Lassiter 2468 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2468 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Ein Girl wie ein Royal Flush

Im Saloon war es so still, dass man das Rieseln des Staubs von der Decke hätte hören können. Keiner von den Gästen wagte auch nur einen Mucks von sich zu geben.
Die fünf Spieler am Tisch saßen reglos wie Statuen. Lediglich ihre Augen bewegten sich, hin und her zwischen den ausdruckslosen Mienen ihrer Mitspieler und ihren Karten. In der Tischmitte häuften sich Dollarscheine und Münzen zu einem beachtlichen Stapel. Ein kleines Vermögen lag da und wartete auf den Spieler mit dem besten Blatt - oder den stärksten Nerven ...

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Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhalt

Cover

Impressum

Ein Girl wie ein Royal Flush

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Faba/Norma

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-8884-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Ein Girl wie ein Royal Flush

Im Saloon war es so still, dass man das Rieseln des Staubs von der Decke hätte hören können. Keiner von den Gästen wagte auch nur einen Mucks von sich zu geben.

Die fünf Spieler am Tisch saßen reglos wie Statuen. Lediglich ihre Augen bewegten sich, hin und her zwischen den ausdruckslosen Mienen ihrer Mitspieler und ihren Karten. In der Tischmitte häuften sich Dollarscheine und Münzen zu einem beachtlichen Stapel. Ein kleines Vermögen lag da und wartete auf den Spieler mit dem besten Blatt – oder den stärksten Nerven …

Alice beobachtete ihre vier Mitstreiter genau.

Solomon Bratt verzog keine Miene, aber die Schweißperlen auf seiner Stirn verrieten, dass er kein gutes Blatt auf der Hand hatte. In Gedanken hakte sie seinen Namen bereits ab.

Die grauen Augen von Horace Greeley blickten finster, aber sie tat gut daran, ihn nicht zu unterschätzen. Der Alte war schwerer zu durchschauen als ein Damenkränzchen und hatte schon so manches Spiel für sich entschieden. Wenn er sich seinen grauen Bart strich, so wie jetzt, dann konnte das alles bedeuten. Oder nichts.

Neben ihm saß ein schmächtiger Dürrländer. Er war ganz in Schwarz gekleidet und hatte seinen Namen nicht genannt, umklammerte seine Karten jedoch wie eine Henkersschlinge. Um ihn musste sie sich wohl keine Sorgen machen.

Blieb noch Wayne Sage. Der Rinderzüchter war kälter als ein Eisblock. Er verbarg seine Gefühle, wenn er überhaupt welche hatte. Außerdem konnte er es sich leisten, auch mit einem wertlosen Blatt hoch zu wetten. Der Verlust würde ihn nicht schmerzen. Er konnte ihr den Pot am ehesten streitig machen.

Auf dem Bretterboden rings um ihren Tisch zeichneten sich dunkle Flecken ab, gegen die kein Schrubben half. Hier in Sheilas Saloon wurde mit Betrügern kurzer Prozess gemacht.

In der nächsten Runde stiegen sowohl Horace Greeley als auch Solomon Bratt aus. Der Dürrländer hielt länger durch, faltete sein Blatt aber schließlich ebenfalls zusammen, als der Rinderzüchter den Einsatz verdoppelte.

Nun waren nur noch Wayne Sage und Alice im Spiel.

Das Blut der Spielerin blieb kalt.

Ruhig überschlug sie ihre Chancen.

Auf dem Tisch lagen fünf Karten: 5, 8, 7, 10 und 2.

Ihr Kontrahent hatte den Einsatz erhöht. Er musste also mindestens zwei Paare haben, wenn er sie schlagen wollte. Trotzdem hatte er vorhin durchgewunken, als er an der Reihe gewesen war. Das ergab keinen Sinn. Nach dem, was zu dem Zeitpunkt bereits auf dem Tisch gelegen hatte, hätte er eine starke Hand haben müssen. Die galt es zu verteidigen und zu setzen. Warum hatte er das nicht gemacht?

Weil er blufft!

Alice überdachte die Angelegenheit und kam immer wieder zu demselben Schluss: Ihr Mitspieler versuchte, sie hereinzulegen.

Natürlich bestand das Risiko, dass er vorhin nur unkonzentriert gewesen war und sich einen Fehler geleistet hatte, aber das passte nicht zu ihm.

Alice hielt den Einsatz und erhöhte.

Der Rinderzüchter furchte die Stirn.

Sie hielt den Atem an.

Da warf er seine Karten warf grimmig auf den Tisch.

Gewonnen! Die Anspannung im Saloon löste sich in Applaus und beifälligen Rufen. Alice sammelte ihren Gewinn ein und verbarg ihr Aufatmen. Mit diesem Sieg hatte sie drei von fünf Spielen der Vorrunde gewonnen. Damit hatte sie sich einen der begehrten fünf Plätze am Finaltisch gesichert und war dem Pokal samt Preisgeld einen Schritt näher.

»Eine Runde Whiskey für alle!«, rief sie und legte dem Barkeeper einen Stapel Münzen hin. Die Gäste jubelten.

Alice kippte einen Whiskey, verzichtete jedoch auf einen zweiten. Sie brauchte einen klaren Kopf, denn Poker hatte nichts mit Glück zu tun. Auch auf das Bauchgefühl durfte man sich nicht verlassen. Nur auf seinen Verstand. Das hatte sie ihr Vater gelehrt, und bisher war sie damit nicht schlecht gefahren.

Ein hagerer Mann fläzte sich an das Piano und klimperte darauf herum. Über seinem Kopf war ein Schild angebracht:

Schießen Sie nicht auf den Pianospieler. Er gibt sein Bestes.

Alice hörte ihm eine Weile zu.

Sheila O’Donnell gesellte sich zu ihr. Die Besitzerin des Saloons war eine dralle Mittdreißigerin, die man selten anders als von Kopf bis Fuß in leuchtendes Rot gekleidet sah. Ihre dunklen Haare waren aufgetürmt und wurden von drei rot gefärbten Federn geschmückt. Das Pokerturnier war ihre Idee gewesen. Und eine verdammt brillante noch dazu, wie der gerammelt volle Gastraum verriet.

»Gut gemacht, Miss Hays. Trotzdem sollten Sie sich vorsehen.«

»Warum denn?«

»Weil die meisten Männer nicht gern verlieren.«

»Das tue ich auch nicht.«

»Verstehe.« Sheila bedeutete dem Barkeeper, ihr ebenfalls einen Whiskey zu bringen. Da trat ein blassgesichtiger Mann vor sie hin. Sein schwarzer Anzug und der weiße Kragen wiesen ihn als Geistlichen aus. »Reverend Fuller. Was führt Sie in meinen Laden?«

»Die Pflicht, Mrs. O’Donnell. Nichts als die Pflicht.«

»Möchten Sie hier predigen?«

»Ich will Sie davon überzeugen, vom Glücksspiel abzulassen. Es stürzt die Menschen in Schulden und Elend.«

»Besonders elend sehen meine Gäste nicht aus, finden Sie nicht?« Sheila O’Donnell deutete in die ausgelassene Runde. »Üben Sie Nachsicht, Reverend. Ich wette, in Ihrer Kirche wird nur selten so inbrünstig gebetet wie an meinen Pokertischen.«

Im Gesicht des Geistlichen zuckte ein Muskel. »Die Menschen verspielen bei Ihnen ihr Hab und Gut.«

»Manchmal gewinnen sie auch ein Vermögen. So ist das Leben. Ein ständiges Auf und Ab. Möchten Sie jetzt nicht doch einen Drink?«

Der Reverend hob eine Hand, als hätte sie ihm soeben eine Fahrkarte in die Hölle offeriert. »Lassen Sie von ihrem Tun ab und bekennen Sie sich zur Kirche. Noch ist es nicht zu spät. Noch kann Ihnen vergeben werden.«

»Wo bliebe denn da der Spaß? Und nun entschuldigen Sie mich, bitte.« Die Saloonerin wandte sich um und rauschte mit wehenden Röcken davon.

Der Reverend bedachte Alice mit einem Blick, der sonst vermutlich den streunenden Hunden hinter seiner Kirche vorbehalten war. Er schüttelte kaum merklich den Kopf und verließ mit langen Schritten den Saloon.

Alice verstaute ihren Gewinn in ihrem Beutel und schnürte ihn zu. Sie wollte das Geld zur Bank bringen und dort einschließen lassen, denn die Stadt war derzeit vieles, nur kein sicherer Ort.

Als die Spielerin durch die Schwingtüren ins Freie trat, wurde sie von warmem Sonnenschein und emsigem Hufschlag empfangen. Etliche Passanten waren unterwegs. Eine Kutsche rumpelte über die staubige Mainstreet. Links und rechts flankierten Läden und Lokale die belebte Hauptstraße.

Nicht weit entfernt ragten Berge in das Himmelsblau. Über den bewaldeten Hängen reckten sich verschneite Gipfel empor. Hells Bluff war eine kleine Stadt im Südwesten von Colorado. Hier waren die Tage warm und die Nächte kalt. Der Goldrausch zog im Frühjahr und Sommer ständig neue Menschen an. Und im Herbst kamen die Pokerspieler, die wie Alice den großen Pot gewinnen wollten.

Die Spielerin strebte über die Straße. Ihr langer dunkelgrüner Rock wehte um ihre Beine. Bei jedem Schritt spürte sie das Messer, das sie um den Oberschenkel geschnürt trug.

Sie hatte die Bank schon beinahe erreicht, als ihr der schwarz gekleidete Dürrländer den Weg vertrat. Sein fahles Gesicht verriet, dass er sich nicht allzu oft in der Sonne aufhielt. Seine Augen waren blutunterlaufen. Und als er sich vorbeugte, wehte Alice der Geruch von Schweiß und billigem Fusel entgegen.

»Du hast nicht ehrlich gewonnen«, nuschelte er.

»Das ist nicht wahr.«

»Nennst du mich etwa einen Lügner?«

»Ich weise Sie nur auf Ihren Irrtum hin.«

»Du hattest immer nur gute Blätter. Das ist nicht mit rechten Dingen zugegangen. Du hast Karten bei dir. Das weiß ich. Wo hast du sie versteckt?« Unvermittelt packte er sie und tastete sie suchend ab.

»Nehmen Sie Ihre Finger weg!« Alice stieß ihn vor die Brust.

Er taumelte zwei Schritte rückwärts, fing sich wieder und stieß einen Fluch aus. »Das wirst du bereuen!«

»Hören Sie: Lassen Sie es gut sein. Gehen Sie in Ihr Hotel und schlafen Sie Ihren Rausch aus. Morgen früh sieht alles gleich anders aus. Heute hatten Sie einfach nur Pech.«

»Das hättest du wohl gern, was?« Er tauchte in seine Tasche und hielt unvermittelt einen Revolver in der Hand!

Alice starrte in die Mündung. Sie hatte den Kerl unterschätzt. Das dämmerte ihr jetzt. Leider zu spät. Er hatte sie im Visier.

Sie blickte ihrem Angreifer geradewegs in die Augen.

»Ich spiele ehrlich. Immer.«

»Das glaube ich nicht. Irgendwo unter deinen Kleidern ist eine Vorrichtung mit Extrakarten verborgen. Ich will sie sehen.« Er fuchtelte mit seinem Revolver. »Zieh dich aus!«

»Das werde ich bestimmt nicht tun. Ich brauche keinen Holdout, um zu gewinnen!«

»Entweder ziehst du dich jetzt selbst aus, oder ich übernehme das, nachdem ich dich erschossen habe!« An seiner Schläfe pochte eine Ader, und in seinen Augen flackerte ein Ausdruck, der Alice Angst machte. »Nun mach schon, du Schlampe!«

»So redet man nicht mit einer Dame.« Sie hatten den groß gewachsenen Mann nicht bemerkt, der die Straße heruntergekommen war. Ihm war ihre missliche Lage nicht entgangen, und er handelte! Er trat hinter den Angreifer und drückte ihm sein Gewehr in den Rücken. »Nehmen Sie die Waffe herunter, aber schön langsam.«

Der Spieler fluchte. »Halte dich da raus. Das hier geht nur das Miststück und mich etwas an.«

»Noch einmal sage ich es nicht. Die Waffe runter. Sofort.« Der Fremde sprach ruhig, nicht einmal besonders laut, aber in seiner Stimme schwang etwas Dunkles mit, das verriet, dass man ihn lieber nicht zum Feind haben wollte.

Der Dürrländer starrte Alice wütend an. Sekundenlang schien er zu überlegen, ob er es riskieren und schießen sollte, dann ließ er seinen Revolver sinken, schob ihn in seine Tasche und hob die Hände. »Drecksack«, knirschte er.

»Lassiter, angenehm«, versetzte der Fremde trocken und drehte den Kopf. »Hat Ihnen dieser Mann etwas getan, Ma’am?«

»Das hätte er wohl gern, aber mir geht es gut.«

»Sind Sie sicher?«

»Absolut.«

»Na schön.« Der Fremde wandte sich wieder dem Spieler zu. »Verschwinden Sie von hier, und halten Sie sich in Zukunft von der Lady fern. Verstanden? Beim nächsten Mal kommen Sie mir nicht so leicht davon.«

Der Dürrländer murmelte etwas Undeutliches und machte sich davon. Vorher warf er Alice noch einen bitterbösen Blick zu.

Mit ihm, das wusste sie, hatte sie sich einen Feind geschaffen.

»Haben Sie vielen Dank für Ihre Hilfe, Lassiter.«

»Gern geschehen, Ma’am.« Er stieß seinen Hut in den Nacken. Darunter kamen sandfarbenes Haar und ein sonnengebräuntes Gesicht zum Vorschein. Das kantige Kinn und der offene Blick verrieten: Dieser Mann wusste, was er wollte, und er verlor sein Ziel niemals aus den Augen. Sein Lederhemd spannte sich um breite Schultern.

Alice leckte sich über die Lippen. Dieser große Kerl gefiel ihr. Sehr sogar.

Gern hätte sie länger mit ihm gesprochen, aber die Bank würde jeden Augenblick schließen, und sie wollte ihren Gewinn im Tresor einschließen lassen, ehe noch jemand auf die Idee kam, sie dafür umzubringen. So verabschiedete sie sich und tröstete sich damit, dass Hells Bluff eine kleine Stadt war.

Die Chancen auf ein Wiedersehen mit ihrem Retter standen also nicht schlecht.

Lassiter war stundenlang durchgeritten.

An einer Bahnstation nördlich von Hells Bluff hatte er morgens den Zug verlassen und sich ein Pferd besorgt. Der frühere Besitzer schien es nicht gut behandelt zu haben, denn auf dem rötlichen Fell zeichneten sich mehrere Narben ab. Die hatten Lassiter nicht abgeschreckt, und er hatte richtig entschieden. Während des langen Ritts hatte sich sein Reittier als kräftig und ausdauernd erwiesen. Genau das, was er brauchte.

Sein Auftrag führte ihn in die abgelegene Bergstadt Hells Bluff. Hier war ein Mann verschwunden: Richard Moolman. Der Anwalt wollte Gouverneur von Colorado werden. Aussichten auf das Amt hatte er, aber auch mächtige Feinde. Niemand wusste, was mit ihm passiert war, und die örtlichen Sternträger waren mit den Turbulenzen rund um das Pokerturnier vollauf beschäftigt. Aus diesem Grund hatte die Brigade Sieben Lassiter losgeschickt, um den Anwalt zu finden und herauszufinden, wer oder was für sein Verschwinden verantwortlich war.

Hells Bluff lag weit ab von der Bahnlinie und den großen Städten des Ostens. Normalerweise sah man hier tagsüber vermutlich mehr Kojoten als Menschen auf den Straßen, aber das Pokerturnier stellte die kleine Stadt auf den Kopf. Da wurde geschossen und gebrüllt, getrunken und geprügelt. An den Geschäften hingen Plakate und wiesen auf die fünfzigtausend Dollar hin, die dem Sieger des Turniers winkten.

Fünfzigtausend Dollar! Das war schon eine ordentliche Summe. Kein Wunder, dass die Stadt aus allen Nähten platzte.

Lassiter war kaum vom Pferd gestiegen, als ein schwarz gekleideter Mann eine blonde Lady bedrängte. Sie war angesichts des Revolvers in der zittrigen Hand des Fremden überraschend ruhig geblieben. Trotzdem war dem Kerl nicht zu trauen, deshalb hatte Lassiter eingegriffen.

Für diesmal war die Sache ohne Blutvergießen abgelaufen.

Beim nächsten Mal konnte es jedoch anders ausgehen.

Sein Pferd hatte er vor dem Laden des Barbiers angebunden. Lassiter konnte eine Rasur gebrauchen, und ein Barbier war meistens über sämtliche Bewohner eines Ortes informiert. Bei ihm luden die Menschen ihre Sorgen und ihren Ärger ab. Womöglich konnte er Lassiter einen nützlichen Wink geben.

In dem Laden war ein Stuhl frei. Auf dem anderen krümmte sich ein rothaariger Mann und presste sich ein Tuch vor den Mund. Rote Sprenkel zeichneten sich darauf ab.

»Ruh dich noch kurz aus, Tom«, sagte der Barbier. »Den gezogenen Zahn kannst du nachher gern mitnehmen.«

Sein Kunde winkte ab, offenbar zu matt für eine Erwiderung.

Der Barbier war ein rundlicher Mann mit spiegelglatter Glatze, der Lassiter einen Umhang umlegte.

»Haben Sie von dem Pokerturnier in unserer Stadt gehört, Sir?«, fragte er, während er die Seife mit einem Pinsel aufschäumte. »Die Menschen kommen aus dem ganzen Territorium hierher, um ihr Glück zu machen, aber die meisten verlieren nur. Manche verpfänden sogar ihr Haus, um die Teilnahmegebühr bezahlen zu können. Es ist ein Elend.«

»Sie beteiligen sich also nicht an dem Turnier?«

»Oh nein, meine Frau würde mir die Hölle heißmachen, wenn ich nur daran denken würde. Nicht, dass ich das tun würde.«

»Wer richtet das Turnier aus?«

»Mrs. O’Donnell. Sie hat den Saloon von ihrem Mann geerbt. Damals war es ein übler Schuppen. Sie hat daraus eine Goldgrube gemacht. Das Pokerturnier sorgt für reichlich Gäste.«

»Vermietet sie auch Zimmer?«

»Momentan werden Sie da kein Glück haben. Sämtliche Betten in der Stadt sind mit Spielern belegt. Etliche Leute vermieten sogar ihre Ställe.«

»Dann werde ich mein Lager vor der Stadt aufschlagen.«

»Das würde ich Ihnen nicht raten. Die Nächte bei uns sind bereits empfindlich kalt. Man merkt, dass der Winter naht.« Der Barbier schäumte sein Kinn ein und griff zum Rasiermesser. »Bleiben Sie länger in Hells Bluff?«

»Das weiß ich noch nicht. Ich habe gehört, dass ein Mann aus der Stadt vermisst wird.«

»Sie meinen Mister Moolman. Eine schlimme Sache ist das. Wenn Sie mich fragen, ist er längst ein Fall für den Undertaker.«

»Warum glauben Sie das?«

»Weil er nie von seinen Gewohnheiten abweicht. Jeden Morgen um neun Uhr geht er zu Joans Bakery, um seinen Kaffee zu trinken. Immer. Seit drei Tagen verzichtet er darauf. Das sieht ihm nicht ähnlich. Niemand hat ihn seither gesehen.«

»Denken Sie, ihm ist etwas zugestoßen?«

»Ich schätze schon. Vielleicht wurde er ermordet.«

»Wer hätte denn einen Grund, ihm so etwas anzutun?«

»So einige Leute. Und Sie stellen ziemlich viele Fragen für einen Mann, der nicht aus der Gegend stammt.« Das Messer stockte an Lassiters Kehle. Der Barbier musterte ihn kurz und zuckte mit den Schultern, ehe er fortfuhr: »Mister Moolman hat sich allerhand Feinde gemacht.«

»Wem ist er besonders auf die Zehen getreten?«

»Auf jeden Fall Mister Sage. Er züchtet Rinder draußen vor der Stadt, und er bewirbt sich auch um das Amt des Gouverneurs. Ich schätze, er würde seinen Konkurrenten lieber heute als morgen aus dem Weg haben.« Der Barbier senkte die Stimme. »Und dann ist da noch Jim Pearl. Der hat mit Mister Moolman eine private Fehde. Den Grund dafür kenne ich nicht, aber die beiden können sich auf den Tod nicht ausstehen.«

Lassiter prägte sich die beiden Namen ein. »Sind das alle?«

»Nicht zu vergessen wäre Solomon Bratt. Um den sollten Sie einen Bogen machen. Er zieht schon sein Messer, wenn jemand den Namen Moolman nur erwähnt.«

»Das hört sich nach einer erbitterten Feindschaft an.«