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Die Miene des Mittelsmannes war starr und ausdruckslos. Er zog das Leichentuch über das aschgraue Gesicht von Marshal Andrew B. Carson und blickte zu Lassiter.
"Wie ist er gestorben?", fragte der Mann der Brigade Sieben. "Ich kannte ihn seit fünfzehn Jahren. Er besaß früher ein Warenhaus in El Paso."
"Er hing von seiner Veranda", brummte Joe Macey. "Sie müssen seinen Platz als Marshal von Percival einnehmen."
Aus Percival war in den letzten Jahren ein Ort geworden, den man getrost als Vorhof der Hölle bezeichnen konnte. Die Stadt war der größte Rinderhandelsplatz Amerikas - und der gefährlichste. Die Morde im Jahr gingen in die Hunderte.
Schweigend betrachtete Lassiter den toten Carson.
"Es ist alles vorbereitet", sagte Macey und kniff die Lippen zusammen. "Willkommen in der Hölle."
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Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cover
Impressum
Lassiter und die Schulmeisterin
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: Boada/Norma
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-7356-1
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Lassiter und die Schulmeisterin
Die Miene des Mittelsmannes war starr und ausdruckslos. Er zog das Leichentuch über das aschgraue Gesicht von Marshal Andrew B. Carson und blickte zu Lassiter.
»Wie ist er gestorben?«, fragte der Mann der Brigade Sieben. »Ich kannte ihn seit fünfzehn Jahren. Er besaß früher ein Warenhaus in El Paso.«
»Er hing von seiner Veranda«, brummte Joe Macey. »Sie müssen seinen Platz als Marshal von Percival einnehmen.«
Aus Percival war in den letzten Jahren ein Ort geworden, den man getrost als Vorhof der Hölle bezeichnen konnte. Die Stadt war der größte Rinderhandelsplatz Amerikas – und der gefährlichste. Die Morde im Jahr gingen in die Hunderte.
Schweigend betrachtete Lassiter den toten Carson.
»Es ist alles vorbereitet«, sagte Macey und kniff die Lippen zusammen. »Willkommen in der Hölle.«
Durch das mondäne Rose Garden im Südzipfel von Percival wehte der würzige Geruch von Gebratenem, als sich Mittelsmann Joe Macey mit dem Mann der Brigade Sieben an einen Ecktisch setzte. Er winkte mit erhobenem Arm eines der Saloonmädchen herbei, die mit wehenden Röcken zwischen den Tischen hin und her rauschten.
»Marshal?«, fragte Lassiter und betrachtete den kleingewachsenen Mann vor sich. Er wusste, dass Macey mit Anteilsscheinen handelte und ein Büro in Percival besaß. »Die Brigade Sieben will mich zum Marshal der Stadt machen?«
»Sie muss es tun«, erwiderte Macey knapp und nahm ein Kuvert unter seiner schwarzen Weste hervor. Es war mit einem Wachssiegel aus dem Justizministerium versehen. »Über Percival werden derzeit knapp dreißig Prozent des nationalen Rinderumschlags abgewickelt. Die Stadt muss Frieden haben, damit die Geschäfte brummen.« Er seufzte. »Marshal Carson ist den Texanern nicht beigekommen.«
Die offene Fehde zwischen den alteingesessenen Bewohnern von Percival und betrunkenen Rindertreibern aus Texas, die ihre Löhne in den Saloons der Stadt versoffen, hatte am Lassiter tags zuvor am eigenen Leib erfahren. Er war mitten auf der Mainstreet in einer Schlägerei geraten, die er erst mit einigen Fausthieben und harten Worten hatte beenden können.
»Müssten die Stadtverordneten keinen Sheriff ernennen?«, erkundigte sich Lassiter, als der Kellner ihnen Bourbongläser gebracht hatte. Er schwenkte das Glas und trank einen Schluck. »Es gibt bessere Männer für dieses Amt.«
»Die Stadtverordneten sind heillos zerstritten«, äußerte Macey und schüttelte den Kopf. Er starrte in den hellbraunen Bourbon. »Wissen Sie, ich lebe seit zehn Jahren in Percival, aber so gefährlich war es in den Straßen noch nie. Im vergangenen Sommer hatten wir hundertvierundzwanzig Tote in der Stadt.« Er zog den Mund schief. »Für meinen Teil bin ich froh, dass die Brigade Sieben einen erfahrenen Mann wie Sie zu uns geschickt hat.«
»Ich kam wegen Carson«, sagte Lassiter und trank erneut einen Schluck. Er musste an die Tage in Carsons Gesellschaft denken, als sie durch die Sierra Nevada geritten waren und Telegramme für die Northern Telegraph zugestellt hatten. »Er war mein Geschäftspartner zu früherer Zeit.«
Der Mittelsmann nickte verständig. »Carson war ein guter Marshal. Er hielt die Stadt zusammen und konnte mit den Texanern umgehen. Trotzdem ist er von einem von ihnen erschossen worden.« Er seufzte. »Es ist eine Tragödie für Percival.«
Aus einem Separee des Saloons stieg das Gelächter eines jungen Freudenmädchens auf, das einen seiner Kunden mit Schmeicheleien um den Finger wickelte. Die übrigen Nischen des Rose Garden waren leer und vornehm für weitere Gäste gedeckt.
»Es wird kein leichter Weg für Sie«, fuhr Macey nach einigen Sekunden fort. »Man hat Ihnen in Washington ein Kuvert mit allen entscheidenden Erkenntnissen zusammengestellt. Sie finden in dem Kuvert unter anderem die Vita von John Thurles, ein mächtiger texanischer Rinderzüchter, mit dem Sie sich gut stellen sollten.«
»Steckt er hinter dem Mord an Carson?«, fragte Lassiter und riss das Kuvert auf. Ein Stapel Informantenberichte und Carsons Marshalsstern lagen darin. »Muss ich Thurles auf den Zahn fühlen?«
»Er würde niemanden ermorden«, verneinte Macey mit einem Kopfschütteln. »Er ist jedoch der mächtigste Mann der Texaner und wird Sie unterstützen müssen, sobald Sie Ihr Amt antreten. Sie sollten mit Bedacht an ihn herantreten.«
Die Informantenberichte waren säuberlich niedergeschrieben worden und reichten bis in die Zeit vor fünf Jahren zurück. Einem der Aktenblätter war eine Photographie von Thurles beigeheftet.
»Wie lange bleibe ich Marshal?«, wollte Lassiter wissen. »Ich muss die Stadt zur Ruhe bringen.«
»Zunächst einmal sind vier Wochen vorgesehen«, erläuterte Macey und formte die Hände zu einem Keil, mit dem er auf den Tisch klopfte. »Sollten Sie länger brauchen, wird die Brigade Sieben mit den Stadtverordneten sprechen. Für die Bürger der Stadt wird es jedoch danach aussehen, als ob Sie für die nächsten Jahre auf dem Posten blieben.«
»Verstanden«, sagte Lassiter. »Ich lasse Ihnen Nachricht schicken.«
»Gehen Sie zuerst zu Jolene Wilson«, fügte Macey zum Abschluss hinzu. »Sie ist die Schulmeisterin von Percival und genießt hohes Ansehen in der Stadt. Sie wird Ihnen alles Nötige sagen können.«
☆
Außer hohem Ansehen genoss Jolene Wilson vor allem den Reiz des Verbotenen, ging Lassiter nach den geflüsterten Worten, die er von der schönen Rothaarigen vernahm. Er lag rücklings auf dem Lehrerinnentisch in Mrs. Wilsons Unterrichtszimmer und konnte sich der Avancen der Schulmeisterin nicht länger erwehren.
»Sie sind ein verdammt gutaussehender Kerl«, hauchte Mrs. Wilson und schob die dünne Nickelbrille auf der Nase zurecht. »Ich hätte Sie schon früher zu einem Gespräch bitten sollen, Marshal Lassiter.«
Die Unterredung zwischen Mrs. Wilson und dem Mann der Brigade Sieben hatte nicht mal eine halbe Stunde gedauert, als sich die Schullehrerin auf ihn geworfen hatte. Nun trug sie bloß noch eine rote Korsage und dazu passende Strümpfe am Leib.
»Was John Thurles angeht …«, versuchte Lassiter trotz der reizvollen Aussicht weitere Informationen aus ihr herauszukitzeln.
Sie hielt kurz inne. »Wollen Sie jetzt tatsächlich weiter über Thurles sprechen?«
»Nein«, meinte Lassiter. »Ich muss nur meine künftigen Geschäfte in der Stadt ordnen.«
Der volle Busen der jungen Frau schwang über ihm auf und ab, während er Mrs. Wilson mit kräftigen Hüftstößen versorgte. Ihm kamen dabei die abfälligen Worte in den Sinn, die sie für ihren Ehemann gefunden hatte, und die wenigen Ausführungen, die sie vorher über Percival und dessen Bewohner gemacht hatte.
»Das tun Sie bereits, Marshal«, stöhnte Mrs. Wilson und riss ihn am Hemd in die Höhe. Sie küsste ihn voller Begierde. »Bei allem Künftigen haben Sie von nun an eine Verbündete in der Stadt.«
Ein Krug mit gespitzten Bleistiften ging zu Bruch, als Lassiter die hübsche Lehrerin ergriff und sie hinüber zur Schiefertafel trug. Er strich ihr die wallenden roten Locken aus dem Gesicht und drückte sie gegen das Tafelholz. »Ich kann bei Ihnen kaum an mich halten.«
»Dann zügeln Sie sich nicht!«, presste Mrs. Wilson hervor und ließ sich wieder auf Lassiters steifen Pint rutschen. Sie bewegte sich an ihm auf und ab und gab ein erregtes Stöhnen von sich. »Besorgen Sie es mir lieber!«
Nichts lieber als das tat Lassiter.
Er trieb es über eine halbe Stunde lang mit der Schulmeisterin, die immer wieder aufs Neue andere Stellungen einforderte, als könnte die eine die Lust der anderen noch übertreffen. Als sie eng umschlungen am Boden und auf zermalmten Kreideresten lagen, kam es Mrs. Wilson endlich.
Sie schrie vor Begierde auf und klammerte sich an Lassiters Schultern fest.
Danach lagen sie müde und erschöpft auf den Dielen des Klassenzimmers.
»Sie müssen mich für ein Flittchen halten«, meinte Mrs. Wilson und blickte zur Decke. »Aber Sie kennen meinen Mann nicht. Er ist ein fürchterliches Scheusal.«
»Sie müssen keine Beichte ablegen«, versetzte Lassiter und drehte den Kopf zu ihr. Er strich durch das rote Haar von Mrs. Wilson. »Wo finde ich Mr. Thurles? Er soll der mächtigste Rinderhirte in der Gegend sein.«
»Thurles ist die graue Eminenz der texanischen Rinderzüchter«, gab Mrs. Wilson zur Antwort. »Er ist meist draußen auf den Ostweiden. Ich kenne ihn kaum, aber er scheint ein anständiger Mann zu sein.« Sie wandte ebenfalls den Kopf zu ihm. »Im Gegensatz zu Ihnen, Mr. Marshal.«
Der große Mann lächelte vergnügt. »Zweite Runde, Ma’am?«
☆
Der Lärm in der Mainstreet war zu laut, als dass Jack Wilson ihn ertragen konnte. Der pockennarbige Rindertreiber aus Austin stolperte vor den überfüllten Tanzhäusern entlang, setzte die Whiskeyflasche an die Lippen und stürzte auf die schlammige Straße. Er rollte sich einmal herum und blieb seufzend liegen.
»Himmelherrgott!«, brüllte er in den wolkenverhangenen Nachthimmel hinauf. »Hat man in dieser verdammten Stadt keinen Augenblick seine Ruhe?«
Ein Bärtiger in einem dreckverschmierten Mantel beugte sich über ihn. Er reichte Wilson die Hand und half ihm auf.
»Percival ist kein Ort für verdammte Säufer«, knurrte der Bärtige und hob die Whiskeyflasche auf. Er trank zwei Schlucke und gab sie Wilson zurück. »Gibt in der Stadt bald mehr Texaner als in ganz Texas!«
Die Männer stützten einander und wankten auf den Paradise-Saloon zu, vor dem die Huren ihnen verführerisch die Hände entgegenreckten. Wilson wehrte die Mädchen ab und klopfte seinem Begleiter auf den Rücken.
»Da sprichst du ein wahres Wort, mein Freund«, lallte Wilson. »Für ’nen Texaner gibt’s nur einen Grund, in Percival zu sein!« Er packte eine der Huren und drückte sie an sich. »Brüste, dass es dir die Sprache verschlägt!«
Das Mädchen küsste den Rindertreiber flüchtig und fuhr mit der Hand über seinen kräftigen Oberkörper. Lächelnd schmiegte es sich an ihn. »Was sucht ein stattlicher Kerl wie du auf der Straße? Du gehörst in ein Bett mit ’nem hübschen Täubchen daneben, hörst du?«
Wilson hielt die Hure fest und betrat mit ihr das Paradise. Eine Mischung aus dumpfen Pianoklängen, Stimmengewirr und kehligem Gelächter schlug ihnen entgegen.
»Das Täubchen bist du wohl?«, meinte Wilson und reichte ihr die Whiskeyflasche. »Was soll’s kosten, Schätzchen?«
Das Mädchen trank und wischte sich den Mund ab. Es rülpste und hielt sich kichernd die Hand vor den Mund. »Zehn, wenn du’s nur mit den Lippen willst, zwanzig, wenn’s alles sein soll.« Es trank die Flasche leer. »Fünfzig, wenn du ausgefallene Wünsche hast.«
Wilson grinste und strich der Hure durch die braunen Haarsträhnen.
»Für die gottverdammte Sünde bin ich nicht hier, Kleines«, sagte er und wurde ernst. »Ich brauche ’nen Mann, der jemanden umlegen kann. Hab ’ne Menge Gold dabei.«
Die Hure erstarrte und trat einen Schritt zurück. Sie nahm ihn bei der Hand und führte ihn in einen der dunkleren Winkel des Saloons. »Du hast nicht nur zu viel getrunken? Was springt dabei für mich heraus?«
Wilson musterte ihr schmales Gesicht, in dem sich untrügliche Anzeichen von Gier abzeichneten. Er öffnete die Jackentasche und nahm ein daumengroßes Goldnugget hervor.
»Dafür besorgst du mir den Kerl und legst ein gutes Wort für mich ein«, sagte Wilson. »Hab’ keine Lust, mich von ’ner Hure übers Ohr hauen zu lassen.«
Das Mädchen nahm das Nugget, biss darauf und ließ es in der Rocktasche verschwinden. Sie deutete mit dem Kinn zu der staubigen Holztreppe, die ins Obergeschoss führte. »Komm mit, ich werd’ ihn dir zeigen. Sein Name ist Samuel Fowler.«
Sie kämpften sich durch die Saloongäste und stiegen die knarrenden Holzstufen hinauf. Auf dem Treppenabsatz blieb das Mädchen stehen.
»Er ist ein Landstreicher. Ziemlich übler Geselle. Er hat freie Gunst bei allen Mädchen, seit er Filby einen Gefallen getan hat.«
Filby war der nach Schweiß stinkende Besitzer des Paradise. Wilson war ihm vor einigen Wochen an der Bahnstation begegnet. Ein Schwarm Mädchen hatte den fetten Saloonwirt begleitet. Filbys heiseres Keuchen war im ganzen Zug zu hören gewesen.
»Wie kommt’s, dass Filby ’nem Landstreicher seine Nutten überlässt? Verdammt nobler Zug von ihm.«
Die Hure stieg die restlichen Treppen hinauf. Die Galerie, die sie betraten, lag in dämmrigem Halbdunkel.
»Fowler hat ein paar verflucht schmutzige Sachen für Filby erledigt.« Sie zuckte mit den Schultern. »Solches Pack verträgt sich immer.«
Sie klopfte an eine Tür und wartete auf Antwort. Wilson starrte in ihr verlockend pralles Dekolleté.
»Scheint, als könnte man auf den Geschmack kommen«, murmelte er und griff unauffällig nach dem Revolver, als sich die Tür einen Spalt öffnete.
Samuel Fowler war ein rotgesichtiger Hüne mit fleischigen Händen. Er stemmte sich gegen die Tür und blickte das Mädchen finster an. Seine weibliche Gesellschaft, die im Zimmer auf dem Bett saß, warf sich hastig ein Tuch über die nackten Schultern.
»Was willst du, Kitty?«, fuhr er die Hure an. »Weißt genau, dass ich nicht gestört werden will.«
»Blas’ dich nicht so auf!«, feuerte Kitty zurück. »Ich will dir jemanden vorstellen. Der Kerl hier sucht jemanden wie dich.«
Sie deutete mit dem gestreckten Daumen auf Wilson und winkte dem Mädchen, das mit Fowler im Zimmer war. Die andere Hure erwiderte den Gruß, kleidete sich an und schlüpfte unter Fowlers Arm hindurch. Sie hauchte dem Landstreicher einen Kuss auf die Wange und sprang mit Kitty die Treppe hinunter.
Die beiden Männer starrten einander an.
»Nun, was willst du?«, brach Fowler schließlich das Schweigen. »Solltest ’nen guten Grund haben, mich um meine Lust zu bringen.«
Wilson trat ins Zimmer und schaute sich darin um. Als er sich vergewissert hatte, dass sie allein waren, bat er Fowler, die Tür zu verriegeln. »Kitty sagte, ich könnte dich brauchen. Ich muss mir jemanden vom Leib schaffen.«
Fowler zog sich das Hemd über den haarigen Bauch, schnäuzte sich in die Hand und angelte mit dem Fuß nach seinen Stiefeln. Er ließ sich auf den Hocker fallen und rieb sich den Schmutz von den Zehen.
»Willst jemanden erledigen, was? Wird aber ein bisschen kosten. Muss auch sehen, wo ich bleibe.«
Er zog sich den rechten Stiefel an und stützte sich mit beiden Händen auf die Knie. »Was hast du für mich? Gold? Oder ein paar Schuldscheine?«
Wilson zögerte nicht. Er schluckte den bitteren Whiskeygeschmack herunter, der ihm auf der Zunge lag, und leerte seine Taschen. Seine Hände waren voller Goldnuggets.
»Sie gehören dir, wenn du den Auftrag annimmst. Sollten vierhundert Dollar wert sein.«
Fowler griff nach einem der Nuggets und hielt es ins Licht der Tranlampe. Sein rechtes Auge zog sich zu einem Schlitz zusammen.
»Um wen geht es?«, wollte er wissen. »Willst du ’nen verdammten Regierungsbeamten ins Grab packen?«
Wilson schüttelte den Kopf.
»Meine Frau«, brummte er. »Du sollst meine Frau töten. Sie heißt Jolene Wilson.«
Fowler hob erstaunt die Brauen. Er zog sich den anderen Stiefel an und streckte die Beine aus.
»Jolene Wilson, die Schulmeisterin? Ist beileibe nicht die, an die ich bei ’nem Mord gedacht hätte.« Er verschränkte die Arme im Nacken. »Die Kleine muss dir ’ne ziemliche Last sein, wenn du ihr die Kehle aufschlitzen lassen willst.«
»Sie ist mir im Weg«, erwiderte Wilson knapp. »Nimmst du an oder nicht?«
Fowler sann nach. Er betrachtete seinen Besucher, der mit versteinerter Miene zu ihm zurückstarrte.
»Einverstanden«, meinte Fowler nach einer Weile. »Sobald ich die Nuggets habe, kriegt Jolene Wilson ihren Totengräber.« Er presste die Lippen aufeinander. »Armes, hübsches Ding.«
Wilson lächelte kühl.
»Stell mit ihr an, was du willst, aber richte keine Schweinerei an.« Er schwieg einen Moment. »Nimm einen Strick oder ein Tuch, damit’s keinem auffällt.«
Die zwei Männer traten aufeinander zu und reichten sich die Hände. Fowler lachte trocken.
»Geschieht einem nicht alle Tage, dass einer seine Frau übern Jordan bringen will«, sagte er und öffnete Wilson die Tür. »Triff mich in zwei Tagen hier im Paradise. Ich werde auf dich warten.«
☆
Von Kindesbeinen an war das Rindergeschäft für John Thurles Gewohnheit gewesen. Mit zwanzig hatte er die Geschäfte von seinem Vater übernommen, mit dreißig den ersten Trail zwischen Kansas und Texas begründet. In den Jahren nach dem Bürgerkrieg war er im Besitz der meisten Rinder zwischen Fort Worth und Percival gewesen. Der Name Thurles stand für unüberschaubare Herden und gesundes Vieh.