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Wie ein Lauffeuer hatte sich die Nachricht in Harrington verbreitet, dass Marshal Edward P. Moore angeschossen die Mainstreet hinunterritt. Er hätte die "Mähne" gejagt, hieß es, und die Männer der berüchtigten Banditenbraut hätten ihm am Buffalo Creek aufgelauert.
"Deputies!", rief Moore mit letzter Kraft aus dem Sattel. "Zu mir!"
Von sämtlichen Seiten drängten die Bewohner von Harrington heran, und die beiden Deputies mussten sich einen Weg durch die Menge bahnen. Sie stützten den blutenden Moore und halfen ihm vom Pferd.
"Marshal!", rief einer von ihnen. "Bei Gott, was ist geschehen?"
"Sie kommen!", flüsterte Moore und wankte vor Schwäche. "Bringt euch in Sicherheit!"
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Seitenzahl: 127
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cover
Impressum
Blonde Mähne, schwarze Seele
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: Boada/Norma
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-7358-5
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Blonde Mähne, schwarze Seele
Wie ein Lauffeuer hatte sich die Nachricht in Harrington verbreitet, dass Marshal Edward P. Moore angeschossen die Mainstreet hinunterritt. Er hätte die »Mähne« gejagt, hieß es, und die Männer der berüchtigten Banditenbraut hätten ihm am Buffalo Creek aufgelauert.
»Deputies!«, rief Moore mit letzter Kraft aus dem Sattel. »Zu mir!«
Von sämtlichen Seiten drängten die Bewohner von Harrington heran, und die beiden Deputies mussten sich einen Weg durch die Menge bahnen. Sie stützten den blutenden Moore und halfen ihm vom Pferd.
»Marshal!«, rief einer von ihnen. »Bei Gott, was ist geschehen?«
»Sie kommen!«, flüsterte Moore und wankte vor Schwäche. »Bringt euch in Sicherheit!«
Die Staubfahnen über der Prärie kamen für die sechsjährige Mary jenen flüsternden Teufeln gleich, von denen ihr Bruder John letzte Nacht vorgelesen hatte. Sie jagten mit dem Wind über das Gras und verhüllten die Gestalten, die sich in ihnen befanden. Das Mädchen erklomm den Steg des Wasserspeichers und hielt wegen der gleißenden Sonne die Hand über die Augen.
»Mary!«, rief von unten ihre Mutter Anna Yorkson und stemmte ärgerlich die Arme in die Seiten. »Was treibst du dort oben? Die Hühner sind nicht gefüttert!«
Das Gackern der hungrigen Hennen, die in ihrem Stall die Erde zerscharrten, vernahm Mary längst nicht mehr. Sie hielt den Blick ängstlich auf die herannahenden Staubteufel gerichtet und klammerte sich an der Brüstung des Wasserturmes fest. Der Wind fegte durch das kniehohe Präriegras, mit dem die Weiden nordöstlich der Yorkson Ranch gesegnet waren.
»Mary!«, rief Anna Yorkson erneut und stieg die Leiter zum Turm hinauf. Sie war eine hoch aufgeschossene Frau mit blondem Haar, in dem sich Mary nachts zu gern festhielt. »Zum Teufel noch eins! Weshalb kommst du nicht herunter, wenn ich dich rufe!«
Wortlos hob Mary den Arm und deutete auf die Phalanx von vierzig oder fünfzig Reitern, die auf die Yorkson Ranch zuhielten. Sie saßen aufrecht in den Sätteln und hielten Gewehre in den Händen.
»Gott im Himmel!«, wisperte Anna und legte den Arm um ihre Tochter. Die Rancherin starrte ebenso gebannt in die Ebene hinunter wie Mary. »Wie lange stehst du schon hier oben?«
Ohne einen Laut zuckte Mary mit den Schultern und fühlte warme Tränen auf ihren Wangen. Sie hörte im Geist die Stimme ihres Bruders John, der die aufgeschlagene Bibel auf den Knien hatte und Mary vor den Teufeln warnte, die einem unentwegt etwas einflüstern würden. Er hatte ihre Stimme nachgeahmt, und sie hatten geklungen wie der säuselnde Wind, der durch die Prärie wehte.
»George!«, rief Marys Mutter mit lauter Stimme und lehnte sich über die Brüstung nach unten. »George, hörst du mich? Es kommen Berittene! Zwei Dutzend sind’s bestimmt! George?«
Unten auf dem Hof der Ranch erschien der schwarze Schopf von George Yorkson, der gerade die Jährlinge in den Corral getrieben hatte. Er spähte zu Mary und seiner Frau hinauf und bedeutete ihnen mit einem Handzeichen, dass er zu ihnen heraufkam. Er rief nach Marys Brüdern John und Albert, die in der Scheune Weizensäcke auf die Lastkutsche luden.
»Kommt schon!«, rief Marys Vater und holte die Flinte aus dem Haus. Er winkte die Jungen zu sich heran. »Nehmt die Gewehre mit! Draußen auf den Weiden geht irgendetwas vor sich!«
Die aufkommende Unruhe der Rancherfamilie übertrug sich auf Mary, die sich plötzlich schuldig wähnte an dem Durcheinander. Sie begann laut zu weinen und schmiegte sich an den Rock ihrer Mutter.
Die Teufel hatten unterdessen das Ranchtor erreicht.
Sie ritten allesamt auf pechschwarzen Rappen, deren Zaumzeuge von silbernen Conchos zusammengehalten wurden. An der Spitze des Trupps erkannte Mary eine blonde Frau mit einer schweren Schrotflinte auf dem Arm.
Sie schoss zuerst auf John.
Der krachende Feuerstoß riss Marys älteren Bruder von den Beinen, als hätte ihn ein Pferd umgeritten. John hatte plötzlich zwei Löcher im Oberkörper und taumelte rücklings gegen die Scheune. Er hatte den verdutzten Ausdruck im Gesicht, den er immer hatte, sobald er etwas nicht verstand.
»John!«, hauchte Marys Mutter und schlug die Hand vor den Mund. Sie rührte sich nicht von der Stelle, währenddessen unter ihnen weitere Schüsse krachten.
Erst stürzte Marys Vater George in den Staub, danach der klein gewachsene Albert, der im Sturz seinen Hut verlor und mit dem Antlitz voran in den Schmutz fiel. Er rührte sich kein bisschen mehr, und es war diese unvermittelte Leblosigkeit, die Mary die meiste Furcht einjagte.
»Mom«, flüsterte das Kind und krallte die Finger in den Rock der Ranchersfrau. »Mom, was wollen diese Leute –«
Statt einer Antwort presste Marys Mutter den Finger auf den Mund und ging mit ihrer Tochter in die Hocke. Sie drückte sich mit dem Rücken an den Wasserspeicher und lugte in den Hof hinunter. »Sie wollen das Öl, Mary … Das schwarze Öl unter unseren Weiden.«
Vor allem Marys Vater hatte in den vergangenen Wochen häufig über die klebrige Flüssigkeit gesprochen, die hier und dort aus dem Weideboden quoll. Eine Gruppe Männer war auf der Ranch gewesen, die mit der Familie über das Öl gesprochen hatten.
Keiner der Männer war Mary freundlich vorgekommen.
»Öl?«, fragte das Mädchen.
Erneut krachten unter ihnen die Gewehre, als aus dem Stall zwei Pferde ausbüxsten und die Tiere der Fremden in Aufruhr versetzen. Die beiden Yorkson-Pferde brachen getroffen zusammen und blieben zwischen den Leichnamen von Marys Vater und denen ihrer Brüder liegen.
»Still!«, flüsterte Anna und griff nach Marys Hand. »Sie dürfen nichts von uns mitbekommen.«
Durch die Bretterspalten zwischen ihren Füßen konnte Mary dennoch verfolgen, was auf dem Hof vor sich ging. Sie ließ die blonde Frau nicht aus den Augen, die neben ihren Vater trat und ihn achtlos mit dem Fuß anstieß. Der Kopf von Marys Vater kippte mechanisch zur Seite.
»Bringt sie rüber auf die Ostweide!«, befahl die Frau mit schneidender Stimme. Sie winkte ihre Leute heran und zeigte auf George und Albert. »Die Jungen auch! Ich will, dass sie bei Sonnenuntergang brennen. Es darf keiner auch nur einen Hauch von ihnen finden, verstanden?«
Die Männer nickten gleichgültig und ängstigten Mary damit zu Tode.
☆
Die Ampulle voll bernsteinfarbenem Waltran in den Händen von Carl Sanders, dem Mittelsmann der Brigade Sieben im Penshaw County, sprang bei jedem Rucken der Kutsche in die Höhe. Der Actienagent und frühere Bürgermeister der Stadt Harrington hielt sie fest umklammert und erläuterte seinem schweigenden Mitpassagier die Vorzüge von Fischöl. »Sie müssen ausschließlich für genügend Nachschub sorgen. Die Städte im Osten sind auf dieses Öl angewiesen.«
Der Mann auf dem Sitzpolster gegenüber lauschte geduldig und nickte. Er war von breiter Statur, hatte sandblondes Haar und war mitten in den Cook Hills zugestiegen. Der Zweispänner rollt in lockerem Trab auf Harrington zu.
»Aber jetzt kommt diese Raffinerie!«, ereiferte sich Sanders und schüttelte die Ampulle in der Hand. Er steckte sie in die Ledertasche zurück, die quer über seinen Schenkeln lag. »Die Herald Oil Refinery schickt sich an, den größten Walöllieferanten in Amerika das Geschäft mit billigem Erdöl zu verderben. Der Präsident ist verständlicherweise in höchster Unruhe, Mr. Lassiter.«
Der Angesprochene schwieg weiterhin und starrte am schaukelnden Fenstervorhang vorbei in die Prärie hinaus. Er war telegraphisch über das Treffen mit Sanders verständigt worden und hatte dafür einen Einsatz in Leightonville abbrechen müssen. »Der Präsident sollte zu niemandes Gunsten Partei ergreifen.«
»Wollen Sie dem Präsidenten Lehren erteilen?«, knurrte Sanders und zog ein bräunliches Kuvert aus der Ledertasche. Er reichte es dem Mann der Brigade Sieben und seufzte leise. »Die Brigade Sieben hat Befehle unmittelbar aus dem Präsidentenbüro erhalten. Es scheint darum zu gehen, einen Krieg zwischen der Herald Oil und den Walfängern zu verhindern.«
Die Herald Oil unter dem Vorsitz von Conrad P. Wellton, berichtete Sanders weiter, schaltete seit einiger Zeit Reklameanzeigen in den größten Zeitungen Amerikas, in denen sie frisch abgepumptes Erdöl als günstigen Ersatz für das allerorten verbreitete Walfischöl anpries. Sie hatte sich damit den Unmut der mächtigen Walfängerflotten zugezogen, die ihr Öl als Kraftstoff für Leuchten und Straßenlaternen anboten.
»Der Präsident will der Herald Oil nicht schaden«, schloss der Mittelsmann seine Rede. »Aber er will sicherstellen, dass Wellton und seine Raffinerie mit rechtmäßigen Mitteln vorgehen. Es scheint unglaubhaft, dass die Herald Oil in solch kurzer Zeit auf derart viele Ölquellen gestoßen sein soll.«
Der Kutscher trieb die Pferde mit einem lauten Ruf an und ließ die Peitsche knallen. Inzwischen hatte Lassiter das Kuvert aus dem Hauptquartier der Brigade Sieben aufgerissen. Es enthielt Niederschriften von Informanten und einige Zeichnungen der Herald Oil Refinery sowie ihres Direktors Conrad P. Wellton. »Was wirft man der Herald Oil vor?«
Der Mittelsmann schürzte die Lippen, überlegte einen Moment und setzte zu einer Antwort an. »Die Herald Oil scheint mit allen Mitteln nach Quellen rings um Harrington zu suchen. Sie hat einigen Ranchern das Land abgekauft, obwohl es nichts Wertvolles darauf gibt.«
Zwischen den Zeichnungen befand sich auch die Abbildung einer jungen Frau, die ein Bandana um Stirn und Haare trug. Sie hielt einen Karabiner in den Händen und blickte den Betrachter herausfordernd an.
»Caren Blake«, sagte Sanders und deutete auf die Bleistiftzeichnung. »Die Leute in der Gegend nennen sie ›Black Soul’. Keiner weiß so recht, woher sie gekommen ist, aber sie befehligt eine Gruppe kaltblütiger Söldner. Sie scheint die Drecksarbeit für Herald Oil zu erledigen.«
»Drecksarbeit?«, erkundigte sich Lassiter und betrachtete die Zeichnung näher. Das Blatt war mit Notizen versehen, die Carens Haarfarbe und ihren letzten Aufenthaltsort, das Seeger’s in Harrington, nannten. »Was wirft man ihr vor?«
»Einige der Rancher wollten nicht an Herald Oil verkaufen«, gab Sanders zur Antwort und schaute aus dem Kutschfenster. »Sie bekamen ungebetenen Besuch. Meist waren es fast vierzig Reiter, die jeden Widerstand seitens der Ranchleute brechen konnten.« Er sah zurück zu Lassiter. »Vor einer Woche hat es George Yorkson und seine beiden Söhne erwischt. Sie wurden vor der Scheune auf ihrem eigenen Land erschossen.«
Das Gespann bog auf eine größere Karrenstraße ein, die hinüber nach Harrington führte. Die Häuserfassaden der Stadt ragten wie Kulissen in der staubigen Prärie auf.
»Die Rancherin und ihre Tochter beschrieben uns eine blonde Frau als Täterin.« Sanders wies mit einer Hand zum Kuvert in Lassiters Händen. »Caren Blake könnte dahinterstecken.«
»Ich spüre Miss Blake auf«, sicherte Lassiter zu. »Sie wird keinem Rancher mehr schaden.«
»Die Herald Oil wird Ihnen dabei keine Hilfe sein«, gab Sanders zu bedenken. »Allerdings hat Ihnen Washington eine offizielle Beglaubigung der Southern Whaling Commission besorgt. Sie können sich als Unterhändler der Walfänger ausgeben und dürften damit die ganze Aufmerksamkeit von Direktor Wellton haben.«
Draußen knallte abermals die Peitsche, und die Kutsche rollte in die Mainstreet von Harrington ein. Sie wurde von mehreren Jungen eingeholt, die Lassiter Zigaretten und Wochenschriften anboten.
»Äußerst hilfreich«, sagte Lassiter zu Sanders und warf einem der Jungen einen Vierteldollar zu. »Ich telegraphiere Ihnen, sobald ich Näheres weiß.«
☆
Die Vanderbilt durchbrach in stiebender Gischt den Wellenberg und sackte mit dem Bug über zehn Fuß in die Tiefe. Sie grub sich bis zum Focksegel in die Fluten und tauchte erst nach einem gedehnten Ächzen wieder daraus hervor. Die beiden Holländer am Großmast wurden von einer Welle zur Seite gespült und blieben mit den Armen in den Netzen hängen.
»Runter mit dir!«, brüllte Captain Rick Donahue Tommy an und stieß ihn mit dem Ellbogen quer über das Achterdeck. Er hielt das Steuerrad umklammert und warf es mit einem Ruck zur Seite. »Nun mach’ schon, Kerl! Die Dummköpfe brauchen dich! Hol’ sie raus!«
Die zornige See mit ihren turmhohen Wellen lähmte Thomas Blake, obgleich er in den vergangenen Wochen alles daran gesetzt hatte, sich bei Donahue einen vernünftigen Ruf zu verschaffen. Er war mit dem Harpunier auf den Pottwal hinübergesprungen, den sie vor den Galligan-Inseln verfolgt hatten, und hatte die verklemmte Harpunenspitze aus dem Fleisch gezogen. Er war mit dem Ruderboot dicht an den Kadaver herangefahren, der ihnen in der Dämmerung abzusinken gedroht hatte.
Thomas hatte die Gefahr nicht gescheut.
Bloß in dieser Nacht versagten ihm die Glieder, riet ihm eine innere Stimme, die Holländer ihrem Schicksal zu überlassen und sich stattdessen in der Achterkajüte in Sicherheit zu bringen. Er wollte nicht den Kopf für diese Greenhorns hinhalten, die sie bei Saint George an Bord genommen und seither zur Deckarbeit buchstäblich hatten prügeln müssen.
»Lauf!«, brüllte Donahue hinter dem Steuerrad und funkelte Thomas zornig an. Er hatte glitzerndes Meerwasser im Bart. »Oder bist du genau solch ein Feigling wie diese Nichtsnutze?«
Wieder lief die Vanderbilt einen gewaltigen Wellenberg hinauf und kam trotz geblähtem Groß- und Besansegel fast zum Stillstand. Sie trotzte dem peitschenden Wirbelsturm, in den sie gesteuert hatten, tat es jedoch auf ihre eigene und stolze Art.
»Wal!«, brüllte plötzlich einer der Holländer. Er hatte sich aus dem Netz befreit, in das ihn die letzte Welle gespült hatte. »Wal! Auf Nordost!«
Glänzend und schimmernd hob sich aus der aufgeschäumten See die Fluke eines Pottwals und verharrte für einen Moment im Mondlicht. Sie war vielleicht dreißig oder vierzig Fuß von der Steuerbordwand entfernt. Der Harpunier stürmte aus einer Kajüte und rief dem Kapitän etwas zu.
»Holt ihn euch!«, schrie Donahue gegen den heulenden Sturm an und stemmte sich gegen die Sprossen des Steuerrads. Er verkniff das Gesicht vor Schmerz. »Solch einen Fang machen wir die nächsten Jahre nicht mehr!«
Die Holländer hatten sich in der Zwischenzeit selbst befreit und irrten zum Vormast, an dem sie vom Harpunier zur Seite gestoßen wurden. Sie verzurrten das Focksegel aufs Neue und hielten sich an den Tauen fest, als die Vanderbilt den Wellengipfel überwand und mit der Bugspitze auf den Ozean zuraste.
Im gleichen Moment sah Thommy die Fluke erneut.
Sie befand sich hoch über ihnen, als wollte sie sich in ihrer todbringenden Schwärze zu den hellen Segeln gesellen, von denen die Vanderbilt getrieben wurde. Der Wal musste unter dem Kiel hindurchgetaucht sein und setzte zum Angriff an.
»Harpune!«, brüllte Donahue heiser. »Harpune!«
Der Harpunier indes war genauso gebannt vom Anblick der Pottwalfluke wie Thommy. Er hielt sich am Griff der Jagdkanone fest und bekreuzigte sich in aller Eile.
Dann schnellte die Flosse auf das Deck herunter.
☆
Schweißnass fuhr Caren Blake von ihrem Nachtlager auf.
Zum zweiten Mal in dieser Woche hatte sie von Thommy und dessen Tod geträumt, von der Vanderbilt und dem Pottwal, der den Dreimaster mitten auf dem Pazifik zertrümmerte. Vom Tod ihres Sohnes hatte Caren nur durch den Harpunier erfahren, der als einziger Schiffbrüchiger gerettet worden war. Sie wusste, dass Thommy irgendwo in den kalten Fluten des Ozeans trieb, fern seiner Heimat und fern seiner Mutter.
Die übrigen Männer schliefen fest.
Auf Carens Befehl hin hatte sich der Trupp auf die alte Barrows Ranch zurückgezogen, die eine Viertelmeile östlich des Fawlmouth River lag und ausreichend Platz für fünfzig Männer und ihre Pferde bot. Sie war schon vor Jahren aufgegeben worden, nachdem das Öl unter den Weiden das Brunnenwasser vergiftet hatte.
»Caren?«, erwachte Jack Fenner in der Ecke und richtete sich auf. Er griff nach seinem schottischen Whiskey und trank einen Schluck. »Verdammt, es ist fünf Uhr morgens … Du hast wieder geträumt, nicht?«