Lassiter 2417 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2417 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Die beiden Berittenen neben Curt Rowman sprachen kein Wort und starrten auf den steinernen Viadukt hinunter, der mit seinen acht mächtigen Gewölbebögen den Studebaker Gorge überspannte. Sie nahmen die Hüte vom Kopf und murmelten das Gebet, das sich Rowman von ihnen erhofft hatte.

"Das Opfer hat sich gelohnt", sagte einer der Männer im Sattel danach. "Die Brücke wird hunderte Siedler ernähren."
"In der Tat", antwortete Rowman und nickte. "Bald trägt der Blutberg seinen Namen zu Unrecht."

Dann zog er den .44er Cimarron aus dem Holster und jagte jedem seiner Begleiter eine Kugel durch den Schädel. Die Männer kippten von ihren Pferden und stürzten auf den nackten Fels.
Aus dem Tal drang der Pfiff des Drei-Uhr-Fünfundvierzig-Zugs herauf.

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Seitenzahl: 128

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Squaw vom Blutberg

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Boada/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-7282-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Die Squaw vom Blutberg

Die beiden Berittenen neben Curt Rowman sprachen kein Wort und starrten auf den steinernen Viadukt hinunter, der mit seinen acht mächtigen Gewölbebögen den Studebaker Gorge überspannte. Sie nahmen die Hüte vom Kopf und murmelten das Gebet, das sich Rowman von ihnen erhofft hatte.

»Das Opfer hat sich gelohnt«, sagte einer der Männer im Sattel danach. »Die Brücke wird hunderte Siedler ernähren.«

»In der Tat«, antwortete Rowman und nickte. »Bald trägt der Blutberg seinen Namen zu Unrecht.«

Dann zog er den.44er Cimarron aus dem Holster und jagte jedem seiner Begleiter eine Kugel durch den Schädel. Die Männer rutschten von ihren Pferden und stürzten auf den nackten Fels.

Aus dem Tal drang der Pfiff des Drei-Uhr-Fünfundvierzig-Zugs herauf.

Blood Mountain, Washington-Territorium, vier Jahre zuvor

Von den Flanken des Blutbergs, dessen weißer Gipfel für Tianauwas Begriffe unermesslich hoch in den Himmel ragte, floss das Wasser in Strömen. Die Indianerin stand mit ihrem kleinen Sohn Tanake am Fluss und sah den Stämmen zu, die es aus dem Erdreich gerissen hatte. Sie war den weiten Weg vom Lager heraufgelaufen, um mit eigenen Augen zu sehen, wovon ihre Stammesbrüder berichtet hatten.

»Tianauwa«, sagte der Junge und zog ein ernstes Gesicht. »Wie viele Monde dürfen wir noch in Frieden leben? Der Fluss wird unsere Zelte verschlingen.«

Auf diese Frage hatte auch Tianauwa keine Antwort.

Sie hatte das geräucherte Elchfleisch vom Haken geholt, als die Kanus der Älteren vom Fluss herübergekommen waren. Die Männer hatten Tianauwa aus dem Haus gejagt und danach bis zum Sonnenuntergang gestritten. Der Häuptling hatte mit scharfer Stimme für Ruhe sorgen müssen.

Rasch hatte es Gerüchte im Dorf gegeben.

Die Weißen hätten vier Stämme oben am Runden Fluss getötet, hatte eine der Älteren Tianauwa weismachen wollen, bei lebendigem Leib seien alle verbrannt. Eine andere Frau hatte Tianauwa am Rock in ihr Haus gezogen und sie beschworen, sich in den kommenden Nächten nicht ans Flussufer zu wagen. Das ganze Dorf hatte gezittert vor Angst.

»Ich weiß nicht«, sagte Tianauwa und strich ihrem Jungen über den Kopf. Er war ein Flachhäupter wie sie selbst und hatte das Ritual gut überstanden. »Uns wird nichts geschehen, Tanake. Du musst mutig sein.«

Aus dem Fluss schwemmte es einen querliegenden Stamm an, der sich zwischen den Ufersteinen verkeilte und das Wasser anstaute. Sie hatten den ganzen Sommer über keine Lachse gesehen, und es war nicht zu erwarten, dass der Winter etwas daran ändern würde.

»Ich bin mutig«, versicherte Tanake und schwenkte den Wurfspeer, den ihm jemand im Dorf geschnitzt hatte. Er war fast so groß wie Tanake selbst. »Du musst dich nicht um mich sorgen, Mutter.«

Erst mit dem Häuptling war die Ruhe ins Dorf zurückgekehrt, obwohl seine Worte alles andere als beruhigend klangen. Er hatte auf den Holzstufen vor dem Haus gestanden und mit müden Augen auf die Gemeinschaft geschaut. Die Frauen neben Tianauwa hatten sich ängstlich bei den Händen ergriffen, während er zu ihnen geredet hat.

»Brüder und Schwestern«, hatte Häuptling Axaxo gesagt. »Die Weißen nördlich unseres Flusses sind zahlreich geworden. Sie jagen nach unseren Elchen, sie verzehren unseren Fisch, sie fällen unsere Bäume.«

Unter den Versammelten war es still wie in einer Vollmondnacht gewesen. Sie hatten der zitternden Stimme Axaxos ehrfürchtig gelauscht und sich nicht von der Stelle gerührt. Die Finger von Tanake hatten sich in Tianauwas Kleid gekrallt.

»Tianauwa! Tianauwa!«

Die helle Stimme von Tanake riss die Chinook-Squaw aus ihren Gedanken. Der Junge hatte sich losgerissen und deutete mit dem Arm hinüber zum anderen Flussufer. Er rannte wieder zu seiner Mutter und verbarg sich hinter ihrem Rücken.

»Was hast du?«, fragte Tianauwa und lugte gleichfalls zur anderen Flussseite. Sie machte eine vage Bewegung im Unterholz aus, die ebenso gut von einem Dachs hätte stammen können. »Komm nur, wir mü-«

Das fahle Antlitz eines Bleichgesichts jenseits des Flusses brachte Tianauwa zum Verstummen. Der Fremde stand zwischen den Büschen, die an dieser Stelle bis zum Wasser reichten, und hielt ein Gewehr in der Hand. Er hielt es auf Tianauwa gerichtet.

»Gut gemacht!«, rief ein zweites Bleichgesicht und klopfte dem ersten auf die Schulter. Der Mann trug gleichfalls ein Gewehr bei sich. »Hey! Hey, du! Schick uns den Jungen herüber!«

Nacheinander erschienen fünf weitere Weiße und gingen am gegnerischen Ufer in die Hocke. Sie starrten Tianauwa mit reglosen Mienen an und erwarteten die Kommandos ihres Vorgesetzten.

»Halt mich nicht zum Narren, Rothaut!«, schrie der Fremde, dessen Bart so rot wie die Muschel war, die Tianauwas Vater seiner Tochter vom Ozean mitgebracht hatte. »Du sprichst meine Sprache! Du musst nicht die Einfältige spielen!«

Tatsächlich begriff Tianauwa mehr schlecht als recht, was der Weiße zu ihr herüberrief. Sie hatte auf Vaters Geheiß mit einer Siedlergruppe Handel getrieben, die sich weiter östlich am Hood River niedergelassen hatte.

Aber Tanake bekam niemand in die Hände!

»Wie du willst!«, rief der Weiße und schüttelte mit dem Kopf. Er trat mit dem Stiefel das Gestrüpp beiseite und sprang ins Wasser. »Willst du uns den Kleinen nicht geben, kommen wir ihn uns holen! Vorwärts! Ergreift die Rothaut!«

Die übrigen Männer gehorchten dem Befehl ihres Anführers und waren nach einigen Sprüngen im Wasser. Sie trugen zum Teil Fellmäntel über den Schultern, von denen getrocknete Hasenpfoten und andere Proviantreste hingen. Einer von ihnen wagte sich bis auf den Stein in der Mitte des Stroms vor.

»Ruhig, Jean!«, hielt ihn der rothaarige Anführer zurück. »Sei auf der Hut! Rothäute sind ohne rechte Moral!«

Aus Tanakes weit geöffneten Augen sprach die Furcht. Er hatte sich hinter Tianauwa hervorgetraut und nahm die Weißen fest in den Blick. Er würde zur Beute ihrer Angreifer werden, die indianische Kinder auf Schwarzmärkten in San Francisco oder Portland verkauften, und den Fluss und die Berge niemals wiedersehen.

»Feuer!«, stieß der Weiße mit dem roten Bart hervor, kaum dass Tianauwa ihren Sohn ergriff und zum Wald zerrte. Sie hörte die peitschenden Kugeln aus den Feuerrohren der Bleichgesichter und trieb Tanake vor sich her.

Dann zerriss ein Gewehrschuss Tianauwas rechte Schulter.

Die Ureinwohnerin sah einen blutigen Fetzen ihrer Haut durch die Luft segeln, ehe Tanake sich an ihre Hand hängte und sie dadurch hinab ins Gras zog. Sie prallte mit der Stirn gegen einen Baumstumpf und sah benommen, dass einer der Weißen bereits ganz nah war.

Er stieg über Tianauwa hinweg wie über einen Tierkadaver.

»Kleiner!«, herrschte er Tanake an und schlug ihm den Gewehrkolben gegen die Brust. »Du reitest mit uns, verstanden?«

Das San Franciscan in der Boulder Street von Rustenburg verfügte über zwei Stockwerke, die das viktorianische Hotel zum höchsten und schönsten Bauwerk der Stadt machten. Es war fünf Jahre zuvor von einem Engländer errichtet worden, der am Blood Mountain eine Mine betrieb und über die Britische Ostindien-Kompanie selbst das Königshaus mit reinstem Silber belieferte. Er hatte die Frau angeheuert, die sich an diesem Abend lasziv auf ihrem Kanapee rekelte und ihrem Gast anzügliche Blicke zuwarf.

»Er ist tot«, sagte Lassiter. Er war bis auf sein Hemd unbekleidet. »Mr. Simmons ist im Studebaker Gorge gestorben. Ich sah vor zwei Tagen seine Leiche in Bennetville.«

»Sie müssen lügen«, erwiderte Anna O’Scott und schüttelte ungläubig mit dem Kopf. Sie trug ein hochschnürendes Korsett mit steifen Federn, darunter einen Satinstrumpfhalter mit Bändern aus französischer Seide. »Er … Mr. Simmons darf nicht tot sein. Die Stadt verdankt ihm ihren ganzen Wohlstand.«

»Die Blätter werden es bald melden«, meinte Lassiter und trat wieder auf das Bett zu. Er hatte den Vorfall mit Simmons erst nach ihrem Rendezvous erwähnen wollen. »Ich kenne den Totengräber von Bennetville.«

Die Besorgnis im zarten Gesicht der Miss O’Scott verging in dem Augenblick, in dem sie sich darauf besann, dass Lassiter ein zahlender Kunde war. Die Kurtisane erhob sich vom Bett, trat mit wiegenden Hüften auf den Mann der Brigade Sieben zu und schlang einen Arm um seinen Hals. »Es ist nichts daran zu ändern. Mr. Simmons sollte nicht Gegenstand unseres Gesprächs sein.«

»Ganz Ihrer Meinung«, versetzte Lassiter und legte seinerseits die Arme um die Taille der jungen Frau. Er hatte es mit keinem Weibsbild mehr getan, seit man ihm in Bennetville einen Peacemaker an den Schädel gehalten hatte, weil die jüngste Tochter des Bürgermeisters unter ihm gelegen hatte. »Es wäre zudem vergeudete Zeit, Miss.«

Das junge Freudenmädchen führte seine Hand zu ihrem Strumpfhalter hinunter und schmiegte sich an ihn. Sie schloss vor Erregung die Augen, als seine Finger zwischen ihre Beine glitten und das Mieder beiseiteschoben. Aus dem Tanzsaal des San Franciscan drangen die treibenden Fiedelklänge des Irish Eve herauf, den die Herbergsbesitzerin für diesen Abend ausgerufen hatte.

»Wird man Sie nicht vermissen?«, erkundigte sich Lassiter und drängte seine Geliebte zum Bett hinüber. Er hatte sie höflich als Miss O’Scott angesprochen, bevor sie zum Geschäftlichen gekommen waren. »Immerhin ist der Abend allein Ihr Vorschlag gewesen.«

Die blonden Locken von Miss O’Scott berührten seine Wangen. »Die Mädchen wissen selbst am Besten, wie sie mit den Männern umzugehen haben. Ich wäre ihnen bloß im Weg.« Sie lächelte. »Oder wäre es Ihnen lieber, ich ließe das Schäferstündchen sausen?«

Die Erwiderung des Brigade-Sieben-Mannes bestand in einem leidenschaftlichen Kuss. Er sog den Duft von Annas Mund ein, der nach den Feigen und dem Brandy roch, von denen sie unten gekostet hatten. »Ich würde es im Gegenteil vorziehen, dass dieses Schäferstündchen bis zum Morgengrauen dauert. Sie sind von bezaubernder Schönheit, Miss.«

Geschmeichelt legte sich Anna im Bett zurück und schnürte das Korsett auf. Sie entblößte ihre weißen Brüste, die wie Porzellangefäße aus dem Stoff glitten. Als Lassiter fest die Hände um sie legte, stöhnte die Kurtisane leise auf.

»Noch härter?«, fragte Lassiter. »Oder magst du es sanft?«

»Nichts von beidem«, wisperte Anna. »Ich mag es leidenschaftlich. Ich mag die Lust eines Mannes, seine Begierde.« Sie richtete sich halb im Bett auf. »Du musst dich nicht zügeln, Fremder. Ich fürchte mich nicht vor dir.« Sie senkte den Blick. »Oder vor dem, was du bei dir trägst.«

Über die nächste Stunde hinweg verstand Lassiter den toten Simmons, der sein San Franciscan einer jungen und eigensinnigen Frau anvertraut hatte. Sie hatte nichts von den schüchternen Weibsbildern, die man ihm in Bennetville vorgesetzt hatte, und nichts von den abgeklärten Älteren, die man bisweilen in den Bordellen des Westens fand. Aus dem Mund dieses Mädchens schoss Feuer, sobald es Lassiter küsste, und Annas Hände wollten erobern und versklaven, statt sich kampflos zu ergeben.

»O Lassiter!«, seufzte das Freudenmädchen einige Male und krallte die Finger in seinen Rücken. »Du ahnst nicht, wie gut es einem in Rustenburg gehen kann.«

Seine Hände fanden blind ihre Kniekehlen und drückten die schlanken Beine auseinander, die sich jetzt nur allzu willig auf seine Schultern legten. Er drückte Anna tief in die Kissen, starrte in ihr vor Ekstase verzerrtes Gesicht und stieß mit jeder Hüftbewegung härter zu.

»So ist’s gut!«, feuerte ihn Anna an und zügelte mühsam ihre Stimme. Sie hatte so laut geschrien, dass es selbst die Fiedler unten im Saal gehört haben mussten. »So ist’s gut, mein Lieber! Ja, so!«

Sie wechselten von einer Stellung zur nächsten, als gälte es, die jeweils vorangegangene noch abenteuerlicher abzulösen, und als Anna keuchend auf dem Bauch lag und Lassiter ebenso erschöpft hinter ihr war, kam es der jungen Kurtisane. Sie schlug die Zähne ins Kissen, stemmte sich mit einem Bein gegen das Bettgestell und ließ den Sturm abebben, der sich in ihrem Körper entfesselt hatte.

Danach zollte Lassiter dem Eros Tribut.

Er ließ sich neben Anna ins Bett fallen und sah zu der französischen Kassettendecke hinauf, die Simmons mit beachtlichem Stilempfinden ausgewählt hatte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und dachte an das Telegramm aus Bennetville.

»Musst du fort?«, fragte Anna. »Ich kann mich in diesem Aufzug nicht unter die Mädchen wagen.« Sie lachte. »Die dummen Dinge riechen alles. Vor allem die Freude, die jemand von uns bei der Arbeit hat.«

»Freude?«, wiederholte Lassiter und neigte den Kopf zu ihr. »Ich glaubte stets, eure Freude seien die Dollars, die man unters Kopfkissen steckt.«

Belustigt holte Anna die Dollarmünzen unter dem Kissen hervor, die Lassiter zuvor daruntergesteckt hatte. Sie ließ sie durch ihre schlanken Finger wandern und schnippte eine in die Kammer. »Das Geld ist das eine … aber die Lust das andere.« Sie drehte ebenfalls den Kopf. »Selten genug ist beides dabei.«

Die Fiedelei im Untergeschoss nahm erneut an Fahrt auf, und bald waren die stampfenden Tritte der Abendgäste zu vernehmen. Ächzend stand Lassiter auf, zog das Telegramm aus der Jackentasche und faltete es auseinander. »Wie komme ich zu Henry Roubaix? Er muss einen Kolonialwarenladen haben.«

Noch immer lächelnd und sich das Korsett vor den Busen haltend, stand Anna vom Bett auf und schwebte auf Zehenspitzen durch den Raum. Sie spähte aus dem schmalen Kammerfenster, durch das die erleuchteten Fenster der Taverne auf der anderen Seite der Boulder Street zu erkennen war. »Du willst zu Roubaix? Er ist ein guter Kunde bei uns, seit ihm die Frau davongelaufen ist. Ich könnte dir jemanden schicken, der dich zu ihm bringt.«

»Miss O’Scott«, kehrte Lassiter scherzend zum höflichen Ton zurück. »Sie sollten wissen, dass Männer wie ich selten über das Geschäft sprechen. Ich hätte Ihnen kaum fünf Dollar draufgezahlt, wäre ich keiner dieser Männer.«

»Solche Männer«, hauchte Anna und küsste ihn, »sind mir die liebsten.«

Vor dem Kolonialwarenladen von Henry Roubaix türmten sich Warenballen, die soeben mit einem schweren Fuhrwerk den Weg vom Fluss heraufgekommen waren. Sie waren mit Schiffstauen zusammengeschnürt worden und trugen das Emblem der Transportgesellschaft auf der Seite, das aus einer geflügelten Freiheitsgöttin und dem Gründungsjahr 1854 bestand. Die beiden Männer, die das Fuhrwerk entluden, schenkten Lassiter keinerlei Beachtung.

»Herrgott, Luther!«, schimpfte der Ältere von ihnen, dem die langen grauen Haare in Büscheln über die Schultern schwangen. »Du bist ein verfluchter Schafskopf! Ich sollte dir einen Tritt in deinen nichtsnutzigen Louisiana-Arsch geben!«

Der Jüngere war ein Schwarzer mit verschmitztem Gesicht und lärmender Stimme. Er begann aus vollem Herzen zu lachen, als er die Flüche seines Kameraden hörte. »Als ob ich der Schafskopf wäre, Jack! Du kannst keinen verdammten Stift halten, wenn’s drauf ankommt! Den letzten Cent wird man dir irgendwann aus der Tasche ziehen!«

Sie stritten noch eine Weile über die Flusstransporte, die in den letzten Wochen immer schwerfälliger und langsamer geworden wären, weil der Old Fellow River stets zu wenig Wasser führte. Der Dunkelhäutige wandte ein, dass man längst auf die Kutschen hätte umsteigen müssen, aber dass ein stolzer Kerl wie Jack dazu ja nicht imstande wäre. Als sie aufeinander losgehen wollten, kam ein klein gewachsener Mann aus dem Laden gelaufen und riss die Hände in die Höhe.

»Mr. Roubaix!«, rief Jack und riss sich den Hut vom Kopf. Er sprach den französischen Namen so ungelenk aus, dass Luther leise vor sich hin lachte.

»Was gibt’s da zu feixen!«, bellte Jack und wandte sich an Roubaix. »Mr. Roub-ax … Mr. Roub-ai … Also, Mister, die Ballen sind nass geworden. Ich bin untröstlich, Sir.«

Statt dem Alten zu antworten, sah Roubaix zu Lassiter und ließ die beiden Männer vom Fuhrwerk stehen. Er legte den Kopf auf die Seite und runzelte die Stirn. »Mr. Lassiter? Sind Sie Mr. Lassiter?«

Der Angesprochene nickte, nahm das Telegramm aus der Tasche und reichte es Roubaix. Der Franzose mit den pomadisierten Haaren und den fülligen Wangen warf einen flüchtigen Blick auf das Papierstück.