1,99 €
Dollars, Blut und faule Tricks
Der Rancher Sam Deakins saß in seiner Wohnstube und trank Kaffee, als vor dem Haus Hufschläge erklangen. Greta, seine Frau, trat ans Fenster. "John Malloy und seine Männer", sagte sie, und ihre Stimme zitterte vor Angst.
"Bleib ruhig, Schatz." Deakins stellte seine Tasse ab. "Geh, hol mir das Gewehr." Die Frau schürzte ihre Röcke und lief aus dem Zimmer.
"He, Sam!", grölte Malloy. "Komm raus! Ich hab mit dir zu reden!"
Deakins rang seine Furcht nieder und stemmte sich vom Stuhl hoch. Seine Beine fühlten sich an wie Blei. Auf dem Weg zur Tür reichte Greta ihm die kurzläufige Shotgun. Er lud durch und trat über die Schwelle vors Haus.
"Erschieß ihn, Bill", sagte Malloy und gab dem Mann neben ihm einen Wink. Deakins riss das Gewehr hoch, aber es war schon zu spät ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 132
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Impressum
Dollars, Blut und faule Tricks
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: Boada/Norma
Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-8428-4
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Dollars, Blut und faule Tricks
Der Rancher Sam Deakins saß in seiner Wohnstube und trank Kaffee, als vor dem Haus Hufschläge erklangen.
Greta, seine Frau, trat ans Fenster. »John Malloy und seine Männer«, sagte sie, und ihre Stimme zitterte vor Angst.
»Bleib ruhig, Schatz.« Deakins stellte seine Tasse ab. »Geh, hol mir das Gewehr.« Die Frau schürzte ihre Röcke und lief aus dem Zimmer.
»He, Sam!«, grölte Malloy. »Komm raus! Ich hab mit dir zu reden!«
Deakins rang seine Furcht nieder und stemmte sich vom Stuhl hoch. Seine Beine fühlten sich an wie Blei. Auf dem Weg zur Tür reichte Greta ihm die kurzläufige Shotgun. Er lud durch und trat über die Schwelle vors Haus.
»Erschieß ihn, Bill«, sagte Malloy und gab dem Mann neben ihm einen Wink. Deakins riss das Gewehr hoch, aber es war schon zu spät …
Greta Deakins stand am Fenster, als vor dem Haus der Schuss knallte. Sie sah, wie ihr Mann, von einer Kugel getroffen, zusammenbrach.
Greta war geschockt. John Malloy war auf Mordmission. Für einen Moment wusste die Rancherin nicht, was sie tun sollte. Nie zuvor hatte sie sich so hilflos gefühlt.
Drei Atemzüge später geriet sie in Panik.
Sie dachte an ihre zwei Töchter, die in dem Stallgebäude hinter dem Haupthaus die Schweinekoben ausmisteten.
Ich muss sie retten!
Greta hetzte durch die Stube ins Hinterzimmer. Dort gab es eine Tür, die auf den rückwärtigen Hof führte. Sie hoffte inständig, dass die Mädchen den Mördern nicht in die Arme liefen. Malloy war für seine Skrupellosigkeit im ganzen Territorium bekannt. Er ging über Leichen, wenn ihm jemand in die Quere kam.
Und in diesem Fall hieß der Jemand Sam Deakins, der sich strikt geweigert hatte, Malloy das Land zu verkaufen, auf das der Spekulant so scharf war.
Im vorderen Teil des Hauses dröhnten dumpfe Schritte. Waffen klirrten. Ein vulgärer Fluch wurde laut. Etwas aus Keramik, wahrscheinlich die Büste von Abe Lincoln, die Sam auf dem Markt von Topeka gekauft hatte, fiel zu Boden und zerbrach. Stampfende Stiefelsohlen knirschten über die Scherben hinweg.
»Sie muss hier irgendwo sein«, keuchte ein Mann.
Die Rancherin witschte durch die Hintertür ins Freie. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Bis zu den Stallungen waren es nur zwanzig Yards. Von Sandy und Miriam war nichts zu sehen. Zum Glück war kein Bandit in der Nähe. Die Eindringlinge hielten sich noch auf der Vorderseite des Ranchgebäudes auf.
Greta Deakins rannte, so schnell sie konnte. Ihre Füße wirbelten über den holprigen Untergrund. Die Angst um ihre Töchter verlieh ihr neue Kräfte.
Als sie am Stalltor ankam, entdeckte sie die beiden Mädchen verängstigt hinter der Futtertruhe. Sandy, zwei Jahre älter als ihre siebzehnjährige Schwester, hielt eine Forke gepackt. Miriam hatte beide Hände auf den Mund gepresst und schluchzte hemmungslos.
»Sie haben Dad erschossen«, keuchte sie.
Greta nahm die Verzweifelte in die Arme und drückte sie fest an sich. Miriams Herz pochte wie das einer in die Enge getriebenen Maus.
»Werden wir auch sterben?« Sandys Stimme war wie ein Flüstern in der Nacht.
Was für eine Frage! Greta ging darüber hinweg und packte Sandy am Arm. »Wir müssen fliehen, auf der Stelle. Los! Kommt!«
Die Mädchen im Schlepptau, rannte Greta Deakins zu dem Verschlag neben der Futterküche. In der kleinen Kammer hatte Sam in weiser Voraussicht Waffen und Munition gebunkert.
Greta löste den Riegel und riss die Tür auf.
In einem Wandgestell standen zwei Winchesters und eine großkalibrige Sharps Rifle. Ein halbes Dutzend Revolver lagen kreuz und quer auf einer Hobelbank.
»Bewaffnet euch«, sagte Greta und griff nach dem schweren Jagdgewehr.
Die Mädchen langten nach den Winchesters. Im Nu waren sie dabei, die Magazine der Schnellschussgewehre zu füllen.
Als Miriam eine Patrone fallen ließ, hob Greta sie rasch auf und drückte sie dem Mädchen in die Hand.
»Ganz ruhig, Kleines«, sagte sie. »Euer Vater hat euch beigebracht, wie man mit Waffen umgeht. Wir werden unser Leben so teuer wie möglich verkaufen.«
»O ja, das werden wir, Mom.« Sandy repetierte. »Sollen sie nur kommen, diese Bestien. Wir bereiten ihnen einen heißen Empfang.«
»Duck dich hinter die Wand da«, sagte Greta und wies auf eine Holzbarriere, hinter der geschichtete Strohballen lagerten. »Du behältst die Seitentür im Auge. Sobald sich jemand zeigt, Feuer frei!«
»Okay, Mom.« Sandy nahm die Position ein.
Greta wandte sich ihrer jüngeren Tochter zu. Miriam hatte sichtliche Schwierigkeiten, das Gewehr mit Munition zu bestücken. Ihre Hände zitterten sehr stark, und immer wieder wurde ihr zierlicher Körper von einem Weinkrampf geschüttelt.
»Sie werden uns alle töten«, sagte sie und schniefte laut.
»Nicht, wenn wir sie daran hindern.« Greta rüttelte das Mädchen durch. »Reiß dich zusammen, Schatz! Du bist die beste Schützin von uns. Jetzt kannst du zeigen, was du von Dad gelernt hast.«
»Aber ich hab bisher nur auf Flaschen geschossen, noch nie auf Menschen.«
Es gab einen lauten Knall. Sandy hatte einen Schuss abgefeuert. An der Seitentür war ein Mann erschienen, der jetzt laut fluchte. Sandy schickte noch zwei Kugeln hinterher. Ein Geschoss streifte den Pfosten und ließ das Holz splittern.
Der Mann war verschwunden.
»Gut gemacht, Große.« Greta wandte sich dem Haupteingang zu.
Vor dem Stall wurden erregte Stimmen laut. Vermutlich hatten die Angreifer nicht mit so erbittertem Widerstand gerechnet.
»Kommt raus, und wir verschonen euch!«, hallte Malloys Stimme über den Platz.
Mit Miriams Hilfe stellte Greta die massive Holztruhe quer auf den Gang. Die beiden Frauen gingen dahinter in Deckung. Von hier aus hatten sie eine perfekte Sicht auf das geöffnete Stalltor.
Inzwischen hatte sich Miriam einigermaßen beruhigt. Sie hatte den Kolben der Winchester an die Wange gelegt, das linke Auge zugekniffen und den Finger um den Abzug gekrümmt.
Greta Deakins atmete auf. Wer sich in der Hausöffnung zeigte, bot ein ideales Ziel. In Miriams Winchester steckten fünfzehn tödliche Geschosse. Nur ein Lebensmüder würde sich freiwillig dem Kugelhagel aus dem schnell schießenden Repetiergewehr aussetzen.
Da erschien die Gestalt eines hochgewachsenen Mannes im hellen Rechteck des Haupteingangs. Er trug einen langen, struppigen Kinnbart und hielt in jeder Hand einen Navy Colt.
»Gebt auf!«, brüllte er. »Die Waffen nieder! Oder euer letztes Stündlein hat geschlagen!«
Mit einem gezielten Schuss brachte Miriam den Schreihals zum Schweigen. Als ihre Kugel ihn in die linke Hemdbrust traf, feuerte er beide Revolver zugleich ab, doch die Schüsse schlugen dicht vor seinen Füßen in den Estrichboden des Ganges ein.
Der Mann fiel der Länge nach zu Boden und blieb reglos liegen.
»Toller Schuss, Kleines.« Greta Deakins war stolz auf die Siebzehnjährige. Neue Hoffnung erfüllte sie. Die Killer mussten sich schon ganz was Besonderes einfallen lassen, um ihren Mordfeldzug abzuschließen. Die Frauen der Deakins-Ranch würden kämpfen bis zum letzten Atemzug.
Im Augenblick war alles ruhig, bis auf das Grunzen der Schweine in den Koben hinter der Futterkammer.
Nach einiger Zeit unterbrach Miriam die Stille. »Ob sie fortgeritten sind, Mom?«
»Ich wünschte, du hättest recht.« Die Mutter blickte seitwärts. »Aber ich fürchte, so schnell werden diese Ungeheuer nicht aufgeben. Bleibt wachsam, Mädels.«
Die Zeit verstrich. Nichts passierte.
Dann, ganz unvermittelt, zog Greta Deakins der Geruch von brandigem Rauch in die Nase.
Sie erschrak.
Alarmiert reckte sie den Hals. Eine böse Ahnung überkam sie. Sie hatte das Gefühl, als wühlte eine Faust aus Eisen in ihrem Bauch.
Durch die Ritzen im Dachgebälk drangen bläuliche Schwaden ins Innere. Der Raum füllte sich mit Rauch. Die Schweine begannen wie wild zu grunzen.
»Es brennt!«, rief Sandy aus. »Mom, sie haben den Stall in Brand gesteckt!«
»Jetzt sind wir verloren«, keuchte Miriam.
Greta Deakins rang um Fassung. Die Mörderclique hatte Feuer gelegt. Jetzt lauerten sie mit ihren Sechsschüssern an den Ausgängen. Jeder, der dem Feuer entkommen wollte, würde gnadenlos niedergemäht werden.
Was für ein niederträchtiger Plan.
»Was machen wir, Mom?« Sandy trat hinter der Holzwand hervor.
Greta Deakins überlegte fieberhaft. »Der Hühnerstall«, fiel ihr ein. »Er ist unsere letzte Rettung. Die Trennwand zur Futterkammer besteht nur aus Brettern. Wir reißen sie heraus und fliehen durch den Garten ins Maisfeld. Dort können sie uns lange suchen.«
Sie rannten los. Der Hühnerstall befand sich in einem Anbau am rückwärtigen Teil des Stalles. Die Latten der Verkleidung waren dünn. Nur wenige Schläge mit den Gewehrkolben reichten, um sich einen Durchgang zu verschaffen.
Miriam quetschte sich als Erste durch den Spalt. Sandy tat es ihr gleich.
Bevor Greta Deakins ihren Töchtern folgte, warf sie einen Blick zum großen Stalltor.
Zwei Männer mit Revolvern im Anschlag standen an den Torflügeln und spähten vorsichtig ins Innere. Greta wurde von jäher Wut gepackt. Sie konnte der Versuchung nicht widerstehen und riss das Gewehr hoch. Durch den Qualm hindurch waren die Kerle nur schwer auszumachen.
Auf Verdacht gab Greta zwei Schüsse auf sie ab.
Ein erstickter Schrei verriet ihr, dass sie zumindest einen der Desperados getroffen hatte.
Prompt setzte ein mörderischer Kugelhagel ein. Malloys Banditen schossen aus allen Rohren. Sie schienen sich alle am Haupttor versammelt zu haben. Die Geschosse pfiffen wie wild gewordene Hornissen durch die Luft.
Eine Kugel schwirrte nur um Haaresbreite an Gretas linker Schulter vorbei. Mit einem dumpfen Plopp! schlug sie in das Halfter ein, das an der Wand hing. Greta warf sich zu Boden. Auf allen Vieren kroch sie zu dem Loch, das sie in die Lattenwand geschlagen hatten.
Miriam reichte ihr die Hand.
Greta schob die Rifle durch den Spalt und zwängte sich hinterher. Beim Durchkriechen blieb sie mit der Jacke an einem Holzvorsprung hängen.
»Du lieber Himmel!« Sie versuchte, sich loszureißen, doch die Jacke war aus festem Stoff und hielt ihren Bemühungen stand.
Der Kugelhagel von der Vorderfront war noch nicht vorbei. Malloys Killerbrigade feuerte ohne Unterlass. Die Kugeln klatschten dicht an dicht gegen die Wände und Balken.
Greta zerrte an dem störrischen Holzzacken, der sie festhielt. Ohne Erfolg. Der Rauch, der sich in Windeseile im Stall ausbreitete, brannte in ihren Lungen. Greta rang um Luft. Sie spürte, wie ihre Kräfte erlahmten.
Erst mit Miriams Hilfe gelang ihre Befreiung. Greta fiel ein Stein vom Herzen. Sie fiel kopfüber auf den mit Streu bedeckten Boden des Hühnerstalls. Der Hahn und die Hennen waren draußen im Auslauf. Nur eine aufgeplusterte Glucke saß da und starrte sie argwöhnisch an.
»Komm raus, Mom!« Miriam nahm der Mutter die schwere Waffe aus den Händen.
Greta Deakins taumelte zur Tür. Sandy hatte den Stall bereits verlassen. Sie kletterte über den Zaun.
Eben wollte Greta ihrer jüngeren Tochter in das Gehege folgen, da spürte sie einen kurzen, schweren Schlag gegen ihren Rücken.
Sie wusste sofort, was passiert war: Die Kugel eines Banditen hatte sie zwischen die Schulterblätter getroffen.
Gott im Himmel! Eine Welle Schmerz durchfuhr sie.
Auf einen Schlag schien ihr Körper mit geschmolzenem Blei gefüllt zu sein. Die Beine und Arme gehorchten ihr nicht mehr.
Zwei Schritte vor der Tür, die Miriam offen hielt, brach sie auf die Knie.
»Mom!«, rief das Mädchen erschrocken. »Was hast du, Mom?«
Greta Deakins merkte, dass es mit ihr zu Ende ging. Der Tod hatte seinen Klauen nach ihr ausgestreckt. Mit letzter Kraft brachte sie eine Hand zur Hochstrecke.
»Lauf weg!«, keuchte sie. »Lauf, Miriam! Lauf um dein Leben, Kleines …!«
☆
Die Frau, die das Lokal betrat, war so hübsch, dass Lassiter der Atem stockte.
Sie war hochgewachsen und schlank, hatte ihr dunkelblondes Haar zur Hochfrisur aufgesteckt und trug ein Kleid, das ihre nahezu perfekte Figur voll zur Geltung brachte. Ihr ovales Gesicht mit den hohen Wangenknochen, der fein gezeichneten Nase und den ausdrucksvollen, blauen Augen erinnerte Lassiter an die Statue der ägyptischen Pharaonin, die er einmal im New Yorker Museum gesehen hatte.
Allein der Anblick der Schönen ließ sein Herz schneller schlagen. Er konnte kein Auge von ihr lassen.
Die Unbekannte wandte sich an den Kellner der Cantina, der am Servicetisch Bestecke in die Fächer sortierte. Nachdem sie einige Worte mit dem dienstbaren Geist gewechselt hatte, drehte er sich um und deutete mit einer Kopfbewegung zu dem Tisch, an dem Lassiter sein Abendessen einnahm.
Die Frau bedankte sich und steuerte in die angegebene Richtung. Vor dem Tisch, an dem Lassiter saß, blieb sie stehen und bedachte ihn mit einem unnachahmlichen Augenaufschlag. »Mr. Lassiter?«
»Der bin ich, Ma’am.« Er nahm die Serviette von seinem Schoß und erhob sich. »Womit kann ich Ihnen helfen?«
Sie lächelte. »Mein Name ist Brenda McCall. Gestatten Sie, dass ich mich zu Ihnen setze?«
Brenda McCall?
Lassiter verbarg seine Überraschung. Er war in das Restaurant gekommen, um sich mit dem neuen Verbindungsmann zu treffen, der den Posten des alten Phil Rolland übernommen hatte. Old Rolly, wie ihn seine Freunde nannten, war in Pension gegangen und zu seiner verheirateten Tochter nach Ontario gezogen. Als Nachfolger des alten Kämpen war Lassiter ein gewisser Brandon McCall avisiert worden. Offenbar hatte es bei der Übermittlung der Nachricht von Seiten des Telegrafenamtes einen Schreibfehler gegeben.
»Brenda McCall.« Lassiter war hingerissen. Auf einen Schlag wurde ihm klar, dass er die aktuelle Mission in Zusammenarbeit mit einer Kontaktfrau absolvieren würde.
Wow! Die Vorstellung daran barg einen gewissen Reiz. Galant rückte Lassiter der attraktiven Evastochter einen Stuhl zurecht.
»Danke, Mister.« Sie raffte die Röcke, während sie sich setzte. »Ich hoffe, Sie hatten eine unbeschwerte Fahrt und sind von unliebsamen Überraschungen verschont geblieben.«
»Ja, in der Tat. Der Denver Express ist immer wieder ein Erlebnis. Der Fahrplan wurde fast auf die Stunde eingehalten. Auch die Bordküche hat mich überzeugt. Der Koch hat früher mal im Delmonico gearbeitet.« Er langte nach der Speisekarte. »Falls Sie noch nicht zu Abend gegessen haben, Ma’am, könnte ich Ihnen das Rinderfilet à la Wellington empfehlen. Eine vorzügliche Speise. Sie werden begeistert sein.«
Brenda McCall hob abwehrend eine Hand. »Gut gemeint, Mr. Lassiter, aber ich habe bereits gespeist.«
Er legte die Karte wieder hin. »Hätte ich mir denken können. Schließlich ist es schon nach acht.« Er hielt kurz inne. »Haben Sie das Haus von Old Rolly übernommen?«, hakte er nach.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Er hat’s verkauft. Ich wohne im Hotel.«
»Im Buena Vista?«
»Genau.« Sie lächelte. »Der Portier hat nicht schlecht gestaunt, als ich mich gleich für einen Monat eingecheckt habe. Allein lebende Damen scheinen westlich des Mississippis eine seltene Spezies zu sein. – Und Sie sind in Stanwell’s Boardinghouse abgestiegen, soweit ich informiert bin.«
»Ein Tipp aus Washington«, erwiderte er.
Der Kellner kam. Brenda McCall entschied sich für einen Schoppen Roten aus dem Napa Valley. Lassiter ließ sich auch ein Glas Kalifornischen bringen.
Als der Kellner außer Hörweite war, zog Brenda eine Verschwörermiene. Leise fragte sie Lassiter, ob er bereits wisse, worum es bei ihrer Mission ging.
»Nicht direkt.« Er nippte an seinem Wein. »Unsere Freunde aus Washington haben mir das Problem nur kurz umrissen. Eine Mordserie an Ranchern. Die Einzelheiten sollte ich hier vor Ort erfahren.«
Sie schaute sich vorsichtig nach allen Seiten um, ehe sie Antwort gab. »Jemand ist scharf auf das Land rings um den Carlton Creek und die Green Hills. Weiß der Geier, warum. Immer wieder kommt es zu plötzlichen Todesfällen unter den Ranchern und ihren Familien. Aus heiterem Himmel stehen Bunkhäuser in Flammen, oft brennen Strohmieten und Stallungen, und manch Ranchhelfer verschwindet auf Nimmerwiedersehen in der Versenkung.«
Lassiter runzelte die Stirn. »Gibt es Hinweise auf die Täter?«
Es entstand eine Pause.
Der Kellner erschien. »Hier entlang, Sir.« Er geleitete einen hünenhaften Mann im nachtblauen Gehrock am Tisch vorbei.
Brenda wartete, bis die Beiden weiter gegangen waren. Dann beugte sie sich über ihr Glas. »Ein Informant hat herausgefunden«, sagte sie mit gedämpfter Stimme, »dass ein gewisser John Malloy seine schmutzigen Finger mit im Spiel hat.«
»John Malloy?«