Lassiter 2482 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2482 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Seit dem Bürgerkrieg schlagen sich Vincent Thompson und Caleb West mit kleineren Überfällen und Gaunereien durch. Sie überleben mehr schlecht als recht, bis sie dank der launischen Lady Fortuna den Weg eines Geldtransports kreuzen. Eine Kiste voller Dollars fällt ihnen ausgerechnet im unwirtlichen New Mexico in die Hände. Die Zukunft scheint gesichert. Heiße Girls und kalte Drinks - in greifbarer Nähe.
Doch da spuckt ihnen jemand gründlich in die Suppe. Plötzlich sind sie nicht nur ihr Geld wieder los, sondern haben auch einen Trupp Revolverschwinger an den Hacken. Die Luft wird dünn für die beiden Freunde. Verdammt dünn sogar ...

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Seitenzahl: 138

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Zwei Halunken trumpfen auf

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Sanjulian/Bassols

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9299-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Zwei Halunken trumpfen auf

Dünne Rauchschwaden stiegen über den Überresten des Farmhauses auf. Ein Schleier aus Asche und Vergänglichkeit hatte sich über das Anwesen gesenkt. Das Dach war halb eingestürzt. Verkohlte Balken ragten aus der Ruine auf wie Wegweiser in die Hölle. Blutige Schleifspuren im Staub verrieten, dass das Feuer kein Zufall gewesen war. Nein. Jemand hatte nachgeholfen. Und das gründlich. Kein Laut war zu hören. Es war, als hielte die Natur angesichts der Zerstörung selbst den Atem an …

Lassiter hatte schon bessere Tage erlebt.

Der Sattel über seiner Schulter wurde von Meile zu Meile schwerer.

Seine Ausrüstung hielt er knapp, wenn er für einen Auftrag unterwegs war: Bettrolle, Wasserflasche und Munition. Viel mehr trug er nicht bei sich. Doch es schien unter der glühend heißen Sonne von New Mexico eine Zentnerlast zu sein.

Elendes Pech war es gewesen, das ihn seinen Appaloosa gekostet hatte. Während einer Rast war der Wallach von einer Schlange in die Nüstern gebissen worden. Das Reptil hatte sich ebenso schnell davon geschlängelt, wie es aufgetaucht war, deshalb hatte Lassiter es nur aus dem Augenwinkel gesehen.

Eine Diamant-Klapperschlange!

Sein Reittier war qualvoll verendet.

Auf halber Strecke zwischen Silver City und seinem Ziel, der Double-M-Ranch. Zurückzugehen kam nicht in Frage. Also stapfte der große Mann mit dem sandfarbenen Haar zu Fuß weiter, brachte Meile um Meile durch die einsame Strauchlandschaft hinter sich.

Lassiter erwartete nicht, auf eine Ortschaft zu stoßen. Vor seinem Aufbruch hatte er die Karte studiert und wusste, dass keine an seinem Weg lag. Eine abgelegene Farm, vielleicht, aber keine Siedlung.

Er schätzte, dass er noch zehn Meilen vor sich hatte.

Inzwischen konnte er es kaum erwarten, aus seinen Stiefeln zu kommen und sich den Staub aus der Kehle zu spülen …

Da bemerkte er die Rauchsäule.

Wachsam bewegte er sich vorwärts.

Vor ihm breitete sich eine Farm aus. Oder vielmehr das, was das Feuer davon übriggelassen hatte. Viel war es nicht. Die Überreste zeichneten sich schwarz vom Ruß vor dem Bergland ab, das von Gelbkiefern und immergrünen Eichen bestimmt wurde.

Von allein war das Feuer bestimmt nicht ausgebrochen!

Lassiter behielt den Sattel über seiner Schulter, während er seinen 38er Remington zog und sich prüfend umsah.

Kein Mensch zu sehen.

Hufabdrücke verrieten, dass vor kurzem eine Gruppe Reiter durchgekommen war. Sechs Pferde hatten sich eine Zeitlang hier aufgehalten. Das Gras richtete sich gerade erst wieder auf.

Lassiter blieb auf der Hut, als er sich vorwärtsbewegte.

Er stapfte um die Ruine des Farmhauses herum.

Der beißende Gestank von verkohltem Fleisch und Tod stieg ihm in die Nase.

Neben dem Ziehbrunnen lagen zwei Leichen. Ein Mann und eine Frau, der Statur nach, aber als solche kaum noch zu erkennen. Ihre Leiber waren von entsetzlichen Brandwunden entstellt. Die Kleidung war zu schwarzen Fetzen verkommen, die ihnen auf der Haut klebten. Ein zottiger brauner Hund lag nur einen Steinwurf entfernt im Gras. Jemand hatte ihm zwischen die Augen geschossen.

Lassiter knirschte mit den Zähnen.

Auf der Veranda lag ein weiterer Mann. Eine blutige Spur zog sich über die groben Bretter bis zu seinen Füßen. Anscheinend hatte sich der Siedler mit letzter Kraft hierhergeschleppt. Seine rechte Körperhälfte war verbrannt, schwarze Hautfetzen schälten sich von seinem Arm. Doch er lebte. Gerade noch. Jeder Atemzug wurde begleitet vom Röcheln und Pfeifen seiner Lunge. Er klang wie eine kaputte Kirchenorgel.

»Erlösen … Sie … mich«, keuchte er.

Lassiter schob seine Waffe ins Holster, legte den Sattel ab und beugte ein Knie.

»Was ist hier passiert?«

Der Siedler murmelte etwas, das nicht zu verstehen war.

Lassiter brachte sein Ohr näher an den Mund des Todgeweihten.

»Wer hat das getan, Sir?«

»… das waren … die Männer von … Mc… M… Mi…« Der Siedler bäumte sich auf. Ein Röcheln kam über seine Lippen. Dann sackte sein Kopf zur Seite.

Er war tot.

»Verdammt, ich bin nicht so weit gelaufen, um Ihnen beim Sterben zuzusehen.« Lassiter schloss die Augen des Toten und verharrte kurz. Der Siedler hatte seinen Satz nicht zu Ende bringen können, aber der Agent konnte sich denken, von wem er gesprochen hatte: James McMillan! Der Rancher stand seit längerem im Verdacht, Siedler umzubringen, um sich ihr Land anzueignen. Allerdings existierten noch keine Beweise für sein Treiben. Zeugen, die gegen ihn aussagen wollten, lebten nicht mehr lange. Der Rancher hatte eine Horde Revolverschwinger um sich geschart, die er fürstlich bezahlte. Sie führten jegliche Art von Aufträgen für ihn aus, ohne Fragen zu stellen.

Genau das sollte Lassiter ändern.

Er war im Auftrag der Brigade Sieben unterwegs, einer streng geheimen Organisation mit Sitz in Washington. Lassiter wurde losgeschickt, wenn die örtlichen Sternträger nicht weiterkamen. Diesmal lautete sein Auftrag, Beweise zu finden, die James McMillan mit den Morden in Verbindung brachten. Dann konnte er vor ein ordentliches Gericht gestellt werden.

Lassiter blickte sich grimmig um.

Eine Farm niederzubrennen und die Bewohner zu ermorden, entsprach exakt der Handschrift des Ranchers. Höchstwahrscheinlich sollten auf dem Land der Siedler schon bald Rinder mit dem Brandzeichen der Double-M-Ranch grasen!

Aber vielleicht ließ sich das noch verhindern?

Über einem Seil, das zwischen Scheune und Stall aufgespannt war, waren Betttücher zum Trocknen aufgehängt. Sie wiesen geschwärzte Einschusslöcher auf, würden jedoch ihren Zweck erfüllen. Lassiter nahm sie ab und deckte die Toten damit zu. Er musste weiter, aber er würde den Marshal so schnell wie möglich herschicken. Der Sternträger sollte sich das ansehen und den Kerlen folgen, die das getan hatten.

Ob sich im Stall ein Pferd fand?

Lassiter stapfte hinüber und zog das Tor auf.

Es bewegte sich knirschend zur Seite.

Von drinnen wehte ihm ein widerlich süßlicher Geruch entgegen.

Drei Pferde lagen im Stroh.

Allen drei Tieren hatte jemand ins rechte Auge geschossen.

Was für Unmenschen brachten unschuldige Tiere um?

Lassiter schüttelte kaum merklich den Kopf.

Auf der Farm konnte er nichts mehr ausrichten, deshalb nahm seinen Sattel wieder auf und stapfte los.

Weiter in Richtung Westen. Weiter zur Double-M-Ranch.

Die Sonne ging allmählich unter. Die Schatten der wenigen Bäume hier im Buschland wurden länger. Und die Temperaturen kühlten spürbar ab. Der Wind strich wie unsichtbare kalte Finger über Gesicht und Nacken des einsamen Reiters.

Die ersten Weiden dehnten sich vor ihm. Longhorns grasten hier, so weit das Auge reichte.

Am Firmament zeigte sich bereits die silbrige Mondsichel, als Lassiter das Tor der Double-M-Ranch passierte.

Im Corral waren mehr als drei Dutzend Pferde untergebracht. Davor stand ein rund zwanzig Yards hoher Windmühlenbrunnen, mit dem Grundwasser für die Versorgung der Ranch gefördert wurde. Sein Rad drehte sich quietschend. Neben mehreren Wirtschaftsgebäuden gab es noch weitere Corrals. In einem weideten Zuchtbullen, in einem anderen standen Zuchthengste.

Auf einer Anhöhe erhob sich das imposante Ranch-Haus. Es war ein Prachtbau: drei Stockwerke, hohe Fenster und eine Freitreppe, die zum Eingang führte.

Lassiter blickte sich suchend um.

Am Rand eines weiteren Corrals stand ein Mann von ungefähr fünfzig Jahren. Gekleidet in feinsten Zwirn. Sein Anzug wirkte, als wäre er geradewegs aus Frankreich geschickt worden. Ein grauer Kinnbart kaschierte seine strengen Gesichtszüge kaum. Er hielt einen Spazierstock mit silbernem Knauf in der Hand, wohl eher als schmückendes Beiwerk, denn um sich darauf zu stützen.

»An diesen Taugenichts habe ich mein Geld verschwendet.« Er starrte auf einen Cowboy, der vor ihm im Staub lag. Sein Gesicht und Oberkörper waren von Blutergüssen und Schwellungen gezeichnet. Er regte sich nicht einmal, als zwei andere Männer ihn aufhoben und wegtrugen.

In der Mitte der Umzäunung trabte eine schneeweiße Stute. Temperamentvoll warf sie den Kopf zurück, wieherte und schien durchaus zufrieden mit sich zu sein. Der leere Sattel auf ihrem Rücken verriet, dass sie ihren Reiter abgeworfen hatte.

Lassiter legte seinen Sattel ab und wandte sich an den Anzugträger.

»Mister McMillan?«

»Wer will das wissen?« Augen kalt wie Virginia-Stahl hefteten sich auf ihn.

»Mein Name ist Lassiter, und ich suche einen Job.« Das war seine Tarnung. Als Rancharbeiter würde er einer unter vielen sein und unbemerkt nachforschen können.

»Einen Job willst du? Was kannst du denn?«

»Ich bin ein Cowboy.«

»Ohne Pferd?« Der Rancher warf einen bezeichnenden Blick auf seinen Sattel. »Ist es dir weggelaufen? Oder hast du es beim Spiel verloren?«

»Ich spiele nicht. Es wurde von einer Schlange gebissen und ist verendet.«

»Gute Antwort. Ich kann Glücksspieler nicht ausstehen. Was ein Mann braucht, soll er sich erarbeiten.«

»Genau das habe ich auch vor.«

»Du behauptest also, du hast etwas drauf?«

»In der Tat. Das habe ich.«

»Dann lass mal sehen. Zeig mir, was du kannst, und reite die Stute zu.«

»Diese hier, Sir?« Lassiter gab sich mit Absicht ein wenig einfältig, um keinen Verdacht zu erregen.

»Siehst du hier etwa noch eine andere?«

»Nein, Sir.« Lassiter beobachtete die Stute eine Weile. Es war ein wildes Tier, das nicht leicht zu zähmen sein würde. Das war jedoch auch nicht nötig. Seiner Erfahrung nach lag das ganze Geheimnis darin, einem Tier nicht seinen Willen aufzuzwingen, sondern sein Vertrauen zu erringen.

Er streckte seinen Arm aus und ging langsam auf die Stute zu. Sie tänzelte zurück, wieherte, rollte mit den Augen.

»Schon gut, meine Schöne«, sagte er beruhigend. »Schon gut. Lass mich nur Hallo sagen. Lernen wir uns kennen. Was meinst du?« Er ließ sie an seiner Hand schnuppern, seinen Geruch aufnehmen. Ruhig stand er da, während sie ihn argwöhnisch beäugte. Nach und nach wurde sie ruhiger und stieß ihn schließlich sogar vor die Brust, als wollte sie ihn begrüßen.

Jetzt, jetzt war der Augenblick gekommen, um einen Schritt weiterzugehen!

Lassiter griff nach dem Zügel und schwang sich auf den Rücken der Stute.

Sofort stieg sie auf die Hinterhand, tänzelte und wollte ihn abwerfen, aber Lassiter presste ihr die Oberschenkel in die Flanken. Er brauchte all seine Kraft und Geschicklichkeit, um nicht auf der Stelle aus dem Sattel geschleudert zu werden.

Da stürmte sie los!

In halsbrecherischem Tempo preschte die Stute über den Reitplatz. Sie buckelte, schlug Haken und wurde schneller und schneller. Der Wind fauchte ihm um die Ohren, aber Lassiter ließ sie gewähren. Er klammerte sich auf ihrem Rücken fest. Nur darauf bedacht, nicht abgeworfen zu werden.

Nach einer Weile erlahmten ihre Kräfte, sie wurde langsamer, folgte dem Druck seiner Schenkel und blieb schließlich vor dem Rancher stehen. Ein Zittern lief durch ihren anmutigen Körper.

»Nicht übel«, lobte der Rancher. »Gar nicht übel. Du weißt, wie man ein Weib im Zaum hält. Einen wie dich kann ich brauchen. Was sagst du zu zehn Dollar die Woche und freies Quartier?«

»Zwanzig Dollar klingen besser, Sir.«

»Zwanzig?« Der Rancher starrte ihn angesichts dieser Forderung verblüfft an. Dann lachte er bellend. »Du kennst deinen Wert. Das gefällt mir. Also gut, zwanzig Dollar. Deine Sachen kannst du im Bunkhouse verstauen.«

»Das werde ich machen.«

»Gut.« Der Rancher furchte die Stirn, als eine junge Frau über den Hof kam. Sie konnte nicht älter als zwanzig sein und hatte eine cremeweiße Haut, die keine Spuren der brütend heißen Sonne über New Mexico trug. Ihr gelbes Kleid betonte ihre schmale Taille, und ihre rotblonden Haare waren kunstvoll aufgesteckt. Eine Schönheit. Sie sah Lassiter an und leckte sich über die roten Lippen.

Grüßend zog er seinen Hut vom Kopf.

Sie neigte zur Erwiderung das Kinn, ehe sie sich an den Rancher wandte.

»Ma schickt mich. Du hast Besuch, Vater. Mister Teabody.«

Ein Muskel zuckte im Gesicht des Ranchers. »Ich komme gleich, Janet. Lassiter?« Der Rancher deutete vage zu den Wirtschaftsgebäuden. »Such Buck und lass dir von ihm alles zeigen.« Damit wandte er sich ab und strebte zum Haus.

Seine Tochter warf Lassiter ein kleines Lächeln zu, aber er hütete sich, es zu erwidern. Ganz offensichtlich war sie die Tochter vom Boss. Da hieß es: Finger weg. Er hatte keine Lust, sich Ärger einzuhandeln, ehe er seinen Auftrag erfüllt hatte. Der Job ging bei ihm vor. So bedauerlich das auch manchmal war.

Janet stülpte die Lippen vor. Dann warf sie den Kopf zurück und folgte ihrem Vater.

Lassiter enttäuschte sie nicht gern, aber ein übereilter Flirt konnte seinen Auftrag gefährden. Das wollte er nicht riskieren.

Was mochte es mit diesem Besucher auf sich haben? Der Rancher war kurz zusammengezuckt, als seine Tochter den Namen Teabody erwähnt hatte. Offenbar war der Gast kein Unbekannter für ihn. Ein Handlanger womöglich?

Entschlossen schnappte sich Lassiter den Sattel, kehrte den Wirtschaftsgebäuden den Rücken zu und näherte sich dem Wohnhaus. Die Fenster in der unteren Etage standen offen. Aus dem Inneren waren Stimmen zu vernehmen. Eine gehörte dem Rancher. Bruchstücke der Unterhaltung drangen ins Freie.

»… der Transport darf nicht auffallen … am besten … Route über … Nimm genügend Männer mit, verstanden? Herrgott, es ist mir egal, wenn die Mannschaft …«

Plötzlich knirschten Schritte hinter Lassiter!

Er fuhr herum.

Eine Frau mit leicht getönter Haut und schwarzen Haaren, die zu einem Zopf gefunden waren, kam heran. Sie trug einen Weidenkorb mit frischen Äpfeln in der Hand. Mit ihren fein geschnittenen Zügen und der üppigen Figur war sie eine Augenweide. Sein Körper reagierte sofort auf sie.

Sie blieb vor ihm stehen und musterte ihn.

»Wer bist du?«

»Der Neue. Mein Name ist Lassiter.«

»Ich heiße Rosita. Hast du dich verlaufen, Lassiter?«

»Nicht direkt. Ich soll mich im Bunkhouse melden.«

»Das hier ist es nicht.« Sie zog tadelnd eine Augenbraue hoch. Dabei war sie bildschön. Sie duftete nach Äpfeln und wildem Honig. Ihre zarte Haut schien ihn zum Streicheln einzuladen. Und unter ihren Röcken war ein sanfter Hüftschwung zu erahnen. »Das Schlafhaus für die Männer ist dort drüben.« Sie zeigte darauf. »Du bist neu, deshalb weißt du es vielleicht nicht, aber der Boss kann Schnüffler nicht leiden. Und glaub mir: Man sollte ihn besser nicht verärgern.«

»Musstest du das schon am eigenen Leib erfahren?«

»Dann wäre ich nicht mehr hier.« Mit einem Mal schien ein Schatten auf Rositas hübsches Gesicht zu fallen. Sie blickte ihm geradewegs in die Augen und fügte hinzu: »Niemand, den sein Ärger trifft, lebt lange genug, um davon zu erzählen.«

»Verflixte Pechsträhne! Von diesem Fraß werden ja nicht mal meine Flöhe satt!« Caleb West kratzte sich ausgiebig am Bauch. Stirnrunzelnd starrte er den mageren Kaninchenlauf in seiner Hand an. Über dem Feuer gebraten war davon kaum mehr übrig als ein, zwei Happen und der Knochen.

Das Lagerfeuer knisterte. Hin und wieder stob ein Funken auf und verglühte in der Dunkelheit.

An diesem Abend hatten sie nichts als ein mageres Kaninchen gefangen.

»Zum Essen zu wenig, zum Sterben zu viel«, murrte Caleb.

»Dann nimm das dazu.« Vincent hielt ihm ein Stück Trockenfleisch aus seinem Beutel hin. Es stammte von einem Büffel und war mittlerweile zäher als seine Schuhsohle, füllte aber immerhin ein Loch in seinem Bauch.

»Danke«, nuschelte Caleb kauend.

»Spar dir das Fleisch lieber, Vince«, mahnte der dritte in ihrem Bunde. »An Cal ist es verschwendet. Genauso gut könntest du es den Wildschweinen hinstreuen. Sein Magen ist ein Fass ohne Boden. Das weißt du genauso gut wie ich.«

»Kann nicht jeder ein Dürrländer sein wie du, Ethan«, grummelte Caleb und biss ein weiteres Stück Fleisch ab.

Sein Gegenüber verdrehte die Augen.

Die drei Männer saßen um das Lagerfeuer herum. Sie hatten es in einem Kreis aus faustgroßen Steinen entzündet, hielten es jedoch klein, um etwaige Verfolger nicht auf ihre Spur zu bringen. Ihre Pferde waren in der Nähe angebunden und taten sich an spärlichem Gras und struppigem Strauchwerk gütlich.

Seit dem Bürgerkrieg schlugen sich Caleb West, Vincent Thompson und Ethan Norfield mit kleineren Überfällen und Gaunereien durch. Sie lagerten meistens abseits von menschlichen Siedlungen und blieben nie lange genug an einem Ort, um aufzufallen. Ihre Steckbriefe waren über die Territorien verstreut wie Büffelfladen.

An diesem Tag hatten sie den Weg einer Kutsche gekreuzt. Das Gefährt war ohne Begleitschutz unterwegs gewesen. Eine seltene Gelegenheit. Und leider auch eine Enttäuschung, denn ihre einzige Ausbeute bestand aus dem Lederwams des Kutschers, das Vincent für sich beansprucht hatte. Die Geldbeutel der beiden einzigen Fahrgäste waren so leer wie Calebs Magen gewesen. Einer alten Lady hatte Ethan versehentlich das Augenglas heruntergerissen und zertrampelt, deshalb hatte Cal ihr seines geschenkt. Er sah damit ohnehin alles verschwommen.

Nun stieß er seinen Bowler-Hut in den Nacken und grollte: »Wir müssen dringend etwas unternehmen. Unser Geld reicht nicht mal mehr für eine warme Mahlzeit.«

»Wir finden schon etwas.« Ethan zuckte gleichmütig mit den Schultern. Dann setzte er die Whiskeyflasche an seine Lippen und trank, ohne abzusetzen, in langen, gierigen Schlucken.

»Genug«, mahnte Vincent nach einer Weile. »Lass uns noch etwas von dem Zeug übrig.«