Lassiter 2406 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2406 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Im Untergeschoss knarrte eine Tür. Elizabeth Summer fuhr aus dem Schlaf hoch und lauschte in die Dunkelheit. Über ihr sirrte ein Moskito, im Garten draußen sang eine Nachtigall. Täuschte sie sich, oder schlurften Schritte unten im Flur? Das Herz schlug ihr plötzlich hoch im Hals. Tatsächlich - da schlich jemand durchs Haus! Ein Bekannter von Rosemarie vielleicht? Ihr Hausmädchen ließ nachts, wenn es die Hausherrin schlafend glaubte, manchmal einen ihrer Liebhaber herein. Elizabeth hatte ihr das zwar verboten, doch Rosemarie konnte nicht lassen von ihrem liederlichen Lebenswandel.
Plötzlich ein Schrei. Elizabeth hielt den Atem an. Das war Rosemaries Stimme gewesen! Und wieder - das Hausmädchen rief um Hilfe! Elizabeth riss die Nachttischschublade auf, griff nach ihrem Revolver und spannte den Hahn.

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EPUB

Seitenzahl: 131

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Wer den Wind sät …

Vorschau

Karte Washington D.C.

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Boada/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6825-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Wer den Wind sät …

Im Untergeschoss knarrte eine Tür. Elizabeth Summer fuhr aus dem Schlaf hoch und lauschte in die Dunkelheit. Über ihr sirrte ein Moskito, im Garten draußen sang eine Nachtigall. Täuschte sie sich, oder schlurften Schritte unten im Flur? Das Herz schlug ihr plötzlich hoch im Hals. Tatsächlich – da schlich jemand durchs Haus! Ein Bekannter von Rosemarie vielleicht? Ihr Hausmädchen ließ nachts, wenn es die Hausherrin schlafend glaubte, manchmal einen ihrer Liebhaber herein. Elizabeth hatte ihr das zwar verboten, doch Rosemarie konnte nicht lassen von ihrem liederlichen Lebenswandel.

Plötzlich ein Schrei. Elizabeth hielt den Atem an. Das war Rosemaries Stimme gewesen! Und wieder – das Hausmädchen rief um Hilfe! Elizabeth riss die Nachttischschublade auf, griff nach ihrem Revolver und spannte den Hahn.

»Denn sie säen Wind und werden Sturm ernten. Ihre Saat soll nicht aufgehen; was dennoch aufwächst, bringt kein Mehl; und wenn es etwas bringen würde, sollen Fremde es verschlingen.«

Hosea 8,7

Die Treppenstufen knarrten; jemand kam herauf zu ihr. Wie ein in die Enge getriebenes Reh blickte Elizabeth Summer nach allen Seiten. Im Schrank verstecken? Naiv! Unter dem Bett? Noch blödsinniger!

Reflexartig tastete sie nach rechts, zur anderen Hälfte des Ehebettes – leer. Bryan war nicht bei ihr, wie fast immer. Und wie so oft erfüllte diese Einsicht Elizabeth mit Bitterkeit.

Die Schritte näherten sich ihrer Schlafzimmertür. Sie umklammerte den Revolverkolben mit beiden Händen und schwang die Beine aus dem Bett. Die Waffe in den Fingern zu spüren, beruhigte sie ein wenig.

Plötzlich verstummten die Schritte draußen im Gang. Jemand stand vor ihrer Tür, Elizabeth war sich ganz sicher. Sie stand auf und huschte zur Balkontür.

Hinter sich hörte sie das leise Klicken der Türklinke. Sie schob den Vorhang zur Seite, öffnete die Balkontür, zog sie auf. Der Gesang der Nachtigall klang jetzt lauter, Grillen zirpten, in den Kronen der Obstbäume rauschte der Wind.

Jemand öffnete von außen die Schlafzimmertür. Elizabeth sah die Umrisse eines Mannes. Sie hob den Revolver und drückte ab. Das Mündungsfeuer spiegelte sich im Glas der Balkontür, ohrenbetäubender Schusslärm erfüllte das Schlafzimmer und hallte durch den nächtlichen Garten.

Elizabeth kletterte über die Balkonbrüstung, sprang in den Garten hinunter und rollte sich im Gras ab. Der Revolver entglitt ihrer Hand. Sie tastete das nachtfeuchte Gras nach der Waffe ab, fand sie nicht. Über ihr, hinter der Balkonbrüstung, erschien die Silhouette eines Mannes.

»Hilfe!« Elizabeth schrie. »Hilfe!« Das nächste Gutshaus lag etwa fünfhundert Schritte entfernt, doch vielleicht lag jemand bei geöffnetem Fenster wach und hörte sie. Der Mann über ihr schwang ein Bein über die Balkonbrüstung.

Elizabeth tastete das Holz des Revolverkolbens, griff sich die Waffe, riss sie hoch und drückte ab. Der Mann stürzte zurück auf den Balkon. Hatte sie ihn getroffen, oder hatte er sich in Deckung geworfen?

Gleichgültig. Nur weg hier. Sie rannte in den nächtlichen Garten hinein, das weiße Nachthemd wehte hinter ihr her. Der Gesang der Nachtigall war längst verstummt.

Elizabeth hastete zu den Rhododendronbüschen am Südrand des Anwesens. Sie trat auf einen Ast, der bohrte sich spitz in ihre Fußsohle. Sie unterdrückte einen Schrei. Ihr Atem flog, der Herzschlag hämmerte ihr in den Schläfen. Sie stürzte in den Busch. Schatten kleiner Tiere spritzten auseinander, Kaninchen wahrscheinlich.

Der Zaun kam in Sicht. Wenn sie ihn überwinden konnte, schaffte sie es vielleicht bis zum Nachbarn. Oder sollte sie lieber versuchen, bis in die City von Fredericksburg zu fliehen? Der Weg in die Stadt führte durch den Wald, da würde sie bessere Deckung haben.

Endlich erreichte sie den Zaun. Rechts von ihr raschelte Laub in den Büschen. Wieder ein Tier? Ein Ast brach unter einem Schritt. Der fremde Mann? Die Angst schnürte Elizabeth die Kehle zu.

Sie riss die Waffe hoch und schoss in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Sie schoss noch einmal und wieder und wieder. Irgendjemand in der Nachbarschaft oder in Fredericksburg musste den Schusslärm doch hören!

Den Finger am Abzug, verharrte sie. Und lauschte. Nichts mehr zu hören. Hatte sie ihren Verfolger getroffen? Wahrscheinlich. Sie drehte sich um, raffte das Nachthemd übers Knie und hob das Bein, um über den Zaun zu klettern.

Und wieder raschelte es im nächtlichen Gebüsch. Elizabeth nahm das Bein vom Zaun, packte wieder den Revolver und zielte in die Richtung, aus der sie die Geräusche gehört hatte. Sie versuchte leise zu atmen und die Waffe ruhig zu halten. Beides misslang ihr.

Da! Konturen einer menschlichen Gestalt! Die schälten sich aus den Büschen. Der Fremde! Hatte sie ihn also nicht getroffen – die Enttäuschung tat weh.

Elizabeth zielte sorgfältig und drückte ab – es machte klick. Panik packte und würgte sie, wieder drückte sie ab, klick, wieder und wieder, klick, klick.

»Wenn Sie das nächste Mal mehrere Schüsse hintereinander abgeben, zählen Sie besser mit, Mrs. Summer.« Der Mann kam zu ihr. »In einer Revolvertrommel stecken gewöhnlich sechs Kugeln. Die haben Sie bereits verschossen.«

Der Mann war mittelgroß, hager und hatte einen buschigen Schnurrbart. Elizabeth zitterte am ganzen Körper. Er packte sie und riss sie weg vom Zaun.

Wind blähte die Segel, die Jacht schnitt durch den Fluss. Jennifer Ferguson stand am Steuer, Lassiter und Charles D. Matthews hockten hinter ihr auf dem Boden des Ruderhauses. Matthews, sichtlich nervös, rauchte und hing seinen Gedanken nach.

Vielleicht, dachte Lassiter, legte er sich auch schon die Worte zurecht, mit denen er ihnen gleich die neuste Hiobsbotschaft überbringen würde.

Daran, dass er eine auf Lager hatte, zweifelte Lassiter nicht: Zum einen hatte Matthews geheimniskrämerisch mit dem Mittelsmann Nicholas Coleman getuschelt, bevor dieser von Bord gegangen war, zum anderen stand es in seiner skeptisch grübelnden Miene geschrieben.

Lassiter betrachtete lieber Jennifers schöne Gestalt als Matthews’ düsteres Gesicht. Nicht nur schreiben konnte die alte Freundin, sondern auch eine Segeljacht steuern. Großartig! Und zu allem Überfluss war sie auch noch attraktiv, so attraktiv, dass Lassiter seine Blicke nicht immer im Zaum halten konnte.

Ja, verdammt, er mochte die Journalistin noch, also gut: Er war sogar wieder verliebt in sie. Doch ein sattelgewohnter, abgebrühter Südstaatler und eine kultivierte Journalistin aus New York – wie sollte das auf die Dauer funktionieren?

»Möglichst weit weg vom Ufer!«, rief Matthews in das Knattern der Segel hinein. »Ich fühle mich dann einfach sicherer!«

Jennifer wandte den Kopf und schaute ihn über die Schulter hinweg an. »Haben Sie Angst, Mister Gouverneur, Sir?« Allein schon ihre raue Stimme zu hören, ließ Lassiters Herz zwei Takte höher schlagen.

»Ich hab überhaupt keine Angst, Miss Ferguson!«, erklärte Matthews nachdrücklich. »Ich will nur noch ein Weilchen am Leben bleiben. Und die verdammte Bande ist hinter uns her, da sollten wir uns nichts vormachen! Ihr beide habt’s doch zu spüren gekriegt.«

Er sprach von der Supreme Society. Die Geheimorganisation hatte sich gegen die Regierung in Washington verschworen, strebte nach der Macht in den Vereinigten Staaten und arbeitete mit Verrat, Intrigen und Gewalt an einem Umsturz. Ihr vorrangiges Ziel war die Absetzung von Präsident Benjamin Harrison.

»Außerdem bin ich kein Gouverneur mehr, sondern Senator«, fuhr Matthews fort. »Und da wir im gleichen Boot sitzen, inzwischen sogar buchstäblich im gleichen Boot, schlage ich vor, dass du mich ›Charly‹ nennst, Jennifer. Und du auch, Lassiter.« Lassiter und Jennifer nickten.

Nicht weniger als ihr Leben hatten sie dem einzig überlebenden Direktor der Brigade Sieben zu verdanken. Die Supreme Society hatte nämlich einen ihrer gefährlichsten Killer auf sie angesetzt: einen gewissen Nevod. Das war nicht lustig gewesen – fast hätten dieser Nevod und seine Bluthunde sie erwischt. Charles Matthews war es in letzter Sekunde gelungen, Lassiter und die schöne Journalistin in Sicherheit und auf diese Jacht zu bringen.

In der Mitte des Potomac stellte Jennifer das Steuerruder fest. »Segel einholen, raus mit dem Anker!«, rief sie. Matthews warf die Zigarette über Bord, griff in die Taue und raffte das Segel; Lassiter kurbelte den Anker in die Tiefe. Die Luft warf feucht und warm; viel zu warm für Juni.

Danach trafen Lassiter und Matthews sich unter Deck in der Kajüte. Auf einer Petroleumflamme kochte Lassiter Kaffeewasser. Die große, hochseetaugliche Jacht war auch unter dem Kajütendach mit allem ausgestattet, was ein Durchschnittsmensch zum Überleben brauchte: Fleisch- und Gemüsekonserven, Mehl, Whisky, Trinkwasser, Tabak und Kaffee.

Auf dem Oberdeck sang Jennifer ein Lied. Lassiter lauschte ihrer schönen Stimme, während er am Petroleumbrenner stand. Bis ihm wieder Matthews’ Worte durchs Hirn krochen: Die verdammte Bande ist hinter uns her. Mit ihnen hatte der letzte Führungsmann der Brigade Sieben die Wahrheit auf den Punkt gebracht hatte.

Der Mann, der die aktuellen Anschläge der Bande kommandierte, schien ein Psychopath zu sein. Lassiter musste sich nicht zum ersten Mal mit diesem Killer auseinandersetzen. Viel wusste er nicht über ihn – nur dass er sich Nevod nannte und sich in den Kopf gesetzt hatte, ihn, Lassiter, zu töten. Und Jennifer wohl auch, wie es schien. Wie dicht Nevod und seine Bluthunde ihnen schon auf den Fersen waren, hatten sie die letzten Tage erleben müssen.

»Jetzt erzähl endlich, Charly«, forderte er Matthews auf, als sie zu zweit am kleinen Kajütentisch hockten und der Kaffee aus ihren Blechbechern dampfte. »Was sind das für Neuigkeiten, die Coleman dir geflüstert hat? Und was haben wir im Golf von Mexiko verloren?«

»Vielleicht die gute Nachricht zuerst.« Der Senator holte sein silbernes Zigarettenetui aus dem Jackett. »Unser Agent Blackwood hat sich bei Nicholas gemeldet.«

Überraschung spiegelte sich in Lassiters Miene. »Der arbeitet noch für die Brigade Sieben?« Blackwood war ein Halbblut, das vorwiegend Aufträge in Indianergebieten erledigte. Dort war Lassiter ihm vor Jahren ein paar Mal begegnet. Doch seitdem hatte er nichts mehr von ihm gehört. »Wo hat er so lange gesteckt?«

»Er hat vorübergehend untertauchen müssen, um einer Enttarnung zu entgehen. Die Bluthunde der Supreme Society waren auch ihm schon auf der Spur.« Matthews seufzte wie einer, den viel zu viele Sorgen bedrückten. »In Anbetracht der bedrohlichen Lage vertraue ich dir seinen Codenamen an, Lassiter. Weiß ich denn, ob ich nicht der Nächste bin, den die Verschwörer über die Klinge springen lassen werden?«

Das war eine durchaus realistische Einschätzung – immerhin hatten die Bluthunde der Supreme Society bis auf den Senator bereits sämtliche Köpfe der Brigade Sieben umgebracht. Gab es einen Grund anzunehmen, dass sie ausgerechnet Charles D. Matthews verschonen würden? Nein, gab es nicht.

Matthews beugte sich über den Tisch und senkte die Stimme. »Blackwood ist ›Iron Manitou‹. Und so lautet die Nachricht, die er bei Nicholas Coleman für mich hinterlegt hat: Ein Mann aus der Führungsriege der Supreme Society hat mit ihm Kontakt aufgenommen, ein Colonel der US-Kavallerie.«

Lassiters Miene verdüsterte sich schlagartig, und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. »Um uns in die nächste Falle zu locken?« In diesem Augenblick stieg Jennifer vom Oberdeck in die Kajüte herunter; ihr neugieriger Blick flog zwischen den beiden Männern hin und her.

»Das war auch mein erster Gedanke gewesen, Lassiter«, räumte Matthews ein. »Ich habe Blackwood über Coleman beauftragt, mehr über diesen Colonel herauszufinden. Bis jetzt wissen wir nur, dass er Jenkins heißt und angeblich ein heimliches Verhältnis mit einer Indianerin hat.«

»Interessant.« Lassiter rieb sich das stoppelbärtige Kinn. Jennifer schenkte sich Kaffee ein und setzte sich zu ihnen. »Und die schlechte Nachricht?«

»Eine äußerst beunruhigende.« Matthews steckte sich schon wieder eine Zigarette in seine silberne Zigarettenspitze. »Präsident Harrison will sich mit dem mexikanischen Präsidenten Diaz treffen – im Golf von Mexiko. Ein Panzerkreuzer der US-Marine wird ihn dorthin bringen.«

»Und was ist so beunruhigend an der Neuigkeit?«, wollte Jennifer wissen.

Charles Matthews zündete sich seine Zigarette an; Rauch wogte durch die Kajüte. Mit hellwachem Blick musterte er zuerst Jennifer, dann Lassiter. Der ihm eigene spöttische Zug war aus seiner skeptischen Miene verschwunden, ein düsterer Schatten lag jetzt auf ihr. Lassiter ahnte plötzlich, dass Jennifer gar nicht so weit danebengelegen hatte, als sie dem Senator Angst unterstellte. »Agenten von der Supreme Society werden mit an Bord sein«, sagte der Senator.

Lassiter zog die Brauen hoch. »Ein Attentat?«

Matthews zuckte mit den Schultern. »Sie werden kaum Schach mit dem Präsidenten spielen wollen.« Er langte nach seinem Becher und schlürfte Kaffee.

»Und unser wackerer Uhrmacher ist sich da ganz sicher?«, fragte Jennifer. »Woher will er das wissen?« Die Journalistin aus New York war blass geworden.

»Nicholas gibt keine Informationen weiter, wenn er für die Quelle nicht seine Hand ins Feuer legen könnte«, erklärte der Senator mit Nachdruck. »In diesem Fall trägt sie Uniform und hat den Rang eines Captains des Metropolitan Police Departments.«

Lassiter pfiff durch die Zähne. Nicholas Coleman, der wichtigste Verbindungsmann der Agenten der Brigade Sieben, hatte also auch einen heißen Draht zur Hauptstadtpolizei. Gab es eigentlich jemanden in Washington, den er nicht kannte?

»Diese Leute wollen tatsächlich unseren Präsidenten ermorden?« Jennifer schüttelte fassungslos den Kopf.

Sie sah mitgenommen aus, fand Lassiter. Mehr noch als die Kämpfe der letzten Tage steckte ihr die bittere Nachricht über ihren Vater in den Knochen: Innenminister Reginald Ferguson war in die Verschwörung gegen die Harrison-Regierung verstrickt.

Und als ob das nicht schon Hiobsbotschaft genug gewesen wäre, hatte sie auch noch erfahren müssen, dass der alte Ferguson sogar ihren Tod in Kauf nehmen würde, um die Supreme Society zum Sieg zu führen.

»Wird Nevod seine Bluthunde persönlich an Bord des Präsidentenschiffes kommandieren?«

»Das wusste Coleman nicht«, sagte Matthews. »Übrigens hat er herausgefunden, dass ›Nevod‹ nicht sein richtiger Name ist.«

»Dachte ich mir schon. Wie heißt er wirklich?«

»Wissen wir nicht.« Matthews klemmte die Zigarettenspitze zwischen die Zähne, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wir beide werden also in den Golf von Mexiko fahren, Lassiter. Allerdings nicht auf dieser Jacht, sondern auf dem Panzerkreuzer des Präsidenten. Ich jedenfalls werde das tun. Ich will dir in dieser Sache nichts befehlen, dazu ist diese Operation zu gefährlich. Ich möchte dich aber bitten, mich zu begleiten.«

Lassiter blickte nachdenklich in seinen Kaffeebecher. »Wann sticht Harrisons Panzerkreuzer in See?«, fragte er schließlich.

»Laut Colemans Quelle in vier Tagen.« Matthews zerdrückte seine Zigarettenkippe in einem Glasascher. »Vom Marinehafen in Washington aus.«

»Nicht nur die Killer der Supreme Society werden an Bord des Panzerkreuzers sein.« Lassiter machte eine grimmige und zu allem entschlossene Miene. »Auch ich werde mit dem Präsidentenschiff in den Golf von Mexiko fahren.«

»Danke«, sagte Matthews.

»Ich auch.« Jennifer ballte die Fäuste. »Amerika muss erfahren, dass sein Präsident im Fadenkreuz von Verschwörern steht. Ich werde darüber schreiben.« Sie schaute Matthews ins düstere Gesicht. Auf der Stirn des letzten noch lebenden Kopfes der Brigade Sieben türmte sich Sorgenfalte auf Sorgenfalte. »Doch wie kommen wir auf das Schiff?«

Matthews schwieg und rieb sich den Bart. Offensichtlich dachte er bereits über genau dieses Problem nach. »Du musst uns an Bord schmuggeln, Charly«, sagte Lassiter. »Irgendwie. Lass dir etwas einfallen.«

Elizabeth kaute auf ihrem Knebel herum. Noch hatte sie die Hoffnung nicht aufgegeben, ihn durchbeißen zu können. Sie wollte endlich schreien, ganz laut schreien.

Über ihr stapften Schritte und knarrten Bohlen, jenseits der Holzwand, an die man sie gefesselt hatte, rauschte Wasser. Man hatte sie und ihr Hausmädchen auf ein Schiff gebracht.

Die Männer, die sie im Schlaf überfallen hatten, waren zu viert gewesen. Die Kerle hatten sie gefesselt und geknebelt und auf die Ladefläche eines Planwagens geschoben. Wie ein erlegtes Beutetier war Elizabeth sich vorgekommen.

Sie hörte Männerstimmen direkt über sich. Eine klang rau und herrisch. War irgendjemand an Bord gekommen? Eine Kette rasselte, ein Mann brüllte Kommandos, das Schiff schaukelte heftiger als zuvor. Legte es ab? Das würde bedeuten, dass von nun an die Entfernung zu ihrem Haus mit jeder Minute größer wurde.