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Ballade für zwei Killer
Ryder Hamsfield hatte ein Gespür dafür, wenn eine Bedrohung in der Luft lag. Nicht umsonst war der Rancher in einem hart umkämpften Geschäft bis in die oberen Ränge vorgestoßen. Und in diesem Moment sagte ihm sein Gefühl, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war.
Gerade erst war er aus den Stallungen seines Anwesens ins Haupthaus zurückgekehrt, um sein Arbeitszimmer aufzusuchen. Die Tür war nur angelehnt, obwohl er hätte schwören mögen, sie ins Schloss gezogen zu haben.
Auf leisen Sohlen trat Hamsfield näher. Durch den Türspalt fiel der matte Schein einer Petroleumlampe. Mit der Fußspitze schob der Rancher die Tür auf, zog seinen Revolver und machte einen Satz ins Zimmer.
Bereits einen Lidschlag später erstarrte er mitten in der Bewegung.
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Seitenzahl: 124
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Impressum
Ballade für zwei Killer
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: Boada/Norma
Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-7686-9
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Ballade für zwei Killer
Ryder Hamsfield hatte ein Gespür dafür, wenn eine Bedrohung in der Luft lag. Nicht umsonst war der Rancher in einem hart umkämpften Geschäft bis in die oberen Ränge vorgestoßen. Und in diesem Moment sagte ihm sein Gefühl, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war.
Gerade erst war er aus den Stallungen seines Anwesens ins Haupthaus zurückgekehrt, um sein Arbeitszimmer aufzusuchen. Die Tür war nur angelehnt, obwohl er hätte schwören mögen, sie ins Schloss gezogen zu haben.
Auf leisen Sohlen trat Hamsfield näher. Durch den Türspalt fiel der matte Schein einer Petroleumlampe. Mit der Fußspitze schob der Rancher die Tür auf, zog seinen Revolver und machte einen Satz ins Zimmer.
Bereits einen Lidschlag später erstarrte er mitten in der Bewegung.
In dem Ledersessel hinter seinem Schreibtisch saß eine Gestalt im Licht der Petroleumleuchte, deren Gesicht jedoch auf geheimnisvolle Weise stets im Dunkeln blieb. Deutlich sichtbar aber war der Sechsschüsser, den der Fremde auf Hamsfield gerichtet hatte.
»Wer sind Sie?«, platzte es aus dem Rancher heraus. »Wie sind Sie in mein Haus gekommen?«
»Durch die Tür«, raunte der Unbekannte. »Dafür wurde sie doch gemacht.« Zwei, drei Sekunden vergingen, ehe er weitersprach. »Was Ihre erste Frage angeht, Mister Hamsfield, ist sie genauso überflüssig wie falsch. Die richtige Frage hätte gelautet, was ich von Ihnen will.«
Mühsam zwang sich der Rancher zur Ruhe. »Und? Was wollen Sie?«
Der Eindringling lachte. »Ich habe mich in Ihr Haus geschlichen und ziele mit meiner Waffe auf Ihr Herz. Was denken Sie wohl, was ich von Ihnen will?«
»Geld?«, blaffte Ryder Hamsfield. »Sie wollen mich ausrauben?« Nun war es an dem Rancher zu lachen. »Da muss ich Sie enttäuschen! Ich habe meine gesamte Barschaft erst gestern zur Bank gebracht.« Der Eindruck, seinem Gegenüber überlegen zu sein, verstärkte sich. »Es wäre nett, wenn Sie sich ebenfalls vorstellen würden, Mister. Meinen Namen kennen Sie ja schon.«
»Monegan«, sagte der Mann hinter dem Schreibtisch. »Dave Monegan.«
»Amerikaner sind Sie anscheinend nicht.« Gelassen steckte Hamsfield seinen Revolver zurück ins Holster.
»Ich bin Ire, um genau zu sein«, erklärte Monegan. »Meine Herkunft sollte für Sie jedoch von nebensächlichem Interesse sein. Haben Sie etwa die Waffe in meiner Hand vergessen?«
Hamsfield straffte sich. »Sie hätten sie längst einsetzen können«, meinte er großspurig. »Wenn Sie mich töten wollten, hätten Sie es längst getan.«
Ein Mündungsblitz flammte auf, unmittelbar gefolgt vom brüllenden Donnern des Revolvers in Monegans Faust. Hamsfield knickte in der Hüfte ein und stieß einen gellenden Schrei aus. Er war nicht aus Schmerz geboren, sondern aus dem Entsetzen, dass sein Feind abgedrückt hatte.
»Verdammter Bastard!«, ächzte der Rancher und presste seine rechte Handfläche auf die Schusswunde in seinem Oberschenkel. »Damit haben Sie sich selbst ans Messer geliefert! Meine Wachen werden Sie auseinandernehmen!«
Dave Monegan spannte seelenruhig den Hahn seines Sechsschüssers und richtete die Mündung erneut auf Hamsfields Herz. »Sie meinen die drei Kerle, die mit durchgeschnittener Kehle neben dem Zufahrtsweg liegen?« Ein mildes Lächeln umspielte seine Züge. »Kommen wir zurück zum Grund meines Besuchs. Es gibt ein paar besorgte Konkurrenten, die sich nicht erklären konnten, weshalb ihre Weidezäune zerstört, ihre Herden dezimiert und ihre Zuchtbullen getötet wurden.«
Unwillkürlich wurde Ryder Hamsfield blass, doch noch hatte er sich im Griff. »Was hat das mit mir zu tun?«, zischte er zwischen zusammengepressten Zähnen.
Monegan fuhr fort. »Einer Ihrer Handlanger ist bei seinem schmutzigen Handwerk auf frischer Tat ertappt worden. Nachdem die Männer, die ihn gestellt hatten, mit ihm fertig waren, ist die Wahrheit nur so aus ihm herausgesprudelt. Er wusste, dass es um sein Leben ging. Und wahrscheinlich wusste er auch, dass er es nicht retten konnte. Wenigstens aber wollte er seinem Auftraggeber ebenfalls noch den Strick um den Hals legen. Es dürfte für Sie wenig überraschend sein, dass dabei Ihr Name fiel, Mister Hamsfield …«
»Na und?«, blaffte der Rancher. »Glauben Sie, die anderen Viehzüchter sind Unschuldslämmer? Ich habe Ihnen nur das zurückgegeben, was sie mir angetan haben!«
Verhalten schüttelte Dave Monegan seinen Kopf. »Anscheinend halten Sie mich für einen Gerechtigkeitsfanatiker. Das bin ich jedoch nicht. Ich räume Menschen aus dem Weg, wenn man mich dafür bezahlt. Ob Sie im Recht sind oder nicht, Mister Hamsfield, ist mir vollkommen gleichgültig.«
»Warten Sie!«, schnappte Ryder Hamsfield, als er sah, dass sich Monegans Zeigefinger um den Abzug seines Revolvers spannte. »Ich kann Sie auch bezahlen! Sie wissen, dass ich mehr Geld habe, als ich in einem Leben ausgeben kann. Seien Sie also kein Narr!«
»Darum geht es nicht«, erwiderte der Killer. »Ich habe einen Ruf zu verteidigen. Sobald sich meine Auftraggeber nicht mehr auf mich verlassen können, bin ich raus aus dem Geschäft. Sie werden verstehen, dass mir daran nicht gelegen ist.«
Hamsfield lachte freudlos auf. »Tyler King hat genauso geredet wie Sie. Ich habe ihn mehr als einmal beauftragt, unliebsame Personen zur Hölle zu schicken. Dummerweise hat er sich zurückgezogen.«
»Tyler King?«, raunte Monegan. »Der Tyler King?« Eine eigentümliche Veränderung zeichnete sich auf dem Gesicht des Auftragsmörders ab. »Wissen Sie, wo er steckt?«
Das offensichtliche Interesse Monegans an seinem Rivalen war Wasser auf Hamsfields Mühlen. »King ist der Beste! Eine lebende Legende. Er ist wie ein Phantom, das sich nur zeigt, wenn es gebraucht wird.«
»Auch Legenden sterben«, gab Monegan dem Rancher zu verstehen. »Falls Sie also wissen, wo er sich aufhält, sollten Sie es mir sagen.«
Keuchend humpelte der Rancher um seinen Schreibtisch herum. Monegans Revolverlauf folgte ihm. »Sie wollen ihm eine Kugel verpassen?«, fragte Hamsfield hämisch. »Fühlen Sie sich in Ihrer Berufsehre herausgefordert?« Seine Miene spiegelte eine Mischung aus Schmerz und Schadenfreude wider. »Ich sage Ihnen, wo Sie ihn finden. Aber diese Information hat Ihren Preis. Springen Sie über Ihren eigenen Schatten, und lassen Sie mich am Leben. Niemand muss erfahren, dass wir einen Handel abgeschlossen haben. Erzählen Sie den Leuten, die Sie bezahlen, dass Sie nicht an mich herangekommen sind. Das ist kein Eingeständnis von Unfähigkeit, sondern lediglich der Respekt vor einer unlösbaren Aufgabe.«
Einen Moment lang schien Monegan zu überlegen. Dann schoss er ein zweites Mal. Hamsfield zuckte zur Seite, als die Kugel seine Schulter durchbohrte.
»Das kann ich leider nicht tun«, meinte Dave Monegan. »Ich werde auch so erfahren, wo sich King verkrochen hat.«
Tränen verschleierten den Blick des Ranchers. Er taumelte und biss sich auf die Zähne. Auf seiner Haut spürte er die Nässe frischen Blutes. »Jacksonville!«, presste er hervor. »Er ist in Jacksonville!« Es war ein letzter verzweifelter Akt, sein am seidenen Faden hängendes Leben zu retten.
»Sehen Sie«, sagte Dave Monegan gelassen, »ich hatte recht …«
Hamsfield erstarrte. Sein Bewusstsein erlosch noch in dem Moment, da die Revolvermündung des Killers ein drittes Mal aufblitzte.
☆
Wieso musste Lassiter ausgerechnet jetzt an den kauzigen Erfinder Daniel Elijah Fortescue denken? Es war bereits geraume Zeit verstrichen, seit sie sich das letzte Mal begegnet waren, aber dieser quirlige Kerl hatte einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Das nicht nur aufgrund seiner Tollpatschigkeit, sondern vor allem wegen seiner ausgefallenen Ideen. Der Mann der Brigade Sieben war sicher, Fortescue nicht zum letzten Mal gesehen zu haben.
Lassiter ließ die Gedanken ziehen und kehrte zurück zu seinem Auftrag. In seiner Jackentasche steckte das Amtshilfeersuchen eines gewissen Jules Gibbons, seines Zeichens Sheriff des Städtchens Jacksonville in Arkansas. Der Sternträger hatte in Washington um Unterstützung bei der Ergreifung eines brandgefährlichen Killers gebeten, den er per Zufall aufgespürt hatte. Und wie nicht selten, landeten derartige Fälle bei der Brigade Sieben.
Nicht nur einmal hatte sich Lassiter darüber gewundert, weshalb Gibbons nicht selbst auf die Jagd ging. Mit einem Trupp Deputies hätte er den Gesuchten in die Zange nehmen können, ohne sich in allzu große Gefahr zu begeben. Doch alles Nachsinnen hatte den Brigade-Agenten nicht weitergebracht. Er würde Sheriff Gibbons die entscheidende Frage wohl selbst stellen müssen.
Nahezu dreihundert Meilen hatte Lassiter auf dem Schienennetz der Atchison, Topeka & Santa Fé zurückgelegt und die restliche Strecke im Sattel seines Grauschimmels verbracht. Jetzt lag Jacksonville kaum mehr zwei Meilen entfernt. Im grellen Sonnenlicht sah Lassiter winzige Gebäude, kleine weiße Tupfen in der Weite der Prärie, die hinter dem flirrenden Hitzeschleier eigentümlich verzerrt wirkten.
Gemächlich ließ Lassiter seinen Hengst traben und ritt bereits zwanzig Minuten später über die Mainstreet der Town. Beim Sheriff’s Office leinte er das Tier am Hitchrack an, stampfte über den Boardwalk und klopfte an die Tür. Ohne auf eine Erwiderung zu warten, trat er ein.
»Moment!«, rief jemand aus einem Nebenraum. »Ich bin gleich da!« Wenige Augenblicke später kam ein Mann um die Ecke, den Lassiter auf etwa Mitte fünfzig schätzte. Er hatte weißgraues, schütteres Haar und einen buschigen Schnauzbart derselben Farbe. Um seinen Hals hatte er eine blütenweiße Serviette gebunden, mit der er sich den Mund abtupfte.
»Sheriff Gibbons?«, fragte Lassiter und stellte sich vor.
Der Angesprochene stutzte. »Müssten wir uns kennen?« Er nahm die Serviette ab, faltete sie akkurat zusammen und legte sie auf seinen Schreibtisch.
Aus seiner Jacke zog der Brigade-Agent Gibbons’ Hilfegesuch. »Kommt Ihnen das bekannt vor?«
Der Sheriff nickte und öffnete eine der Schubladen seines Arbeitstisches. Er holte seinen Blechstern daraus hervor und steckte ihn sich an die Brust. »Natürlich! Ich habe es selbst geschrieben. Allerdings hätte ich nicht erwartet, lediglich einen einzigen Mann zu bekommen.«
Lassiter hob eine Braue und runzelte seine Stirn. »Wie viele Männer brauchen Sie denn, um einen einzigen Gauner kaltzustellen?«
Unwirsch winkte Gibbons ab. »Sie machen sich ja keine Vorstellung!«, sagte er scharf. »Haben Sie etwa noch nie von Tyler King gehört?«
»Hm …« Lassiter rieb sich mit den Fingerspitzen übers Kinn. »Ich dachte, der wäre tot.«
Ein trockenes Lachen entrang sich der Kehle des Sheriffs. »Das wäre auch für alle Beteiligten besser gewesen. Aber ein Bastard wie er hat mehr Leben als eine Katze.«
»Und Sie wissen, wo er steckt?«, hakte Lassiter nach.
Gibbons biss sich auf die Unterlippe. Dann wiegte er seinen Kopf. »Er ist in der Stadt. Oder zumindest irgendwo in der Nähe. Ich habe allerdings keine Ahnung, wie der Hundesohn aussieht.«
Lassiter begann zu überlegen. Es mochte einige Jahre her sein, aber er war sicher, schon einmal ein Dossier von King in der Hand gehabt zu haben. Damals war die Akte geschlossen worden, weil man ihn für tot erklärt hatte. Falls der Sheriff jedoch recht behielt, und Tyler King weiter sein Unwesen trieb, hatte er offenbar einen anderen an seiner Stelle sterben lassen und es so eingefädelt, dass man ihn auf dem Boothill glaubte.
»Sind Sie sicher, es mit King zu tun zu haben?«, wollte Lassiter wissen. »Welche Anhaltspunkte besitzen Sie?«
»Aussagen«, begann Gibbons, »an deren Echtheit ich nicht den mindesten Zweifel hege. Mir ist sogar zu Ohren gekommen, dass ein Rinderbaron im Südwesten ihn mehrfach beauftragt hat. Und der, der mir diese Informationen zugespielt hat, wusste ebenfalls zu berichten, dass Tyler King sich irgendwo in meiner Stadt aufhält.«
»Sie hätten selbst auf die Suche gehen können«, warf Lassiter ein. »Wozu ein Gesuch nach Washington senden?«
Mürrisch verzog der Sheriff seine Miene. »Bestimmt nicht, damit man mir nur einen Mann schickt«, knurrte er. »King hat viele Feinde – aber immer nur einmal! Und wenn jemand auf seiner Abschussliste steht, kann ihn nicht mal eine kleine Armee aufhalten.«
Lassiter zog sofort den Schluss, den Gibbons am wenigsten hören wollte. »Sie haben Angst, nicht wahr?«
»Respekt!«, korrigierte der Sheriff. »Den sollte jeder mit gesundem Menschenverstand haben.«
»Es ist keine Schande, sein Leben schützen zu wollen«, meinte Lassiter. »Deswegen hat man in Washington auch größtes Verständnis für Ihr Anliegen.«
»Das sehe ich«, entgegnete Gibbons gereizt. »Deshalb stellt man mir auch nur Sie zur Seite.«
Ein harter Zug legte sich auf Lassiters Miene. »Ich bin mehr als ausreichend. Vertrauen Sie mir.«
»Ich vertraue nicht mal meiner Mutter!«, versetzte Sheriff Gibbons schneidend. »Und ganz bestimmt traue ich keinem Kerl über den Weg, den ich kaum mal fünf Minuten kenne.«
Lassiter schürzte seine Lippen und nickte. »Wie Sie meinen. Für meine Mission ist es unerheblich, ob Sie für oder gegen mich sind. Ich werde mich in Jacksonville umschauen und ein wenig lockeres Gestein lostreten.«
Unwillig schüttelte sich Gibbons. »Genauso habe ich mir das vorgestellt! Die hohen Herren in Washington pissen mir auf den Kopf und haben nicht mal den Anstand, mir zu sagen, es wäre ein Regenschauer.«
»Nehmen Sie’s nicht so tragisch«, sagte Lassiter schmunzelnd. »Auf jeden Regen folgt Sonnenschein.« Er tippte lässig an die Krempe seines Stetsons und verließ das Büro. Sein Blick schweifte die Mainstreet hinauf und blieb am »Doxy Barn« haften.
Augenblicklich überkam den Mann der Brigade Sieben eine innere Erregung. Diesen Dirnenstadel würde er sich einmal näher ansehen, bevor er mit seinen Ermittlungen begann.
☆
Mehr als zufrieden mit sich selbst machte sich Dave Monegan auf den Weg nach Jacksonville. Zuvor hatte er noch in Southaven die Prämie für Ryder Hamsfields Ermordung eingestrichen und sich vorgenommen, richtig auf den Putz zu hauen, ehe er sich um Tyler King kümmern würde.
King!, flüsterten seine Gedanken den Namen des Rivalen wie einen finsteren Fluch. Der Killer hatte über lange Jahre von sich reden gemacht, schien plötzlich wie vom Erdboden verschluckt worden zu sein und war ebenso plötzlich wieder aufgetaucht. Ein Glücksfall, wie es ihn nur selten gab. Wer Tyler King fünf Fuß unter die Erde brachte, würde sich vor lukrativen Angeboten nicht mehr retten können. Die Schwierigkeit bestand nur darin, ihn zu finden. Niemand wusste, wie er aussah. Wenigstens niemand, der noch lebte. Doch in einer kleinen Stadt wie Jacksonville mochte er fraglos durch sein Auftreten auffallen. In dieser Hinsicht war Monegan zuversichtlich. Einen Drei-Tage-Ritt hatte er für Anerkennung, Ruhm und knisternde Dollarscheine dankend in Kauf genommen.
Sein erstes Ziel in Jacksonville war der Saloon. Der Ire hatte es nicht eilig, denn Tyler King würde ihm nicht mehr davonlaufen. Und ein wenig Spaß wollte sich Dave Monegan gönnen, ehe er seinen arglosen Gegner beim Allmächtigen antreten ließ.
Er stieß die Schwingtüren auf und trat in den wenig besuchten Schankraum. An einem Tisch unweit des Eingangs saßen drei Cowboys und spielten Poker. Ihnen schräg gegenüber saßen zwei weitere Männer in Begleitung einer Lady, die Monegan regelrecht nach Luft schnappen ließ. Er konnte nicht verhindern, dass sich sein Blick an der Dunkelhaarigen festfraß und geradezu aufdringlich und gleichsam herausfordernd an ihr haften blieb.
Einen viel zu langen Augenblick sahen sich Monegan und die junge Frau in die Augen, bis sie schüchtern ihren Kopf senkte. Doch da war es bereits zu spät, und die Dinge nahmen ihren Lauf.
»Was glotzt du denn so, Freundchen?« Es war der Mann, der zur Rechten der Brünetten saß. Er schien sich für vornehm zu halten, trug einen Bowler und einen grauen Anzug, der jedoch viel zu eng geschnitten war und ihn wie eine Presswurst aussehen ließ.