Lassiter 2404 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2404 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Sacht glitt die Bugspitze des Ruderboots über die vermoderten Bäume im Wasser, als die Männer den Delaware River hinter sich ließen und in den Nebenkanal bei Maple Grove steuerten. Sie sprachen keinen Ton miteinander und lauschten den mahnenden Worten des Großmeisters.

"Seid treu in der Sache der Bruderschaft", sagte der Grauhaarige auf dem Achtersitz. "Es ist von Bedeutung, dass wir unsere Leidenschaften vergessen und uns ganz in den Dienst unserer Brüder stellen."

Sie hatten eine Handvoll Gewehre, einen Strick und den Mundknebel aus altem Kork dabei. Die Männer sprangen über die Bordwand, banden das Boot an einem Holzsteg fest und verteilten die Ausrüstung.
Sie waren zum Töten gekommen...

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EPUB

Seitenzahl: 125

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Auge um Auge

Vorschau

Karte Washington D.C.

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Boada/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6823-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Auge um Auge

Sacht glitt die Bugspitze des Ruderboots über die vermoderten Bäume im Wasser, als die Männer den Delaware River hinter sich ließen und in den Nebenkanal bei Maple Grove steuerten. Sie sprachen kein Wort miteinander und lauschten den mahnenden Worten des Großmeisters.

»Seid treu in der Sache der Bruderschaft«, sagte der Grauhaarige auf dem Achtersitz. »Es ist von Bedeutung, dass wir unsere Leidenschaften vergessen und uns ganz in den Dienst unserer Brüder stellen.«

Sie hatten eine Handvoll Gewehre, einen Strick und den Mundknebel aus altem Kork dabei. Die Männer sprangen über die Bordwand, banden das Boot an einem Holzsteg fest und verteilten die Ausrüstung.

Sie waren zum Töten gekommen …

»Schade um Schade, Auge um Auge, Zahn um Zahn; wie er hat einen Menschen verletzt, so soll man ihm wieder tun.«

Mose 3,24

Pennsylvania, vierzehn Jahre zuvor

Das Farmhaus am Carrington-Kanal war vom gleichen süßen Blumenduft erfüllt, den Ann Southwick schon bei ihrem letzten Besuch gerochen hatte. Er war mild und kraftvoll zugleich, wie der Geschmack von frischen Erdbeeren oder der jener köstlichen Eiscreme, die Anns Vater einmal mit dem Frachtschiff aus Boston mitgebracht hatte. Es war ein Geruch von lieblichem Frieden.

»Ann?«

Der großgewachsene Mann im Nebenzimmer, der soeben einen Erntedankkorb arrangiert und mit einer Schleife versehen hatte, war Anns ältester Onkel Gerry. Er hatte den längsten Bart, den die Sechsjährige je gesehen hatte, und züchtete die schönsten Rosen, die, so war Ann überzeugt, jemals in der Obhut eines Menschen gediehen waren.

Selbst jetzt roch das Mädchen das Rosenbeet vor dem Haus.

»Ann?«, rief Onkel Gerry erneut und erschien lächelnd in der Tür. Er verschränkte die Arme vor dem Bauch und bewunderte das stattliche Anwesen, das Ann aus Kissen, Decken und einem Servierwagen für ihre Puppen Esma und Sandy errichtet hatte. »Wolltest du mir nicht helfen?«

Aus dem erschrockenen Ausdruck in Anns Gesichtchen wurde ein entrüsteter; immerhin hatte sie vier oder fünf Stunden für das Puppenhaus geschuftet. Jedenfalls schwebte dem Kind mindestens eine solche Zeitspanne vor, und hätte Ann bereits die Uhr lesen können, wäre sie verwundert gewesen, dass Onkel Gerry sie erst vor einer halben Stunde allein gelassen hatte.

»Esma?«, fragte Onkel Gerry mit ernstem Gesicht und hockte sich vor die Puppenburg. Er hob die Zierdecke über dem Servierwägelchen an und starrte darunter. »Ich habe gehört, dass Lady Ann und Sie das Erntedankfest feiern? Ich bin enttäuscht, dass man mich nicht eingeladen hat.«

Nach dieser förmlichen Ansprache musste Ann kichern, und sie wusste nicht, ob es wegen Onkel Gerrys trefflichem Humor oder ihrer inneren Freude darüber war, dass ihre Mutter sie erneut ins Ellerson-Haus gelassen hatte. Sie liebte das Farmhaus mit den Rosen davor, die sich im angrenzenden Kanal spiegelten, wenn man zum Ufer lief und sich dort ins Gras setzte.

»Aber du bist eingeladen!«, rief Ann und sprang auf ihren Onkel zu. Sie herzte ihn und fuhr ihm durch die grauen Lockenhaare, die sie immer ein wenig an die Ozeanwellen in ihrem Robinson-Crusoe-Band erinnerten. »Esma und Sandy würden sich über deinen Besuch äußerst freuen, Onkel Gerry.«

Der Umworbene drückte seine Ehrerbietung durch eine Verbeugung aus und kehrte dann in die Wohnstube zurück. Als er den prall gefüllten Erntedankkorb zur Hand nahm, läutete die Glocke vor der Tür. »Bleib bei den Puppen, Ann! Ich bin gleich zurück!«

Wie ihre Mutter fragte sich auch Ann oft, aus welchem Grund Onkel Gerry nie geheiratet hatte. Er war von Verehrerinnen umgeben, die mit ihren rauschenden Röcken zu seinen Abendgesellschaften kamen und mit ihm angeregt plauderten, als wäre er die schillerndste Persönlichkeit von Philadelphia.

Er ist einsam, Ann … An seinen Augen sieht man das.

Wäre ihrer Mutter nicht im selben Moment Tränen über die Wangen gelaufen, hätte Ann geglaubt, dass sie kurz davor stand, sich vor Lachen zu krümmen. Sie hatte in ihrem Lehnstuhl gesessen und lachend über Onkel Gerry sinniert, der es nie geschafft hatte, ein vernünftiges Leben zu führen.

Aber Rosen züchten, ja, das konnte Onkel Gerry.

Das Mädchen griff nach Esma und Sandy, die im Dinierzimmer hinter dem Servierwagen hockten, und rannte in die Wohnstube hinüber. Sie wollte Onkel Gerry sagen, dass er doch eine ihrer Puppen zur Frau nehmen in Esma Manor, das Ann gebaut hatte, und ewig glücklich mit ihr leben könne.

Onkel Gerry jedoch war nicht allein.

Er stand inmitten einer Gruppe Männer, die Gewehre und Seile in der Hand hatten und finster dreinschauten. Einer von ihnen hatte ein Seil um Onkel Gerrys Hals gelegt und hielt es in dessen Nacken zusammen.

»Geh … geh zurück!«, sagte Onkel Gerry in ungewohnter Schärfe. Er war kreidebleich um Mund und Nase. »Geh zurück in den Salon, Ann! Spiel weiter!«

Das Zittern in der Stimme ihres Onkels machte Ann misstrauisch, obwohl sie zur gleichen Zeit wusste, dass Onkel Gerry keinen Schabernack mit ihr trieb. Er hielt eine Hand zur Faust geballt und blickte kurz zu einem der Männer um ihn herum.

»Uns bleibt keine Zeit«, sagte der ältere Mann, den Onkel Gerry anschaute. »Hängt ihn auf! Hängt ihn draußen an den Kronleuchter!« Er dämpfte die Lautstärke. »Vergesst die Zeichen nicht.«

Stumm und mit groben Handgriffen zerrten die Männer Onkel Gerry aus der Wohnstube, in der lediglich der umgekippte Erntedankkorb zurückblieb. Die Ananasfrucht lag noch im Korb, aber die Äpfel und die Pflaumen waren herausgerollt, ebenso der winzige kleine Kürbis, der Ann so gefallen hatte.

»Bleib im Salon!«, hörte Ann Onkel Gerry von draußen brüllen. Seine Stimme erstarb, und das Scharren und Kratzen von mehreren Händen und Armen war zu hören.

Sie tun ihm etwas an …

Instinktiv umklammerte Ann Esmas kleine Hand und wagte sich einen Schritt nach vorn. Sie trat auf eine Pflaume, die mit einem matschenden Geräusch zerplatzte.

Draußen im Flur konnte sie Onkel Gerry sehen.

Er hing mit violettfarbenem Kopf von dem teuren Kronleuchter, den er sich vor zwei Jahren von Vater aus Philadelphia hatte bringen lassen. Die kristallenen Glasschirme darauf schwankten mit ihm hin und her.

Die Fremden dagegen waren verschwunden.

»Sie sollten gehen!«

Der Widerstand der schönen Schwarzhaarigen vor ihm war solcherart halbherzig, dass Lassiter ihm beim besten Willen keinen Glauben schenken konnte. Er hielt den Nacken der jungen Frau umfasst, die ihrerseits die Hände gegen seine Brust stemmte, und küsste sie mit Leidenschaft.

»Sie sollten gehen …«, hauchte die Angestellte der U.S. Navy Yard Authority. »Es könnte sonst sein, dass ich mich gänzlich vergesse, Mr. Lassiter.«

Die Spannung zwischen dem Mann der Brigade Sieben und jenem berückend hübschen Geschöpf, das man in der Hafenbehörde dazu auserwählt hatte, ihm einen gültigen Passierschein für den Frachtdampfer Kellog auszustellen, war fast mit Händen zu greifen.

Sie hatten sich hinter den Werfthallen des Washington Navy Yard getroffen, jener Stätte des militärischen Schiffsbaus, deren rauchende Schlote und massige Speicherhäuser zu weithin sichtbaren Landmarken der Hauptstadt geworden waren.

»Sie dürfen sich vergessen«, raunte Lassiter und sog den Duft ein, der ihm aus dem Haar seiner schönen Gespielin entgegenschlug. Er umschlang die Taille von Terry oder Tiffany; sie hatte ihm ihren Namen nur im Flüsterton genannt. »Es wird niemand etwas von dieser Stunde erfahren.«

»Nun, Mister, darauf bestehe ich!«, bekräftigte Terry-Tiffany und riss die blassblauen Augen auf. »Dass Sie in der Werft sind, grenzt für mich bereits an ein Wunder. Sie müssen über gute Freunde im Oberkommando verfügen.«

Ob das Oberkommando der U.S. Navy überhaupt von seinem Aufenthalt wusste, war Lassiter ebenso schleierhaft wie die Herkunft des Telegramms, das man ihm im Ebbitt House überbracht hatte. Es musste aus der Hand von Charles D. Matthews stammen, dem einzigen Überlebenden des Attentats in der Kongressbibliothek, das kürzlich den gesamten Führungsstab der Brigade Sieben ausgemerzt hatte.

»Ich freunde mich selten mit jemandem an«, meinte Lassiter und grub eine Hand in die Locken der jungen Navy-Angestellten. Sie trug ein dünnes Kleid aus blauem Baumwollstoff, das die beiden schlanken Schenkel darunter erahnen ließ. »Ausgenommen schönen Frauen wie Ihnen.«

»Wollen Sie mir damit etwa schmeicheln?«, konterte Terry-Tiffany beleidigt. Sie entzog sich seinem Kuss und blickte auf den nächtlichen Anacostia River hinaus. »Keine Frau ist gern nur Blüte in einem großen Blumenstrauß.«

Sie hielt ihren Widerstand eine Weile aufrecht, ehe die Lust zurückkehrte und sie stärker denn je in einen Kuss mit Lassiter verstrickt war. Sie rutschte mit dem Hintern auf das Teerfass, das hinter ihnen stand, und spreizte zögerlich die Beine.

»Mir genügt der Passierschein völlig.« Respektvoll trat Lassiter einen Schritt zurück. »Ich möchte Sie zu keinen Dummheiten verführen, die Sie in einigen Stunden bereuen.«

Über das schmale Gesicht der Navy-Verantwortlichen glitt ein Schatten. »Treiben Sie Scherze mit mir, Mr. Lassiter? Sie verführen mich nach allen Regeln der Kunst und verlassen mich danach?« Sie hob das Kinn. »Falls Sie dazu willens sind, halte ich Sie tatsächlich für einen Schuft.«

Lassiter war in keiner Weise willens. Er knöpfte die Hose auf, ergriff die zarten Beine der jungen Frau und spreizte sie zärtlich. Als Terry oder Tiffany die Augen schloss und sich rücklings an die Hallenwand lehnte, wusste er, dass es zu keinen weiteren Einwänden kommen würde.

Einige Minuten darauf trieben sie es stöhnend.

Sie mühten sich nach Kräften, bei den Matrosen am Kai keinen Verdacht zu erregen, doch als Terry-Tiffany ein tiefes Seufzen entfuhr, gaben die Männer ihre Posten auf. Sie näherten sich langsam und wechselten dabei amüsierte Blicke miteinander.

Ehe sie den Mann der Brigade Sieben und seine Geliebte jedoch zu Gesicht bekamen, hielt Lassiter die schöne Angestellte auf den Armen und trug sie in die leerstehenden Lagerhütten neben der Werfthalle.

»Wie kräftig du bist!«, keuchte Terry-Tiffany und himmelte Lassiter aus glasigen Augen an. Sie war von ihrer Lust derart verzehrt worden, dass sie zu keinem klaren Gedanken imstande war. »Aber pass auf … dass du … Es gibt Wachen!«

Längst hatte Lassiter mit aufmerksamen Blicken die Gebäude in der Nähe abgesucht und war zu dem Schluss gekommen, dass ihnen von den Patrouillen keine Gefahr drohte. Er verschloss die Tür der Lagerhütte hinter sich und hob seine schwarzhaarige Eroberung auf einen Stapel bereits deklarierter Kaffeekisten.

Beim Anblick des nackten Leibes vor ihm vermochte sich Lassiter kaum im Zaum zu halten. »Uns stört in der nächsten Stunde keine Menschenseele. Ich brauche bloß noch den Passierschein.«

»Du bekommst ihn«, wisperte die junge Frau und griff mit der Rechten in ihre Rocktasche. »Es ist eine Sache von Minuten. Ich muss nur deinen Namen eintragen.«

Sie stöhnte unter Lassiters Stößen auf, die unvermittelt und hart kamen, als verlöre der Mann der Brigade Sieben die Geduld. Das Mädchen schloss die Augen, lehnte sich auf den Kaffeekisten zurück und winkelte vor Wonne beide Beine an.

Nach einiger Zeit beugte sich Lassiter über die Schwarzhaarige und griff sie bei den Schultern. Er ging jetzt ohne jede Rücksicht ans Werk, mit jener Grobheit, die jede Frau zu schätzen wusste, hatte sie dem Drängen eines Mannes erst einmal nachgegeben.

»O Lassiter!«, seufzte Terry-Tiffany und öffnete für einen Moment die Augen. Sie biss sich auf die Unterlippe und hielt Lassiters harten Angriffen weiterhin stand. »Noch fester, komm schon! Jawohl, noch fester, du verdammter Kerl, du!«

Die Lagerhütte war erfüllt von heißen Atemstößen, vom Scharren der Haut auf den Holzmöbeln, vom Geruch ihrer verschwitzten Leiber, die sich unaufhörlich einer völligen Ekstase näherten. Sie wechselten nur ein einziges Mal die Stellung, hielten sich dabei fest an den Händen, als könnte eine einzige falsche Bewegung die Magie des Augenblicks zerstören.

Dann kam es Lassiter. Er ergoss sich in den Schoß der jungen Frau, die ihn noch vor einer Stunde scheu von der Seite gemustert und genau dadurch zu erkennen gegeben hatte, wie weit sie zu gegebener Zeit gehen würde. Die Arme von Terry-Tiffany legten sich sanft um ihn, strichen über sein Brusthaar und verharrten auf den angespannten Bauchmuskeln.

»Passierschein«, sagte das Mädchen und lächelte. »Du brauchst jetzt deinen Passierschein, ich weiß.«

Das nebelverhangene Cape Charles war gerade zwei Meilen nördlich der Kellog vorübergezogen, als Nicholas Coleman in gewohnt bescheidener Art neben Lassiter trat und beide Hände auf die Reling legte. Er hatte ein leichtes Lächeln auf den Lippen, die fast gänzlich unter seinem buschigen Oberlippenbart verschwanden.

»Mr. Coleman«, grüßte Lassiter mit einem Kopfnicken, kaum dass der dröhnende Pfeifton abgeschwollen war. »Abgesehen davon, dass ich lieber mit dem Zug gefahren wäre, verwundert es mich doch sehr, Sie an Bord anzutreffen.«

Der alte Uhrmachermeister sah schweigend auf die Chesapeake Bay hinaus. »Der Ozean ist stets ein Mysterium«, sagte er nachdenklich, ohne auf Lassiters Worte einzugehen. »Er besänftigt die Seele und erinnert uns daran, woher wir stammen.«

Das Nebelhorn des Frachtdampfers schallte über die spiegelglatte See. Vom Bug der Kellog schäumten schneeweiße Wellenkronen heran, als der Steuermann das Ruder herumriss und den Frachtdampfer nordwärts auf Kurs brachte. Unter dem Deck waren die dumpfen Stöße der Dampfzylinder zu vernehmen.

»Der Ozean ist dunkel und leer«, erwiderte Lassiter und verschränkte die Hände über der Brüstung. Er fror in der Morgenkälte. »Er birgt viele Geheimnisse. Und was mich angeht, gibt es bereits genug davon.« Seine Gedanken schweiften zu den blutigen Schießereien, die er kürzlich im Herzen von Washington, im altehrwürdigen Ebbitt House, erlebt hatte. Er musste an den windigen Floyd Lester denken, der durch Lassiters Kugeln gestorben war und zuvor von einer ominösen Supreme Society berichtet hatte, deren Mitglieder sich selbst Supremisten nannten.

Es waren dunkle Zeiten für die Brigade Sieben.

Die einst so mächtige Organisation, die das Wohlwollen des Präsidenten genoss und Lassiter seit über einem Jahrzehnt mit Aufträgen betraute, war ohne Führungsstab. Eine ganze Riege von tapferen Männern war vor einigen Wochen in der Kongressbibliothek gestorben, getötet durch die Hintermänner jener Supreme Society, von der Lester in seinen letzten Sekunden gesprochen hatte.

»Gavin Bishop«, murmelte Coleman unvermittelt. Sein verschmitztes Lächeln wich einer ernsten Miene, die plötzlich noch düsterer wirkte als die schwarze See unter dem Rumpf der Kellog. Der Uhrmacher zog ein Kuvert unter seinem Gehrock hervor und reichte es seinem Gegenüber. »Wir gehen inzwischen fest davon aus, dass Bishop eine gewichtige Rolle innerhalb der Supreme Society innehat. Es scheint sogar der Fall zu sein, dass er in Philadelphia sein Ansehen aufpolieren will.« Er lächelte sarkastisch. »Der Mann sieht sich offenbar zu höheren Weihen berufen.«

Unter der verstärkten Lasche des Kuverts kam der übliche Stoß von Informantenberichten zum Vorschein, die Lassiter mit einem Finger durchblätterte, bevor er sie in den Umschlag zurückschob. Er erspähte hinter den Berichten weitere Dokumente, die offenbar seiner Tarnung dienen sollten. »Höhere Weihen? Was meinen Sie damit?«

Die Kellog fuhr jetzt in Sichtweite zu dem schmalen Inselstreifen, der sich südöstlich von Cape Charles erstreckte. Sie war seit dem Ablegemanöver im U.S. Navy Yard keinem anderen Schiff mehr begegnet.

»Bishop will vermutlich seinen Rang in der Supreme Society aufwerten«, nahm Coleman das Gespräch wieder auf. »Er befindet sich derzeit unter der Protektion der Großloge von Pennsylvania. Die Supremisten scheinen enge Verbindungen in den Tempel von Philadelphia zu unterhalten.«

»Freimaurer?«, zeigte sich Lassiter erstaunt. Er hatte auf andere, vor allem militärische Verstrickungen spekuliert. »Bishop gehört zur Bruderschaft?«