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Lassiter und der Alabaster-Treck
Die blütenweiße Kuppel des Kapitolgebäudes, das sich hinter den Frachtdepots der Baltimore & Ohio Railroad erhob, strahlte an diesem Morgen mit solcher Pracht im Sonnenlicht, dass Frank Miller die Zeit vergaß. Als der Kongressabgeordnete sich dessen bewusst wurde, zog er die Taschenuhr aus der Weste. Das Oklahoma-Komitee hatte seine Arbeit längst begonnen!
Hastig strebte Miller auf die New Jersey Avenue zu und sann darüber nach, ob man über den säumigen Schwarzen aus South Carolina bereits spottete. Einige Abgeordnete vertraten noch immer die Ansicht, dass "ein Nigger auf ein Baumwollfeld statt ins Kapitol gehörte".
Dass Miller längst dem Tod geweiht war, ahnte er nicht ...
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Seitenzahl: 128
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Impressum
Lassiter und der Alabaster-Treck
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: Boada/Norma
Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-8427-7
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Lassiter und der Alabaster-Treck
Die blütenweiße Kuppel des Kapitolgebäudes, das sich hinter den Frachtdepots der Baltimore & Ohio Railroad erhob, strahlte an diesem Morgen mit solcher Pracht im Sonnenlicht, dass Frank Miller die Zeit vergaß. Als der Kongressabgeordnete sich dessen bewusst wurde, zog er die Taschenuhr aus der Weste. Das Oklahoma-Komitee hatte seine Arbeit längst begonnen!
Hastig strebte Miller auf die New Jersey Avenue zu und sann darüber nach, ob man über den säumigen Schwarzen aus South Carolina bereits spottete. Einige Abgeordnete vertraten noch immer die Ansicht, dass »ein Nigger auf ein Baumwollfeld statt ins Kapitol gehörte«.
Dass Miller längst dem Tod geweiht war, ahnte er nicht …
Der winzige Schädel des fein gearbeiteten Abraham Lincoln, der in stehender Positur und mit einem Spazierstock unter dem rechten Arm abgebildet war, verschwand beinahe unter dem Daumen von Kommissionspräsident Howard D. Fellows. Das Kongressmitglied hielt die Statue des früheren Präsidenten mit drei Fingern an Schulter und Kopf fest und rollte sie über den Sockel ungeduldig von einer Seite zur anderen.
Die Männer an der Tafel im Saal blickten ihn schweigend an.
Sie hatten zahllose Dokumente vor sich ausgebreitet, unter denen sich Landkarten und skizzenhafte Zeichnungen der »Oklahoma Lands« befanden, jenes bisher unbesiedelten Landstrichs nördlich von Texas, über dessen künftiges Schicksal die Kommission beriet. Einige der Anwesenden waren Hinterbänkler, die weitaus größere Zahl jedoch entstammte den höchsten Gesellschaftskreisen der Hauptstadt.
»Verehrte Herren und Exzellenzen!«, begann Fellows nach einer langen Denkpause. Er stellte die Lincoln-Statue vor sich ab und betrachtete sie andächtig. »Es ist beträchtliche Zeit vergangen, seit diese Kommission zum letzten Mal zusammensaß und über die Unassigned Lands im Indianerterritorium sprach.«
Die Kongressangehörigen an der Tafel nickten reihum und lauschten aufmerksam. Sie hatten Fellows einstimmig zu ihrem Vorsitzenden gewählt und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie mit der bisherigen Arbeit der Kommission einverstanden waren.
»Umso größer ist die Freude für mich«, fuhr Fellows in gleichem Ton fort, »einem Kommissionvertreter in diesem Saal ein Geschenk zu überreichen, das wir dieser Tage aus dem Oklahoma-Gebiet erhalten haben.«
Die Blicke der Männer richteten sich auf die kaum zwölf Zoll große Lincoln-Statue, die eine Woche zuvor mit dem Expresszug aus Kansas City expediert worden war. Sie war Fellows erst an diesem Morgen überreicht worden, als er die Stufen zu seinem Büro im vierten Stock des Kapitolgebäudes hinaufgestiegen war.
»Mr. Frank Miller«, wandte sich Fellows an den einzigen Schwarzen in der Runde, der sich ungebührlich verhalten hatte, indem er eine halbe Stunde zu spät zur Sitzung erschienen war. »Trotz Ihres unverzeihlichen Benehmens habe ich die Ehre, Ihnen eine Aufmerksamkeit aus den Oklahoma Lands zu überbringen. Man will Ihnen für Ihren selbstlosen Dienst im Interesse der Indianerstämme danken.«
Genüsslich rekapitulierte Fellows im Stillen die Beleidigungen, die auf den Fluren des Kapitols zu hören waren und sich gegen Miller richteten. Der gebildete Nigger möge gefälligst wieder in den Süden verschwinden, in die sumpfigen Auen des Mississippis, wo er und seine schwarzhäutigen Brüder hingehörten. Fellows hatte auf diese Schmähungen nie etwas erwidert.
Miller beugte sich nach vorn und bedankte sich höflich.
»Unserem Bestreben entspricht diese Statue nicht«, schränkte Fellows kühl ein und spürte die klammheimliche Genugtuung, die seine Worte im Saal auslösten. »Sie sind mitnichten der verlässlichste Kommissionsvertreter, Mr. Miller. Aus meiner Hand hätten Sie keine Würdigung erhalten.«
Unter den übrigen Abgeordneten hob leises Tuscheln an, das schlagartig abbrach, als Fellows aufstand und mit der Lincoln-Statuette in den Händen zu Miller hinüberging. Er versteifte die Haltung und überreichte die Figur. »Sie ist aus seltenem schwarzen Alabaster gefertigt. Dieses Werk soll Sie daran erinnern, dass Sie sich für die Sache der Indianer so stark machen, wie es Lincoln in der Sklavenfrage für Ihre Landsleute getan hat.«
Abermals sprachen in Fellows Rücken leise die Abgeordneten miteinander. Einige waren gleichfalls im Zweifel darüber, ob man einem Mann wie Miller ein solches Präsent zugestehen durfte.
»Hochverehrte Repräsentanten dieser Kommission!«, richtete sich Miller an die Versammlung. Er wog die Statue in der Hand und lächelte. »Seit den Tagen des verheerenden Sezessionskrieges, der unser Land verwüstet und gleichwohl den einstigen Sklaven die Freiheit gebracht hat, ergehen wir uns in der Rassenfrage. Noch gibt es Herbergen, die Schwarzen kein Quartier gewähren, und mitunter erhalte ich zu Saloons keinen Zutritt.«
Die Kongressabgeordneten im Saal verharrten in eisigem Schweigen. Fellows wusste, dass die meisten Männer die Segregation, die Trennung zwischen Schwarz und Weiß, für sinnvoll befanden. Sie hatten nicht länger etwas gegen die neugewonnene Freiheit der ehemaligen Sklaven, wollten beim Dinner jedoch nicht mit ihnen an einem Tisch sitzen.
»Die Furcht zwischen den Rassen ist groß«, fuhr Miller fort und setzte die Statue vor sich ab. »Sie zwingt Indianerstämme in Reservate und Schwarze auf gesonderte Sitzplätze in der Pferdebahn. Die Furcht ist die Wurzel allen Übels.«
Eine längere Stille schloss sich an, in der lediglich das Ticken einer Taschenuhr zu vernehmen war. Die Männer am Tisch starrten leer vor sich hin und enthielten sich jeder Äußerung zu Millers Rede.
Dann wurde das Ticken lauter.
Die Abgeordneten griffen nervös in ihre Westentaschen, holten ihre Chronometer hervor, die jedoch den Dienst wie gewohnt verrichteten. Sie sahen einander ratlos an, als das Kongressmitglied zwei Plätze neben Fellows plötzlich auf die Alabasterstatue vor Miller deutete.
»Verdammt!«, war das letzte Wort des Schwarzen.
Die bis zur letzten Einzelheit sorgsam gemeißelte Lincoln-Figur vor Miller zerbarst in einem orangeroten Feuerball, dessen Wucht die Tafel zertrümmerte und die Abgeordneten von den Stühlen drückte. Einige der Männer wurden gegen die holzvertäfelten Wände des Saals geschleudert, während andere mit dem Schrecken und klingelnden Ohren davonkommen.
Einzig Miller selbst hatte kein Glück.
Er hatte der Feuerkugel ins Angesicht geschaut, als die vermeintliche Ehrung aus den »Oklahoma Lands« explodiert war, und rutschte in seinem eigenen Blut auf das Parkett hinunter.
Er war tot, ehe sich jemand seiner annehmen konnte.
☆
Über die Kohlebunker und Wasserreservoirs der Santa Fé Railroad hatte sich um neun Uhr morgens bereits solch gleißender Sonnenschein gelegt, dass Hancock Moody den Hut tief in die Stirn ziehen musste. Er stand am Bahnsteig der Station von Summit und streifte mit dem Blick den wortkargen Fremden zu seiner Rechten.
»Sie bekommen kein Rendezvous mit meiner Tochter«, knurrte Moody und richtete das Augenmerk auf den glänzenden Gleisstrang vor sich. »Sie müssen sich einen anderen Zeitvertreib in Summit suchen.«
Der Fremde trug eine zerschlissene Hose mit nicht minder abgenutzten Lederchaps darüber; sein muskulöser Oberkörper steckte in einem gestreiften Hemd, das bis zum mittleren Knopf offenstand. Er wirkte auf Moody wie ein Herumtreiber, der Dummheiten oder gar Schlimmeres im Schilde führte.
»Emily hat mich um ein Rendezvous gebeten«, erwiderte der Fremde mit den sandblonden Haaren. Er lümmelte sich gegen die Bretterwand eines Kohlebunkers. »Sie dürfte in den Oklahoma Lands nicht viel Abwechslung bekommen.«
»Jeder nennt die Gegend Oklahoma Lands!«, zischte Moody gereizt und lief am Bahnsteig auf und ab. Er vertrat die Santa Fé Railroad allein in Summit. »In meinen Augen ist es nach wie vor Indianerland. Ich wäre nicht dafür, dass man’s für weiße Siedler freigibt.« Er seufzte. »Ich wär’ nicht dafür.«
Der letzte Zug war gegen Mitternacht durchgefahren, und einer der wenigen Passagiere an Bord war der Fremde gewesen. Er hatte sich Moody als Lassiter vorgestellt und um ein Nachtquartier gebeten.
Außer Emilys Kammer war nichts im Stationsgebäude frei gewesen.
Sie hatten bereits den Frachtagenten der Eisenbahngesellschaft Edmond Burdick zu Gast, daneben zwei Gleisbauer, die fünf Meilen nordwärts einige lockere Schwellen ausbessern sollten. Der Fremde hatte Glück, dass sie ihn nicht draußen in der Prärie schlafen ließen.
»Soll’s dazu kommen?«, fragte der Mann neben Moody. Er trug im Holster einen .38er Remington, den er über Nacht auf Emilys Bitte hin draußen vor der Kammer gelassen hatte. »Wie man liest, sind der Präsident und der Kongress keine Befürworter dieses Vorschlags.«
»Die Unterstützer werden von Tag zu Tag lauter und mächtiger«, gab Moody zur Antwort und erinnerte sich des Gesprächs, das er vor zwei Monaten mit einigen Männern der Santa Fé Railroad darüber geführt hatte. »Die Eisenbahn hat die Linie errichtet und will damit Geld verdienen. Mit den Rothäuten allein ist kein Staat zu machen.«
Sie vernahmen den Pfiff des Sonderzuges aus dem Norden, der einige Mitglieder des Santa-Fé-Railroad-Direktoriums in die Oklahoma Lands brachte. Die Delegation war Moody telegraphisch angekündigt worden.
»Was sollten Weiße auf diesem Flecken Land?«, fuhr Moody mürbe fort. »Oben hocken die Cherokee, unten die Chickasaw, rechts die Creek und die Seminolen, links die Cheyenne, die Arapaho, die Wichita und die Caddo. Kein Weißer lebt in dieser Gegend glücklich.« Er spie auf den Bahnsteig. »Nicht nach den Verträgen, die wir den Stämmen aufgezwungen haben.«
Sein Gesprächspartner sagte nichts und lehnte sich gegen die Bunkerwand, deren Gestank nach Kohle und Ruß selbst Moody noch riechen konnte. Der Stationsvorsteher kniff die Augen zusammen und spähte nach dem Santa-Fé-Sonderzug.
»Brauchen Sie noch eine Nacht?«, fragte Moody nach längerer Stille. »Sie sehen mir nicht wie einer aus, der sich Santa-Fé-Fahrkarten und eine Herberge leisten könnte. Ich schätze, dass Sie Ihr Geld auf ungesetzliche Weise verdienen.«
Der Fremde verzog den Mund zu einem Lächeln und kratzte sich am Hals. »Sie müssen sich um Ihre Dollars für das Quartier nicht sorgen. Ich arbeite für einen mächtigen Auftraggeber, der mich mit allem Nötigen ausrüstet.«
Erneut ertönte die Dampfpfeife des Sonderzuges, der in diesen Minuten den Cottonwood Creek überquerte. Das Direktorium hatte in seinem Telegramm angekündigt, dass man in Summit das Dinner einnehmen wird. Die Station solle, so hatte es weiter geheißen, mit ihrem Proviant nicht geizen.
»Ich muss mich um Dollars nicht sorgen«, meinte Moody und wandte sich zum Stationsgebäude um. Er musste nachsehen, wie weit Emily mit den Gedecken für die Herren des Direktoriums war. »Die Santa Fé Railroad ist die mächtigste Eisenbahngesellschaft, die dieses Land je gesehen hat. Ich muss mich um gar nichts sorgen.«
»Außer um die Siedler«, bemerkte der Fremde und hob die Brauen. »Die Eisenbahngesellschaft wird dafür sorgen, dass in den Indianerreservaten ein weißes Herz schlägt. Sie wird die Stämme ein zweites Mal vertreiben.«
Erstaunt sah sich Moody zu seinem Gast um, der offenkundig klüger war, als es auf den ersten Blick schien. Die Santa Fé Railroad betrieb in den Indianerterritorien tatsächlich ein gefährliches Spiel. »Woher wissen Sie so viel darüber? Sie plappern kein dummes Zeug.«
Über der Prärie stieg die langgezogene Rauchfahne des Sonderzuges auf, dessen baldige Ankunft sich in den summenden Gleisen bemerkbar machte. Das Direktorium hatte sich für eine kräftige Dampflok mit zwei Salonwagen dahinter entschieden.
»Reine Gewohnheit«, brummte der Blondhaarige und lief um den Kohlebunker herum. Er griff nach einem zerbrochenen Kohlestück auf der Erde und ließ es in der Hand auf und ab springen. »Es braucht nicht viel Vorstellungskraft, um zu sehen, was aus den Oklahoma Lands wird. Man kann die Indianer nicht erst einsperren und ihnen danach erneut das Land rauben.«
Auf eigentümliche Weise beeindruckt von dem Fremden, vermochte Moody nicht, sich noch länger über ihn zu grämen. Er kam mit einem Mal sogar zu der Überzeugung, dass die wahren Störenfriede in Summit die Santa-Fé-Direktoren sein würden. »Leisten Sie mir zum Dinner Gesellschaft, Mr. Lassiter?«
Stumm warf der Fremde den Kohlebrocken über die Bunkerwand und kehrte auf den Bahnsteig zurück. Er betrachtete Moody eine Zeitlang. »Falls Sie das Direktorium dadurch nicht verstimmen? Sie wollen Ihren Posten gewiss behalten.«
Indem er den Blick auf den herannahenden Zug heftete, schüttelte Moody den Kopf. Er trat bis an die Bahnsteigkante und kniff die Lippen zusammen. »Ein paar offene Worte könnten den Herren nicht schaden.«
☆
»Fester, Lassiter, fester!«
Von der makellosen Stirn seiner Geliebten rannen Schweißtropfen, als sich Lassiter zu einer dritten Runde hinreißen ließ. Er hielt Emily bei den Hüften fest und stieß so kräftig zu, dass die hübsche Brünette seine Hände ergriff und vor Genuss die Augen schloss.
Zwei Stunden trieben sie es bereits.
Sie hatten sich nach Moodys Predigt auf dem Bahnsteig dazu entschlossen, sich ins Telegraphenzimmer der Eisenbahnstation zurückzuziehen, um keinen verräterischen Lärm zu machen. Dass Emily sich mit Vorliebe über eine ächzende Schrankkommode beugen würde, hatte Lassiter zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen können.
»Du wirst deinen Vater herbeilocken!«, knurrte der Mann der Brigade Sieben und setzte zu einem weiteren Stoß an. Er war müde von der Eisenbahnfahrt nach Summit, die er in einem einsamen Abteil verbracht hatte. »Er hält nicht viel von mir.«
»Was kümmert dich mein Vater?«, keuchte Emily und warf den Kopf zu Lassiter herum. Sie schaute ihn herausfordernd an. »Ich lasse mich in dieser Einöde nicht einsperren. Er mag dir erzählt haben, dass ich ein braves und unschuldiges Mädchen bin, aber ich habe meinen eigenen Kopf.«
Sie stöhnte vor Begierde auf und drückte Lassiters Hände an ihre Lenden. Als ihr die vornübergebeugte Stellung lästig wurde, drehte sich Emily um und spreizte verführerisch die Beine.
»Du hast schon genug von den Unassigned Lands?«, erkundigte sich Lassiter und nahm Emilys frivole Einladung an. Er packte die Schenkel der Zwanzigjährigen und drückte sie noch weiter auseinander. »Immerhin seid ihr erst seit einem halben Jahr hier.«
»Fünfzehn Monate«, stieß Emily hitzig hervor und schloss die Augen. »Fünfzehn Monate trockenes Land und schwitzende Handelsreisende! Ich halt’ es in diesem Kaff nicht mehr aus!«
Sie schlang die Beine um die Lenden ihres Bettgenossen und zog ihn zu sich heran. Als sie einander küssten, legte ihr der Mann der Brigade Sieben die Arme über den Kopf und hielt sie fest. »Du bist ein ziemlicher Wildfang, Emmie. Ich besitze eine Schwäche für Frauen wie dich.«
»Du besitzt eine Schwäche für alle Frauen«, flüsterte Emily und schrie vor Lust auf. »Meinst du, ich sehe nicht, wie du mich lüstern angestarrt hast, als ich auf der Schwelle stand?« Sie packte Lassiter beim Kinn und drückte zu. »Du hattest gegen meine Reize nicht das Mindeste in der Hand.«
Entschlossen drückte Lassiter Emily gegen die Kommode. »Das Rendezvous wolltest du, Kleines. Ich hätte mich beherrschen können.«
Über Emilys roséfarbenen Lippen kam höhnisches Gelächter. »Du hättest dich beherrschen können? Bei mir? Bei meinem Rock?«
Schlagartig stand Lassiter der raffiniert geschnittene Rock vor Augen, den Emily bei ihrer ersten Begegnung getragen und – schlimmer noch – wie ein dünnes Tuch wieder und wieder um ihre Beine geschlagen hatte. Er hatte ihre nackte Haut darunter hervorblitzen sehen. »Hast du mich in die Falle gelockt? Bin ich einer Betrügerin auf den Leim gegangen?«
Mit empörter Miene reckte Emily ihm ihre pralle Brust entgegen. »Siehst du eine Betrügerin vor dir? Gebe ich dir nicht alles, wonach dir gerade der Sinn steht?«
Der Sinn stand Lassiter vor allem nach Zerstreuung, nach Ablenkung von den langwierigen Aufträgen, die er seit einiger Zeit aus Washington erhielt. Er war dem Sohn eines Senators nach Texas gefolgt, der krumme Geschäfte mit mexikanischen Pulverhändlern trieb; er war einem Wells-Fargo-Wagen in die Berge der Sierra Nevada gefolgt. Er hatte getreulich erfüllt, was das Hauptquartier ihm aufgetragen hatte.
Nur Frauen waren ihm über Wochen hinweg verwehrt geblieben.
Er hatte seinen Hunger zuletzt in einem Tanzhaus am Sonora-Pass gestillt, in dem es nach mexikanischem Tabak und französischem Wein gerochen hatte. Die Mädchen waren wie ein Schwarm Heuschrecken über ihn hergefallen. Sie hatten ihm fünfhundert Dollar für drei Nächte abgeknöpft, und wäre es nach der Raffgier des Tanzhausbesitzers gegangen, wäre damit nicht Schluss gewesen.