legte seinen Kopf schief und musterte sein Gegenüber eine Weile. Dann senkte er kurz seinen Blick und sah gleich darauf wieder hoch. »Wissen Sie, Mister Clark, ich falle nicht gern mit der Tür ins Haus …«
Sofort unterbrach der Commissioner. »Woher kennen Sie meinen Namen?« Sein Herz setzte einen Schlag aus, nur um im Anschluss wie wild in seiner Brust zu pochen.
Lester gab sich betroffen. Schlagartig verschwand das Lächeln von seinen Zügen. »Ich hoffe doch sehr, ich unterliege keinem Irrtum!«, meinte er bestürzt. »Sie sind doch Gerald Clark, nicht wahr? Nicht irgendein anderer gleichen Nachnamens?« Nervös fingerte er in der Tasche seines Sakkos und holte einen schmalen Papierstreifen hervor. »Hier steht: Zimmer 306, Gerald Clark.«
Ein eisiger Schauer lief durch Clarks Körper. Er versuchte jedoch, sich nicht von seinen Emotionen überwältigen zu lassen. »Sie tun so, als müsste ich den Grund Ihres Besuchs wissen«, raunte er tonlos. »Da muss ich Sie aber leider enttäuschen. Sollten Sie mir nicht auf der Stelle mitteilen, was Sie in meinem Zimmer zu suchen haben, informiere ich das Hotelpersonal.«
Sichtlich enttäuscht, setzte Floyd Lester seinen Hut auf, erhob sich aus dem Sessel und steckte seine Hände in die Hosentaschen. »Wir begegnen einander nicht mit dem nötigen Respekt«, sagte er bekümmert. »Ich habe wirklich angenommen, Sie hätten zumindest geahnt, weshalb ich bei Ihnen aufgetaucht bin. Der Präsident hätte Sie schließlich nicht geschickt, wenn es nicht um die nationale Sicherheit ginge …«
Gerald Clarks Blut gefror zu Eis. Der Verfolger an der Railway Station – er war keine Einbildung gewesen! Dieser Mann aber konnte ihm unmöglich auf den Fersen gewesen und noch vor ihm im Ebbitt House eingetroffen sein. »Wer hat im Bahnhof auf mich gewartet?«, fragte Clark mit grabeskalter Stimme.
Schmunzelnd verzog Lester die Mundwinkel und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das war bloß Braddock. Er sollte mich informieren, falls Sie nicht eintreffen.« Lester schüttelte seinen Kopf. »Er hatte eine Fotografie von Ihnen, Mister Clark. Im Nachhinein komme ich mir wie ein Depp vor, dass ich mir erst Klarheit über Ihre Identität verschaffen musste.«
»Worum geht es?« Gerald Clark beherrschte sich mühsam, spürte aber unmissverständlich Gefahr heraufziehen.
»Tja«, meinte Floyd Lester und dehnte das Wort unnatürlich, »meine Auftraggeber sind ein wenig besorgt, weil Sie unsere schöne Stadt mit Ihrem Besuch beehren. Das Herz der Republik schlägt laut in Washington, dennoch geschehen Dinge, die unserem demokratischen Verständnis zuwiderlaufen …«
»Die Kongress-Bibliothek!«, platzte es aus Clark heraus. »Sie wissen, dass ich zur Untersuchung des Anschlags angereist bin!«
Grinsend wedelte Lester mit seinem Zeigefinger. »Sie sind ein Fuchs!«, meinte er anerkennend. »Ich gebe Ihnen ein vages Stichwort, und Sie wissen gleich, wohin der Hase läuft. Harrison hat eine gute Wahl getroffen.«
Freudlos lachte Gerald Clark auf. »Wollen Sie mich bestechen? Haben Ihre Hintermänner Ihnen Geld gegeben, damit ich vergesse, weshalb ich gekommen bin, und dem Präsidenten erkläre, dass ich keine Ergebnisse vorzuweisen habe?«
Floyd Lester zeigte immer noch ein Lächeln, doch jede Freundlichkeit war daraus gewichen. »Die Leute, die mich bezahlen, hatten nicht vor, größere Summen in eine Vertuschungsaktion zu investieren. Genauer gesagt«, führte er betont aus und zog gemächlich seinen Revolver aus dem Holster, »ist ihnen Ihr Schweigen nicht mehr wert als der Preis für eine Kugel …«
»Das wagen Sie nicht!«, entfuhr es dem Commissioner. »Ich bin im Auftrag des Präsidenten tätig! Töten Sie mich, wird man in Washington nicht einen Stein auf dem anderen lassen! Sie werden der Justiz niemals ein Schnippchen schlagen!«
Bestätigend nickte Lester und spannte mit einer unauffälligen Bewegung den Hahn seines Revolvers. »Ganz genau das habe ich denen auch gesagt. Und können Sie sich vorstellen, was man mir erwiderte?« Er wartete die Antwort des Commissioners nicht ab und fuhr fort. »Man sagte mir, dass die Uhren in Washington ein klein wenig anders ticken. Bei genauerer Betrachtung würde der District of Columbia sowieso nicht zu den Unionsstaaten gehören. Und damit wäre nicht einmal die Verfassung gültig.« Verblüfft über den Inhalt seiner eigenen Worte breitete Floyd Lester seine Arme aus. »Wir haben einen Staat im Staat mit eigenen Gesetzen, eigener Justiz und sogar eigenen Tageszeitungen.«
Stumm hatte Gerald Clark zugehört. Er stimmte den Aussagen Lesters weder zu, noch lehnte er sie ab. Es gab nur eine Frage, die für ihn wichtig war. »Im Namen unserer Gründerväter: Was werden Sie jetzt tun, Mister Lester?«
Der Gentleman-Killer schaute ihn mitleidslos an. »Ich werde ein wenig Geld ausgeben …«
Er nahm ein Sesselkissen, presste seinen Revolver hinein und drückte ab. Der Mündungsblitz zuckte Gerald Clark entgegen. Das Einzige, was der Commissioner noch spürte, war ein harter Schlag gegen seinen Kopf. Dann senkte sich die ewige Finsternis auf ihn herab.
☆
Lassiter steckten die Erlebnisse der vergangenen Tage noch in den Knochen. Als er auf der 14th Street stand und zum Ebbitt House hinaufblickte, musste er unweigerlich an Rachel Dugan denken, die Schwester der von ihm getöteten Brigade-Agentin Kelly Dugan. Ein tragisches Missverständnis hatte den Mann der Brigade Sieben die tödlichen Schüsse auf die Frau abfeuern lassen. Die grausame Wahrheit hatte er erst von Charles D. Matthews, dem letzten Überlebenden der einst stolzen Brigade Sieben erfahren. Und obwohl er sich selbst Vorwürfe machte und diese auch von Matthews zu hören bekommen hatte, gab es keinen Krieg ohne Kollateralschäden. Und ohne Zweifel befanden sie sich in einem Krieg. Er wurde nicht von Armeen ausgetragen, die sich gegenseitig zerfleischten, sondern angeführt von einer kleinen Gruppe von Menschen, für die Kontakt- und Mittelsmann Nicholas Coleman den Begriff Dunkle Brigade geprägt hatte.
Die Bezeichnung traf den gegenwärtigen Erkenntnisstand mehr als treffend. Einige Namen der Verantwortlichen waren bekannt, doch diese Männer schienen unangreifbar. Kelly Dugan hatte sie mit einem Schlag auslöschen wollen – und Lassiter war ihnen auf den Leim gegangen, hatte die Agentin unwissentlich erschossen und damit seine Feinde begünstigt.
Beinahe wehmütig dachte er daran zurück, wie einfach die Dinge gelagert gewesen waren, als er noch ein klares Ziel vor Augen gehabt hatte. Die Brigade Sieben hatte es ihm zugespielt. Lassiter hatte sich lediglich auf die Suche machen und abdrücken müssen.
Doch so war es nicht mehr. Die Grenzen verschwammen. Schwarz und Weiß waren die Relikte der Vergangenheit. Lassiter befand sich in einer Grauzone, in der Freund und Feind kaum noch zu unterscheiden waren. Offenbar war dies der Fluch politischer Verstrickungen. Wer wollte entscheiden, was richtig und was falsch war? Letztlich zählten nur die Ansichten derer, die über die größte Feuerkraft verfügten. Und gegenwärtig saß die Dunkle Brigade am Abzug.
Archer, Jenkins, Harper, Stevenson – Lassiter hatte diesen Beschmutzern von Recht und Freiheit gegenübergestanden und sie nicht erkannt. Sie hatten ihn geschickt getäuscht und für sich arbeiten lassen. Diesen Betrug hatte Kelly Dugan mit ihrem Leben bezahlt. Fast schon war es bizarr, dass ihre Schwester Rachel Lassiter hatte töten wollen und schlussendlich mit ihm in den Federn gelandet war. Ausgerechnet im altehrwürdigen Ebbitt House, vor dem der Brigade-Agent gegenwärtig stand.
Aus den Augenwinkeln nahm er eine Streife des Metropolitan Police Departments wahr. Die Uniformierten patrouillierten auf der 14th Street, Ecke Franklin Square. Nach dem Anschlag auf die Kongress-Bibliothek war das Polizeiaufgebot im 1. und 6. Distrikt merklich verstärkt worden. Lassiter bezweifelte, dass sich dadurch weitere Verbrechen verhindern ließen. Es war geradezu ein Hohn, dass die Einheiten der US Capitol Police General Samuel Archers Haus bewachten. Immerhin schien er eine große Nummer bei der Dunklen Brigade zu sein. Diese verfügte aber allem Anschein nach über Ressourcen, von denen die Brigade Sieben nur hatte träumen können. Das bittere Fazit lautete, dass das Recht aufseiten derjenigen war, die es am besten zu beugen wussten.
Rachel, flüsterten Lassiters Gedanken. Obwohl sie Kellys jüngere Schwester war, hatte sie immense Härte und Entschlossenheit gezeigt. Doch nach dem Mord an ihren Eltern würde es für sie in Wyoming nicht mehr sicher sein. Niemand konnte sagen, wo sie sich derzeit befand. Mit dem Morgenzug nach Süden war sie aus Lassiters Leben verschwunden.
Es war eine gute Entscheidung gewesen, sich im Ebbitt House einzuquartieren. Obwohl es sich um ein Hotel der gehobenen Klasse handelte, in dem die Reichen verkehrten und auch schon Präsidenten genächtigt hatten, würde der Aufenthalt Lassiters Bankkonto nur unerheblich erleichtern. Für irgendetwas musste das Geld schließlich gut sein, das er im Laufe der Jahre angehäuft hatte. Wichtig war vor allem, dass er eine zentrale Anlaufstelle besaß, falls Nicholas Coleman oder Charles Matthews ihn aufsuchen wollten. Zudem mochten die oberen Zehntausend unwissentlich Dinge ausplaudern, die ihm von Nutzen sein konnten.
Kaum hatte er die Markise des Haupteingangs durchschritten, wurde er auch gleich von Mister Morton, dem Concierge, aufgehalten. »Ich freue mich, Sie zu sehen«, rief er ihm zu. »Haben Sie den Anzug bekommen, den Sie sich anfertigen lassen wollten?«
»Ist in Arbeit«, meinte Lassiter. »Berkeshire lässt schon die Nähmaschinen glühen.« Bei Morton hatte der Mann der Brigade Sieben einen Stein im Brett, seit er einen Hoteldieb gestellt und die Chambermaid Nancy vor dem Tode bewahrt hatte.
»Dennoch wirken Sie bedrückt …« Der Portier faltete seine Hände und schaute ihn mit sorgenvoller Miene an.
Lassiter hätte ihm so einiges erzählen können. Etwa von dem texanischen Killer Hank Willcox oder dem unerklärlichen Verschwinden von Nicholas Coleman. Beides aber behielt er für sich. Außenstehende brachten sich schnell in Gefahr, wenn sie zu viel wussten. Das galt insbesondere für den Hotelpagen Dave Potter und den Indianerjungen Sammy Ghee, der Willcox vor der Explosion in der Kongress-Bibliothek hatte davonlaufen sehen. Dabei spielte es noch nicht einmal eine Rolle, ob der Texaner ein Handlanger von Lassiters Erzfeind Nevod gewesen war. Hinter den beiden Männern steckten ganz andere Kaliber. Und die würden nichts unversucht lassen, um ihre Spuren zu verwischen. Auf einen Mord mehr oder weniger kam es ihnen nicht an.
»Es ist nichts«, antwortete Lassiter verspätet und wollte auf sein Zimmer gehen. Mister Morton aber hielt ihn zurück.
»Es hat viel Aufregung geherrscht«, meinte er. »Erst die Männer mit dem Sarg, der für Sie bestimmt war, dann der Einbrecher in der Suite der Blunstones.« Morton hielt kurz inne und setzte ein verwegenes Lächeln auf. »Ich weiß ganz genau, was ein Mann in dieser Situation braucht …«
Schmallippig erwiderte Lassiter das Lächeln. »Ich bin oben und lasse mich überraschen.«
Die Überraschung ließ nicht lange auf sich warten. Sie war schokoladenbraun und hatte kupferfarbenes, rückenlanges Haar. In ihren Augen blitzte der Schalk, obwohl sie sich nach außen ungewöhnlich zugeknöpft präsentierte. Und das im wahrsten Wortsinne. Der Kragen ihrer ockerfarbenen Bluse schloss unterhalb des Kehlkopfs ab und ließ nicht den kleinsten Blick auf ihr Dekolletee erhaschen. Dazu trug sie einen knöchellangen, dunkelroten Rock, unter dem nur die Spitzen ihrer Schnürstiefel hervorragten.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Lassiter, als er auf das zaghafte Klopfen der Dunkelhäutigen hin die Tür geöffnet hatte.
»Ich bin Melanie«, gurrte die Lady. »Mister Morton war der Meinung, dass Sie ein wenig Aufmunterung gebrauchen könnten …« Ihr Blick und die Bewegung ihrer Brauen signalisierten Lassiter unzweideutig, was sie im Schilde führte.
Die Frau war eine Augenweide. Ein echter Mann musste ihr mit Haut und Haaren verfallen, selbst wenn sie einen Feldzug gegen den Alkohol geführt hätte.
»Darf ich hereinkommen«, fragte sie, als Lassiter keine Reaktion zeigte, »oder brauchen Sie erst eine kleine Kostprobe?« Lasziv strich ihre Zungenspitze über die Lippen.
»Ein wenig Überzeugungsarbeit wäre nicht verkehrt«, erwiderte der Mann der Brigade Sieben und spürte unwiderstehliche Lust in sich aufsteigen. Sie zeigte sich vor allem darin, dass ihm mit einem Mal seine Hose zu eng wurde.